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Wirtschaftsmediation
Teil 1: Grundlagen der Wirtschaftsmediation
Teil 2: Mediation als kommunikative Aufgabe:
Gesprächsführung, Kommunikations- und Moderationstechniken
Teil 3: Phasen und Schritte eines Mediationsverfahrens
Teil 4: Rechtlicher Rahmen, Rolle und Selbstverständnis des Mediators
Prof. Dr. H. R. Skopp, Wirtschaftsprüfer
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1. Grundlagen der Mediation
Geschichte der Mediation
Europa:

Vermittlung durch Dritte seit antikem Griechenland belegt

Durch Hilfe des Staatsmanns Solon konnte am Ende des 6. Jahrhunderts Bürgerkrieg
verhindert werden

Zeitraum von Zerfall d. röm. Reiches bis Gründung Nationalstaaten ist Konfliktregelung stark
durch Verhandlungen geprägt

Bedeutendes Vermittlungsverfahren unter Leitung von Mediatoren führte 1648 zum
Westfälischen Friedensschluss: neben 148 Gesandten waren zwei Diplomaten als
neutrale Vermittler beiteiligt. Diesen gelang es zwischen den Streitparteien zu vermitteln.

Professionalisierung der Mediaton fand vor allem im letzen Jahrhundert in den USA statt
und Ende der 1980er Jahre auch in Europa  Einsatz v. a. bei Konflikten in Politik,
Gesellschaft, Wirtschaftsleben und zwischenmenschlichen Bereich
USA:

Heimatland der Mediation im modernen Sinne

Folgend sind Stationen der Entwicklung der Wirschaftsmediation in den USA:
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





1898 genehmigte der US-Kongress den Einsatz von Mediation bei
Arbeitskonflikten
1913 Board of Mediation and Conciliation als nationale Einrichtung in
den USA zur Regelung von Arbeitskonflikten bei den Eisenbahnen
1913 Newlands Act und weitere Gesetze zum Einsatz von Mediation bei
„sozialen Konflikten in der Industrie“ (nicht als Alternative zum
Rechtsstreit, sondern zu Streik und Konflikten).
Federal Mediation and Conciliation Service zur Regelung privater
Arbeitskonflikte
Ende der 1970er/80er Superfund der Bundesregierung mit mehreren
Mrd. US-Dollar zur Dekontaminierung industriell verseuchter Böden,
voraussichtlich würden 50 % der Geldmittel an die Rechtsanwälte
fließen; als Alternative zum Rechtsstreit wird die Einführung von
Mediation und verwandten Verfahren durch entsprechende
Gesetzgebung auf der Bundesebene unterstützt
1981 Harvard Negotiation Project: Systematische Entwicklung eines
strukturierten Verhandlungsverfahrens zur Konfliktlösung an der
Harvard-Law-School, das später auch zum zentralen Leitbild für
Mediation wird.
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Deutschland:
• nach vermehrten Forderungen nach „Alternativen in der Ziviljustiz“ in den 1980er Jahren
fand 1990 das erste „klassische“ Umweltmediationsverfahren statt, und zwar zur
Sonderabfalldeponie Münchehagen.
• in 1990er Jahren begann Professionalisierung der Mediation in Familien- und
Umweltkonflikten, 1992 erster großer Verband Bundesarbeitsgemeinschaft für
Familienmediation, auch Bundesverband Mediation e. V. wurde gegründet. Erste Büros,
die Mediation als professionelle Dienstleistung anbieten, entstehen. 1993 spricht sich Dt.
Bundestag für verstärkten Einsatz von Mediation aus.
• 1990er Jahre: Modellprojekte zur Ausbildung von Konfliktlotsen an Schulen,
Arbeitsgemeinschaften, Vereine und Verbände bilden sich. 1999 beginnen Universitäten
wie Oldenburg und die FernUni Hagen mit Mediationsausbildungen. Weitere Universitäten
und Fachhochschulen folgten.
• Ausbildungen für Mediation hatten großen Zulauf. Zuerst waren Mediationsfälle sehr
gering, dies änderte sich aber stetig. Anwendungsbereiche der Mediation sind mittlerweile
auch in Deutschland vielfältig. Elemente der Mediation werden mittlerweile in folgenden
Feldern eingesetzt: Familie/Trennung/Scheidung (Familienmediation),
Nachbarschaftskonflikte (Community Mediation), Täter-Opfer-Ausgleich, Probleme und
Gewalt an Schulen (Schulmediation), interkulturelle Konflikte sowie Auseinandersetzungen
bei der Planung und Umsetzung größerer Projekte oder Konzepte im Öffentlichen Bereich
(Mediation im öffentlichen Bereich).
• Wirtschaftsmediation nimmt zunehmend an Bedeutung. Anwendungsbereich:
Vermeidung oder Regelung organisationsinterner Konflikte, Vermeidung gerichtlicher
Auseinandersetzungen mit Kunden und anderen Vertragspartnern, konstruktiver Umgang
mit unternehmensexternen Anspruchsgruppen. Zunehmend auch Erbstreitigkeiten und
Unternehmensnachfolgen.
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Grundprinzipien der
Mediation
1. Allparteilichkeit
Mediatoren
- sind nicht am Konfliktgeschehen beteiligt
- fühlen sich allen Konfliktparteien gleich verpflichtet
- haben keine eigenen Interessen bezogen auf den Konfliktgegenstand und
Lösungen
- sind für die Struktur und den Prozessverlauf der Mediation verantwortlich.
Es geht v. a. um die innere Haltung, mit der Mediatoren in ein
Vermittlungsgespräch gehen und mit der sie den Menschen in der Mediation
begegnen. Allparteilichkeit ist nicht gleich Neutralität, denn Mediatoren bemühen
sich um Verständnis für die jeweilige Sichtweise des Konfliktbeteiligten.
Allparteilichkeit wird getragen von einer Haltung grundsätzlicher Wertschätzung
anderen Menschen gegenüber, auch wenn diese sich anders verhalten, als der
Mediator das für richtig hält. Hinzu kommt Empathie, das Bemühen und die
Fähigkeit, sich in andere Menschen wirklich einzufühlen.
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2. Eigenverantwortlichkeit
- zentrales Prinzip in der Mediation
- Mediator unterstützt Konfliktbeteiligte bei der Suche nach eigenen, tragfähigen Lösungen
- hat nicht die Rolle des Experten in der Sache, Experten sind Beteiligte selbst
- Prinzip der Eigenverantwortlichkeit unterscheidet Mediation fundamental von meisten anderen
Konfliktregelungssätzen
- gefragt ist die Haltung v. Mediatoren, die sich nicht selbst sondern die Konfliktbeteiligen in den
Mittelpunkt stellt.
3. Freiwilligkeit
Teilnahme an Mediation ist freiwillig; Konfliktparteien müssen innere Freiwilligkeit haben und sich
inhaltlich einbringen; wenn Voraussetzungen für eine Mediation o. konstruktive Arbeit nicht mehr
gegeben sind, kann der o. die Betreffende die Mediation beenden; Beteiligte sind für das Ergebnis der Mediation verantwortlich; Beteiligte müssen vorher klären, welche Alternativen sie haben:
Was können sie ohne Verhandlung erreichen (BATNA = Best Alternative To a Negotiated
Agreement)? Was kann schlimmstenfalls passieren, wenn sie nicht verhandeln (WATNA = Worst
Alternative To a Negotiated Agreement)? Die BATNA kann in der Verhandlung als ein
Indifferenzpunkt betrachtet werden, ab dem sich kein Vorteil mehr für eine Verhandlungslösung
ergibt.
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4. Informiertheit
-
-
Konfliktbeteiligte müssen über eigene Situation (z. B. ihre rechtliche Lage, steuerliche
Auswirkungen, betriebliche Daten bzw. allgemein ihre BATNA) sowie über Prinzipien d.
Mediation und Rolle d. Mediatorin informiert sein.
Alle konfliktrelevanten Infos müssen in der Mediation offen gelegt werden
Informiertheit ist Voraussetzung dafür, dass Parteien selbst tragfähige Lösungen in ihrem
eigenen Interesse entwickeln können
5. Ergebnisoffenheit
Damit Mediation als Verfahren nicht instrumentalisiert wird, z. B. um Zeit zu gewinnen oder
Parteien ruhig zu stellen, ist eine wichtige Voraussetzung ein Mindestmaß an
Ergebnisoffenheit. In dem betreffenden Konflikt dürfen nicht außerhalb des
Mediationsverfahrens (im Vorfeld oder parallel) die Entscheidungen getroffen werden. Es
muss geklärt werden, welchen Stellenwert ein Ergebnis haben wird und dass gemeinsam
gefundene Lösungen auch umgesetzt werden. Ob notwendige Ergebnisoffenheit für eine
Mediation gegeben ist entscheiden die Beteiligten.
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6. Vertraulichkeit
-
-
-
die in Mediation besprochenen Inhalte werden auf Wunsch d. Parteien von
Konfliktbeteiligten u. Mediator vertraulich behandelt
Sie verpflichten sich dazu im Rahmen des Mediationsvertrages, die Informationen aus den
Mediationsverfahren nicht in anderen Zusammenhängen gegen die andere Seite zu
verwenden
In größeren u. komplexen Verfahren, z. B. im öffentlichen und politischen Raum,
entscheiden Konfliktbeteiligten einvernehmlich zu Beginn d. Mediation, wie sie mit der
Öffentlichkeit umgehen wollen.
7. Teilnahme der Konfliktbeteiligten
Mediation bezieht alle von einem Problem Betroffenen ein. Maßgeblich ist dabei, wer sich
subjektiv von einem Konflikt betroffen fühlt. Sie erarbeiten gemeinsam eine Lösung, in die
alle ihr Wissen einbringen und die von allen akzeptiert wird.
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Interessenorientierung als
Kern der Mediation
Unterscheidung von Positionen und Interessen in der Mediation


In Konflikten verhandeln die Streitparteien meistens über Forderungen, (Rechts-) Ansprüche, die
eigenen Ideallösungen, Vorwürfe usw. Das nennen wir in der Mediation „Positionen“. Beispiele für
Positionen sind:
A1: Überstundenabbau <-> B1: Überstunden akzeptieren
A2: Selbst entscheiden dürfen <-> B2: Vorher Genehmigung einholen
Verhandlungen über Positionen, die sich gegenseitig ausschließen, können nur zu GewinnerVerlierer-Lösungen oder zu Kompromissen führen, die oft als „faul“ erlebt werden. Häufig
blockiert positionsorientiertes Verhandeln eine Lösung vollständig. Hinter Positionen liegen aber
bestimmte Ziele und Wünsche der Beteiligten. Es sind tiefer liegende Beweggründe.
Streitparteien glauben im Laufe der Auseinandersetzung, dass ihre Position der beste und einzige
Weg ist ihre Ziele zu erreichen. Wünsche, Motive und Beweggründe werden in der Mediation
„Interessen“ genannt. In der Mediation werden die Interessen herausgearbeitet. Die
Konfliktparteien erkennen trotz widersprüchlicher Forderungen, dass jede Seite legitime
Bedürfnisse hat, die zu diesen Forderungen geführt haben. Diese Interessen und Bedürfnisse
schließen sich nicht mehr zwangsläufig gegenseitig aus. Anders als bei der Verhandlung über
Positionen, bei denen sich eine Seite nur auf Kosten der anderen Seite durchsetzen kann, werden
so unterschiedliche Lösungen möglich, die den eigentlichen Interessen gerecht werden. Dadurch
entsteht die Bereitschaft zur Kooperation.
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Der Ablauf einer Mediation in
sechs Phasen
1.
2.
3.
4.
5.
Vorbereitung und Mediationsvertrag: Konfliktbeteiligte schließen einen Vertrag mit
den Mediatoren, in dem Ziel, Regeln, Aufgaben und Kosten vereinbart werden. Die
Prinzipien der Mediation werden vom Mediator erläutert, die Regeln des Umgangs
miteinander sind zu besprechen, es ist zu klären, ob Mediation ein geeigneter Weg für
die Regelung des Konflikts ist und ein Mediationsvertrag mit der Einverständniserklärung
der Konfliktbeteiligten, eine Regelung mittels Mediation und mit Unterstützung der/s
Mediators/In anzustreben wird verabschiedet.
Themensammlung: Themen werden formuliert, die zur Lösung des Konflikts
besprochen werden sollen. In die Diskussion wird noch nicht eingestiegen. Die
Zusammenstellung bewertungsneutraler Themen verschafft einen Überblick.
Interessenerklärung: Herzstück der Mediation, tiefer liegende Motive, Wünsche und
Bedürfnisse der Beteiligten werden herausgearbeitet -> Bereitschaft zur Kooperation
entsteht, unterschiedliche Lösungen werden möglich.
Kreative Ideensuche: Konfliktbeteiligte entwickeln eine Vielzahl von Ideen, die für das
zu lösende Problem hilfreich sein können. Kernfrage: „Was wäre jetzt alles denkbar?“
Neue Optionen entstehen. Phase sollte nicht zu früh abgebrochen werden.
Auswahl und Bewertung von Lösungsoptionen: -> erfolgt auf der Basis der
jeweiligen Interessen und Bedürfnisse, aber auch Kriterien, auf die sich die Beteiligten
einigen. Am Ende stehen realisierbare Vorschläge, mit denen alle Parteien leben können.
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6.
Vereinbarung und Umsetzung: Am Ende der Mediation steht schließlich eine
tragfähige Vereinbarung und deren Umsetzung. Dient als Absicherung der zuvor
getroffenen Entscheidungen, erfolgt meistens schriftlich um den Grad der Verbindlichkeit
faktisch und symbolisch zu erhöhen. In dieser Phase geht es vordergründig um die
Beilegung eines Konflikts durch eine für alle Beteiligten akzeptable Vereinbarung.
Darüber hinaus ergeben sich aus der Einigung und deren erfolgreicher Umsetzung oft
Impulse für den zukünftigen Umgang miteinander und für die Bewältigung anderer
Konflikte. Aus beiden Gründen sollte die Mediation einen angemessenen und
würdevollen Abschluss finden.
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Mediation im Kontext anderer
Konfliktregelungsverfahren
1.
Allgemeine Abgrenzung der Mediation zu rechtlichen, beratenden und
therapeutischen Verfahren
Mediation kann unter verschiedenen Blickwinkeln von anderen Konfliktregelungsansätzen abgegrenzt
werden:
Machtorientierung
Rechteorientierung
Interessenorientierung
Kampf Hierarchie Staatl.
Macht
Schiedsverfahren
Gerichtsverfahren Schlichtung
Verhandlung Mediation
Hoch
 Entscheidungsbefugnis des Dritten 
niedrig
Richter/in
Schiedsfrau/mann
Persönlichkeitsentwicklung
Therapie
Coaching
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(bindend) Schlicher/in (nicht bindend)
Prozessbegleitung
Supervision
Mediatiorin
Konfliktregelung
Moderation
Mediation
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Mediation unterscheidet sich also in einzigen zentralen Punkten von anderen Konfliktlösungsverfahren.
Eine systematische Unterscheidung der einzelnen Instrumente kann nicht bei den Begriffen stehen
bleiben, denn die Begriffe sind oft unklar. Eine Moderation konfliktreicher Sitzungen kann je nach
Qualifikation der Moderatorin sehr mediativ ablaufen. Ein als Schlichtung bezeichnetes Verfahren kann –
je nach Ausgestaltung der vereinbarten Verfahrensordnung – durchaus den Charakter einer Mediation
haben. Systematisch muss daher unterschieden werden, ob die Parteien ein Verfahren wählen wollen
(oder sollten), das vom gemeinsamen Bemühen um eine Einigung geprägt ist. Dann handelt es sich um
ein autonomieorientiertes Verfahren. Dies ist beispielsweise bei Wirtschaftskonflikten in aller Regel
die Mediation. (Daneben kann man noch die Konfliktmoderation erwähnen.) Der autonomieorientierten
Mediation stehen alle anderen Verfahren gegenüber, die auf das Votum des Dritten (in Form eines
Schiedsgutachtens oder Schlichtungsspruches oder einer Adjudicationentscheidung) konzentriert sind. Es
handelt sich also um entscheidungsorientierte Verfahren. Innerhalb der entscheidungsorientierten
Verfahren muss sinnvollerweise danach unterschieden werden, welche Bindungswirkung das Votum
des Dritten haben soll: Bindend oder nicht bindend oder vorläufig bindend. Alle dies Varianten kommen
in der Praxis vor und haben ihren Sinn.
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Konkrete Abgrenzung zu anderen
Konfliktregelungsverfahren
1. Verhandlung



Ursprüngliche und häufigste Form d. Konfliktregelung ist Argumentieren und Verhandeln
Bei Konflikten wird zunächst verhandelt, in Konfliktfällen ist es sinnvoll, zunächst
miteinander zu sprechen.
In den letzten 10 bis 20 Jahren hat sich gezeigt, dass Vertragsparteien immer häufiger
auf dem Verhandlungsweg keine Lösung finden, deshalb Einsatz eines Dritten (z. B.
Mediator)
2. Schlichtung


Die Schlichtung ist darauf gerichtet, einen Schlichtungsspruch (als Grundlage für eine
dann hoffentlich möglich gewordene Einigung) zu erhalten.
Unterschied zur Mediation: Bei Mediation behalten die Parteien die Verantwortung für
das Ergebnis u. können sinnvollerweise nicht anstreben, den Mediator von der Qualität
der eigenen Position und Argumente zu überzeugen; bei Schlichtung geht es darum,
einen günstige Schlichtungsspruch zu erreichen, also den Schlichter für eigene
Argumentation zu gewinnen. Die Verantwortung für das Ergebnis wird an den Schlichter
abgegeben.
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3. Schiedsgutachten




Dienen dazu, den Inhalt eines vertraglichen Anspruchs oder einzelner
Anspruchsvoraussetzungen zwischen den Parteien verbindlich festzulegen, um nach Möglichkeit
einen Rechtsstreit zu vermeiden
In klassischer Ausprägung grundsätzlich bindend
Können von Gerichten nur auf grobe Unbilligkeit geprüft werden
Parteien können Vereinbaren, dass Gutachten nicht bindend ist, z. B. bei Gutachten zu
Rechtsfragen – auch dann, wenn Verfahren fair gestaltet war, hohe faktische Bindungswirkung
4. Adjudication/Dispute Board




Vorläufige Bindungswirkung
Votum des Adjudicator zunächst bindend u. muss von Parteien beachtet werden
Verliert seine Bindungswirkung erst, wenn unterlegene Partei Klage vor einem Gericht oder
Schiedsgericht erhebt
Solche vorläufige Bindungswirkung liegt meistens auch modernem Dispute Board-Verfahren zu
Grunde, bei denen üblicherweise drei Experten über Streitigkeiten vorläufig entscheiden.
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5. Moderation
• eine Gruppe durchläuft einen gemeinsamen Meinungs- und Willensbildungsprozess und sucht
gemeinsam nach Wegen zur Aufgabenbewältigung
•Aufgabe d. Moderators: mit zielgerichteten Fragen und Methoden die Sitzung strukturieren.
•Herausforderung: die Berücksichtigung der Komplexität der vielen Informationen u. gleichzeitig eine
Übersichtlichkeit zu gewährleisten.
•Hauptinstrument: Visualisierung an Flipcharts, Pinnwänden und m. Pinnwandkarten
Mediation und Moderation haben in Ablauf u. Rolle der Verfahrensleitung einige Ähnlichkeiten. Im
Vergleich zur Mediation findet in der Moderation bei der Bearbeitung der jeweiligen Themen jedoch keine
vertiefende Interessenklärung statt. Bei der Moderation geht es um eine sachbezogene Lösungssuche in
einer arbeitsfähigen Gruppe. Der Moderator unterstützt und dokumentiert den Arbeitsprozess durch die
Visualisierung. Im Vergleich zur Mediation ist sein Auftrag nicht primär die Klärung eines Konfliktes und
die Vermittlung zwischen Streitparteien. Der Moderator arbeitet weniger mit Fragen, Aktivem Zuhören,
Paraphrasieren und ähnlichen Kommunikationstechniken, mit deren Hilfe in der Mediation Interessen und
Bedürfnisse herausgearbeitet werden und Kooperationsbereitschaft gefördert wird. Dennoch treten im
Rahmen einer Moderation mitunter Konflikte zu Tage. Der Moderator muss dann entscheiden, ob eine
Kurzintervention mit mediativen Elementen ausreicht, damit die Gruppe effektiv weiterarbeiten kann.
Wenn es sich um schwerwiegende Konflikte handelt, sollte er den Konflikt benennen und eine gesonderte
Bearbeitung z. B. durch Mediation vorschlagen. Als Baustein eines KMS kann Moderation als frühes
Interventionsinstrument genutzt werden. Gleichzeitig kann sie eine Einstiegshilfe in eine Mediation sein,
wenn Konflikte stark tabuisiert werden.
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6. Coaching
•Personennahe Prozessberatung f. Menschen m. Managementaufgaben, fördert Selbstreflexion und
Selbstmanagementfähigkeiten um Führungskräfte eigene Wege u. Lösungen in schwierigen
Situationen und zur Erreichung der Ziele erarbeiten, kann berufliche u. private Inhalte umfassen,
Vordergrund ist berufliche Rolle u. persönlichkeits- u. leistungsbezogene Weiterentwicklung im
Arbetisumfeld
•Findet vermehrt als Einzel-Coaching statt, kann aber auch für Teams oder Projektgruppen als
Gruppen-Coaching genutzt werden
•Organisationsexterne Berater werden als Coach engagiert
•Einzel-Coaching = gutes Verfahren um über eigene Ziele und mögl. Wege klar zu werden
7. Supervision
•Ist Beratung für Berufstätige, die zur Sicherung und Verbesserung der Arbeitsqualität eingesetzt
wird.
•Ziel: berufliches Handeln professionalisieren, berufliche Rolle optimal gestalten u. bei der
Bewältigung von Belastungen Hilfestellung geben.
•Findet besonders häufig zur Begleitung der Zusammenarbeit v. Teams im Berufsleben statt.
•Fragen, Problemfelder, Konflikte u. Fallbeispiele aus dem berufl. Alltag werden thematisiert
•Unter Anleitung eines Supervisors reflektieren die Teilnehmer personale, interaktive u.
organisationale Aspekte ihrer Arbeit und die damit verbundenen Probleme
•Im Vergleich zur Mediation weniger punktuell für konkrete Konflikte eingesetzt, sondern als
längerfristige begleitende Maßnahme
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8. Therapie
Bei der Therapie ist ein Konflikt Ausgangspunkt und Wegweiser zu tiefer liegenden
interpersonalen Problemen. In der Mediation werden innerpsychische Hintergründe nur
soweit berücksichtigt, wie dies für die Lösung konkreter interpersoneller Streitigkeiten
notwendig ist. Bei der Mediation haben Gefühle ihren Platz, der allerdings nicht so zentral
ist wie bei der Therapie. In der Mediation ist der Auftrag nicht primär die Heilung und
Aufarbeitung tiefer liegender seelischer Hintergründe eines Konfliktes, sondern das
Aushandeln von zukunftsorientierten Vereinbarungen.
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Typische Anwendungsfelder
der Mediation
1. Trennung/Scheidung
Wenn Ehepartner sich trennen, drohen häufig schwere Auseinandersetzungen, die zum einen
viel Geld und Nerven kosten und zum anderen eine gemeinsame Perspektive als Eltern
unmöglich machen. Die Mediation ist ein strukturiertes und zielorientiertes Verfahren, das
trotz der starken Betroffenheit eine Lösung ermöglicht, die sowohl den Partnern als auch
den Kindern entgegenkommt.
2. Erbangelegenheiten
Unter Streitigkeiten zwischen den Erben sowie zwischen den Erben und Erblassern leiden häufig
ganze Familien. Eine rein rechtliche oder auch rein wirtschaftliche Regelung wird den
Bedürfnissen und Gefühlen der Beteiligten häufig nicht gerecht. Im Mediationsverfahren
werden Lösungen erarbeitet, die neben den materiellen Dingen auch die persönliche Ebene
mit einbeziehen. So kann an Stelle der einseitigen Verfügung des Vererbenden ein
Testament stehen, das auch die Interessen der Erben berücksichtigt. Erbengemeinschaften
werden darüber hinaus in die Lage versetzt, die Erbmasse wirtschaftlich sinnvoll zu nutzen.
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3. Regelung der Unternehmensnachfolge
Mit der Regelung der Unternehmensnachfolge werden die Weichen für die Zukunft gestellt.
Obwohl es sich aus wirtschaftlicher und persönliche Sicht um eine der wesentlichsten
Entscheidungen in der Firmengeschichte handelt, wird die Nachfolgeregelung häufig lange
hinausgezögert. Die Klärung wird aus Sorge vor möglichen Auseinandersetzungen
vermieden.
Die Mediation setzt genau an diesem Punkt an. Unter Berücksichtigung sowohl persönlicher
Interessen als auch betrieblicher Zielsetzungen werden maßgeschneiderte Konzepte
entwickelt. Das Unternehmen stärkt so seine Handlungsfähigkeit und gibt Führungskräften,
Mitarbeitern und Banken die notwendige Zukunftssicherheit.
4. Konflikte zwischen Gesellschaftern/Partnern
Der Erfolg eines Unternehmens hängt in hohem Maße von dem Zusammenspiel innerhalb der
Führungsmannschaft ab. Neben Konflikten in der alltäglichen Zusammenarbeit stellen dabei
insbesondere die Gründung einer Gesellschaft, die Erweiterung sowie ggf. auch der Ausstieg
Einzelner eine große Belastungsprobe dar. Werden diese Auseinandersetzungen nicht
konstruktiv geführt, drohen große Schäden für das Unternehmen und evtl. langwierige,
aufreibende Gerichtsverfahren.
Die Mediation stellt demgegenüber den geeigneten Rahmen für eine aktive, schnelle und
vertrauliche Konfliktbearbeitung zur Verfügung. Die unterschiedlichen Meinungen und
Interessen werden offen ausgetauscht und Lösungen erarbeitet, die von allen getragen
werden.
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5. Veränderungsprozesse im Unternehmen
Veränderung ist der Alltag für Unternehmen in nahezu allen Branchen. Und Veränderungen sind
immer mit Konflikten verbunden, egal ob es um Krankenhäuser, Stahlwerke oder
Stadtverwaltungen geht. Die Unternehmen müssen mit Umstrukturierungen bis hin zu Fusionen
die eigene Wettbewerbsfähigkeit sicherzustellen. Diese Veränderungen lösen bei der
Mitarbeiterschaft häufig Unsicherheit und Ängste aus, die sich negativ auf Motivation und damit
auch auf Produktivität auswirken. Im Rahmen der Mediation werden die Betroffenen frühzeitig
miteinbezogen, mögliche Streitpunkte erkannt und bearbeitet. Die notwendigen Maßnahmen
werden dadurch auf eine breitere Basis gestellt und von den Mitarbeitern mitgetragen.
6. Konflikte in Teams
Wenn Menschen zusammenarbeiten, entstehen Konflikte. Diese ziehen schnell weitere Kreise und
können das Klima und die Arbeitsfähigkeit ganzer Abteilungen in Mitleidenschaft ziehen. In der
Mediation bekommen die Mitarbeiter in einem geschützten Rahmen die Gelegenheit, ihre
Standpunkte auszutauschen. Missverständnisse werden auf diese Art beseitigt und Lösungen für
eine gute Zusammenarbeit erarbeitet. Die Mediation leistet dadurch einen bedeutenden Beitrag
zur Verbesserung der Atmosphäre.
7. Verhandlungen zwischen Geschäftsleitung und Betriebsrat
Konflikte zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite in Unternehmen sind strukturell angelegt und
haben eine wichtige Funktion für das Unternehmen. Wenn diese Konflikte allerdings zu
Blockaden führen, werden sie zum Problem. Teil Eine gute Beziehung zwischen Geschäftsleitung
und Betriebsrat ist entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens.
Natürlicherweise entstehen vor allem im Rahmen von Veränderungsprozessen immer wieder
Konflikte zwischen den Interessenvertretern, die sich häufig auch auf der Beziehungsebene
abspielen. Die Mediation bietet den Raum, zu einer konstruktiven Kommunikation
zurückzukehren und Lösungen im Interesse aller Beteiligter zu erarbeiten.
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8. Vertragsbeziehungen zwischen Unternehmern
Wirtschaftsmediation zwischen Unternehmen findet in allen Bereichen statt, in denen es zu
Vertragsstörungen kommt. Klassisch sind Kunden- und Lieferanten-Beziehungen, aber auch
bei Konflikten im Zuge von Joint Ventures, Fusionen und bei der Zusammenarbeit zwischen
Unternehmensteilen innerhalb eines Konzernverbundes (wo der Rechtsweg meistens
ausscheidet) wird Mediation eingesetzt. Die Konflikte sind häufig sehr rechtsnah, so dass in
der Regel die Rechtsabteilungen bzw. begleitende Rechtsanwälte am Mediationsverfahren
teilnehmen. Mediation kommt als Zeit sparende und kostengünstige Konfliktregelungsform
vor allem deshalb zum Zuge, weil nach gescheiterten direkten Verhandlungen ohne
externen Dritten häufig nur noch der sehr unwirtschaftliche und die Geschäftsbeziehungen
belastende Rechtsweg über Gerichte oder Schiedsgerichte bleibt. Hier bietet Mediation eine
wirtschaftlich attraktive Alternative, bei der die Unternehmen den Konflikt in der eigenen
Hand behalten.
9. Bauprojekte
In keinem anderen Bereich werden so viele Gerichtsprozesse geführt wie im Bauwesen. Die
Gerichtsverfahren dauern häufig sehr lange, sind teuer und in ihrem Ausgang nicht
vorhersagbar. Die Mediation eröffnet den Streitparteien die Möglichkeit, Ihre
Meinungsverschiedenheiten schnell und für beide Seiten akzeptabel beizulegen. Dies ist
insbesondere dann wichtig, wenn das gemeinsame Bauvorhaben noch zu Ende geführt
werden muss oder auch weitere Projekte geplant sind.
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10. Täter-Opfer-Ausgleich
Im Bereich des Strafrechts, insbesondere des Jugendstrafrechts, gibt es seit vielen Jahren die
Institution des Täter-Opfer-Ausgleichs (TOA). In Österreich spricht man vom
außergerichtlichen Tatausgleich (ATA). Vor Aufnahme der Gerichtsverhandlung werden
geeignete Fälle an den TOA verwiesen. Der TOA in einer Stadt ist zum Beispiel ein
gemeinnütziger, eingetragener Verein, in dem Mediatoren arbeiten und der hauptsächlich
durch Landesmittel finanziert wird. In der Regel wird zunächst einzeln mit dem Täter und
dem Opfer ein Vorgespräch geführt. Sind beide zu einem Ausgleichsgespräch bereit, findet
dieses unter der Leitung einer/s Mediators/in statt. Der Täter hat die Möglichkeit, sein
Handeln zu erklären, zu reflektieren und seine Schuld zu sehen und zu bereuen. Das Opfer
hat die Chance, die Tat zu verstehen und durch Auseinandersetzung mit dem Täter
abstrakte eigene Ängste, die sich aus der Tat ergeben haben, zu bearbeiten. Findet ein
Ausgleichsgespräch statt und ist der TOA „erfolgreich“, kann diese für den Täter
strafmindernd sein oder sogar zu einer Einstellung des Verfahrens führen.
11. Schulmediation
An immer mehr Schulen wird Mediation zur Regelung von Konflikten zwischen Schülern sowie
zwischen Schülern, Lehrern und Eltern eingesetzt. Auch innerhalb des Lehrerkollegiums
werden Konflikte übe Mediation geregelt. Hierbei handelt es sich aber nicht um
Schulmediation im engeren Sinne, sondern von Mediation in Organisationen, nur dass die
Organisation eben die Schule ist. Neben dem Einsatz externer Mediatoren zur Regelung
einzelner, eskalierter Konflikte, besteht ein Hauptansatz an Schulen darin, Schülerinnen und
Schüler, die als gleichrangig und gleichaltrig auf eine höhere Akzeptanz stoßen, zu
Konfliktlotsen und Mediatoren auszubilden. Ziel ist nicht nur die Regelung von Streitigkeiten,
sondern vor allem die Vermeidung von Konflikteskalation durch frühzeitige und
niederschwellige Intervention.
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12. Nachbarschaft und Gemeinwesen
Auseinandersetzungen zwischen Nachbarn beeinträchtigen die Lebensqualität der Betroffenen
nachhaltig. Die Konflikte eskalieren sehr schnell. Andere Nachbarn werden mit eingebunden
und irgendwann ist der Zeitpunkt erreicht, an dem die Beteiligten alleine den Streit nicht
mehr in den Griff bekommen. In der Mediation besteht die Möglichkeit, die Ereignisse aus
der Vergangenheit aus den unterschiedlichen Perspektiven anzusehen und so die Basis für
einvernehmliche zukunftsorientierte Regelungen zu legen.
13. Internationale Konflikte
Im internationalen Bereich finden zahlreiche Vermittlungsverfahren zwischen streitenden und
kriegsführenden Volksgruppen, Regionen und Staaten statt. Die Berichterstattung in den
Medien über Friedensgespräche und Vereinbarungen schildert in der Regel nur das Ende
oder der offizielle teil langer Mediationsprozesse, bei denen Vermittler zum Teil in direkten
Gesprächen zum Teil in getrennten Einzelgesprächen die möglichen Konsense vorbereiten.
Diplomaten werden in dem Verfahren und den Techniken der Mediation geschult (u. a. in
der Schweiz für die UNO), um dies bei internationalen Konflikten z. B. im Balkan, im nahen
Osten, in Südamerika einzusetzen.
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2. Mediation als kommunikative Aufgabe:
Gesprächsführung, Kommunikations- und
Moderationstechniken
Grundlagen der Kommunikation
1. Kommunikationsmodelle
Konflikte sind oft Ergebnis misslungener Kommunikation; das Feedback des Empfängers entspricht
nicht den Erwartungen oder der Intention des Senders. Konfliktregelung ist immer davon
abhängig, ob die Kommunikation gelingt. Für den Mediator gehören daher die Grundlagen
kommunikativen Handelns zu den wichtigsten Kenntnissen.
Das Alltagsverständnis von Kommunikation sieht oft folgendermaßen aus:
Sender

Information
Empfänger

Reaktion
Ein solches Kommunikationsverständnis unterstellt, dass ein Sender eine Nachricht unmittelbar
„kommunizieren“ kann. Seine Informationen kommen direkt beim Empfänger an, und zwar mit den
Bedeutungen, die der Sender den Informationen durch Sprache, Ton und Gestus gegeben hat. Das
suggeriert, dass der Sender die Informationen gleichermaßen direkt in das Gehirn des Empfängers legen
kann, inklusive seiner Vorstellung über die Bedeutung.
Prof. Dr. H. R. Skopp, Wirtschaftsprüfer
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Tatsächlich geht das einfache Grundmodell der
Kommunikationswissenschaft mittlerweile aber von einer anderen
Vorstellung aus, die schematisiert so aussieht:
Empfänger
Sender

Nachricht

Ein Sender kann eine Nachricht abgeben, die aus einer bestimmten Motivation heraus entsteht, die für ihn
eine bestimmte Bedeutung hat und mit der er Erwartungen und Intentionen verknüpft. Der Empfänger
muss diese Nachricht nun aber seinerseits wahrnehmen, er muss sie entschlüsseln. Dies kann er nur
entsprechend seiner eigenen kognitiven Schemata und mentalen Modelle. Er weist den sprachlichen und
nichtsprachlichen Zeichen der Nachricht diejenigen Bedeutungen zu, die nach seinen Erfahrungen „richtig“
sind; richtig in dem Sinne, dass sich die entsprechende Interpretation einer solchen Nachricht bewährt hat
und funktioniert.
Prof. Dr. H. R. Skopp, Wirtschaftsprüfer
26
Ausgehend von dem einfachen Grundmodell der Kommunikationswissenschaft ist es nicht
verwunderlich, dass die Kommunikation zwischen Menschen bisweilen nicht funktioniert. Ganz
im Gegenteil könnte man eher vom Wunder der Kommunikation reden, denn tatsächlich hat die
Kommunikationswissenschaft herausgefunden, dass Sender und Empfänger ihre Umwelt und
sich gegenseitig nicht direkt wahrnehmen können, auch nicht vermittels der kommunizierten
Nachrichten und somit auch keinen direkten Einfluss auf die Wahrnehmung des anderen haben.
Die Menschen konstruieren sich vielmehr ihre eigene Wirklichkeit im Kopf. Das Gehirn
verarbeitet die Sinneswahrnehmungen entsprechend den eigenen Erfahrungen, den
Grundvorstellungen und vieler individueller Merkmale. Auf diese Weise macht sich der Mensch
ein Bild von der Welt und von seinen Mitmenschen, aber eben sein eigenes Bild, ensprechend
seinen eigenen (Wert-) Vorstellungen. Kein Wunder also, dass es zu Missverständnissen kommt,
aber auch, dass die unterschiedlichen Vorstellungen der Menschen häufig im Streit aufeinander
treffen. Allerdings besteht die Möglichkeit, durch die Kommunikation selbst die subjektiven
Wirklichkeitsbilder miteinander abzugleichen und so ein gemeinsames Verständnis einer
umstrittenen Sache und möglicher Lösungswege zu erreichen.
Ein Mediationsverfahren will die Bedingungen für diesen kommunikativen Annäherungsprozess
verbessern.
Prof. Dr. H. R. Skopp, Wirtschaftsprüfer
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Die vier Botschaften einer
Nachricht
Eine Nachricht wird häufig nicht verstanden oder ruft unangemessene Reaktionen hervor, weil sie
von Sender und Empfänger unterschiedlich wahrgenommen und interpretiert wird. Beide
konstruieren sich ihre Wirklichkeit. Um ein tieferes Verständnis von dem zu bekommen, was der
andere uns sagen will, haben wir aber ein wichtiges Hilfsmittel. Wir können uns bewusst machen,
dass ein und dieselbe Nachricht fast immer mehrere Botschaften gleichzeitig enthält. Jede
Nachricht enthält in der Regel vier Botschaften, von denen oft nur eine explizit ausgesprochen
wird, die anderen schwingen aber immer mit und werden vom Empfänger auch wahr genommen.
Nachricht
Prof. Dr. H. R. Skopp, Wirtschaftsprüfer
Appell
Selbsoffenbarung
Sachinhalt
Beziehung
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1. Sachinhalt
• = das, worum es in der Sache geht
•Im betrieblichem Umfeld ist Sache im Vordergrund und Auslöser von Konflikten
•Konflikte auf Sachebene äußern sich in Verständnisproblemen oder Unsachlichkeit
•Wird Kommunikation auf Sachebene beschränkt, beeinflusst nichtsachliche Teil das Geschehen
aus dem Hintergrund
2. Selbstoffenbarung
•Jede Nachricht enthält nicht nur Infos über mitgeteilte Sache sondern auch über Sender
•Sender gibt immer auch etwas von sich selbst kund
•Menschen versuchen dadurch immer sich von einer guten Seite zu zeigen, was aber nicht immer
klappt
•Bei Mediation spielt Selbstoffenbarungsseite entscheidende Rolle für die Konfliktlösung auf
emotionaler Ebene
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3. Beziehung
•Nachricht zeigt, welche Beziehung zwischen Sender & Empfänger herrscht und was der Sender vom
Gegenüber hält
•Mit Kommunikation wird Beziehung aufgebaut, Empfänger ist nicht Diagnostiker sondern selbst betroffen
•Auch durch Tonfall, Gesten u. Gesichtsausdruck werden Beziehungsbotschaften ausgetauscht
•Im Berufsleben Beziehungsseite durch Stress, Hierarchie u. ä. stark belastet -> Kommunikation gestört, von
Sender und Empfänger unterschiedlich interpretiert u. Sachinhalt nicht mehr richtig aufgenommen
•Um bei Konfliktlösung voranzukommen, muss sachlicher Lösungsversuch gestoppt und Beziehungsseite d.
Kommunikation geklärt werden -> Arbeitsgrundlage für Fortschritte in der Sache
4. Appell
•Hinter Kommunikation steht meist Absicht -> Sender will etwas bei Empfänger bewirken, Einfluss auf Denken
und Handeln nehmen
•Je versteckter der Appell einer Nachricht, desto mehr wird sie zur Manipulation
•Empfänger soll nicht mitbekommen wie an Verstand und Gefühl appelliert wird, um das „Richtige“ zu machen
•Durch Scheu der Führungskräfte vor Anordnen oder Befehlen bleibt Appell in der beruflichen Kommunikation
oft unklar, was zu Missverständnissen, Vermutungen und Spannungen führt
•Wenn sensibel, kann man Missverständnisse vermeiden, Verhalten besser beurteilen und effektiv verhandeln,
denn man weiß besser worauf es dem Vertragspartner ankommt und worauf wir uns einstellen müssen
•Bei Mediation kommt es entscheidend darauf an, bei Streitgesprächen die jeweils nicht explizit
angesprochenen Seiten der Kommunikation zu klären und Wahrnehmungsverzerrungen aufzudecken
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Nonverbale Kommunikation
Wir kommunizieren nicht nur mit Worten, also verbal, sondern auch mit unserem Körper, also
nonverbal. Die Körpersprache ist dabei überaus vielfältig. Wir können die Augen
umherschweifen lassen, die Stirn runzeln, lächeln, usw. All dies gehört zur Mimik. Die
Gestik beinhaltet beispielsweise die Kopfbewegungen, das Gestikulieren mit Armen und
Händen, die Positionierung der Beine, die Bewegung der Füße, die Wendungen des
gesamten Körpers usw. Unsere Körpersprache gibt dabei häufig noch viel deutlicher
Auskunft über unsere wahren Gefühle als das gesprochene Wort. Wir können zwar den
Mund halten, die Signale unserer Körpersprache senden wir aber immer aus. Wir
kommunizieren also immer, ob wir wollen oder nicht. Wir können nicht nichtkommunizieren. Einigen Studien zufolge läuft sogar über die Hälfte der menschlichen
Kommunikation über Körpersprache.
Mediatoren müssen sich bewusst sein, wie sie übe ihre eigene Körpersprache mit den Konfliktparteien
kommunizieren. Sie müssen ebenfalls die nonverbale Kommunikation der Konfliktparteien beobachten und
erkennen, um die Bedeutung von Themen, die emotionalen Knackpunkte und Reaktionen auf mögliche
Lösungen zu verstehen.
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Körpersprache ist wichtig, um ein aktives Zuhören zu signalisieren. Wenn wir mit dem Körper
sagen wollen „ich höre zu“, dann sollten wir
•den Augenkontakt suchen, ohne den anderen zu sehr zu fixieren und ins Visier zu nehmen,
•den Körper der anderen Person zuwenden,
•durch aufmerksame Gesten (z. B. nicken) das Zuhören bekräftigen,
•einen wachen und interessierten Gesichtsausdruck zeigen
•u. v. m.
Es gibt keine festen Regeln für die Interpretation der Körpersprache. Bestimmte Haltungen wirken auf die
Mehrzahl der Menschen zwar auf ähnliche Weise so dass bekannte Regeln (Überschlagen der Beine, Arme
verschränken…) eine Tendenz angeben können. Dennoch kommt es eher darauf an, sensibel für die Signale
des Körpers zu werden und beim Gegenüber nachzufragen, um die Botschaft hinter der Körpersprache mit der
eigenen Interpretation abzugleichen.
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Grundhaltungen der
mediativen Gesprächsführung
Grundhaltungen der Gesprächsführung beschreiben nicht einzelne Methoden und Techniken, sondern
Grundhaltungen die prinzipielle Einstellung und ethischen Prinzipien von Mediatoren beim Führen
von Konfliktgesprächen. Haltungen lassen sich zwar zum Teil durch kommunikative Techniken
umsetzen und sind in diesem Maße auch erlernbar, allerdings äußert sich eine Grundhaltung auch
im gesamten Auftreten des Mediators. Techniken bleiben unglaubwürdig und können ihre
Wirkung nicht entfalten, wenn sie nicht auf einer umfassenden Werthaltung beruhen. Diese
Haltung kann eine Mediatorin, deren Aufgabe das Führen u. Moderieren von Gesprächen ist, nur
durch die Bereitschaft zur Entwicklung ihrer eigenen Persönlichkeit erlangen.
Die folgenden Grundhaltungen der Gesprächsführung beruhen in wichtigen Teilen auf
psychologischen Forschungsergebnissen über die Wirkung der Arbeit von Berater und
Therapeuten auf ihre Kunden bzw. Klienten. Der prägendste Ansatz ist die „klientenzentrierte
Gesprächsführung von Carl Rogers, der im nichttherapeutischen Zusammenhang besser als
„personenzentrierte Gesprächsführung“ bezeichnet werden kann.
Professionelle Grundhaltungen von Mediatoren und Moderatoren im Sinne der
personenzentrierten Gesprächsführung:
 Einfühlendes Verstehen (Empathie)
 Wertschätzung
 Echtheit u. Klarheit
 Systematisches Denken
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Einfühlendes Verstehen
(Empathie)
Haltung:
Wichtigste Grundhaltung in der Mediation; Versuch sich in das Erleben und Empfinden de Konfliktparteien
einzufühlen; Mediatorin bemüht sich Dinge aus der Sicht der Konfliktparteien wahrzunehmen; berücksichtigt
deren Emotionen u. angedeutete Sachverhalte; Mediatorin konzentriert sich auf Vorstellungen und Werte einer
Konfliktpartei u. versucht, möglichst genau v. Bezugspunkt der Partei aus das Verstandene wiederzugeben; das
geschieht am besten in einem fragenden Ton um Konfliktpartei zu verdeutlichen, dass es sich um Angebot
handelt, ihre Sichtweise zu vertehen.
Wirkung:
Konfliktpartei fühlt sich verstanden u. hört eigene Vorstellung aus Mund d. Mediatorin; erleichtert Partei bestimmt
Einstellungen in Frage zu stellen; im Gespräch mit Mediatorin wird Konfliktpartei angeregt sich mit eigener
Perspektive auseinander zu setzen u. durch Abwägen, Differenzieren u. Konkretisieren v. Wünschen u. Zielen
schrittweise zur Konfliktklärung beizutragen; Verzicht auf Belehrung, Bewertung u. Kritik d. Mediatorin ermöglicht
den Konfliktparteien, angstfrei u. ohne Abwehrmechanismen über Konflikt zu sprechen u. sich um Klärung
bemühen; Mediatorin wird aktiv zugewandt u. Anteil nehmend erfahren; Konfliktparteien können Mediatorin als
Modell benutzen um von Wortgefechten wegzukommen = erster Schritt zur gegenseitigen Akzeptanz u.
kooperativen Lösungssuche.
Grenzen: Mediatorin muss streitbar sein u. Konfliktparteien mit Position u. Verhalten konfrontieren, damit diese
ihr Vorgehen evtl. in Frage stellen; einfühlendes Verhalten darf nicht als Wert alleine stehen.
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Anders als in der Therapie darf einfühlendes Verstehen als Wert nicht
alleine stehen, sondern muss in Balance mit dem Wert „Mut zur
Konfrontation“ stehen. Folgende Grafik verdeutlicht diesen
Zusammenhang:
Einfühlendes Verstehen
 Zuhören
 Bemühen um Verständnis
 Angst- und aggressionsfreie
Kommunikation
 Übergang zu Perspektivenwechsel
Mut zur Konfrontation
 Destruktives Verhalten wird deutlich
abgelehnt
 Konfliktvermeidung führt zu ungelösten
Problemen
 Streit ermöglicht Klärung
 Streit verbindet
Wertebalance zwischen zwei Tugenden
„friedhöfliche“ Pseudo-Harmonie
„Mundtot-Macherei“, egozentrische
Kommunikation und Intoleranz
Erwartungsformen, wenn nur eine Tugendhälfte verwirklicht wird
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Wertschätzung
Haltung:
Grundsätzliche Wertschätzung = Mediator akzeptiert Konfliktparteien u. nimmt sie als Person an, egal was sie
sagen und wie sie sich geben; er muss nicht allem zustimmen muss aber Menschen mit ihre Persönlichkeit
akzeptieren mit allen Schwächen u. Eigenheiten; diese Haltung muss für die Parteien spürbar sein; positive
Wertschätzung erfordert nicht nur professionelle Zuwendung, sondern echtes Interesse an Menschen und
Engagement aufseiten d. Mediators.
Wirkung:
Stärkt die Selbstachtung der Konfliktparteien, die großen Einfluss auf deren Sozialverhalten hat; Angst wird
geringer u. damit die Notwendigkeit einer Verteidigungshaltung; das fördert ruhiges, selbstverantwortliches
Konfliktverhalten und Offenheit für andere Sichtweisen und neue Lösungen.
Grenzen:
Mediator darf keine Wertschätzung für Einstellungen und Sichtweisen einer Konfliktpartei ausdrücken, mit denen
Partei das Verfahren grundsätzlich ablehnt. Dann gilt es, die Gründe herauszufinden u. zu klären, ob die
Voraussetzungen für Verhandlungen gewährleistet sind u. ob eine Mediation weiter Sinn hat. Auch Äußerungen,
die andere Konfliktparteien oder den Mediator derart massiv angreifen, dass diesen das weitere Gespräch
unmöglich wird, müssen geklärt werden. Grenzen der Wertschätzung sind erreicht, wenn die gemeinsam
vereinbarten Spielregeln massiv und wiederholt gebrochen werden.
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Echtheit & Klarheit
Haltung: Mediatorin muss „sie selbst“ sein und nicht verstecken und ihre grundsätzliche Haltung klar machen, d.
h. sie sagt nicht ihre eigene Meinung, sondern wie sie die Aussagen der Konfliktparteien empfindet; Infos über
eigene Situation muss nur bis zur eigenen Greifbarkeit und Transparenz gehen; ein wirkliches Interesse an den
Konfliktparteien ist Voraussetzung; Mediatorin muss selbstsicher und gefestigt sein, mit den Konfliktparteien in
gewissem Maße ihre eigene Empfindung teilen, damit Parteien den Menschen in ihr erkennen, zu dem das
Vorgehen passt und der damit glaubwürdig ist.
Wirkung: Konfliktparteien können Vertrauen zur Mediatorin fassen, sie einschätzen und erkennen, dass zum
Umgang miteinander ein Mindestmaß an Offenheit über eigene Persönlichkeit gehört. Privates kann außen vor
bleiben, Persönliches ist i. d. R. in Konflikten relevant, weil es um eine Sach- u. Beziehungsebene geht. Es wird
deutlich, dass die Mediatorin kein Vermittlungsroboter ist sondern auch nur ein Mensch.
Grenzen: Eine Mediatorin muss sich auf ihre Rolle im Verfahren zurückziehen und ihre Funktion betonen, wenn
die Konfliktparteien versuchen, sie in den Streit hineinzuziehen, etwa in dem sie bewusst oder unbewusst zu
Entscheidungen bezüglich der Sache oder zur Aufgabe ihrer Allparteilichkeit zwingen wollen. Die Empfindungen
der Mediatorin sollten nur insoweit thematisiert werden, wie es zur Vermeidung von Störungen des Prozesses und
Irritationen nötig ist. Solange sich bspw. alle Konfliktparteien fragen, wie sich die Mediatorin nach einer
aggresiven Kritik fühlt und wie die Beziehung zwischen ihr und dem „Angreifer“ jetzt ist, kann nicht weiter an dem
Konflikt gearbeitet weren. Dann muss die Mediatorin ihre Situation klar machen.
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Systematisches Denken
Haltung:
Systematisches Denken ist Voraussetzung für eine an der Person orientierte Gesprächsführung; lenkt das
Augenmerk d. Mediators nämlich darauf, dass Konfliktparteien stets in ein oder mehrere komplexe Systeme wie
Familie, Unternehmen, Organisation, Verein, usw. eingebunden sind -> Handlungen bauen auf unterschiedlichen
Bewertungs- u. Sinnkategorien auf, z. B. materielle Entlohnung, Zeit, Hierarchie, Autorität, Freundschaft etc.;
systematisches Denken berücksichtigt komplexen Wechselwirkungen d. Gesprächs im Mediationsverfahren mit
den Lebens- u. Berufsbedingungen der Akteure außerhalb des Verfahrens; bedeutet weiterhin, dass Mediator
keine monokausalen o. moralischen Erklärungen für den Konflikt benutzt; bei Mediation im beruflichen Umfeld
geht e immer auch um Klärung organisatorischer, hierarchischer, strategischer u. struktureller Probleme u.
Konflikte.
Wirkung:
Systematisches Denken bewahrt Mediator davor, wichtige Zusammenhänge wie Rollen u.
Abhängigkeitsbeziehungen der Konfliktparteien aus dem Auge zu verlieren, die für das Verständnis des
Konfliktverhaltens zentral sind und in Lösungsansätzen berücksichtigt werden müssen. Konfliktparteien fühlen sich
in ihrer Situation, die durch vielfältige Anforderungen geprägt ist, verstanden und ernst genommen. Sie können
mit Rücksicht auf die systematischen Zusammenhänge Lösungen erarbeiten, die flexibel genug sind, um sich im
dynamischen Alltagsgeschehen zu bewähren. Das systematische Denken kann sich auch auf die Konfliktparteien
übertragen und verhindert so ein Verhalten, dass von Schwarz-Weiß-Denken und einfachen, nur noch
durchzusetzenden Lösungen geprägt ist.
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Grenzen:
Systemgedanke u. Fragen d. Steuerungskapazitäten von u. in Systemen sollte nicht so stark in Vordergrund
treten, dass der Einzelne als handelndes Subjekt keine Rolle mehr spielt. Gefahr ist, dass Subjekt mit individuellen
Geltungsansprüchen auf Strecke bleibt. Komplexität bei Konfliktanalyse kann zwar unendlich weit aufgebaut
werden, ist aber im Rahmen eines konkreten Verfahrens nur begrenzt wieder zu reduzieren u. zu bewältigen.
Arbeitet Mediator mit Konfliktparteien viele Zusammenhänge heraus, die unmöglich in ihrer Komplexität wieder
reduziert und im Folgenden nicht systematisch bearbeitet werden können, so kann dies zur Unübersichtlichkeit
und einer Überforderung der Beteiligten führen.
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Fehler im Gesprächsverhalten
von Mediatoren
Die dargestellten Grundhaltungen der Gesprächsführung sollen unter anderem einige typische unangemessene
Kommunikationsweisen im Gesprächsverhalten externer Vermittler und Gesprächshelfer verhindern:
Bagatellisieren
Bsp.: „Das ist glaube ich nicht so schlimm. Hauptsache Sie verstehen sich mit anderen Kollegen weiterhin
gut. Jeder hat eben seine Eigenheiten.“
•Probleme einer Konfliktpartei werden heruntergespielt.
•Partei wird evtl. getröstet u. beruhigt, fühlt sich wahrscheinlich unverstanden u. nicht ernst genommen.
•Weitere Auseinandersetzung mit Problem wird blockiert.
Diagnostizieren
Bsp.: „Sie haben wahrscheinlich genügend Selbstbewusstsein und versuchen, das durch autoritäres Verhalten zu
kompensieren.“
•Mediator spielt sich zum Fachmann auf u. ordnet Konfliktpartei einer best. Kategorie ein.
•Statt zur wirklichen Auseinandersetzung m. Problemen zu kommen, ist Mediator zufrieden, den Typ klar erkannt
zu haben -> vertrauensvolle Beziehung kann so nicht entstehen!
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Dirigieren
Bsp.: „Beim nächsten mal sollten Sie sich einfach einen Plan machen und nur das sagen, was Sie sich
vorher überlegt haben.“


Mediatorin verlässt Rolle, wenn sie als Beraterin inhaltliche Ratschläge gibt u. eigene Lösungen
entwirft, die oft nicht zur Konfliktpartei passen
Prinzip der Eigenverantwortlichkeit der Parteien verletzt, werden in passive Rolle gedrängt,
während Lösungen von Mediatorin erwartet werden -> solche Lösungen sind niemals so
verbindlich wie selbst erarbeitete Entscheidungen
Examinieren
Bsp.: „Ist ja interessant. Geht Ihnen das mit Bekannten auch so, haben Sie da auch solche
Hemmungen? Horchen Sie mal in sich hinein – womit könnte das zusammenhängen?“



Mediator lenkt Gespräch in die von ihm gewünschte Richtung, Hinweise der Konfliktpartei bleiben
evtl ungehört
Konfliktpartei fühlt sich ausgefragt
Wie bei Diagnostizieren erlebt Konfliktpartei den Mediator wie einen Therapeuten, der ihr
Verhalten kurieren möchte
Sich identifizieren
Bsp.: „Das kenne ich, so etwas habe ich auch schon erlebt. Da war ich auch so frustriert und wütend.
Danach habe ich immer Folgendes gemacht: …“



Mediatorin versucht Vertrauen durch eigene Erfahrungen zu erreichen
Will Verständnis f. Situation signalisieren, was Konfliktpartei kurzfristig gut tun mag, allerdings ist
in Mediation nicht Zeit für Probleme d. Mediatorin
Probleme u. Lösungsvorstellungen v. Mediatorin u. Konfliktpartei nicht vermischen, denn dann ist
Lösung für Partei nicht dauerhaft tragfähig
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Interpretieren
Bsp.: „Sie kommen letztlich mit Ihrer Rolle wohl doch nicht klar, wenn Sie nicht immer die Zügel in der
Hand haben.“
•Mediator kann hier schnell falsche o. nur zum Teil zutreffende Dinge in Probleme d. Konfliktpartei
hineininterpretieren
•Sollte es zufällig stimmen, ist Konfliktpartei evtl brüskiert o. überfordert mit Interpretation ihres
Verhaltens -> fühlt sich nicht verstanden
•Mediator macht sich zum Fachmann
Moralisieren
Bsp.: „Sie verhalten sich da aber schon ziemlich verantwortungslos. Als erwachsener Mensch müssten
Sie doch in so einer Situation etwas sagen.“
•Mediation verstößt hier gegen Grundsatz, Wertungen zu vermeiden
•Statt individuelles Problem d. Konfliktpartei ernst zu nehmen, wird es an moralischen Normen
gemessen
•Wertmaßstäbe entstehen nicht als Gemeinsamkeit durch Diskurs zwischen Konfliktparteien, Mediatorin
macht ihre Vorstellungen zum moralischen Maßstab -> Reaktion: Schuldgefühle o. aggressive
Gegenangriffe
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Intellektualisieren
Bsp.: „ Das liegt wahrscheinlich daran, dass Sie nicht gelernt haben, mit klaren Vorgaben zu
arbeiten. Damit hängt wahrscheinlich auch eine in Ihrer Kindheit erworbene Unfähigkeit
zusammen, mit Autoritäten umzugehen.“

Abgesehen v. therapeutischen Tonfall u. falschen Rollenverständnis d. Mediators als


Fachmann, liegt Problem darin, dass intellektueller Ansatz i. d. R. einem Problem und der
Person nicht gerecht wird.
Emotionale Ebene wird vernachlässigt -> Beitrag geht vollkommen an Wirklichkeit d.
Konfliktpartei vorbei
Partei hat evtl. auch schon über Problem nachgedacht, nur kann eine als rational erkannte
Lösung nicht immer umgesetzt werden, weil Verhalten auch emotional geprägt ist.
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Grundgedanken der
Kommunikation in der Mediation
Die Grundregeln menschlicher Kommunikation („Axiome“ nach Watzlawick)
1.
Man kann nicht nicht kommunizieren.
2.
Jede Kommunikation hat eine Inhalts- und Beziehungsaspekt, derart, dass letzterer den
ersten bestimmt und daher eine Metakommunikation ist.
3.
Menschliche Kommunikation bedient sich entweder symmetrisch oder komplementär, je
nachdem, do die Beziehung zwischen den Partnern auf Gleichgewicht oder
Unterschiedlichkeit beruht.
(Quelle: Watzlawick 1990)
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Kommunikative Aufgaben auf den drei Ebenen der Mediation
Die kommunikativen Aufgaben des Mediators spielen sich grundsätzlich auf drei Ebenen ab: auf
der Beziehungsebene, der Sachebene und der Prozessebene. Denn jedes Mediationsverfahren
beinhaltet und ist gekennzeichnet durch
•Personen, die in einer bestimmten Beziehung zu einander stehen, die unterschiedliche
Persönlichkeiten sind, die sich verschieden verhalten und sich hinsichtlich ihrer Emotionen,
Sprache, Fähigkeiten u. v. m. unterscheiden;
•einen Prozess, der durch bestimmte Systematiken und Strukturen den Ablauf der Interaktion
zwischen Konfliktbeteiligten festlegt und gleichzeitig den verschiedenen Interaktionsstilen und
Interessen Raum gibt;
•ein Problem, welches durch Fakten, Positionen, Interessen und Wahrnehmungen geprägt ist
und welches nach Möglichkeit durch die Konfliktbeteiligten gelöst oder geregelt werden soll.
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Alle drei Ebenen sind in jeder Phase der Mediation präsent und müssen durch die Mediatoren
im Auge behalten werden. In einzelnen Momenten der Mediation steht jeweils die eine oder
andere Ebene im Vordergrund. Bspw. steht die Person im Vordergrund, wenn einer
Konfliktpartei durch Formen des aktiven Zuhörens signalisiert wird, dass sie für ihr jeweiliges
Problem Gehör findet. In diesem Moment ist die Lösung des Problems selbst für die
betroffene Person zweitrangig. In schwierigen Gesprächssituationen oder wenn der rote
Faden verloren geht, steht für die Mediatorin die Prozessebene im Vordergrund. Vorrangig
um das Problem geht es dann, wenn die eigentlichen Interessen der Konfliktparteien
herausgefunden werden sollen. Aber auch in diesem Fall ist es für den Mediator wichtig, die
persönliche Ebene im Auge zu behalten, damit der Prozess der Interessenaufdeckung nicht
durch diese Ebene behindert wird.
Das Erkennen des Wechselspiels zwischen den verschiedenen Ebenen ist eine wichtige
Aufgabe des Mediators: bei einer Übermoderation (Konzentration auf die Prozessebene)
kann der Mediator das Problem aus den Augen verlieren; ein übertrieben emphatisches
Eingehen gefährdet hingegen möglicherweise den Gesamtprozess.
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Ansätze zur Veränderung von Perspektiven
•Von Positionen zu Interessen:
Partei: „Ich weigere mich, weiter hier zu arbeiten, wenn die Fenster nicht regelmäßig geöffnet werden.“
Mediatorin: „Sie brauchen – wenn ich das richtig verstehe – bessere Luft als bisher, um gut arbeiten zu können.“
•Von Urteilen (über Personen und Sachverhalte) zu Problemschreibungen:
Partei: „Er ist ein Lügner. Er verdient nicht unser Vertrauen. Das Einzige was wir bisher gesehen haben, ist eine
ganze Reihe gebrochener Versprechen.“
Mediator: „Sie wünschen also zusätzliche Sicherheiten, um mit Herrn X eine Einigung eingehen zu wollen, die
Bestand haben soll.“
•Von einer Schuldzuweisung zu einem Bedürfnis (durch Ich-Botschaften):
Partei: „Sie kümmert sich nie um die Kinder; sie trinkt, aber schaut nie nach ihnen, wenn sie sollte, was für eine
schlechte Mutter.“
Mediatorin: „Ich höre Ihren Ärger und die Sorge um die Kinder. Sie wollen sich darauf verlassen können, dass die
Kinder beaufsichtigt werden. Ihrer Meinung nach müssen die Kinder auch das Gefühl haben, dass sich die Mutter
um sie kümmert. Habe ich Sie so richtig verstanden?“
•Von der Vergangenheit in die Zukunft:
Partei: „Die Zusammenarbeit mit ihm ist furchtbar. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass er in den letzten fünf
Jahren zu einer Sitzung pünktlich gekommen wäre.“
Mediator: „Sie sind darüber verägert, auf ihn warten zu müssen, wenn Sie eine gemeinsame Sitzung haben und
Sie wollen, dass diese pünktlich beginnen. Sollen wir einen gemeinsamen Zeitplan aufstellen, der allen gerecht
wird und es ihm ermöglicht pünktlich zu erscheinen?“
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•Von einem individuellen Problem zu einem gemeinsamen Problem:
Partei: „Ich stolpere im Hausflur ständig über die abgestellten Fahrräder meiner Mieter. Manchmal
komme ich kaum in meine eigene Wohnung. Irgendwann breche ich mir noch mal den Hals.
Mediatorin: „Sie sind als Vermieter gemeinsam mit den anderen auch Bewohner dieses Hauses. Sie
fühlen sich durch die Räder aber ernsthaft behindert und halten diesen Zustand sogar für
unfallgefährdend, wenn ich Sie richtig verstehe. Gleichzeitig handelt es sich um ein Anliegen Ihrer
Mieter, ihre Räder abstellen zu können. Die Fragen der Nutzung des Hausflurs, das Abstellen der Räder
Ihrer Mieter und Ihre eigene Sicherheit hängen also eng miteinander zusammen, wenn ich Sie richtig
verstehe?“
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Kommunikationstechniken
1. Aktives Zuhören und Paraphrasieren
Paraphrasieren = das Gesagte einer Person m. eigenen Worten wiederholen u. dabei die
mitgehörten Interessen u. Bedürfnisse hervorzuheben
Die Fähigkeit, Aussagen der Konfliktparteien umzuformulieren, ist essentiell für einen Mediator. Das
Paraphrasieren ist dazu da, eine Aussage der Konfliktpartei so zu reformulieren, dass das Gesagte für den
Sprecher selbst, den Mediator und insbesondere für die anderen Beteiligten transparent wird und gleichzeitig der
Konflikt ein eine konstruktive Richtung gelenkt wird.
Non-verbal bedeutet aktives Zuhören v. a. folgende Verhaltensweisen der Mediatorin:
•Augenkontakt
•Aufmerksame Gesten
•Wacher, interessanter Gesichtsausdruck
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Hinsichtlich des gesamten Verfahrens muss der Mediator wie folgt sein:
•Aufmerksam: auf non-verbale Hinweise, Bedeutung u. Auswirkung achten
•Konzentriert: auf Prozess u. Konfliktparteien konzentrieren u. nicht ablenken lassen
•Geduldig: Konflikt/Streit aushalten, auf wichtige Infos achten, mehrmals nachfragen wenn
nötig
•Offen: keine vorschnellen Schlüsse treffen, alle Geschichten v. allen Seiten anhören
•Zurückhaltend: die Konfliktpartei die Geschichte erzählen lassen
•Allparteilich: alle Beteiligten aufmerksam u. fair behandeln
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Das Paraphrasieren ist die wahrscheinlich wichtigste und am meisten eingesetzte Kommunikationstechnik in
der Mediation. Paraphrasieren heißt, das von einer anderen Person Gesagte mit den eigenen Worten
wiederholen. Die folgenden Funktionen des Paraphrasierens verdeutlichen, warum es eine der wichtigsten
Kommunikationstechniken des Mediators und oft sogar die Hauptfunktion des Mediators bei der Bearbeitung
von Konflikten ist.
Funktionen
•Das Tempo eines Konfliktgesprächs wird reguliert, so dass ein Schlagsabtausch, der nichts
klärt verhindert wird.
•Da nur das Wesentliche paraphrasiert wird, konzentriert sich die Diskussion auf die wichtigen
Fragen und nicht auf ablenkendes Beiwerk.
•Durch Konkretisierungen werden Pauschalurteile und unterschiedliche Interpretationen des
eigentlich Gemeinten verhindert; es wird nicht um den heißen Brei herum geredet, sondern
die Dinge werden beim Namen genannt, damit sie geklärt werden können.
•Der Mediator muss sich so auf das konzentrieren, was den Konfliktparteien selbst wichtig ist,
so dass die Probleme immer deutlicher werden, auch für die Person selbst (Selbsterklärung).
•Der Ärger und die Frustration einer Konfliktpartei sinkt, wenn sie spürt, dass ihr zugehört
und sie verstanden wird.
•Die Probleme und Sichtweisen werden auch den anderen Konfliktparteien deutlicher; ein
Schritt zur Förderung gegenseitigem Verstehen ist getan.
•Der Kommunikationsstil wird kooperativer, indem der Mediator (oder andere Teilnehmer) die
Aggression in und die Emotionsgeladenheit von Beiträgen entschärft.
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Regeln des Paraphrasierens
•Ihre Körpersprache sollte interessiertes Zuhören signalisieren (Blickkontakt, zugewandte Körperhaltung…);
•Sprechen Sie sowohl sachlich wie emotionale Aussagen, Bedürfnisse und Interessen an;
•Achten Sie beim Paraphrasieren auf die Seiten einer Nachricht (Sachebene, Beziehungsebene,
Selbstoffenbarung, Appell), die nicht explizit zum Ausdruck kommen (Klarheit über das tatsächlich
Gemeinte schaffen);
•Betonen Sie die positiven Botschaften und die als lösbar genannten Probleme, soweit damit nicht die
Intention des Sprechers verfälscht wird;
•Konzentrieren Sie sich auf den Sprecher;
•Zeigen Sie mit Ihre Wortwahl, dass Sie zuhören und verstehen, nicht dass Sie zustimmen oder
widersprechen („Wenn ich Sie richtig verstehe, fühlen Sie sich (…), weil (…)“ / „Ich höre , dass Sie (…)“ /
„Für Sie sieht es so aus, dass (…)“, usw.)
•Sprechen Sie nicht in Form von „Man (…)“, „Wir (…)“, „Jeder (…), „Der normale Mensch (…)“, sondern
beziehen Sie die Aussagen auf den Sprecher: „Sie/Du (…)“ bzw. Ihre Beiträge auf sich: „Ich habe nicht
verstanden, wie (…)“ / „Für mich klang an, dass (…);
•Vermeiden Sie Bewertungen des Gesagten oder Urteile; wiederholen Sie statt dessen beschreibend;
•Formulieren Sie Ihre Paraphrase als Angebot, dem ein Konfliktbeteiligter zustimmen oder sie auch
ablehnen kann.
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Beispiele für Einleitungen des Paraphrasierens:
•„Lassen Sie mich sichergehen, ob ich Sie richtig verstanden habe. Sie sagten, dass…“
•„Was ich hier heraushöre ist, …“
•„Verstehe ich Sie richtig? Sie …“
•„Ich sehe, dass Sie wütend / verärgert / … darüber sind, dass …“
•„Ich höre heraus, dass Sie froh / enttäuscht / … darüber sind, dass …“
•„Ist mein Eindruck richtig, dass Sie … „
•Ich erkenne da zwei Dinge, die Ihnen wichtig sind. Das eine ist… und das andere …“
Beachten Sie beim Paraphrasieren:
•Nicht stereotyp jede Paraphrasierung mit den gleichen Worten beginnen.
•Nicht alles paraphrasieren; konzentrieren Sie sich auf wichtige Punkte und Aspekte.
•Nicht einfach das Gesagte mit den gleichen Worten wiederholen; übersetzen Sie es in Ihre
eigenen Worte und versuchen Sie zu kürzen.
•Vermeiden Sie zu sagen: Ich verstehe, wie Sie sich fühlen. Das irritiert den Betreffenden nur,
da Sie natürlich nicht genau seine Gefühle verstehen können – Sie sind selber nicht in der
gleichen Situation. Außerdem klingt das für die anderen Beteiligten nach Parteinahme.
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2. Paraphrasieren mit beidseitiger Situationsdefinition
Paraphrasieren mit beidseitiger Situationsdefinition verläuft in drei Schritten (wenn idealtypisch von einem
Zwei-Parteien-Konflikt ausgegangen wird, bei Mehr-Parteien-Konflikt muss das Werkzeug entsprechend
ausgedehnt werden).
1. Schritt: Mediatorin hilft Mediant 1 durch Paraphrasieren einen eigenen Standpunkt zu entwickeln –
Mediant 2 hört zu.
2. Schritt: Mediatorin hilft Mediant 2 durch Paraphrasieren einen eigenen Standpunkt zu entwickeln –
Mediant 1 hört zu.
3. Schritt: Der Vorgang wird durch eine beidseitige Situationsdefinition seitens de Mediatorin abgeschlossen.
Warum ist dieses Muter hilfreich in der Mediation?
Der Dreierschritt hilft bei der Rolle als allparteiliche (auf die Beteiligten bezogen) und neutrale (auf den Inhalt
bezogene) Dritte. Wenn die Mediatorin in den beiden ersten Schritten den Medianten Gelegenheit gibt, ihre
Sichtweise darzustellen und das Gehörte durch aktives Zuhören in ihren eigenen Worten wiedergibt, wird
dadurch automatisch ihre eigene Wertvorstellung in den Hintergrund geraten. Durch die beidseitige
Situationsdefinition kann sie wieder Distanz herstellen zum Inhalt und das Problem bei den Medianten lassen.
Ziel des Paraphrasierens
Paraphrasieren beinhaltet drei Phasen:
1.
Aktives Zuhören
2.
Reformulieren in eigenen Worten
3.
Vergewissern, ob richtig wiedergegeben wurde
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Ich-Botschaften
In konfliktträchtigen Diskussionen sagen wir mit unseren Beiträgen nicht nur etwas über das Thema
oder eine andere Person aus. Hinter unseren Aussagen stehen immer auch Botschaften über unsere
eigene Person: wie wir die Dinge erfahren und was das für uns bedeutet, wie wir uns von einer Person
behandelt fühlen. Um richtig miteinander umgehen zu können und nicht aneinander vorbeizureden, ist
es wichtig, dass die anderen diese Botschaften über unser Ich verstehen. Dennoch haben wir oft
Angst, uns zu offenbaren, und es ist schon zur Gewohnheit geworden, unsere Aussagen hinter „man“Sätzen zu verstecken.
Eine komplette Ich-Botschaft umfasst demnach vier Teile (Dulabaum 1998):
1. Ich fühle mich…
2. Wenn er/sie/Du/jemand/…
3. weil…
4. Und ich möchte, brauche oder will…
In Mediationsverfahren muss sich der Mediator z.B. durch die Übersetzung von Vorwürfen in IchBotschaften beim Paraphrasieren oder durch gezieltes Nachfragen („Was heißt das denn für Ihre
Situation?“, oder: „Wie sieht das Problem den aus Ihrer Sicht aus?“) darum bemühen, dass die
einzelnen Parteien ihre Sichtweisen als Ich-Botschaft formulieren, denn:
•Ich-Botschaften liefern Informationen über Sichtweisen und Gefühle der berichtenden Partei.
•Ich-Botschaften verhindern, dass die andere Partei angegriffen und beschimpft wird.
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Fragetechniken
Respektvoll und neugierig zu fragen ist neben dem Paraphrasieren die zweite zentrale Technik des
Mediators. Da jede Frage bereits eine Intervention ist, kann der Mediator mit seinen Fragen den Gang der
Konfliktmittlung entscheidend beeinflussen. Schlecht formulierte Fragen, die den Parteien uninteressant,
sinnlos oder gar manipulativ erscheinen, verschlechtern nicht nur insgesamt die Stimmung des Verfahrens,
sondern verhindern zudem, dass der Mediator zu wichtigen Informationen vordringen kann. Hingegen sind
gute Fragen generell als verständlich, als offen und als interessant zu charakterisieren.
Fragen lassen sich grundsätzlich in zwei Typen einteilen: offene und geschlossene Fragen.
Mit Hilfe offener Fragen (die nicht mit „Ja“ oder Nein“ zu beantworten sind) versucht der Mediator, so
viel wie möglich an Informationen über den Konflikt, über die jeweilige Wahrnehmung der einzelnen
Konfliktparteien und deren Interessen zu sammeln. Da diese Informationen aus Gründen des
Misstrauens, der Vorsicht, der Unkenntnis über ihren Bedeutungsgehalt für die Verhandlung oder aus
anderen Gründen zumeist nicht offen artikuliert werden, bemüht sich der Mediator mit Hilfe offener
Fragen diese Blockaden zu überwinden. Den Konfliktparteien muss dabei ausreichend Raum gegeben
werden, ihre Sicht der Dinge zu schildern. Diese Vorgehensweise verlangt ein aktives Zuhören des
Mediators ohne selbst voreilige Schlüsse zu ziehen.
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56
Fragen können die unterschiedlichsten Funktionen in der
Mediation haben:
•Fragen zur Leitung durch die Phasen der Mediation
•Fragen zur Unterstützung der Beteiligten, die eigene Sichtweise zu klären
•Fragen zur Stärkung der Eigenverantwortlichkeit
•Fragen zur Unterstützung eines Perspektivenwechsels
•Fragen zur Überwindung von Blockaden
•Fragen zum Hinterfragen von Wahrnehmungen und Annahmen
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Es lassen sich u. a. folgende Fragearten unterscheiden:
•Öffnende Fragen: um einen Vermittlungsprozess zu beginnen
•Informationsfragen: um Fakten u. Meinungen festzustellen
•Klärungsfragen: um Generelles zu spezifizieren
•Beurteilungsfragen: um Gründe für eine Position zu klären
•Teilnehmende Fragen: um Eindrücke von Einstellungen und Wünschen zu bekommen
•Zukunftsorientierte Fragen
•Wunderfragen (z. B. Stellen Sie sich vor, über Nacht wäre ein Wunder geschehen und das Problem wäre
verschwunden, Sie wissen zwar nicht wie, aber alles wäre gelöst. Was wäre das erste Zeichen dafür, dass
solch ein Wunder geschehen wäre?)
•Hypothesefragen: um Ideen in eine Diskussion einzubringen
•Leitende Fragen: um eine Idee zu suggerieren
•Operationalisierungsfragen: um Optionen weiter auszuarbeiten
•Konzentrierende Fragen: um eine Diskussion auf die wesentlichen Aspekte zurückzuführen
•Alternativfragen: um Alternativen zu vergleichen
•Schlussfragen: um einen Punkt abzuschließen
•Evaluationsfragen: um den weiteren Prozess und die Zukunft abzufragen
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•Skalenfragen: um die subjektive Bewertung bestimmter Situationen abzufragen u. um zu fragen, was
Konfliktparteien selbst zu einer positiven Veränderung beitragen können
•Tragfähigkeitsfragen: um die rechtlichen, technischen, wirtschaftlichen, sozialen etc.
Realisierungschancen und die Realitätstauglichkeit der Lösungsoptionen zu prüfen
•Zirkuläre Fragen: um einen Perspektivenwechsel anzuregen
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5. Zusammenfassen
In allen Phasen der Mediation fasst der Mediator immer wieder das Gesagte und das
Geschehen zusammen, um auf diese Weise den Prozess zu steuern, aber auch um die bisher
erreichten Klärungen auf der Sach- und Beziehungsebene zu verdeutlichen. Kleinere
Zusammenfassungen über das Paraphrasieren finden immer wieder zwischendurch statt.
Wenn die Parteien ihre jeweiligen Sichtweisen des Konflikts geschildert haben, erleichtert es
das weitere Vorgehen, wenn der Mediator die zentralen Infos zusammengefasst und ggf.
bereits generelle Kategorien zur Diskussion stellt. Wenn inhaltlich ein Abschnitt geschlossen
ist, fasst der Mediator ebenfalls die wichtigsten Ergebnisse zusammen. Der Mediator ordnet in
seinen Zusammenfassungen die Beiträge der Konfliktparteien. Wenn die Diskussion
abschweift, kann er in der Zusammenfassung das Wesentliche herausstreichen und den roten
Faden wieder aufnehmen. Insbesondere am Ende einer Mediationssitzung sollte das Erreichte
nochmals rekapituliert werden.
Zusammenfassungen erleichtern den Parteien den Überblick. Sie fühlen sich nicht so schnell
von den Informationen erschlagen und überfordert und erhalten ein Hilfsmittel, um sich die
verschiedenen Aspekte besser merken zu können. Zusammenfassungen erleichtern den
Konfliktparteien so das Verständnis des Geschehens, verdeutlichen Bezüge und machen die
nächsten Schritte deutlich.
Um diese Ziele zu erreichen, müssen sich Zusammenfassungen vor allem durch eine klare
Struktur auszeichnen. Das wichtigste Hilfsmittel dafür ist die Gliederung. Der Mediator kann
zunächst die Grobstruktur nennen, und dann Unterpunkte zusammenfassen.
Nach jeder Zusammenfassung sollte sich der Mediator auf jeden Fall rückversichern, ob er die
Sache aus Sicht der Beteiligten richtig getroffen hat, ob sie der Zusammenfassung
zustimmen. Danach kann dies als gemeinsames Ergebnis bewertet und vom Mediator auch
als positiver Schritt deutlich gemacht werden.
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Visualisierungstechniken in der
Mediation
1. Ziele und Möglichkeiten der Visualisierung
Visualisierungstechniken gehören zum Handwerkszeug in der Mediation und Moderation. Sie sollen die
Struktur einer Diskussion wiedergeben und die wichtigsten Ergebnisse festhalten. In Anlehnung an die Regeln
für eine verständliche Sprache können vier Charakteristika der Visualisierung hilfreich für den
Einigungsprozess in der Mediation sein.
•Einfachheit: Eine klare und einfache Darstellung sorgt für ein Mindestmaß an Einfachheit der Info.
•Ordnung: Die wesentlichen Aspekte können geordnet und gegliedert dargestellt werden. Zwischen den
Einzelpunkten können Verbindungen aufgezeichnent werden. Symbole wie Kreise, Pfeile und Punkte zeigen
Bezüge und Prioritäten an.
•Kürze und Prägnanz: Die Visualisierung beschränkt sich auf die kurzen, wesentlichen Aussagen und auf
Stichworte und Kernaussagen, der Rest bleibt der Diskussion vorbehalten, wobei die Stichworte die Diskussion
in Erinnerung rufen.
•Abwechslung und Stimulanz: Die Teilnehmer werden aktiv in die Informationserhebung und –bewertung
einbezogen. Die grafischen Darstellungen sprechen besonders die kreativen Fähigkeiten an und fördern
Denkprozesse.
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Aus diesen wesentlichen Merkmalen ergeben sich die Ziele der Visualisierung in der Mediation. Was
kann Visualisierung hier leisten?
1. Dokumentation und Präsenz der Information
2. Strukturiertes Vorgehen
3. Konzentration auf die Sache
4. Meinungsvielfalt und Relativierung der Perspektiven
5. Ausgleich von Ungleichgewichten im Kommunikationsverhalten
6. Förderung der Interaktion
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62
2. Materialien und Regeln der Visualisierung
Instrumente d. Visualisierung: Tafel, Flipchart, Tageslichtprojektor, Pinnwand
Materialien d. Visualisierung: Nadeln, Klebestreifen, Packpapier, Filzschreiber in
unterschiedlichen Farben, Schere, Klebestift, Korrekturstreifen, Karten
Grundregeln d. Visualisierung:
•Pinnwand gut sichtbar für alle
•Visualisierung ankündigen und erläutern
•Nur ein Argument
•Druckschrift mit Groß- u. Kleinbuchstaben
•Halbsätze bilden
•Max. 7 Worte
•Zwei bis drei Zeilen
•Auf das Wesentliche beschränken
•Freiflächen zur Ergänzung
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3. Darstellungsformen
1. Liste
•Argumente unter Überschrift sammeln -> bei Bedarf späteres Ergänzen und Weiterverarbeiten
•Karten lassen sich einbauen, Platz f. Ergänzungen soll bleiben
•Neben Karten können Teilnehmer Bewertungspunkte kleben
2. Vier-Felder-Tafel
•Teilt Wandzeitung in vier gleich große Felder ein
•Gibt Diskussion klare Struktur, engt Beiträge aber auch auf vorgegebene Aspekte ein
•Überschriften sollten neutral gehalten werden
3. Netz
•Karten werden von innen nach außen aufgelistet -> Gesamtübersicht entsteht, Bezüge u.
Kategorien werden deutlich
•Weglassen von Einzelheiten ist für Übersicht wichtig
•Zur Verdeutlichung v. Kategorien und Beziehungen können unterschiedliche Farben genutzt
werden
4. Tabelle
•Schnellstes u. übersichtlichstes Instrument um Überblick zwischen zwei Kategorien zu geben
•Ausprägungen werden in Spalten u. Zeilen abgetragen
•In Schnittfeldern können Bewertungspunkte oder Kurzbeschreibungen stehen
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64
Spezielle Instrumente
Zu Grundformen kommen zahlreiche Modifikationen, die für bestimmte Zwecke eingesetzt werden
können, z. B. Wertbäume oder Koordinatensysteme, die die Issues inklusive der Prioritäten und
Bewertungen seitens der einzelnen Teilnehmer veranschaulichen.
Mind-Mapping
•Nutzt Netz als Darstellungsform u. lässt sich gut im Zusammenhang mit Brainstorming einsetzen.
•Beim Schreiben oder bei vertikalen Listen wird das Denken in lineare Muster gezwängt
•Nutzt die Erkenntnis, dass Gehirn mehrdimensional arbeitet, bildhaft denkt u. Strukturen bildet
•Verbindet sprachliches u. bildhaftes Denken miteinander
•Kann angewandt werden um Gedanken stichwortartig aber vollständig festzuhalten u. in einer
Gliederung zu führen
Die Ausgangsfrage bzw. das Thema wird in die Mitte der Seite bzw. Wandzeitung geschrieben und
umrahmt. Der Mediator kann die Methode erklären und die Teilnehmer dazu auffordern, einige
Hauptaspekte zu nennen. Sie werden an Äste geschrieben, die von der Mitte ausgehen. An jedem
dicken Ast können weitere Zweige angebracht werden, an denen Unterpunkte oder Einzelheiten
stehen. Die Teilnehmer versuchen gemeinsam, die Aspekte auf der Themenkarte räumlich zu
verorten. Sie können Verbindungslinien und weitere Verzweigungen einzeichnen. Neben Stichworten
sollten Symbole und Bilder aufgezeichnet werden, um durch die bildhafte Darstellung Assoziationen
zu stimulieren. Ordnungsstrukturen lassen sich farbig kennzeichnen, oder indem Problemkomplexe
umrahmt und Ziffern eingefügt werden.
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65
3. Phasen und Schritte eines
Mediationsverfahrens
1.
Vorbereitung u. Mediationsvertrag. Die Mediation kann nur stattfinden, wenn sich alle Beteiligten darauf
2.
Informations- u. Themensammlung. Die Beteiligten formulieren, worum es ihnen geht und welche Themen
3.
Interessenklärung. Die entscheidende Phase in der Mediation ist dann die Interessenklärung. Die vielen
4.
Kreative Suche nach Lösungsoptionen. Gemeinsam entwickeln die Konfliktbeteiligten eine Vielzahl von Ideen,
5.
Bewertung und Auswahl der Optionen. Die unterschiedlichen Ideen werden nun gemeinsam bewertet. Am
einlassen wollen und die jeweiligen Erwartungen an das Verfahren geklärt sind. Die Konfliktbeteiligten
schließen untereinander und mit den Mediatoren einen Vertrag, in dem Ziel, Beteiligte, Spielregeln und
Kosten der Mediation vereinbart werden.
sie im Mediationsverfahren besprechen möchten. Der Mediator strukturiert den Konflikt durch die Benennung
der Themenbereiche.
unterschiedlichen Interessen und Bedürfnisse, die hinter den Positionen stehen, eröffnen den Raum für neue
Lösungsmöglichkeiten und bilden die Grundlage für zukunftsmäßige Regelungen, die von allen Beteiligten
getragen werden können.
die für das zu lösende Problem hilfreich sein können. Dabei kommen regelmäßig auch ganz neue und für alle
Seiten vorteilhafte Optionen heraus.
Ende stehen realisierbare Vorschläge, mit denen alle leben können und die den Interessen möglichst
weitgehend gerecht werden.
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66
6.
Vereinbarung und Umsetzung. Die Lösungen werden in einem Abschlusspapier oder Vertrag
zusammengefasst. Häufig ist das Ergebnis eines Mediationsverfahrens nicht nur ein konkreter
Lösungsvorschlag, das Verfahren trägt oft zur Verbesserung der Beziehung zwischen den Beteiligten bei.
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67
Vorbereitung u.
Mediationsvertrag
1. Falleignung
In allen Bereichen geht es zunächst darum zu prüfen, ob Mediation überhaupt das geeignete
Verfahren für den vorliegenden Konflikt ist.
Nicht empfehlenswert ist ein Mediationsverfahren z. B.:
•in Streitigkeiten, bei denen es um grundlegende rechtliche Fragen geht und es für die Beteiligten und/oder
die Allgemeinheit wichtig wäre, eine höchstrichterliche Entscheidung zu erhalten,
•bei Sachverhalten, in denen ein extremes Machtgleichgewicht zwischen den Parteien herrscht, so dass eine
oder mehrere der Beteiligten keine selbstverantworteten Entscheidungen treffen kann. Dabei ist zu
berücksichtigen, dass Unterschiede zwischen formaler und faktischer (Verhandlungs-) Macht bestehen. Die
„Macht der Ohnmächtigen“ ist häufig nicht zu unterschätzen (z. B. in Trennungs- u. Scheidungsmediationen),
•wenn Entscheidungen zu dem Thema der Mediation eigentlich schon feststehen und die Konfliktparteien
durch die Mediation möglicherweise nur „ruhig gestellt“ werden sollen,
•i. d. R.1 ferner in Situationen, in denen es bereits zu physischer Gewaltanwendung gekommen ist.
1
Ausnahmen ggf. im Täter-Opfer-Ausgleich; einzelne Mediatoren wenden Mediationen auch in Konflikten mit vorheriger
Gewaltanwendung an.
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68
Besonders geeignet ist Mediation
•bei Streitigkeiten in langfristigen Beziehungen, z. B. Auseinandersetzung über einen
Zulieferervertrag; Sorgerechts- und Umgangsregelungen; Nachbarschaftsstreitigkeiten zwischen
Hauseigentümern etc.
•bei emotionalen Themen: Scheidung, Trennung von Geschäftspartner; Ausstieg aus
Gesellschaften; Konflikte am Arbeitsplatz; Konflikte um die Veränderung des Lebensumfeldes
durch Baumaßnahmen u. ä. etc.,
•bei nicht rein finanziellen Angelegenheiten; in den USA ist Mediation mittlerweile aber auch für
reine Dollarkonflikte, wie z. B. Unfallstreitigkeiten mit Versicherern, Klägern und Beklagten,
Forderungen aus Vertragsstörungen (Claim Management) etc. üblich,
•wenn ein Konflikt schneller als auf dem Rechtswege üblich gelöst werden soll,
•wenn Themen vertraulich behandelt werden sollen,
•wenn ein Sieg vor Gericht zu viele Nachteile mit sich bringen würde (z. B. Imageverlust einer
Firma)
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2. Die erste gemeinsame Mediationssitzung
•Hauptaufgabe d. Mediators: gute u. von einer positiven Grundstimmung geprägte Atmosphäre schaffen
•Konfliktbeteiligte für ihren Entschluss wertschätzen
•Mediator muss durch Körpersprache u. Worte vermitteln, dass er an Erwartungen interessiert ist u. deren
Bedenken versteht u. beachtet
•Mediator soll über kommunikative Kompetenz verfügen
•Prinzipien der Mediation vom Mediator erläutern, Regeln des Umgangs sind miteinander zu besprechen,
klären ob Mediation geeigneter Weg für Regelung d. Konflikts ist u. Mediationsvertrag m. d.
Einverständniserklärung der Konfliktbeteiligten, eine Regelung mittels Mediation und mit Unterstützung der
Mediatorin, des Mediators oder des Mediationsteams anzustreben, wird verabschiedet
•Für Beteiligten ist es erforderlich o. zumindest empfehlenswert eine parteiliche Rechtsberatung in Anspruch
zu nehmen, um für eigenverantwortliche Konfliktlösung erforderliche Informiertheit herzustellen
•Für Konfliktbeteiligte steht ihr Konflikt im Vordergrund, für den es bisher keine Lösung gibt -> haben oftmals
schon Glauben an solche verloren
•Mediation beginnt mit erster Sekunde der Kontaktaufnahme von Mediator und Konfliktbeteiligten
•Im Vordergrund d. ersten gemeinsamen Gesprächs stehen Erwartungen u. Befürchtungen m. Blick auf d.
Mediationsverfahren, gemeinsam werden Rahmenbedingungen u. Spielregeln ausgehandelt, wird
besprochen, was es für sie bringen könnte und wie die Rolle des Mediators aussieht -> Beteiligte möchten
das Gefühl haben, gut aufgehoben zu sein und mit ihren Anliegen ernst genommen zu werden.
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70
•Durch Aufgreifen d. Erwartungen d. Beteiligten u. positives Umformulieren v. Vorwürfen u.
Bedenken kann Mediator d. vorherrschenden u. vergangenheitsorientierten Problemperspektive
eine zukunftsorientierte Lösungsperspektive entgegenstellen -> Übereinstimmungen i. d.
Erwartungen d. Beteiligten werden festgestellt
•Hervorheben u. Betonung dieser Gemeinsamkeiten hat positiven Einfluss auf d. Gesprächsklima
•Um wachsende Bereitschaft z. konstruktiven Mitarbeit der Parteien zu fördern, konzentriert
Mediator Beteiligte in dieser Phase in hohem Maße auf sich selbst u. schränkt gegenseitige
Angriffe u. Vorwürfe dadurch ein
•Für Herstellen v. Sicherheit u. einer geschützten Atmosphäre sind permanenter Blickkontakt, eine
Aufmerksamkeit signalisierende Körpersprache u. ausgewogene Zuwendung zu einzelnen
Konfliktpartnern wesentlich
•Anhand Erwartungen u. ersten Schilderungen d. Konfliktbeteiligten kann Mediator am Bsp. eines
konkreten Falles sowohl das Verfahren d. Mediation wie deren wichtige Prinzipien erläutern, sowie
nach Bedarf den Beteiligten gemeinsame Verhaltensregeln für Umgang miteinander entwickeln
lassen.
•Erste Phase endet meist mit gemeinsamer Unterzeichnung des Mediationsvertrages
•Kann bereits während der ersten Sitzung geschehen oder zu Beginn der zweiten, nachdem
Beteiligte Vertragsentwurf zuhause studiert u. unterschrieben zur nächsten Sitzung mitgebracht
haben.
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3. Vorbereitung von Mediationsverfahren mit Interessengruppen
Bei komplexen Verfahren mit einer Vielzahl von Konfliktbeteiligten basiert eine erfolgreiche
Mediation auf einer guten Vorbereitung, die vor der ersten gemeinsamen Sitzung stattfindet. Dazu
gehört eine gründliche Analyse der zu beteiligenden Personen und Gruppen, der jeweiligen
Erwartungen, des Konfliktstaus und eines geeigneten Prozessverlaufs. In zahlreichen
Einzelgesprächen mit den Konfliktbeteiligten sammelt das Mediationsteam Infos über die jeweilige
Sichtweise der Situation, welche Themen als relevant genannt werden, welche anderen Personen
oder Gruppen in den Konflikt involviert sind (und entsprechend berücksichtigt werden sollten), mit
wem das Team noch sprechen sollte, welchen Verlauf der Konflikt bisher genommen hat und
welche Wege bisher beschritten worden sind. Anhand dieser Informationen können die
Mediatoren eine erste Einschätzung darüber vornehmen, ob der vorliegende Konflikt überhaupt
durch Mediation geregelt werden kann, oder ob andere Konfliktregelungsansätze viel
versprechender erscheinen oder mehr den Wünschen der Beteiligten entsprechen.
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72
4. Typische Fragen zur Auftragsklärung in Vorgesprächen
1. Worum geht es grob, ohne Details und Meinungen?
2. Wer sind die Beteiligten?
3. Gibt es weitere Verbündete oder andere Beteiligte?
4. Wo sehen Sie Ihre Rolle in dem Konflikt?
5. Was ist im Rahmen des Konflikts bisher geschehen, z. B. zur Klärung? (daraus ergibt sich oft, wie
eskaliert der Konflikt ist)
6. Warum Anfrage gerade jetzt?
7. Welche Erwartungen haben Sie an das Mediationsverfahren?
8. Welche zeitlichen und anderen Rahmenbedingungen sind aus Ihrer Sicht zu beachten für die
Durchführung des Mediationsverfahrens?
Bei Interessengruppen
9. Wer wird von Ihrer Gruppe/Organisation regelmäßig an den Sitzungen teilnehmen?
10. Wie sieht Ihre Organisationsstruktur aus? Wie findet bei Ihnen die Rückmeldung der Ergebnisse der
Mediationssitzungen an Ihrer Basis statt?
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73
11. Organisatorisches, z. B.
•Wann (konkrete Termine und Tageszeiten)
•Wo (Haben Sie evtl. geeignete Räumlichkeiten?)
•Wie oft (Zeitbudget für Forum- und Arbeitskreissitzungen) können die Sitzungen aus Ihrer
Sicht stattfinden?
•Kosten
•Moderationsmaterial und Raumgestaltung vor Ort
•Etc.
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Themensammlung (Phase 3)
1. Umformulieren in neutrale Themen
In dieser Phase der Mediation stellen die Beteiligten dar, welche Aspekte geregelt werden müssen. Eine
Herausforderung für die Mediatorin besteht darin, die Sichtweise einer Konfliktpartei nicht als Rahmen für die
Darstellung der anderen Konfliktpartei zu verwenden („Was sagen Sie denn dazu?“ oder „Wie sehen Sie
das?“). Sie muss vielmehr im Geiste wieder einen Schritt zurückgehen und sich von dem gleichen
Ausgangspunkt wie bei der ersten Partei nun einer zweiten Schilderung zuwenden. Dabei kann sie auch
diese Person darin zu unterstützen, den Konflikt ihrer ursprünglichen, eigenen Sicht zu schildern und eben
nicht als Antwort auf die Darstellung zuvor („Schildern Sie doch bitte mal von Anfang an, was für Sie das
Problem ist!“).
Mitunter ist es hilfreich, den Parteien als Vorbereitung für diese Phase nach der ersten Sitzung die
Hausaufgabe mitzugeben, jene Aspekte und Themen aufzulisten, die sie in der Mediation besprechen wollen.
Die Hauptaufgabe der Mediatiorin besteht jetzt darin, die unterschiedlichen Positionen, Sichtweisen und
Anliegen der Beteiligten zu bewertungsneutralen Themen umzuformulieren und sie nach Rücksprache mit
den Konfliktbeteiligten zu visualisieren. Die Mediatorin kann die einzelnen Themen entweder direkt den
Konfliktbeteiligten zuordnen (was den Vorteil hat, dass diese sich mit ihren Anliegen unmittelbar auf der
Pinnwand oder dem Flipchart wieder finden) oder eine gemeinsame Themenliste erstellen (was den Vorteil
hat, dass jedem vor Augen geführt wird, dass auch die nicht von ihm selbst eingebrachten und als weniger
wichtig eingestuften Themen relevant für eine gemeinsame Konfliktregelung sind).
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75
Position: „Ich bin nicht bereit, dass ich ständig Überstunden machen muss, wenn mir XY kurz vor
Feierabend plötzlich wieder irgendwelche Aufgaben auf den Tisch legt. Da gibt es auch noch andere
Kollegen.“
Mögliche Themen, die an der Flipchart notiert werden: „Umgang mit kurzfristig anfallenden Arbeiten
in der Abteilung“ und/oder „Aufteilung der Arbeiten zwischen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern“
und/oder „Überstundenregelung“.
Die Erstellung einer Themenliste sowie die Einigung über die Reihenfolge der Bearbeitung ist ein weiteres
sichtbares Ergebnis der Zusammenarbeit zwischen den Konfliktbeteiligten.
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76
2. Visualisierung in der Mediation
Wie auch in den weiteren Phasen werden die Ergebnisse während des Gesprächs für alle
Beteiligten sichtbar auf Flipchart oder/und Pinnwänden visualisiert. In dieser Phase sind
das die Themen. Als Material benötigt der Mediator dafür Moderationsmaterialien wie
Flipchartstifte, Moderationskarten, Flipchart, Pinnwände, Nadeln, usw.
Der Ablauf bei der Visualisierung sieht wie folgt aus:
1.
Jede Flipchartseite beginnt mit einer Überschrift zur Orientierung der Parteien und zur
Unterstützung bei der Steuerung des Prozesses. In dieser Phase kann die Überschrift z.
B. lauten: „Themen“. In den weiteren Phasen steht als Überschrift das Thema, zu dem
Interessen (Phase 4) bzw. Lösungen (Phase 5 und 6) erarbeitet werden.
2.
Zusammenfassen des Gesagten und Umformulierung in ein Thema.
3.
Formulierung von der Konfliktpartei bestätigen lassen oder anpassen.
4.
Thema auf der Flipchart notieren.
Zur Visualisierung gehört eine für alle lesbare, große Schrift. Visualisierung gehört zum
Handwerkszeug und es empfiehlt sich, die Moderationsschrift an einer Flipchart zu üben,
um im Mediationsverfahren zügig und lesbar visualisieren zu können.
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77
Interessenklärung
1. Fragetechniken für die Interessenklärung
Wichtige Kommunikationstechniken für den Mediator in dieser Phase sind Aktives Zuhören und
Paraphrasieren sowie unterschiedliche Fragen. Fragen, die zu den Interessen der Beteiligten
führen, sind z. B.:
•Was genau ist Ihnen so wichtig an … (Forderung/Position)?
•Warum ist Ihnen … (Forderung/Position) so wichtig?
•Wenn das so wäre (Forderung/Position), warum wäre das gut für Sie?
•Was bedeutet … für Sie?
•…
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2. Die Bedeutung von Emotionen
•Emotionen sind Hinweis auf wichtige Interessen, Sichtweisen und Überzeugungen
•Nicht Gefühle sind Auslöser für Konflikte, sondern Konflikte lösen Gefühle aus
•Mediatoren unterdrücken Gefühle nicht, um Konflikte zu vermeiden, sondern benennen sie, um
Konflikte zu klären -> mit Hilfe des Mediators können die Interessen und Bedürfnisse deutlich gemacht
werden
•Konfliktbeteiligte werden sich selbst klarer über eigene Bedürfnisse u. die des anderen
nachvollziehbarer -> streitende Personen können wieder Kontakt aufnehmen u.
Kooperationsbereitschaft entwickeln
•Emotionen spielen in allen Anwendungsfeldern d. Mediation eine wichtige Rolle, beziehen sich nur auf
verschiedene Inhalte, z. B. berufliche o. private Beziehungen, Auswirkungen best. Forderungen auf
eigene Situation, Bewertung eines Areals, Erleben anderer Interessenvertreter, usw.
•Gefühle erhellen Konflikt u. führt zu kooperativer Kommunikation, Streitparteien können das aber am
Anfang nicht u. äußern statt Gefühle Meinungen u. Bewertungen
•Klarer Unterschied: was wir fühlen und was wir denken!!! Wort „fühlen drückt nicht unbedingt das
aus, was wir wirklich fühlen. Bsp.: „Ich fühle mich nicht ernst genommen, wertgeschätzt…“ -> kein
Gefühl sondern Bewertung, Mediator müsste nach Empfindung fragen, Gefühl könnte lauten: „Ich bin
verunsichert / entmutigt / fühle mich alleine …“. „Ich fühle mich als Führungskraft mit so viel
Verantwortung überfordert…“ -> Auch hier Gefühl nicht genau benannt, Gefühle beziehen sich auf sich
selbst und nicht auf den anderen. Gefühl könnte sein: „Ich bin enttäuscht, ungeduldig, frustriert über
mich/mit mir…“.
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Mediatoren können den Konfliktparteien helfen, Emotionen zu benennen, um so konstruktiv
mit Gefühlen umzugehen und zu den Interessen gelangen. Dafür brauchen Mediatoren einen
Wortschatz, der Gefühle benennt:
Gefühle, wenn Bedürfnisse
nicht erfüllt sind










Angst
Ohnmacht
Resignation
Ärger, Wut
Empörung
Verachtung, Ekel
Enttäuschung
Belastung, Niedergeschlagenheit
Einsamkeit
Verletzung
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Gefühle, wenn Bedürfnisse
erfüllt sind









Engagement, Motivation
Erleichterung
Motivation
Erleichterung
Hochgefühl, Euphorie
Freude, Glück
Neugierde
Hoffnung
…
80
Diese Gefühle sind Ausdruck dafür, dass in einem Konflikt wichtige Grundbedürfnisse berührt sind und
bei einer Klärung berücksichtigt werden müssen.
Grundbedürfnisse in Konflikten, die hinter Emotionen stecken
Sicherheit, Planbarkeit
Autonomie, Handlungsmöglichkeiten
Zugehörigkeit und Beziehung
Status, Selbstwert
Sinn, erfüllende Tätigkeit
Integrität, Stimmigkeit, mit sich selbst im Einklang sein
…
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81
Kreative Ideensuche (Phase 4)
1. Regeln in der Ideensuche, die der Mediator durchsetzt
Konsequenterweise verhindert der Mediator, dass die einzelnen Ideen schon bewertet oder kommentiert
werden. Die Kreativität und das Denken über den bisherigen Rahmen hinaus soll dadurch gefördert
werden. Außerdem wird so sichergestellt, dass sich die Beteiligten nicht durch ständige Diskussion
möglicher Umsetzungsprobleme schon bei den ersten Lösungsideen wieder festfahren oder die erstbeste
plausibel klingende Lösung als Verhandlungsergebnis annehmen.
Hauptaufgabe in dieser Phase ist neben der Visualisierung der Ideen die Durchsetzung folgender Regeln
durch den Mediator:
•Ideen nicht bewerten oder kommentieren (Killerphrasen unterbinden wie „Wie soll das denn gehen?“;
„Das ist doch viel zu aufwendig/teuer/…“; „Das haben wir doch schon oft genug versucht“; „Das möchte
ich mal sehen, wie Sie xy dazu bringen wollen, …“ usw.!)
•Ideen freien Raum lassen
•Quantität geht vor Qualität
•Ideen aufgreifen und weiterentwickeln (Ideenklau ausdrücklich erwünscht)
•Ideen nicht Personen zuordnen
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2. Kreativitätstechniken
Meist reicht ein Brainstorming nach den genannten Regeln, um Ideen zu nennen, die der Mediator alles notiert.
Doch auch andere Kreativitätstechniken können oft hilfreich sein, um eine größere Bandbreite an Lösungsideen
zu erzeugen. Kreativitätstechniken sollen die unterschiedlichsten Denkprozesse aktivieren sowie Denkblockaden
und gewohnte Denkmuster überwinden helfen. Für einen kreativen Prozess und für die Wahl der jeweiligen
Kreativitätstechnik sind insbesondere das kreative Umfeld sowie die Einstellungen der Beteiligten zu beachten.
Kreativitätstechniken lassen sich grob unterteilen in:
•Intuitive Methoden
•Systematisch-analytische Methoden.
Diese Methoden lassen sich noch weiter unterteilen, je nachdem, ob Assoziationen, Analogiebildungen oder die
Suche in problemfremden Bereichen im Vordergrund der einzelnen Methoden stehen.
Zu den intuitiven Methoden gehören: Brainstorming, Brainwriting, Kartenabfrage, Bionik, Synetik.
Leitgedanke der systematisch-analytischen Methoden ist es, ein Problem in eine Vielzahl unabhängiger
Teilprobleme zu zerlegen, um diese jeweils für sich zu bearbeiten. Durch Kombination unterschiedlicher
Teillösungen bzw. durch neue Strukturierungen, Variationen und Verknüpfungen wird eine Gesamtlösung
zusammengefügt. Im Vordergrund steht hier eine systematische Erarbeitung von Ideen. Hierzu gehören:
Morphologische Kasten (mehrdimensionales Verfahren z. strukturellen und funktionalen Bearbeitung v.
Problemen; hierbei wird Problem in seine Komponente zerlegt, um alle möglichen Lösungen in geordneter Form
zu erhalten; Ziel ist systematische Gesamterfassung eines Problems; sehr aufwendige u. komplexe Methode),
Sequentielle Morphologie (quasi eine Weiterentwicklung d. morphologischen Kastens, welche die
Entscheidungsphase mit in den kreativen Prozess einbaut), Morphologische Matrix (mit Beschränkung auf zwei
Parameter; etwas übersichtlicher als morphologischer Kasten; zeigt relativ schnell bereits bekannte Ideen u.
Rahen f. etwaige neue auf), Relevanzbaum, u. v. m. Diese Methoden sind hier vor allem der Vollständigkeit
halber aufgeführt. In der Mediation sind sie auf Grund ihre Komplexität und Projektbezogenheit nur
eingeschränkt anwendbar.
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83
2.1 Kartenabfrage
•Beliebte Moderationstechnik u. in d. Mediation besonders bei Vielparteienkonflikten anwendbar
•Kann auch bei Themensammlung verwendet werden -> ohne Anonymisierung
•An Pinnwand wird Frage visualisiert, Teilnehmer bekommen Karten u. Stifte und schreiben
Antworten darauf -> sinnvoll, Karten pro Person begrenzen
•Mediator mischt, liest vor, ohne dass man weiß, von wem die Karte stammt, bei Klärungsbedarf
sollte Schreiber sich „outen“ oder es wird in die Runde gefragt, was gemeint sein könnte
•Mediator bereitet Pinnwand vor mit ovale Karten, nimmt erste Karte u. hängt sie unter Oval. Bei
zweiter Karte wird gefragt, ob sie zur 1. passt. Wenn ja, unter gleiches Oval, wenn nein unter
nächstes = Clustern. So wird mit allen Karten verfahren
•Mediator hält sich weitgehend raus, überlässt Teilnehmern Strukturieren -> Gruppe muss sich
einig sein
•Wenn alle Karten angepinnt, müssen für Cluster Oberbegriffe gefunden werden
•Methode relativ zeitaufwendig, aber bei Vielparteienkonflikten gut am Anfang, dass Beteiligte sich
als Gruppe finden
•Variante d. Kartenabfrage ist Zurufabfrage: Antworten auf Frage werden Mediator zugeworfen,
wird auf Pinnwand oder Flipchart geschrieben, schneller aber nicht anonym, Strukturieren ist
schwieriger, aber alle Beteiligten können sich gegenseitig anregen, Variante ist spontaner weil
kaum Zeit für gründliches Nachdenken.
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84
2.2 Brainstorming
•Bekannteste Kreativtechnik u. gut anwendbar, allerdings braucht man dazu eine sehr gut
funktionierende Gruppe im Sinne eines aufeinander eingespielten Teams erfordert, in welchem
sich die einzelnen Teilnehmer tatsächlich gegenseitig inspirieren und anregen können u. lassen
•Mediator fordert Beteiligte auf, möglichst viele Ideen für Lösungsmöglichkeiten d. einzelnen
Problems zu produzieren
•Mediator schreibt Ideen ohne Sortierung schnell auf Wandzeitung o. Flipchartblätter -> es eignen
sich keine Pinnwandkarten, da Beschriftung zu lange dauern würde
Es sind zahlreiche Varianten des Brainstorming denkbar, je nachdem, auf welche Vorgaben sich
die Teilnehmer einigen oder welche Vorgehensweise der Mediator wählt. Hinzu kommen
verwandte Methoden, die das Brainstorming in anderer Form umsetzen:
Brainwriting
•Konfliktparteien schreiben je 3 Lösungen auf Blatt
•Blatt wird zur Linken weiter gereicht, zusätzlich werden 3 Lösungen notiert
•Am Ende hat jeder Teilnehmer so oft drei Ideen aufgeschrieben, wie Personen beteiligt sind, haben sich z. Teil
von anderen Lösungsideen anregen lassen u. Anknüpfungspunkte gefunden
•Bei anderer Variante schreiben Teilnehmer einfach Wunsch auf Zettel, reichen an linken Nachbarn weiter u.
erhalten selbst Zettel d. Nachbarn zur Rechten, nun wird zweiter Wunsch aufgeschrieben, Zettel laufen solange
um, bis sie voll sind bzw. keine weitere Ideen mehr hinzukommen.
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Decision Center
•Anonymisierte Version d. Brainstormings
•Mögliche Form ist bei vernetzten Computern möglich
•Über gewissen Zeitraum können Ideen u. Vorschläge zu einem Problem in einer für allen zugänglichen
Datei abgelegt werden
•Am Ende werden Vorschläge zusammengestellt u. können ohne Kenntnis d. Autoren diskutiert werden
Assoziationen
Die vielfachen Varianten dieser Techniken zielen auf die Veränderung von Denkmustern und sind auf Grund
ihrer leichten Umsetzung und Nachvollziehbarkeit gut in der Mediation einzusetzen.
Beispiel für Assoziationen: Um zu einer bestimmten Fragestellung Optionen zu bilden, lassen sich die
Beteiligten von willkürlich gefundenen Worten (z. B. aus einem Buch) oder von einem Bild an der Wand
oder vom dem Blick aus dem Fenster leiten und inspirieren. Ziel dieser Technik ist es, durch einen
vorgegebenen Bezugspunkt das „weiße Blatt Papier“ zu überwinden und neue Anregungen zu schaffen.
Konfrontation/Umkehrmethode
•Fragestellung wird umgedreht u. in ihr Gegenteil verkehrt „Was müssen Sie tun, um das gewünschte xy
garantiert zu verfehlen / nicht zu erreichen?“ -> so entstehen viel mehr Ideen, durch Umkehrung lassen
sich Anregungen entnehmen, wie tatsächlich mit Problem umgegangen werden kann
•Fragestellung o. Problem wird in anderen Bereich verlagert (z. B. Natur, Technik, Sport o. Ä.) -> analoge
Fragestellung -> Lösungsoptionen sammeln -> Übertragung d. gefundenen Lösungen auf ursprüngliche
Frage
•Technik wird in Industrie v. Ingenieuren bei Entwicklung von Dingen angewandt
•Lösungssuche f. wirtschaftliche u. soziale Probleme
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Rollenspiel/Simulation
So wie die Kartenabfrage können auch Rollenspiele sowohl in der Idensuche als auch bereits
in der Themensammlung (Phase 2) eingesetzt werden. In der Themensammlung geht es
darum, erlebtes Konfliktverhalten nachzuspielen und dadurch besser zu verstehen. In der
Phase der Lösungsideen ist das Ziel hingegen, zukünftige Handlungsmöglichkeiten spielerisch
zu testen und einzuüben.
Eine Spielsituation ermöglicht es, zu kreativen und unorthodoxen Lösungsansätzen
vorzudringen, die ohne eine solche Vorbereitung in einer realen Situation wahrscheinlich nicht
diskutiert worden wären. Das informelle Setting eines Rollenspiels erlaubt zudem den
besseren und intensiveren Aufbau zwischenmenschlicher Beziehungen: über das Spiel den
anderen als (Konflikt-)Partner akzeptieren zu lernen.
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Auswahl und Bewertung von Lösungsoptionen (Phase 5)
1. Verhandeln und Argumentieren in der Lösungsphase
Bei der Bewertung und der Auswahl von Lösungsoptionen stehen die grundlegenden Ansätze des
Verhandelns und Argumentierens im Zentrum der Mediation. Unter entscheidungstheoretischen Aspekten
sind zwei Verhandlungsansätze bei Konflikten zu unterscheiden: distributives und integratives Verhandeln.
Distributives Verhandeln
•Konzentriert sich auf Verteilung einzelner Mittel u. Ressourcen
•Konfliktparteien sehen Aushandeln als Nullsummenspiel: Was der eine gewinnt, verliert der andere
•Folge: Basar-Verhandeln um größten Anteil v. Kuchen -> kein Platz für kooperative Strategien zur gemeinsamen
Nutzenerweiterung
•Obwohl sich die meisten Konflikte wesentlich komplexer darstellen, ist ein distributives Verhandeln typisch für
eine Gesellschaft, die Straus treffend als „based on winlose decision making“ bezeichnet -> viele Menschen
gehen irrtümlicherweise auch in jenen Fällen v. Win-Lose-Situation aus, die nicht zwangsläufig eine sein muss.
•Auffinden von kreativen Problemlösungen für kooperative Win-Win-Lösungen ist häufig deshalb so schwer, weil
Lösungsansätze oft außerhalb eines angenommenen Verhandlungsrahmen liegen.
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Ansätze integrativen Verhandelns zielen darauf ab, die verschieden beteiligten Interessen
der Parteien durch kreative Lösungen auf neue Weise zufrieden zu stellen. Mögliche
Strategien integrativen Verhandelns in dieser Phase der Mediation sind:
Erweiterung des „Kuchens“: Einbringen zusätzl. Verhandlungsgegenstände vergrößert
„Kuchen“ u. damit Verhandlungsspielraum u. die Anzahl möglicher Optionen.
Unspezifische Kompensationen: sehen vor, dass eine Partei Interessen durchsetzt u. andere
dafür Ersatzleistung erhält, die in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit Konfliktfall steht.
„Logrolling“: bedeutet, dass in komplexen Verhandlungssituationen, bei denen verschiedene
Themen abzuhandeln sind, die Parteien jeweils bei einem für sie nachrangigen Thema zu
Gunsten eines besseren Ergebnisses bei einem für sie wichtigeren Thema nachgeben.
Finanzielle Kompensationen: Dadurch können Kosten (oder allgemeiner: Nachteile) eines
Kompromisses, den eine Partei eingeht, reduziert werden.
Verbinden von Themen („Bridging“): beinhaltet Entwicklung völlig neuer Optionen, die allen
Beteiligten neue Möglichkeiten eröffnen, ihre eigentlichen Interessen zufrieden zu stellen.
Dazu werden die relevanten Konfliktthemen anhand d. zu Grunde liegenden Interessen
umformuliert u. in einem anderen, gemeinsamen Rahmen gestellt.
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Die Grenzen von Verhandlungslösungen liegen in einigen praktischen Umsetzungsproblemen
sowie einer grundsätzlichen Schwäche. Diese liegt in der Verteilungsproblematik von WinWin-Ergebnissen. So kann eine Lösung zu absoluten Gewinnen für beide Konfliktbeteiligten
führen, aber der relative Gewinn kann sehr unterschiedlich sein. Das Dilemma besteht darin,
dass die Parteien zwar zu einer kooperativen Lösungssuche gelangen können, der Streit um
die Lokalisierung einer Lösung ist damit aber nicht gelöst, sondern trägt weiterhin Züge eines
Nullsummenspiels. Die Verteilung zusätzlicher Gewinne und Nutzen kann zu einem Problem
für die Verhandlung zusätzlicher Gewinne und Nutzen kann zu einem Problem für die
Verhandlung werden, wenn der relative Gewinn Auswirkungen auf weitere Verhandlungen hat
(bspw. wenn die Einigung Ausgangspunkt für weiter Verhandlungen ist) und damit die
strukturelle Position der relativ benachteiligten Partei geschwächt wird. Der Kuchen ist zwar
erweitert worden, aber nun muss dennoch geteilt werden; allerdings auf einer höheren
Ebene, was eine Einigung auf Grund des gemeinsamen Kommunikationshintergrunds und
der bereits erzielten Kooperationserfolge wahrscheinlicher werden lässt. Darüber hinaus ist
die Verteilung von Gewinnen leichter als eine Umverteilung bei reinen Nullsummenspielen.
Dennoch zeigt die Unterscheidung von absoluten und relativen Gewinnen, dass mit Blick auf
die strukturellen Positionen der Akteure Fragen einer gerechten Verteilung auch bei der
Etablierung eines kooperativen Verhandlungsstils ein Problem bleiben. Die Lösung solcher
Verteilungsfragen erfordert offensichtlich einen Diskurs über das, was als fair bzw. gerecht
verstanden wird. Darüber hinaus sind Win-Win-Lösungen letztlich oft keine
Verhandlungslösungen, sondern werden nur im Nachhinein als solche gedeutet. Der
kommunikative Koordinationsmechanismus beruht möglicherweise viel stärker auf
argumentativen Diskurs als auf reinem Verhandeln.
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Die Diskurstheorie geht im Unterschied zum verhandlungstheoretischen Ansatz davon
aus, dass durch Kommunikation moralische Argumente das Eigennutzkalkül erweitern
und dass zweitens ein diskursiv angelegtes Entscheidungsverfahren auch die
Präferenzen und Interessen der Beteiligten selbst ändert. Die Kraft von Argumenten
ist erfahrbar und Grundlage für soziale Lernprozesse. Der Mechanismus, der zu dieser
Veränderung und Neubewertung von Zielen und Interessen führt, ist der
kommunikative Gebrauch der Sprache. Neben die ökonomische Rationalität der
Verhandlung tritt die kommunikative Rationalität des argumentativen Diskurses.
Möglich wird damit ein Konsens im Sinne bewusster Zustimmung aus Überzeugung,
weil Geltungsansprüche verständlich werden, Argumente wirken können und weil sich
Interessen verändern und Situationen neu bewertet werden. Eine größere Stabilität
und Nachhaltigkeit versprechen somit Lösungsoptionen, die durch die Kraft des
Arguments gefunden worden sind und sich nicht auf Grund mathematischer
Berechnungsschemata ergeben haben.
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2. Prüfung der Realisierbarkeit
•Mediator unterstützt mit Fragen die Beteiligten darin, Folgewirkungen v. Entscheidungen ausreichend
zu reflektieren, damit diese nicht nur so lange tragen wie Euphorie über gefundenen Konsens anhält
•„Wie sehen Sie das Ergebnis in einem halben Jahr, wenn der Alltag wieder eingekehrt ist?“, „Sie
erklären sich bereit, dass Frau M jeden Montag … Was machen Sie in dieser Zeit?“ „Welche finanziellen
/ steuerlichen / rechtlichen Konsequenzen hat diese Lösung für Sie?“ …)
•Phase ist geprägt durch viele Tragfähigkeitsfragen um rechtliche, technische, wirtschaftliche,
ökologische u. soziale Realisierungschancen u. Realitätstauglichkeit d. Lösungsoptionen zu prüfen (z.
B. „Ist eine solche Lösung arbeitsrechtlich erlaubt und im Sinne des Betriebsrates; können Sie das der
Belegschaft vermitteln? …“)
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Vereinbarung und Umsetzung (Phase 6)
1. Form der Vereinbarung
•Grundsätzlich kann Übereinkunft Form eines rechtlich verbindl. Vertrages o.
gemeinsamen Erklärung haben
•Rechtlich verbindlicher Vertrag ist gebräuchlicher (wenn es um justiziable
Rechte u. Verantwortlichkeiten der Parteien geht), da in stärkerem Maße die
Umsetzung durch diesen Rechtsbezug garantiert ist.
•Diese Form muss notariell beurkundet bzw. in rechtsüblicher Form sein
•Nähe zum üblichen außergerichtlichen Vergleich ist deutlich, beschränkt sich aber
auf letzte Phase des Verfahrens
•Informellere gemeinsame Erklärung ist angebracht, wenn es um nicht justiziable
Vereinbarungen wie die Ausgestaltung v. persönlichen Beziehungen geht o. Parteien
eine formlosere Einigung anstreben.
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2. Wer formuliert die Vereinbarung?
•Entwurf des Mediators:
am verbreitetsten in Mediationspraxis, Mediator fasst die von Konfliktparteien gefundenen
Ergebnisse zusammen. Nachteile: berufsrechtliche Grunde aufseiten d. Mediators können
dagegen sprechen; Parteien identifizieren sich weniger stark mit Dokument, Sprach kann zu
verschiedenen Interpretationen führen; Mediator lässt möglicherweise eigene o. falsche
Interpretationen einfließen; Beteiligte werten Punkte, mit denen sie nicht einverstanden sind,
vielleicht als Parteinahme d. Mediators. Vorteile: Mediator muss mit Blick auf Risiken darauf
achten, dass Entwurf auf Zwischenergebnisse u. Protokollen d. Sitzungen beruht, die
wichtigen Interessen u. Bedürfnisse d. Parteien zur Grundlage hat u. die von ihnen
gefundenen Lösungen festhält. Mediator kann ggf. Textentwurf zunächst mit einzelnen
Parteien separat besprechen u. dann mit modifizierter Fassung in Abschlussverhandlungen
über Übereinkunft gehen.
•Gemeinsam in der oder den letzten Sitzung(en):
Vorgehen kostet etwas mehr Zeit, wird aber von Beteiligten eher angenommen, weil
Vereinbarung dann in eigener Sprache ist und formellen Kriterien entspricht. Identifikation ist
damit höher. Falls Rechtsfragen eine wichtige Rolle in einem solchen Vertrag spielen, ist es
zwingend, ihn juristisch bearbeiten zu lassen, um ihn rechtlich wasserdicht zu machen.
•Vorschlag/Entwurf einer Partei
Gelingt nur, wenn Lösungen in vorangegangener Phase konkret genug ausgearbeitet worden
sind; in Vielparteienkonflikten können sich kleinere Untergruppen bilden, die zu einzelnen
Punkten einen Entwurf formulieren, der dann von allen Beteiligten diskutiert u. ggf. verändert
wird.
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3. Inhalt einer Vereinbarung
•Informationen zu den Konfliktbeteiligten: Name und je nach Mediationsfeld Adresse, Familienstand,
Angaben zu Kindern, Einkommen, Organisation, Funktion im Unternehmen, …
•Informationen über die Mediation: Namen der Mediatoren, zeitliche und inhaltliche Struktur der
Mediation, bearbeitete Themen, Hintergründe der Mediation, Grundlagen der Entscheidung,
Rahmenbedingungen, Darstellung der wesentlichen Interessen, …
•Ergebnis der Mediation
•Offen gebliebene und ungelöste Fragen (ggf.)
•Rechtliche Rahmenbedingungen und nächste Schritte: Rechtlicher Status der Vereinbarung,
Beschreibung der nächsten juristischen Schritte (z. B. Notar, Anwalt, Gericht), Aktionsplan (Wer macht was,
wie, bis wann?), Termine / Fristen, ggf. Vertragsstrafen, …
•Abschließende Bemerkungen: Einigung auf Regeln, wie vorzugehen ist, wenn sich die
Rahmenbedingungen für die gefundenen Lösung ändern (Nicht nur dann, sondern generell und
grundsätzlich können in er Schlussübereinkunft Nachfolgetreffen mit oder ohne die Mediatorin vereinbart
werden, in denen die bisherige Umsetzung besprochen, bewertet und evtl. nachverhandelt wird);
Wertschätzung für die Leistung der Beteiligten seitens der Mediatorin,…
•Datum und Unterschriften
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4. Wie sollte eine Übereinkunft formuliert werden?
In der Mediationsvereinbarung geht es in erster Linie darum, die gefundene Lösung konkret festzuschreiben. Die
beiden Mediatorinnen Barbara Filner und Liz O‘Brien haben deshalb vorgeschlagen, eine Vereinbarung SMART zu
formulieren:
S pecific
M easurable
A chivable
R ealistic
T imed.
Specific (spezifisch): Vereinbarung sollte klare Aufgabenbeschreibung für Beteiligte beinhalten; Übereinkunft
sollte so formuliert sein, dass unterschiedliche Interpretationen u. Missverständnisse verhindert werden.
Measurable (messbar): Vereinbarung sollte nachprüfbar u. handlungsorientiert formuliert sein, genaue
Zeitangaben, Daten u. Deadlines beinhalten. Messbare Zielindikatoren dienen Überprüfung d. Umsetzung;
Quantifizierbares sollte beziffert werden.
Achievable (erreichbar, annehmbar u. ausgewogen): Vereinbarung muss für alle annehmbar u. in allen
Punkte umsetzbar sein; Handlungen einer Person sollen nicht von denen einer anderen abhängig gemacht
werden; Konfliktparteien sollen kritisch prüfen, ob sie im Alltag u. auf Dauer i. d. Lage sein werden, die
Anforderungen auch tatsächlich zu erfüllen.
Realistic (realitätsnah): Vereinbarung sollte alle Hindernisse f. Umsetzung angemessen berücksichtigen;
Übereinkunft sollte nur auf Konfliktparteien bezogen sein u. Handlungen bezeichnen, die diese kontrollieren u.
garantieren können; Kriterien können zeitlicher, finanzieller, rechtlicher, technischer u. Psychologischer Natur sei.
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Timed (terminiert): Vereinbarung sollte einzelne Zeitspannen zur Erfüllung bestimmter
Vertragsbestimmungen genau benennen, damit klar zu erkennen ist, wann eine solche
Vereinbarung als umgesetzt angesehen werden kann.
Generell sollte der sprachliche Ton der Vereinbarung positiv sein. Die Übereinkunft ist schließlich
eine Bestätigung dafür, dass die Konfliktparteien willens und in der Lage waren, kooperativ
zusammen zu arbeiten. Die Beteiligten formulieren positiv, was sie in Zukunft tun werden (nicht:
„A wird nicht weiter (…)“, sondern: „A wird (…) tun“; nicht: „B wird verpflichtet, (…) und muss
(…)“, sondern: „B erklärt ich bereit, (…) und will außerdem (…)“).
Weiterhin sollte eine Vereinbarung Juristensprache (abgesehen von juristisch notwendigen
Festlegungen), Bürokratendeutsch oder wissenschaftlich-technischen Jargon vermeiden. Die
Übereinkunft sollt die Sprach der Konfliktparteien benutzen und für alle leicht verständlich sein.
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5. Würdiger Abschluss einer Mediation
Nach der Verabschiedung einer Übereinkunft gratuliert der Mediator den Konfliktbeteiligten dazu, dass sie
selbst ihre eigene Lösung für den Konflikt gefunden haben. Er weist diese auf den Fortschritt in ihren
sachlichen und emotionalen Beziehungen hin, die sie im Zuge der Mediation erreicht haben und wünscht
ihnen – mit Blick auf die gemachte Erfahrung konstruktiver Zusammenarbeit – alles Gute für die Umsetzung.
Schließlich sollte auch noch Zeit für einen angemessenen Abschluss als Anerkennung der gemeinsamen
Leistungen sein. Die Beteiligten können aufgefordert werden, im Rückblick die für sie besonders wichtigen
Erfahrungen in der Mediation zu schildern. Je nach Fall kann ein besiegelnder Handschlag, das Anstoßen mit
einem Glas Sekt, ein klare oder große Feier oder auch eine würdevolle Verabschiedung am Ende der
gemeinsamen Sitzung stehen.
In dieser Phase der Mediation geht es nicht nur um die Beilegung eines Konflikts durch eine für alle
akzeptable Vereinbarung. Darüber hinaus ergeben sich aus der Einigung und deren erfolgreicher Umsetzung
oft Impulse für den zukünftigen Umgang miteinander und für die Bewältigung andere Konflikte. Aus beiden
Gründen sollte die Mediation einen angemessenen und würdevollen Abschluss finden.
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98
Teil 4: Rechtlicher Rahmen, Rolle und
Selbstverständnis des Mediators
Berufsrechtliche Rahmenbedingungen für Steuerberater
•Für Steuerberater bietet sich die Wirtschaftsmediation als zusätzliches Tätigkeits- und Geschäftsfeld an
-> genießen häufig ein enges Vertrauensverhältnis zum Unternehmen u. erfahren frühzeitig von Konflikten
oder können ihr Entstehen absehen
•Steuerberater können vermittelnd tätig werden, wenn sie von Konfliktparteien als allparteilich angesehen
werden u. keine eigene Interessen auf Konfliktgegenstand haben
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99
Bisher sind Steuerberater in folgenden Funktionen in Verfahren der Wirtschaftsmediation tätig:
Steuerberater / Wirtschaftsprüfer in der Wirtschaftsmediation
Beratung im betrieblichen Konfliktmanagement
Konflikte bei Mandanten erkennen und Mediation als Lösungswege empfehlen
Mandanten in Mediationsverfahren als Berater begleiten
Mediation in eigenen Mandaten?
•Innerbetrieblich, wenn Allparteilichkeit und inhaltliche Zurückhaltung möglich
•Im Außenverhältnis nicht wegen Interessenkonflikt
Mediation außerhalb der eigenen Mandantschaft
z. B. über gegenseitige Empfehlung
Co-Mediation mit Mediatoren anderer Berufsgruppen
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100
•Mediation liegt im Grenzbereich d. Tätigkeitsfelder der rechts- u. steuerberatenden sowie der
psychosozialen Berufe -> derzeit existiert keine eigene, umfassende rechtliche Regelung dieses
Bereiches, entsprechende Änderungen bzw. Ergänzungen sowohl d. Rechtsberatungsgesetzes als
auch des Steuerberatungsgesetzes u. der Berufsordnung sind abzuwarten
•Auch jetzt ist StB schon befugt zur Mediation -> Grenzen: wo Vorschriften d.
Rechtsberatungsgesetzes o. des Steuerberatungsgesetzes bzw. BOStB verletzt werden
•Klarer Unterschied muss zwischen Mediation und Rechtsberatung gemacht werden
•Mit Rechtsdienstleistungsgesetz wird sich bisherige Rechtslage ändern u. nichtanwaltlichen
Mediatoren die Ausübung dieser Tätigkeit noch weitergehend als bisher ermöglicht -> anders als
bisher wird nicht mehr jede rechtsbezogene Tätigkeit unter Erlaubnisvorbehalt gestellt
•Nach aktuell geltenden Rechtslagen besteht Bedenken dafür, dass auch StB als
Wirtschaftsmediatoren tätig werden, nur dann, wenn diese Tätigkeit gegen Grundsatz d.
gewissenhaften Berufsausübung verstößt
•Ein Steuerberater darf eine Mediation lediglich dann einleiten, wenn er eine fundierte und
anerkannte Mediationsausbildung absolviert hat -> seit 2004 bietet Bundessteuerberaterkammer
mit DATEV eine solche Ausbildung in Wirtschaftsmediation speziell f. Steuerberater an, die sehr
erfolgreich läuft u. ein ausgesprochen positives Echo gefunden hat.
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101
Rechtlich relevante Aspekte
der Wirtschaftsmediation
1. Beachtung betrieblicher Mitbestimmungsrechte in der Mediation
•Konfliktpotenzial ist auf unternehmens- und betrieblicher Ebene sehr vielschichtig
•Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats zu beachten -> Einbeziehung d. Betriebsrats spätestens
zum Zeitpunkt des Abschlusses der Mediationsvereinbarung, sonst kann Vereinbarung nicht in
Praxis umgesetzt werden.
Kurze Übersicht über unterschiedliche Beteiligungsrechte d. Betriebsrats
Informationsrecht:
•Schwächste Form d. Beteiligungsrechte
•Gewährleistet frühzeitige Information über Pläne d. Arbeitgebers u. ermöglicht so dem Betriebsrat erst,
weitere Rechte geltend zu machen -> Arbeitgeber ist verpflichtet, Betriebsrat umfassend u. rechtzeitig zu
informieren, allerdings ergibt sich daraus für Arbeitgeber keine Beratungspflicht
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102
Vorschlags-, Anhörungs- und Beratungsrechte
•Sind in Wirkung gegenüber Arbeitgeber weit reichender
•Arbeitgeber muss Vorschläge des Betriebsrats lediglich zur Kenntnis nehmen und prüfen
•Anhörungsrechte können Entscheidungen d. Arbeitgebers bzw. Vereinbarungen d.
Konfliktparteien blockieren, wenn Meinung d. Betriebsrats vorher nicht eingeholt wird ->
Betriebsrat erhält Möglichkeit, auf Entscheidungen d. Arbeitgebers bzw. d. Konfliktparteien
einzuwirken
•Bei Beratungsrechten muss Arbeitgeber von sich aus Meinung d. Betriebsrats einholen u. mit
diesem über die Sache diskutieren -> Beratungsrechte d. Betriebsrats bei:
Arbeitsplatzgestaltung, Personalplanung, Fragen d. Berufsbildung, geplanten
Betriebsänderungen u. bei Einführung neuer Techniken im Betrieb
•Vereinbaren Konfliktparteien im Rahmen d. Mediation Maßnahmen, welche direkt o. indirekt
eine Mehrzahl v. Personen betreffen, die nicht Parteien d. Mediationsverfahrens sind, so kann
dies bei Nichteinhaltung der Beteiligungsrechte des Betriebsrats zur Unwirksamkeit d.
Vereinbarung führen.
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103
Bestimmungsrechte – volle Mitbestimmung
•Bedarf die Entscheidung d. Arbeitgebers der Zustimmung des Betriebsrats -> liegt alleine in seinem
Ermessen u. kann nicht gerichtlich ersetzt werden
•Weder Arbeitgeber noch andere Parteien als Betriebsparteien können hier alleine entscheiden,
sondern sind von Zustimmung des Betriebsrats abhängig.
•Mitbestimmungsrechte hat Betriebsrat vor allem im sozialen Bereich, z. B. bei Fragen d. Ordnung
des Betriebs, der Lage der tägl. Arbeitszeit, der Einführung u. Anwendung technischer Kontrollgeräte,
der Aufstellung d. Urlaubsplans, den Grundsätzen über die Durchführung der Gruppenarbeit sowie
der Ausgestaltung u. Verwaltung von Sozialeinrichtungen. Im personellen Bereich beschränken sich
Reche auf Ausgestaltung der Personalfragebögen, Formulararbeitsverträge, Beurteilungsgrundsätze
und personelle Auswahlrichtlinien.
•Betriebsrat hat bei der Einführung von Maßnahmen d. betriebl. Berufsbildung mitzubestimmen.
•Aufstellung v. Sozialplänen bei Betriebsänderungen unterliegt voller Mitbestimmung
•Da Vertragsparteien in diesem Fall notwendigerweise die Betriebsparteien sind, besteht nur dann die
Gefahr, dass Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats nicht beachtet werden, wenn
Betriebsänderungen i. S. d. § 111 BetrVG ohne Beteiligung des Betriebsrates vereinbart werden, was
in derPraxis eher unwahrscheinlich ist
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104
Bei Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung oder Versetzung eines Arbeitnehmers kann der
Arbeitgeber, wenn der Betriebsrat seine Zustimmung zu dieser personellen Maßnahme
verweigert, gezwungen sein, seine Entscheidung vor dem Arbeitsgericht durchsetzen zu müssen. Auch
bei diesen Maßnahmen ist der Betriebsrat vor Abschluss einer entsprechenden Mediationsvereinbarung
zwingend zu beteiligen und dessen Zustimmung einzuholen.
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105
2. Schutz vor Verjährung
Vor Beginn des Mediationsverfahrens sollten sich alle Beteiligten über die neuen
Verjährungsfristen im Klaren sein. Dazu ist es zunächst notwendig, die durch die
Schuldrechtsreform geänderten rechtlichen Rahmenbedingungen im Grundsatz zu kennen.
Auch der Mediator sollte diese kennen.
Überblick über das neue Verjährungsrecht
Regelmäßige Verjährungsfrist
•In § 195 BGB von 30 Jahren auf 3 Jahre verkürzt, bisherige Verjährungsfristen aufgehoben
besondere 30-jährige Verjährungsfrist
•Ist in § 197 für bestimmte Ansprüche vorgesehen
•Bedeutsam in Praxis u. a. rechtskräftig festgestellte Ansprüche, Ansprüche aus vollstreckbaren
Vergleichen oder vollstreckbaren Urkunden und Ansprüche, die durch im Insolvenzverfahren erfolgte
Feststellung vollstreckbar geworden sind
•Wenn Ansprüche fällig werden u. regelmäßig wiederkehrende Leistungen zum Gegenstand haben,
dann unterliegen sie d. regelmäßigen Verjährung
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106
Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist
•Es müssen kumulativ eine objektive und subjektive Voraussetzung vorliegen, zuerst muss Anspruch
entstanden sein
•Für Verjährungsbeginn ist erforderlich, dass Gläubiger von Anspruch begründeten Umständen u. der
d. Person d. Schuldners Kenntnis erlangt o. ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste
•Neues Verjährungsrecht sieht vor, dass Verjährung erst mit Schluss des Jahres beginnt, in dem beide
Voraussetzungen kumulativ vorliegen
•Schadensersatzansprüche, die auf d. Verletzung d. Lebens, d. Körpers, d. Gesundheit o. d. Freiheit
beruhen, verjähren kenntnisunabhängig in dreißig Jahren von der Begehung d. Handlung, d.
Pflichtverletzung o. dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
•Übrige Schadensersatzansprüche verjähren kenntnisunabhängig in zehn Jahren von ihrer Entstehung
an u. unabhängig von ihrer Entstehung u. der Kenntnis in dreißig Jahren von der Begehung der
Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an
•Entscheidend ist, welche Frist früher endet -> andere als Schadensersatzansprüche, die regelmäßiger
Verjährung unterliegen, verjähren kenntnisunabhängig in 10 Jahren seit Entstehung, Beginn anderer
Verjährungsfristen bestimmt sich rein objektiv
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107
Hemmung, Ablaufhemmung und Neubeginn der Verjährung
•Neubeginn d. Verjährung ersetzt die bisherige Unterbrechung d. Verjährung
•Von Bedeutung in Praxis ist der neue Hemmungstatbestand der Verhandlungen, zu dem auch die
Aufnahme eines Mediationsverfahrens zählt -> schweben zwischen Konfliktparteien
Verhandlungen über den Anspruch oder die den Anspruch begründeten Umstände, so ist die
Verjährung gehemmt, bis der eine oder andere Teil die Fortsetzung der Verhandlungen verweigert,
indem er z. B. die Mediation für gescheitert erklärt und weitere Verhandlungen ablehnt;
Verjährung tritt dann frühestens drei Monate nach Ende der Hemmung ein.
Vertragliche Vereinbarungen
•… über die Verjährung.
•Verjährung kann nicht über eine Verjährungsfrist von 30 Jahren ab dem gesetzlichen
Verjährungsbeginn hinaus erschwert werden, also nicht vollständig ausgeschlossen werden
•Unterhalb d. Grenze v. 30 Jahren stehen Verjährungsfristen zur Disposition d. Parteien
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108
Die Reform hat zusätzlich eine Reihe von besonderen Verjährungsfristen geschaffen oder
doch verändert. Zu nennen sind die folgenden:
•Rechte an einem Grundstück: 10 Jahre
•Herausgabeansprüche aus dinglichen Rechten, familien- und erbrechtliche Ansprüche, rechtskräftig
festegestellte Ansprüche, Ansprüche aus vollstreckbaren Vergleichen und vollstreckbaren Urkunden,
Ansprüche, die durch die in Insolvenzverfahren erfolgte Feststellung vollstreckbar sind: 30 Jahre
•Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen und Unterhaltsansprüche einschließlich der Ansprüche auf
einmaligen Sonderbedarf: Regelverjährung
•Kaufrechtliche Mängelansprüche: 30,5 oder 2 Jahre
•Rückgriffsansprüche beim Verbrauchsgüterverkauf: 2 Jahre
•Werkvertragliche Mängelansprüche: 5 oder 2 Jahre oder Regelverjährung
•Reisevertragliche Mängelansprüche: 2 Jahre
•Deliktischer Bereicherungsanspruch: 10 oder 30 Jahre
•Anspruch auf Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung: 30 Jahre
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109
3. Sicherung der Vertraulichkeit
•In Deutschland ist Vertraulichkeit d. Mediation nicht gesetzlich geregelt, deshalb nehmen Parteien
Mediator, der Kraft Gesetzes zur Geheimhaltung vertraulicher Information verpflichtet ist (z. B.
Rechtsanwälte, Notare, Steuerberater u. Wirtschaftsprüfer)
•Vertraulichkeit sollte durch eine Vereinbarung im Mediationsvertrag sichergestellt werden, da
Mediation entscheidend von einer offenen u. vertrauensvollen Kommunikation der Beteiligten
untereinander u. mit dem Mediator abhängt
Der Inhalt solcher Vertraulichkeitsvereinbarungen zielt darauf ab, den Sachvortrag und die
Beweismittel für ein nachfolgendes Gerichtsverfahren zu beschränken. Es folgt ein kurzer
Überblick, inwieweit dies prozessrechtlich zulässig ist.
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110
Im Zivilprozess
•Beteiligte können sich durch Prozessverträge gegenseitig verpflichten, Prozesshandlungen vorzunehmen oder
zu unterlassen -> Vorbringen von Angriffs- oder Verteidigungsmitteln, Beweisführung durch Beweisantritt
•Gestaltungsfreiheit beschränkt durch gesetzliche Verbote, prozessuale Wahrheitspflicht, gute Sitten, Treu und
Glauben sowie nicht disponible Interessen der Rechtspflege -> Vertraulichkeitsvereinbarungen haben Grenzen
wo Einhaltung den Versuch eines Prozessbetrugs darstellen würde
•Im Rahmen dieser Grenzen hat Prozessvertrag keine gestaltende Wirkung auf Prozessrechtslage
•Zum Unterlassen bestimmter Handlungen verpflichtende Vertraulichkeitserklärungen geben dem jeweils
Benachteiligten lediglich das Recht der Einrede -> jeweiliger Sachvortrag oder Beweisangebot unzulässig, sind
nun unerheblich und bei etwaigen Gerichtsentscheidungen nicht zu berücksichtigen
In Verwaltungs- und Strafprozessen
•Herrscht Amtsermittlungsgrundsatz -> Vertraulichkeitsvereinbarungen d. Parteien auch unter Einschluss d.
Mediators, sind unbeachtlich
•Daher können Verwaltungs- und Strafgerichte Zugriff auf in d. Mediation vorgelegte Urkunden nehmen und
die Beteiligten d. Mediation als Zeugen vernehmen
•Zeugenvernehmung ist nur dort eingeschränkt wo gesetzliche Zeugnisverweigerungsrechte bestehen
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111
Umgang mit Experten und
Gutachten in der Mediation
Umgang mit Gutachten
Schuldfrage – Zukunftsorientierung:
•Thema und Funktion d. Gutachtens muss in die Mediation integriert werden und mediativen Prozess
durchlaufen
•Beteiligte können dem Gutachten völlig neue Funktion geben, geht dann nicht mehr darum, einen externen
Experten urteilen und entscheiden zu lassen
•Gutachten soll Ansatzpunkte für zukunftsorientierte Lösungen und Regelungen erkennen lassen, die von
Beteiligten gefunden werden müssen
Fragen an Gutachter:
•Fragen kommen zentrale Bedeutung für Mediationsprozess zu
•In Fragen muss bereits zukunftsorientierte Nutzung d. Gutachtens für den anstehenden Konflikt sichtbar
werden
Konsequenzen/Umgang mit Gutachtenergebnis:
•bei Konfliktbeteiligte sollte Einheit darüber herrschen, wie mit Ergebnissen des Gutachtens umgegangen
werden soll
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112
Wer soll bestellt werden?:
•Alle Konfliktbeteiligte müssen sich auf einen oder mehrere Gutachter bzw. Experten einigen
•Einigungsprozess ist unabdingbar, wenn nachher Ergebnisse d. Gutachtens von allen vorgetragen werden
sollen
Zeitrahmen:
•Gutachten nimmt immer gewisse Zeit in Anspruch, Mediator muss sich Gedanken machen, wie dies
sinnvoll zu nutzen ist und wie er es erreichen kann, dass in dieser Zeit Beteiligte nicht in alte
Positionskämpfe zurückfallen
•Gutachten soll nicht Stellenwert eines klärenden Papiers bekommen -> Konfliktparteien muss klar sein,
dass es in erster Linie um ihre Interessen und Bedürfnisse für ein zukünftige Regelung geht
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113
Selbstverständnis, Haltung
und Ethik in der Mediation
Perspektivenwechsel und Rolle der Mediatorin
Es müssen zwei Ansätze unterschieden werden:
1.
Bei verhandlungsorientierten Ansatz: Rahmen d. Spiels verändern
2.
Bei Transformationsansatz: Rahmen der Perspektive und Bewertung verändern
Rahmen des Spiels verändern:
•Prallen in Auseinandersetzung nur Positionen aufeinander, muss Mediator um Spiel zu ändern, Rahmen ändern
•Mediator muss Fragen so formulieren, dass auf gemeinsames Problemlösen hinwirken
•Nützlich, Parteien zu Fragen, wie sie das Problem d. anderen sehen und wie sie reagieren würden
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114
Taktiken des Reframing für die jeweiligen Konfliktpartner im Falle unkooperativen
Verhandelns:
•Blockierungen umgehen:
-Blockierungen ignorieren
-Blockierungen als Inspiration uminterpretieren
-Blockierungen ernst nehmen aber testen.
•Attacken ausweichen:
-Attacken ignorieren
-Attacken auf die eigene Person als Attacke auf das gemeinsame Problem uminterpretieren
-Attacken auf die eigene Person als freundlich uminterpretieren
-Von Vorwürfen über eigene Fehler in der Vergangenheit zu zukünftigen Vorgehen überleiten
In diesem Zusammenhang bedeutet Reframing, egal was die andere Konfliktpartei sagt oder tut, dieses auf
das gemeinsame Problem zu beziehen. Damit ändert man den Verhandlungsstil vom Aushandeln von
Positionen zum problemlösenden Verhandeln.
Der Mediator stellt die Themen in einen veränderten Rahmen, so dass neue Verbindungen und
Gemeinsamkeiten zwischen ihnen sichtbar werden. Dieses ist insbesondere dann notwendig, wenn die
Verhandlung an einem toten Punkt angekommen ist.
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115
Rahmen der Perspektive und der Bewertung verändern:
•
Stellt weniger Verhandlung oder Aushandeln best. Positionen u. Interessen in Mittelpunkt,
sondern vielmehr Perspektiven d. Beteiligten
•
Bewertungsmaßstäbe der Konfliktparteien verändern sich teilweise
•
Mediator versucht damit, Konfliktparteien Raum zu geben, in welchen sie Verständnis über die
sozialen Kontexte, in denen sie sich bewegen, lernen können -> zielt in erster Linie auf
langfristige Entwicklung v. Beziehungen u. weniger auf kurzfristige Lösungen aktueller
Probleme
Die Rolle der Mediatorin
•
bei Transformationsansatz deutlich passiver als bei verhandlungsorientiertem Ansatz
•
Ermutigt Konfliktbeteiligte, ihre Handlungs- und Wahlmöglichkeiten hinsichtlich ihrer
Optionen, Ziele u. Ressourcen reflexiv zu erkennen und unterstützt sie, ihre Interessen u.
Bedürfnisse selbst zu definieren u. andere Konfliktparteien anzuerkennen
•
Form d. Perspektivenwechsels geht in Tragweite deutlich über integrative
Verhandlungsoptionen d. problemlösungsorientierten Ansatz hinaus
•
Vollkommener Sichtwechsel d. Beteiligten
•
Gemeinsame Regelungen können gefunden werden, die alle Seiten als Gewinn betrachten,
während dieser in der Ausgangssituation keinen solchen dargestellt hätte
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•Transformationsansatz in Mediation eröffnet gegenüber verhandlungs- u. lösungsorientierten
Ansatz die beteiligten Parteien in ihrem Konfliktverhalten zu verändern u. Prozesse des
gemeinsamen Lernens hin zu grundlegenden Veränderungen zu initiieren
•Ziel des Aufbaus kooperativer Beziehungen kann sich besser mit Transformationsansatz nähern
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Allgemeine Standards der Mediation
I. Selbstbestimmung/Eigenverantwortlichkeit der Konflikparteien
•Fundamentales Prinzip
•Voraussetzung: Parteien können prinzipiell eine freiwillige, nicht erzwungene Vereinbarung erreichen; jede
Konfliktpartei kann sich jederzeit aus dem Mediationsverfahren zurückziehen
•Mediatoren können:
-Informationen zum Mediationsprozess zur Verfügung stellen,
-Themen vorschlagen
-bei der Untersuchung von Optionen helfen
-entsprechend guter Praxis die Parteien auf die Möglichkeit und Notwendigkeit hinweisen,
professionellen Rat in Anspruch zu nehmen, um informierte Entscheidungen zu treffen
II. Unparteilichkeit
•Mediatorinnen sollten nur solche Fälle annehmen, in denen sie unparteiisch und ausgewogen sein können.
Sollte sich der Mediator an irgendeiner Stelle im Prozess dazu nicht in der Lage sehen, so ist er verpflichtet,
den Fall abzugeben.
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III. Keine Interessenkonflikte zwischen der Tätigkeit als Mediator und persönlichen Zielen
•Ein Mediator sollte alle möglichen Interessenkonflikte im Zusammenhang seiner Tätigkeit aufdecken
•Ein Interessenkonflikt kann den Eindruck von Parteilichkeit erwecken
•Der Umgang mit möglichen Interessenkonflikten entspricht dem Grundsatz der Eigenverantwortlichkeit der
Parteien: Nachdem der Mediator einen möglichen Konflikt offen gelegt hat, soll es den Konfliktparteien
überlassen bleiben, ob sie den Mediator behalten wollen. Das gilt auch für Interessenkonflikte aufseiten des
Mediators, die während des Verfahrens auftreten.
•Der Eindruck einer Interessenkollision sollte während und nach einem Mediationsverfahren vermieden
werden. Der Mediator sollte auch im Anschluss an eine Mediation eine berufliche oder andere Art der
Verbindung mit einer der Konfliktparteien vermeiden, die begründete Zweifel an der Integrität der
Mediationsprozesses aufwirft.
•Ein Mediator sollte Interessenkonflikte z. B. bei der Empfehlung von Gutachtern und Beratern vermeiden,
indem auf öffentlich zugängliche Verteiler, Informationsdienste und Netzwerke verwiesen wird
•Mediatoren können von Auftraggebern oder anderen Verantwortlichen unter Druck gesetzt werden, um
einen bestimmten Fall zu regeln. Mediatoren dürfen immer nur den Parteien und dem Prozess verpflichtet
sein. Druck von außen sollte Mediatoren niemals so beeinflussen, dass sie eine Einigung erzwingen.
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IV. Kompetenz: Eine Mediatorin sollte nur in dieser Funktion tätig werden, wenn sie
die notwendigen Qualifikationen hat, um die angemessenen Erwartungen der
Konfliktparteien zu erfüllen
•Jede Person kann als Mediatorin ausgewählt werden, vorausgesetzt die Konfliktparteien sind mit
den Qualifikationen der Mediatorin zufrieden.
•Eine Ausbildung und Erfahrung in der Mediation sind aber in der Regel Voraussetzung für
effektive Mediation.
•Eine Person, die sich als Mediatorin anbietet, vermittelt den Konfliktparteien und der
Öffentlichkeit den Eindruck, dass sie die Kompetenz hat, effektiv zu vermitteln.
•Mediatorinnen sollten den Parteien Informationen über ihre Ausbildung und Erfahrung zur
Verfügung stellen können.
•Die Kriterien für die Aufnahme in einem Verzeichnis von Mediatorinnen müssen öffentlich
zugänglich gemacht werden.
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V. Vertraulichkeit
•Ein Mediator sollte die angemessenen Erwartungen der Parteien an Vertraulichkeit einhalten. Diese
Erwartungen hängen von dem Umständen des Mediationsverfahrens und den Vereinbarungen ab, die sie
möglicherweise eingehen. Ein Mediator sollte keine Dinge offen legen, die nach den Erwartungen einer
Partei vertraulich sind, es sei denn, alle Konfliktparteien haben ihr Einverständnis erklärt oder falls der
Mediator gesetzlich oder durch politische Entscheidungen dazu gezwungen ist.
•Die Konfliktparteien können ihre eigenen Spielregeln zur Vertraulichkeit entwickeln oder ihre Erwartungen
nach der akzeptierten Praxis des ausgewählten Mediators richten.
•Wenn der Mediator Einzelgespräche mit einer Partei durchführt, sollte die Diskussion über den Hintergrund
dieser Gespräche Priorität vor dem eigentlichen Caucus haben.
•Um die Integrität der Mediation zu gewährleisten, sollte der Mediator möglichst nicht darüber informieren,
wie sich die Parteien in der Mediation verhalten haben oder welche Angebote für eine Einigung sie gemacht
haben. Der Mediator kann nötigenfalls berichten, ob die Parteien zu einer angesetzten Mediationssitzung
erschienen sind oder nicht.
•Der Mediator sollte respektieren, wenn sich die Parteien darauf einigen, bestimmte, in der Mediation
aufgedeckte Informationen vertraulich zu behandeln.
•Vertraulichkeit sollte nicht vorgeschützt werden, um effektives Monitoring, Begleitforschung oder
Auswertung von Mediationsprozessen durch verantwortungsvolle Personen zu verhindern. Unter
angemessenen Umständen sollten Forscher Zugang zu statistischen Daten erhalten und nach Zustimmung
durch die Konfliktparteien Mediationssitzungen beobachten und Teilnehmerinnen und Teilnehmer
interviewen können.
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VI. Qualität des Prozesses: Fairness, Sorgfalt, Eigenverantwortlichkeit
•Mediatorin sollte mit Ziel d. Qualitätssicherung d. Prozesses arbeiten u. den gegenseitigen Respekt zwischen
Konfliktparteien fördern. Prozessqualität erfordert, dass sich Mediator fleißiger Sorgfalt u. prozeduraler
Fairness verpflichtet fühlt. Jede Konfliktpartei sollte angemessen Gelegenheit haben, sich an Diskussion in
Mediation zu beteiligen. Konfliktparteien entscheiden, wann und unter welchen Bedingungen sie eine
Vereinbarung erreichen o. Mediation beenden.
•Eine Mediatorin sollte einen Fall nur übernehmen, wenn sie in der Lage ist, dem Ganzen die Aufmerksamkeit
zu widmen, die für eine effektive Mediation notwendig ist.
•Ein Mediationsfall sollte nur angenommen werden, wenn die Mediatorin die Erwartungen der Konfliktparteien
an ein angemessenes „Timing“ erfüllen kann. Eine Mediatorin sollte nicht zulassen, dass das Verfahren durch
die Konfliktparteien oder ihre Repräsentanten unangemessen verzögert wird.
•Die vorrangige Rolle der Mediatorin besteht darin, die freiwillige Einigung der Parteien zu erleichtern. Diese
Rolle unterscheidet sich deutlich von anderen professionellen Klientenbeziehungen. Mediatorinnen müssen die
Rolle einer Mediatorin und die einer professionellen Beraterin deutlich unterscheiden und dürfen diese nicht
mischen. Eine Mediatorin sollte daher keinen beruflichen Rat geben.
•Wenn dies angemessen ist, sollte die Mediatorin den Parteien empfehlen, außerhalb des Verfahrens
professionelle Beratung einzuholen oder ihren Konflikt ggf. durch ein Schiedsverfahren, Beratung oder andere
Prozesse zu regeln. Eine Mediatorin, die auf Anfrage der Parteien hin eine zusätzliche Rolle zur Konfliktklärung
in der selben Sache übernimmt, nimmt zusätzliche Verantwortungen und Verpflichtungen an, die von den
Standards andere Professionen geregelt werden.
•Eine Mediatorin sollte einen Fall abgeben, wenn sie nicht zur Erfüllung der Aufgabe in der Lage ist und nicht
allparteilich sein kann.
•Eine Mediatorin sollte eine Mediation beenden oder eine Sitzung vertagen, wenn das Verfahren zur
Fortführung illegaler Praktiken benutzt wird oder eine Partei auf Grund von Drogen oder anderen physischen
oder mentalen Problemen nicht teilnehmen kann.
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•Mediatorinnen sollten nicht zulassen, dass ihr Verhalten im Mediationsprozess von dem Wunsch nach
einer hohen Einigungsrate geleitet wird.
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VII. Ehrlichkeit in Werbung und Öffentlichkeitsarbeit
•Werbung oder andere Arten der Öffentlichkeitsarbeit, die das Angebot, die Ausbildung und
Erfahrung eines Mediators betreffen, sollen wahrheitsgemäß sein. Mediatoren sollten keine
Versprechungen oder Ergebnisgarantien machen.
•Es ist notwendig, dass Öffentlichkeitsarbeit aufklärt, Mediation nahe bringt und das Vertrauen in
den Prozess fördert.
•Ein Mediator sollte in Werbung und Öffentlichkeitsarbeit nur Bezug auf Qualifikationen nach
Standards bestimmter Regionen, des Staates oder privater Organisationen nehmen, wenn diese
Institutionen klare Ausbildungs- und Qualifikationsprogramme für Mediatoren haben und der
Mediator diese auch erfüllt.
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VIII. Gebühren: Ein Mediator sollte den Parteien die Grundlagen für Entschädigungen und
Gebühren vollständig offen legen und erklären
•Den Parteien sollten ausreichend Informationen über Gebühren und Rahmenbedingungen der
Mediation zur Verfügung stehen, damit sie über die Beauftragung eines Mediators entscheiden können.
Wenn ein Mediator Gebühren erhebt, sollten diese angemessen sein u. a. bezogen auf die
Mediationsleistung selbst, die Art und Komplexität des Falles, die Erfahrung des Mediators, den
notwendigen Zeitaufwand und die in dem Umfeld üblichen Raten. Die bessere Praxis für Klarheit über
Gebühren besteht darin, die Einigung schriftlich festzuhalten.
•Wenn ein Mediator ein Verfahren beendet, sollte er alle nicht verdienten Gebühren an die Parteien
zurückzahlen.
•Mediatoren sollten sich nicht auf Gebührenverträge einlassen, die vom Ergebnis der Mediation oder
der Höhe einer in der Vereinbarung erzielten Summe abhängen.
•Co-Mediatoren, die sich die Gebühren teilen, sollten sich bei der Festlegung der Gebührenaufteilung
an Standards der Angemessenheit halten
•Ein Mediator sollte keine Provision akzeptieren für die Überweisung eines Falles an einen anderen
Mediator oder eine andere Person.
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IX. Verpflichtungen gegenüber dem Mediationsprozess
•Mediatorinnen sind der Verbesserung der Mediationspraxis verpflichtet.
•Von Mediatorinnen wird erwartet, dass sie kompetent hinsichtlich des Mediationsprozesses sind. Sie sind
verpflichtet, ihr Wissen für die Aufklärung der Öffentlichkeit über Mediation einzusetzen, Mediation für
diejenigen zugänglich zu machen, die sie nutzen wollen, gegen Missbrauch vorzugehen und ihre
professionellen Fähigkeiten und Fertigkeiten zu verbessern.
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Standards deutscher Mediationsverbände
Stand heute:
•In Deutschland existieren noch keine allgemein anerkannten Standards
•Bundesarbeitsgemeinschaft für Familienmediation (BAFM), Bundesverband für Mediation in Wirtschaft und
Arbeitswelt (BMWA), Förderverein Umweltmediation e. V., Gesellschaft für Wirtschaftsmediation (GWMK),
Deutsche Gesellschaft für Mediation (DGM), Deutsche Gesellschaft für Wirtschaftsmediation (DGWM),
Bundesverband Mediation e. V. (BM), usw. haben Standard u. z. T. auch Ausbildungsrichtlinien
abgeschlossen -> orientieren sich an amerikanischen Leitlinien
•Unterschied: Ausbildungsrichtlinien u. Anerkennung v. Ausbildungsinstitutionen -> ist in USA sehr viel
weniger reguliert als in Deutschland gefordert
•Es ist umstritten wie umfangreich die Grundbildung sein soll, um kompetente Mediatoren qualifizieren zu
können
•Umfang von Mediationsfortbildungen variiert von 3 Tagen bis zu mehr als 360 Stunden
•Überlegenswert wäre es derzeit, ob die in letzten Jahren gesprossenen Verbände nicht fusionieren
könnten, um Interessen und Anliegen sowie Finanzkraft zu bündeln u. einheitlich Standards und
Fortbildungskriterien zu entwickeln.
•Positives Vorbild: Kooperation zwischen American Bar Association (ABA) und SPIDR, dem MediatorenBerufsverband, dem viele Nicht-Juristische Mediatoren angehören.
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Danke!!!!
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