Syntax, Prosodie und Informationsstruktur

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Syntax, Prosodie und
Informationsstruktur
Hauptseminar, 2 SWS
Leiter: Prof. Dr. Peter Kosta
Syntax, Prosodie und
Informationsstruktur

Informationsstruktur, ‚grammatische Wortstellung’
und ihre Evidenz in den slavischen Sprachen (am
Beispiel der Satznegation und der Satz- vs.
rechtsperipheren Adverbien)
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Informationsstruktur
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

Gliederung:
Basiswortstellung und ihre Varianten (am
Beispiel der RRR)
Allgemeines zur Wortstellung: der
Konfigurationalitätsparameter
MLC und Langes Scrambling
Freie und feste Wortstellung
Satznegation und Wortstellungsvariation
Negation, Satzadverbien und Adverbien der Art
und Weise
Informationsstruktur und Satznegation
Syntax, Prosodie und
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
1. Basiswortstellung und ihre Varianten
 Mein Vortrag beschäftigt sich mit der Analyse
von Sprachen mit so genannter ‚freien
Wortstellung’. Unsere erste Ausgangsfrage
lautet – entgegen der Behauptung, dass
sämtliche Variationen durch
informationsstrukturelle Prozesse der so
genannten aktuellen Satzgliederung, also der
Thema-Rhema-Gliederung oder auch TopikComment-Artikulation, zustande kommen, wie
folgt:
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 Wie
kommen grammatische, also rein
syntaktisch bedingte,
Wortstellungsvarianten in Sprachen mit
sogenannter freier Wortstellung
zustande, die nicht erst durch die
kommunikative Absicht der Sprecher
bedingt sind, sondern bereits im
System der Syntax der Grammatik einer
Sprache GL geregelt sind?
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
Im Allgemeinen geht man davon aus, dass die
slavischen Sprachen eine mehr oder weniger
freie Wortstellung aufweisen, wobei die Wahl
einer bestimmten Wortstellungsvariante vom
Sprecher in Abhängigkeit von Faktoren wie ‚alte’
vs. ‚neue’ Information bzw. Präsupposition
(Thema) vs. das, was über das Thema
ausgesagt wird (Rhema) getroffen wird. Ein
russischer deklarativer Satz wie unter (1) kann
daher sowohl im Haupt- als auch im Relativsatz
eine Basiswortstellung und mehrere
Wortstellungsvarianten aufweisen:
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



(1) a. Mnogie professora znajut vsech studentov
[N > V > A ]
b. [Vsech studentov] znajut mnogie
professora vsech studentov [A > V > N ]
c. Ivan skazal, čto mnogie professora znajut
vsech studentov zdes’ [N > V > A]
d. Ivan skazal, čto [vsech studentov] znajut
mnogie professora znajut vsech studentov
zdes’
[A > V > N]
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 Wenn
die Anzahl der Argumente größer
ist, steigt auch die Anzahl der potentiellen
Wortstellungsvarianten. Wir demonstrieren
dies hier an Hand des Deutschen, das im
Mittelfeld ebenfalls die grammatisch
(syntaktisch) ungebundene Bewegung
indirekter und direkter Objekte kennt (vgl.
2):
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



(2) a. …dass der Mann dem Kind das Buch
zeigte
[N > D >A]
b. …dass der Mann das Buch dem Kind
zeigte
[N > A >D]
c. …dass das Buch der Mann dem Kind
zeigte
[A > N> D]
d. …dass das Buch dem Kind der Mann
zeigte
[A > D > N]
e. …dass dem Kind das Buch der Mann
zeigte
[D>A>N]
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
In der Theorie hat man diese Variation
syntaktisch mit Hilfe der Anwendung der
Metapher „Bewege ein Element aus seiner
Basisposition (Move-Alpha)“ zu erklären
versucht. Es hat sich jedoch schon bald gezeigt,
dass eine solche Erklärung nicht explanativ
adäquat sein kann, da dieser Prozess keine
Motivation und keine richtige Erklärung für die
Ableitung der einzelnen Bewegungsschritte
liefern konnte:
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
So könnte etwa (1d) so erklärt werden, dass die
direkte Objekt-NP oder DP vsech studentov
zuerst aus der VP und danach an den [AGRS
AGR T] – Komplex adjungiert worden ist. Es ist
auch einsichtig, dass die Objekt-DP nicht in
einer SpecCP-Position stehen kann, weil sie
rechts von dem Komplementierer čto steht, was
wiederum nahelegt, dass es sich um keine
Instanz der so genannten Topikalisierung
handeln kann (Topikalisierung wäre links
adjungiert an CP).
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
Derzeit stehen zwei Versionen einer Theorie zur Verfügung, die die
Ableitungen der Wortstellungsvarianten im Sinne von (1) und (2) zu
erklären versuchen: Ein Ansatz A, in dem davon ausgegangen wird,
dass scrambling – so heisst nach John Ross (1967)[1] benannte
syntaktische Bewegung, die er als eine stilistische Variante eines
ansonsten grammatisch ungebundenen syntaktischen Prozesses,
bei dem in der Regeln Argumente bewegt werden, nennt – dass
Scrambling die DPs oder PPs an verschiedene syntaktische
Kategorien adjungiert, wie man dies am Beispiel der RRR sehen
kann: hier können die DPs an eine IP (Hauptsatz) (3-4), CP
(Relativsatz) (5) oder an eine DP (6) angehängt werden:

[1] J. R. Ross (1967): Constraints on Variables in Syntax, MIT
(erschienen als Infinite Syntax, NOrwood, New Jersey 1983).
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On skazal [CP čto [IP [DP Petrov]i [IP
stranno [CP čto [IP [DP ti] [VP nam
pomogal]]]]]]
 Er sagte
dass
Petrov
merkwürdig dass
uns
geholfen

„Er sagte, dass es merkwürdig sei,
dass uns Petrov geholfen habe“
 (3)

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 (4)
[IP [DP Katina sestra]i [IP mne pro
rasskazyvali [CP čto [IP ti priezžaet ]]]]

K.’s Schwester mir
erzählten sie
dass
kommt

„Man sagte mir, dass K.’s Schwester
kommen wird“
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Ja byl [CP [DP novuju školu]i [CP gde
[IP pro strojat ti ]]]

Ich war
neue Schule
wo
sie bauen

„Ich war dort, wo man eine neue
Schule baut“
 (5)
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 (6)


[[Moej sestry]i [ètot dom ti ]]
Meiner Schwester dieses Haus
„Dieses Haus meiner Schwester”
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 Wenn
auch diese Sätze vom Standpunkt
der russischen Standardsprache als
markiert und ungewöhnlich gelten, werden
sie in der gesprochenen Standardsprache
laufend geäußert. Die Beispiele stammen
aus einer Studie von E.A. Zemskaja (vgl.
auch Kosta 2002:255 mit weiteren
Beispielen).
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
2. Allgemeines zur Wortstellung: der
Konfigurationalitätsparameter
 Eine ausgezeichnete Elaboration der Theorie
der freien Wortstellung im Sinne des Ansatzes A
haben Müller & Sternefeld (1993) vorgelegt. Der
Ansatz B wurde hingegen von Mahajan (1989)
und Deprez (1990) vorgelegt; bei diesem wird
scrambling als Substitution (im Sinne von
Chomsky 1981, 1986) verstanden, wobei die
DPs in die Spezifiziererposition einer
funktionalen Kategorie eingesetzt werden, vgl.
(7) für das Deutsche:
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

(7) …dass [TP [AGR-O-P das Buch
[AGR-O’ [VP der Mann [VP dem Kind t
zeigt ]]]]]
(vgl. Fanselow 2004)
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
Mahajan (1990) und Deprez (1989) argumentieren dafür,
dass beide Ansätze notwendig seien, da der Ansatz B z.
B. das kurze oder mittlere Scrambling im Mittelfeld (vgl.
für das Deutsche 2 und 7 und für das Russische 6)
erfasst, während eine Theorie A das lange Scrambling
erfasst: Das lange Scrambling überschreitet die
Grenzknoten von IPs – ist demnach ein Satz
überschreitender syntaktischer Prozess –, wie wir dies
an Hand der Beispiele (3,4,5) sehen konnten. Das
„lange“ Scrambling stellt daher eine Option dar, die wir –
typologisch betrachtet– in einer kleineren Menge von
Sprachen antreffen als dies beim kurzen oder „midrange
Scrambling“ der Fall ist. Die folgende Generalisierung (1)
ist daher anzunehmen:
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

(8) Generalisierung:
Wenn eine Sprache das lange
Scrambling hat, dann hat sie auch das
das kurze Scrambling, aber nicht vice
versa.
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
Das „kurze“ und „lange“ Scrambling scheinen
Eigenschaften zu haben, die an die Operation
von sogenannter A- vs. A-bar-Bewegung (A- vs.
A-bar-movement) erinnert. Da satzinternes
Umstellen der Satzglieder (vor allem der
Argumente) im Russischen, Hindi und
Japanischen sowohl Eigenschaften von ABewegung als auch die von A-bar-Bewegung
haben kann, jedoch nicht beides zur gleichen
Zeit (siehe Mahajan 1993), scheinen uns die
Begriffe A-Scrambling und A-bar-Scrambling
angemessener zu sein.
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 Ich
werde nun kurz einige Worte zu den
Begriffen „konfigurationelle“ vs. „nicht
konfigurationelle“ Sprache sagen. Als
erster hat in der generativen Syntax den
Begriff Hale (1979, 1982) eingeführt. Nach
ihm (Hale 1982:1-2) lässt sich diese
Dichotomie durch die unterschiedliche
Setzung der Parameter darstellen, die wir
hier in der Tabelle 1 als das
„Konfigurationalitätsparameter“ zeigen:
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
Tabelle 1: Der Konfigurationalitätsparameter

konfigurationelle Sprachen
(z. B. Englisch, Papago, Hopi)







nicht-konfigurationelle S.
(z. B. Warlpiri, Ungarisch,
Japanisch, Deutsch, Russ.)
a) feste Wortstellung
freie Wortstellung
b) kontinuierliche Elemente
diskontinuierliche Elemente
c) unregelmäßiges pro-drop
regelmäßiges pro-drop
d) pleonastische (expletive) NPs vorh. keine pleonatischen
(expletiven) NPs
e) schwach flektierendes Kasussystem stark flektierendes
f) NP-Bewegung
keine NP-Bewegung
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 Was
die slavischen Sprachen angeht, so
verfügt etwa sowohl das Russische als
auch das Tschechische über die Merkmale
(b, c, e, und f), während (d) teilweise
verletzt ist; man vergleiche etwa die
Verwendung von to oder von/vona/vono im
Tschechischen (einschl. der obecná
čeština), von won, wona, wono im
Niedersorbischen bzw. des pleonastischen
èto in der RRR vom Typ:
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


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



(9) č. (ob.č.) to nám to řekl Petr
das uns das gesagt Peter
„das hat uns Peter gesagt“
(10) č. (ob.č.) vono se mu to nevyplatí
es Refl ihm das nicht auszahlen wird
„das wird sich ihm nicht auszahlen“
(11) ns. wono deščujo, wono pada
„es regnet“




(12) RRR. èto naša Na‘TAša domoj vernulas’
das unsere Natascha nach Hause gekehrt (ist)
„es ist unsere NATASCHA, die nach Hause
zurückgekommen ist“
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
Bezeichnender Weise sind dies alles Instanzen
von entweder Topikalisierung (9, 10, 12) oder
der unter dem deutschen Einfluss gebildeten
unpersönlichen Wettersätze mit einem
Expletivum (11), in denen pleonastische NPs als
Instanzen der Topikalisierung eines im Diskurs
bereits eingeführten thematischen Elements
auftreten oder/und zugleich auf eine fokussierte
NP verweisen (ähnlich ließen sich die Instanzen
des clitic doubling im Bulgarischen bzw.
Makedonischen deuten).
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
Die Schwächen des in Tabelle 1 dargestellten
Zusammenhangs zwischen einzelnen syntaktischen
bzw. morphologischen Erscheinungen und dem
Phänomen bzw. Merkmal der festen vs. freien
Wortstellung liegt auf der Hand. Was die Kriterien bzw.
Merkmale a) und b) angeht, scheint auch eher das
Russische in der Varietät der RRR (1-6) und teilweise
das Deutsche (7) betroffen zu sein, als etwa das
Tschechische, wo aufgespaltene Phrasen bzw.
diskontinuierliche Elemente eher selten vorkommen.
Hingegen kennt das Serbische bzw. Kroatische
durchaus die übliche Aufspaltung von Phasen, wenn es
sich um die Position bestimmter klitischer Elemente
handelt:
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


(13) serb./kroat. Crveno je Petar kupio auto
(14) serb./kroat. Lav je Tolstoj napisao vrlo pametan
roman „Vojna i mir“
Satz (13‘) wäre im Tschechischen nur als Instanz der
Topikalisierung möglich (als Antwort auf die
Ergänzungsfrage jaké kopil Petr auto?), während die
Aufspaltung von DPs (bei Eigennamen)
ungrammatisch ist (14‘). Das Tschechische, das sonst
entsprechend dem Serbischen/Kroatischen die
Verwedung von klitischen Elementen in der zweiten
unbetonten Position im Satz kennt (vgl. Kosta 2002),
lässt diskontinuierliche DPs nicht zu:
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 (13‘)
č. Červené Petr koupil auto
(Topikalisierung o.k., sonst *)
 (14‘) č. *Jaroslava jsem Haška „Dobrého
vojáka Švejka“ román četl.
 Wie
sieht es im Russ./Poln. aus?
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
Ein echtes Problem für die Auflistung in der
Tabelle (1) stellen die Kriterien/Merkmale (c, d)
dar. In meiner unveröffentlichten Habilschrift
(Kosta 1992) präsentierte ich starke Evidenz
zugunsten des Umstands, dass das Deutsche
keine thematischen (referentiellen) Null-Subjekte
und Null-Objekte lizensiert oder dies nur unter
bestimmten Diskursbedingungen tut (...kann
schießen im Sportjournalismus). :
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
Damit ist der Parameter unter Tabelle 1 nur bedingt brauchbar und
als Generalisierung überhaupt nicht zutreffend. Was das
Kriterium/Merkmal (e) angeht – welches nur für Polnische,
Tschechische, Sorbische und Sbkr. einschlägig ist – , ist es nun
klar, warum das Russische nur bedingt (nämlich in performativen
Sprechakten im Präsens) das Null-Subjekt zulässt, während es NullSubjekte im Präteritum-Perfekt nur unter eindeutigen
Kontextbedingungen (als NP-Ellipse in koordinierten NPs) und NullObjekte nur unter bestimmten Bedingungen (unter starker Rektion
eines aspektuellen Kopfes, das entweder das Merkmal/feature )
+generisch oder +perfektiv trägt) zulässt, obwohl es vergleichbar
dem Tschechischen, Polnischen und Sbkr. starke Flexion im
verbalen Paradigma (Personalendungen) zeigt, vgl.:
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




(15) č. a. pro miloval jsem Marinu.
r. b. *(Ja) ljubil Marinu./ Ja ne
tol’ko čto vysoko uvažal, a daže ljubil
Marinu.
kroat. c. pro volio sam Rosanu.
poln. d. pro kochałem Joannę.
ns.
e. pro lubował som Madlenu.
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 (16)
[Ser’eznye vrači]i issledujut [e]j
[razdetymi] i/j
 „Seriöse Ärzte (Nom.Pl.)
untersuchenimpf.Präs. [NPe akk] nackt (=
als Nackte)“
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 Der
Satz (16) hat eine generische Lesart
(Präsensform des Verbs im imperf.
Aspekt) und das direkte Objekt kann
phonetisch unrealisiert bleiben. Dabei wird
nach Auskunft der Informanten
erwartungsgemäß die subjektorientierte
Lesart, modifiziert durch die Adjunkt-Small
Clause leicht präferiert, trotz des
pragmatisch ungewöhnlichen Kontexts.
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
Die Anwesenheit von bestimmten funktionalen
Kategorien (wie hier lexikalischer verbaler Kopf im impf.
Aspekt), die die phonetisch leere Objekt-NP strikt
regieren, scheint für die Lizensierung von Null-Objekten
ein wichtigeres Kriterium zu sein als etwa die
Anwesenheit von starkem AGR oder Flexion des Verbs,
da im Russischen ohnehin kein Objekt-AGReement
vorhanden ist (im Unterschied zu Sprachen wie Frz. oder
Italienisch, wo Objektagreement beim PPP vorliegt). Die
Kategorie des Aspekts mit den Merkmalen der Telizität
(Terminativität) und der Ganzheitlichkeit stellt eine
wichtige weitere Instanz bei der Lizensierung von NullObjekten. In unserer Arbeit (Kosta 1992:576) konnten wir
diesbezüglich die folgende Beobachtung (17) aufstellen:
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 (17)
Leere Objekte (NO) kommen vor bei
(1) ipf. Verben der atelischen Lesart mit
arbiträren NO,Typ on čitaet; (2) telischen
Verben mit indefiniter oder definiter Lesart
des NO, Typ: ja uže pročital [e] (= čto-to
oder knigu); (3) definite NO, die über den
Prozess der Antezedensbindung
gebunden werden, Typ: Nenavižu [ego];
Oni ne uznaet eej, kogda proi uvidit proj.
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
3. MLC und langes Scrambling
 Wir kehren zur unseren Ausgangsfrage zurück,
die da lautete:
 Wie kommen grammatische, also rein
syntaktisch bedingte, Wortstellungsvarianten
in Sprachen mit sogenannter freier
Wortstellung zustande, die nicht erst durch
die kommunikative Absicht der Sprecher
bedingt sind, sondern bereits im System der
Syntax der Grammatik einer Sprache GL
geregelt sind?
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
Wir haben zu zeigen versucht, dass eine
Aufstellung der Kriterien von Konfigurationalität
– wie sie in Tabelle 1 gegeben ist – den
empirischen Fakten zahlreicher Sprachen
Europas (auf andere Sprachen konnte ich hier
der Kürze halber nicht näher eingehen, ich
verweise auf mein Forschungsprojekt „Word
Order Variation and the Theory of Minimal
Movement in Slavic and Other European
Languages within the P&P-Approach“)
widersprechen und damit auch nicht deskriptiv
adäquat sein kann!
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 Auch
die Konzeption des Scrambling als
eines freien, syntaktisch ungebundenen
Prozesses, kann nicht syntaktisch streng
geregelten Ordnungsprinzipien der
Wortstellung das Wort reden. Betrachten
wir zunächst noch kurz die grundlegenden
Fakten, die Fanselow in einer kürzlich in
der Zs. Linguistic Inquiry erschienenen
Studie für das Deutsche aufgestellt hat
(vgl. auch Kosta 2002:258ff.):
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 Die
zentralen Unterschiede zwischen den
beiden Ansätzen für Scrambling – Ansatz
A und B – liegen darin, dass Typ A
annimmt, Scrambling sei ein optionaler,
nicht durch Prinzipien der UG
getriggerter/ausgelöster Prozess, während
dies Typ B nicht tut.
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
Es gibt eine starke Evidenz für die Annahme, dass freie
Wortstellung des A-scrambling-Typs (wie in den russ.
Beispielen (3-5)), wenn letztere überhaupt als
Bewegungsoperation zu deuten wäre, unter den Typ
Attraktion (Attract) in Chomsky (1993, 1995) fällt, da sich
diese Bewegung nur auf die Bewegung von Argumenten
im Verhältnis zu Verb-Bewegung beziehen lässt: Somit
unterscheidet sie sich deutlich von den Standardfällen
der A-bar-Bewegung in die Position SpecCP (vgl. 18a),
und kann, anders als jene, die VP oder sekundären
Prädikate nicht lizensieren, vgl. den Kontrast von (18a)
vs. (18b) für die Extraktion der VP bei A-bar-Bewegung
vs. langem Scrambling und (19a) vs. (19b) bzw. (20a)
vs. (20b) für die sekundären Prädikate:
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







CP-Adjunktion bzw. Bewegung der VP
(18) a. [CP [VP nam pomogal] [IP Petrov konečno [tVP]]
uns geholfen
Petrov natürlich
„UNS hat Petrov natürlich geholfen“
CP-Adjunktion der VP bei gleichzeitigem langem
Scrambling des Subjekts aus der unteren IP
(18) b. */?? [CP čto [IP [DP Petrov]i [VP nam pomogal]
[IP stranno [CP čto [IP [DP ti] [tVP]]]]]]
dass
Petrov
uns geholfen
merkwürdig dass
„*dass Petrov uns geholfen merkwürdig, dass (hat)“
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






CP-Adjunktion bzw. Bewegung der VP
(19) a. [CP [VP Maria geküsst] [hatte Hans
sicher tVP]
CP-Adjunktion der VP bei gleichzeitigem
langem Scrambling des Subjekts aus der
unteren IP
(19) b. */?? dass Hans Maria geküsst sicher hat
Sekundäre Prädikate und Scrambling
(20) a. Roh hat er das Fleisch tAP gegessen
b. */? dass roh Hans das Fleisch gegessen
hat
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 Wenn A-Scrambling
auf die Bewegung
von Argumenten beschränkt ist, wie
Fanselow annimmt (vgl. Kosta 2002:258),
dann kann diese Operation auf die
Existenz einer grammatischen Merkmals F
zurückgeführt werden als einer originären
funktionalen Eigenschaft von DPs,
während freie Adjunktion in einer viel
freieren Art und Weise operieren kann.
Syntax, Prosodie und
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
In jedem Falle wäre es unlogisch, wenn man AScrambling als einen Prozess der freien
Adjunktion – vergleichbar etwa mit dem im
Folgenden zu behandelnden Prozess der
Adjunktion von satzwertigen und
rechtsperipheren Adverbien – betrachten würde.
Dies würde sich nicht nur nicht mit den
Grundannahmen des von uns zugrunde
gelegten Minimalistischen Programms
(Chomsky 1993, 1995, 1998, 2000, 2001)
vertragen, sondern wäre auf Grund der
objektiven empirischen Befunde falsch.
Syntax, Prosodie und
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 Es
könnte dann nicht als ein Prozess der
komputationellen Komponente der
menschlichen Sprachfähigkeit angesehen
werden. Der substitutionelle Ansatz B
scheint sich hingegen aus der Sicht
sowohl der Empirie als auch der Theorie
anzubieten. Ohne auf die Einzelheiten des
sehr technischen Apparats von Chomskys
MP näher eingehen zu können, sei nur die
wichtigste Annahme angegeben:
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




(21) a. Minimal Link Condition (MLC)
K attracts  only if there is no β, β closer
to K, such that K attracts β (Chomsky
1995:310)
b.  is closer to target K than β if  ccommands β (Chomsky 1995:358)
c. Only categorial features of nonsubstantive categories can be strong
(22) [FP SPEC [F F [vP  [v [VP β [V  ]]]]]]
(Kosta 2002:259ff.)
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

4. Freie und feste Wortstellung
Die unter (1-2) genannten Fälle des satzinternen
scrambling lassen sich mit Hilfe der Operation Attract
sowie der MLC leicht erklären und lassen darüber hinaus
die Parametrisierung der Basiswortstellung in Sprachen
unterschiedlichen Typs zu. Wir können auf die
Einzelheiten aus Zeitgründen an dieser Stelle leider nicht
näher eingehen und verweisen statt dessen auf unseren
Artikel (Kosta 2002). Zusammenfassend gebe ich nun
den Parameter der Wortstellung in Sprachen mit relativ
fester und relativ freier Wortstellung in (23) an:
Syntax, Prosodie und
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 (23)
Table 2: Die Parametrisierung der
Wortstellung


Merkmale
V-Merkmale stark
 V-Merkmale schwach


T –Merkmale stark
Englisch
Italienisch,
Französisch
T-Merkmale schwach
VSO-Sprachen (Irisch)
Deutsch, Russisch
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
Zur Erklärung: Feste Konstituentenfolge
innerhalb der VP ist eine Funktion der starken DMerkmale von Tense (T). Sowohl Deutsch als
auch Russisch (und die meisten slavischen
Sprachen) zeigen kurzes Scrambling von
Argumenten innerhlab der VP, weil weder T
noch V starke D-Merkmale aufweisen. Die
Parametrisierung hängt also von der Stärke der
D-Merkmale von V und T ab. Somit lassen sich
die folgenden vier Typen von Sprachen
unterscheiden:
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
(i) Wenn V starke D-Merkmale und T
schwache D-Merkmale hat, wird VSO
Stellung vorausgesagt (prognostiziert)
(vgl. Chapter IV in Chomsky 1995): das
Objekt ist dann der externe Spezifizierer
der VP, während das Subjekt innerhalb
des Spec,vP in der overten Komponente
verbleiben kann und entsprechend dem
Ökonomiegrundsatz verbleiben muss.
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
(ii) Wenn D starke Merkmale in T, aber
schwache Merkmale in V hat, werden
folgende syntaktischen Eigenschaften
vorhergesagt: es gibt keine Adjazenz
zwischen Verb und seinem Objekt, weil
intervenierende, nicht Kasus tragende
Spezifizierer durch den LF KasusAttraktionsprozess ignoriert werden
können. Dies ist der Fall im Frz. und
Italienischen.
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

5. Satznegation und Wortstellungsvariation
Joanna Blaszczak, Negation and Clause
Structure (Polnisch)
 Peter Kosta, Syntaktische und semantische
Besonderheiten von Adverb und Negation im
Slavischen (unter besonderer Berücksichtigung
des Tschechischen, Russischen und
Südslavischen)


Beide Matrixkopien befinden sich im Reader
P. Kosta
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