27.04.05 Stress und Immunsystem, Stressbewältigung

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Was machen wir heute?
Seminar 12665:
Einführung in die Psychologie
des Gesundheitsverhaltens
Benjamin Schü
Schüz
www.fuschuez
www.fu-berlin.de/gesund/
berlin.de/gesund/schuez
Erfassung von Stress
Checklisten (Stress als Summe belastender
Ereignisse)
• Social Readjustment Scales (Holmes & Rahe, 1967)
• Viele weitere Checklisten mit unterschiedlichen
Ereignissen in unterschiedlichen Zeiträumen
• Daily Hassles/ Minor Life Events
Fragebogen
•
•
•
•
PTSD- Skalen zu erhöhter Erregung
Trierer Inventar zum chronischen Stress
Perceived Stress Scale (Cohen)
…
• Erfassung von Stress
• Auswirkung von Stress auf das
Immunsystem
• Stressreaktivität
• Stressbewältigung: Dispositionelle und
State-orientierte Ansätze
• Referate verteilen
Life-Event-Ansätze I
• Life-Event-Ansätze gehören zu den reizorientierten
Stresskonzepten.
• Das Erkenntnisinteresse besteht darin,
• pathogene Belastungen in der Umwelt zu identifizieren
sowie
• Zumutbarkeitsgrenzen für diese Belastungen festzulegen.
• Jedes größere Ereignis (z.B. Heirat, Scheidung, Tod
eines Angehörigen) stellt die betroffene Person vor
die Aufgabe, sich an die neue Situation anzupassen.
Æ Anpassungsnotwendigkeit mit potenziell
pathogenetischer Wirkung
1
Life-Event-Ansätze II
• Mit Holmes und Rahe (1967)/Social Readjustment Rating Scale
beginnt die systematische, mit standardisierten Methoden
durchgeführte Untersuchung kritischer Lebensereignisse.
Æ Jedes Anpassungsproblem kann Stress auslösen
• Neuere Ansätze bewerten neben der Lebensveränderung auch
Kontrollierbarkeit, Valenz, Realitätsstatus, Vorhersagbarkeit,
Erwünschtheit, Bedrohungsgrad, Bewältigung und
Bewältigungskosten des Ereignisses als stressrelevant.
• Haupteinwand gegen den Life-Event-Ansatz: Die Reaktionen auf
das gleiche Ereignis sind individuell sehr unterschiedlich
ausgeprägt.
Æ Problem: Wie sollen bestimmte Ereignisse ohne Bezug zur
Reaktion als Stressor definiert werden?
Chronischer Stress
akut - chronisch
Oft beruht die Unterscheidung zwischen
akutem und chronischem Stress allein auf
der Häufigkeit des Wirkens von Stressoren.
Hierbei wird jedoch nicht berücksichtigt,
dass
– (1) Reaktionen auf episodisch wiederkehrende
Stressoren habituieren können und
– (2) auch kurzzeitige, aber intensive Belastungen
langandauernde Auswirkungen haben können.
Chronischer Stress
• Identifizierung lang andauernder
oder häufig wiederkehrender
Alltagsbelastungen mit pathogenen
Auswirkungen
• Erklärung empirisch nachgewiesener
Zusammenhänge zwischen
soziostrukturellen Variablen und
Gesundheitsbeeinträchtigungen
Chronischer Stress III
• Chronischer Stress ist durch folgende Merkmale
gekennzeichnet:
(1) Der Stress hat einen unspezifischen,
schleichenden Beginn
(2) kann von langer oder auch kurzer Dauer sein,
(3) ist sehr häufig und
(4) kann eine geringe oder hohe Intensität haben.
• Gerade der schleichenden Beginn von
chronischem Stress scheint dafür verantwortlich,
dass keine sofortige Aktivierung besonderer
Maßnahmen zur Stressbewältigung erfolgt.
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Chronischer Stress IV
• Nach Lepore (1995) erhöht
chronischer Stress die
Stressreaktivität.
Æ Stressreaktivität als Disposition, die
interindividuell stabile Unterschiede
hinsichtlich des Ausmaßes, in dem eine
Person auf Belastungen mit
Stressreaktionen antwortet, erklärt
Es ist eine allgemeine Annahme, dass
Stressoren die Anfälligkeit für eine
infektiöse Erkrankung erhöhen.
Auch in der Forschung konnten direkte
Zusammenhänge zwischen Stress und den
Funktionen des Immunsystems gefunden
werden.
Negative Life Events, Perceived
Stress, Negative Affect, and
Susceptibility to the Common
Cold
Sheldon Cohen, David A. J. Tyrell,
und Andrew P. Smith (1993)
Wenn ein Ereignis bei einer Person eine
Stressreaktion hervorruft, so geht diese
einher mit negativen kognitiven und
emotionalen Zuständen.
Diese Zustände wiederum verursachen
eine Veränderung der Immunfunktionen …
3
• …über das autonome Nervensystem,
welches das ZNS mit dem Immunsystem
verbindet,
• …durch die Aktivität von Hormonen, die
in Zusammenhang mit negativen
Affekten freigesetzt werden und
• …durch stressbedingte Veränderungen
in gesundheitsrelevantem Verhalten,
wie etwa Rauchen oder Alkoholkonsum.
Methode / Ablauf
In den ersten 2 Tagen im Common Cold
Unit:
– Medizinische Untersuchung
– Ausfüllen von Fragebögen bzgl. ihrer
Selbsteinschätzung
• zu Stress (UV)
• ihrer Persönlichkeit und (KV)
• zu ihrem Gesundheitsverhalten (KV)
Bei gesunden Personen wurden
• Stressskalen
• Persönlichkeitsskalen und
• Gesundheitsverhalten erfasst.
Anschließend wurden sie einem von 5
Viren oder einem Placebomittel
ausgesetzt.
Wer infiziert sich?
Wer zeigt Krankheitssymptome?
Methode / Ablauf
Anschließend:
– Verabreichung einer leicht infektiösen Dosis von
einem von 5 verschiedenen Viren,
ÆStärke der Dosis: ähnlich einer Mensch-zuMensch-Übertragung
– oder einer salzhaltige Lösung (Placebo)
– stationäre Quarantäne für 9 Tage; alleine, zu zweit
oder zu dritt
– Täglich standardisiertes klinisches Protokoll, der
Artemwegserkrankungssymptome (Niesen,
Schmerzen der Stirnhöhle, Halsschmerzen, Anzahl
der benutzten Taschentücher, mittlere
Körpertemperatur, etc.)
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Methode / Unabhängige Variablen
Methode / Stressindex (UV)
Um verschiedene Aspekte von Stress zu
erfassen wurden drei Skalen verwendet:
• Faktorenanalyse:
– Stressverursachende Lebensereignisse
– Wahrgenommenen Stress
– Negativer Affekt
– Alle drei Stressskalen (Life Events,
Perceived Stress, Negative Affect) laden
auf einen Faktor,
– messen also eine ihnen gemeinsam
zugrunde liegende Größe.
• Aus den drei einzelnen Skalen wird für
jede Person ein Stressindex errechnet.
Methode / Abhängige Variablen
Methode / Infektion (AV)
• Die Autoren unterscheiden:
Ob der Proband sich infiziert hat wird
anhand von zwei Methoden festgestellt:
– hat man sich infiziert (der Virus wächst im
Körper und ist aktiv) oder
– hat man Erkältungssymptome entwickelt
• Nur wenn auf eine Infektion die
Entwicklung charakteristischer
Symptome folgt erachten Cohen et al.
diese Person als erkrankt.
– Nasensekret wird in einem Medium mit optimalen
Wachstumsbedingungen kultiviert Æ Wachstum?
– Anzahl der Antikörper im Organismus, eine
vierfache Erhöhung gilt als signifikant
Wenn mithilfe einer Methode die Aktivität des
Virus festgestellt wurde gilt der Proband als
infiziert.
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Ergebnisse / Stress und Erkrankung
• Das Zusammenwohnen mit einer
infizierten Person könnte (anstelle des
Virus) zum Ausbruch der Erkrankung
geführt haben.
• Wie sieht die Verteilung aus, wenn man
nur solche Personen betrachtet, die
nicht mit einer infizierten Person oder
alleine wohnen?
Ergebnisse / Stress und Infektion
• Personen mit viel Stress weisen eine höhere
Rate an Infektionen auf.
• Signifikant ist dies für den Stressindex, den
wahrgenommenen Stress und den negativen
Affekt.
• Nicht signifikant ist dies für Lebensereignisse.
• Ein ähnlicher Zusammenhang ergibt sich, wenn
man nur diejenigen ohne infizierten
Mitbewohner betrachtet.
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Ergebnisse
•Die Skala der negativen
Lebensereignisse misst eine, von
wahrgenommenem Stress und negativem
Affekt unabhängige, vorhersagekräftige
Komponente von Stress.
•Die Konstrukte, die mit den jeweiligen
Skalen gemessen werden, haben
unterschiedliche Auswirkungen auf die
Pathogenese einer Infektionserkrankung.
Bewältigung von Stress
• Bewältigung als Konstrukt soll erklären, warum
Menschen unterschiedlich auf die gleiche
stressreiche Situation reagieren (Mediator der
Stressor-Verhaltens-Beziehung)
• Dispositionelle Ansätze: Dispositionen zu
bestimmten Verhaltensweisen/Reaktionsweisen
erklären diese Unterschiede
• State-orientierte Ansätze: Versuch, kognitive
und emotionale Prozesse abzubilden, die für
interindividuelle Unterschiede im Stresserleben
verantwortlich sind.
Stressreaktivität
• Annahme einer unspezifische Stressreaktion hat
eher theoretischen Wert
• Reaktion in einer Stresssituation hängt auch von
der Erregbarkeit des NS für Stressreize ab
• Dispositionelle Unterschiede in Stressreaktivität
• Stressreaktivität ist nur unter Stress zu erfassen
• Stressreaktive Personen stellen eine besondere
Risikogruppe für psychosomatische
Erkrankungen dar
Stressbewältigung: Dispositionelle
Ansätze
• Eigenschaftsorientierte Ansätze
• Bei vielen zentrale Konstrukte: Vigilanz
und Vermeidung
• Vigilanz: Orientierung hin zu den
stressauslösenden Aspekten
• Kognitive Vermeidung: Vermeiden von
stressrelevanten Informationen
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Stressbewältigung: Dispositionelle
Ansätze
Stressbewältigung: Dispositionelle
Ansätze
• Vergleichbare Konstrukte:
• Monitoring-Blunting:
– Repression-Sensitization (Byrne, 1964)
– Monitoring-Blunting (Miller, 1987)
– Attention-Rejection (Mullen & Suls, 1982)
• Repression-Sensitization:
– Bipolares Kontinuum von Stressreaktionen:
Repressers verleugnen Stress, Sensitizer
suchen nach mehr Informationen und
ruminieren
– Abhängig von der Kontrollierbarkeit des
Stressors.
– Bei unkontrollierbare Stressoren kann es
adaptiv sein, Informationen zu vermeiden
– Bei kontrollierbaren Situationen ist
Informationssuche adaptiv
ÆTendenz zu monitoring oder blunting ist
aber dispositionell
Stressbewältigung: Dispositionelle
Ansätze
Stressbewältigung: Dispositionelle
Ansätze
• Model of Coping Modes (Krohne)
• Coping-Modalitäten:
– Individuelle Unterschiede in
Aufmerksamkeit und emotionaler
Verarbeitung
– Stressauslösende Situationen sind aversiv
und unsicher
– Entsprechende Coping-Prozesse:
Informationen suchen oder Vermeiden
– Tendenz dazu dispositionell
– Sensitizer (Personen, die Unsicherheit vermeiden,
indem sie mehr Informationen über den Stressor
suchen)
– Represser (Vermeiden Unsicherheit, indem
Informationen vermieden werden)
– Nondefensives (Instrumentelles Handeln
bevorzugt)
– Hochängstliche (sowohl vigilant als auch
vermeidend, meist sind diese Ziele aber nicht
vereinbar, führt zu fluktuierendem Coping)
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Stressbewältigung: Dispositionelle
Ansätze
• Typ-A-Verhalten: Permanenter Versuch,
die Umwelt unter Kontrolle zu
bekommen; Glauben, durch vermehrte
Anstrengung bessere Ergebnisse
erzielen zu können
• Selbst gesetzter Zeitdruck, Arbeit näher
an der Leistungsgrenze, Unterdrücken
von Erschöpfungssymptomen
Stressbewältigung: State-orientierte
Ansätze
Stressbewältigung: State-orientierte
Ansätze
• Lazarus-Modell: Bewältigung, wenn ein
bewusster und zielgerichteter Versuch
unternommen wird, die Diskrepanz zwischen
Anforderungen der Situation und eigenen
Bewältigungsmöglichkeiten zu überwinden
• „the cognitive and behavioral efforts made to
master, tolerate or reduce external and
internal demands and conflicts among them“
• Folkman & Lazarus: Ways of Coping
• 2 Skalen:
– Problemorientiertes Coping: „Ich
überlegte mir einen Handlungsplan
und ging dementsprechend vor“
– Emotionsorientiertes Coping: „Ich tat
so, als ob nichts geschehen sei“
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Bewältigung von Stress
Emotionszentrierte vs. problemzentrierte bzw.
akkomodative vs. assimilative Bewältigung
(Lazarus & Folkman, 1984)
• Emotionszentrierte
Bewältigung:
Regulation
unangenehmer
Emotionen
Bewältigung von Stress
Emotionszentrierte vs. problemzentrierte bzw.
akkomodative vs. assimilative Bewältigung
(Lazarus & Folkman, 1984)
• Problemzentrierte Bewältigung:
Beseitigung oder Verbesserung
der belastenden Situation auf
kognitiver oder Handlungsebene
Emotionszentriertes Coping
Strategien: Auf der Handlungsebene oder
kognitiv
• Konfrontation
• Distanzieren
• Selbstkontrolle
• Suche nach sozialer Unterstützung
• Annahme von Verantwortung
• Flucht/Vermeidung
• geplantes Problemlösen
• positive Umdeutung
Problemzentriertes Coping
Strategien: Auf der Handlungsebene oder
kognitiv
• Informationssuche
• direkte Handlung:
Beseitigen/Verringern des Stressors
• intrapsychisches Coping, z.B. Neu- oder
Umbewertung des Stressors
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Bewältigung von Stress
Stressmanagementprogramme:
Æ Interventionen auf psychobiologischer und
psychologischen Grundlagen
• Instrumentelles Stressmanagement
• Kognitives Stressmanagement
• Palliatives/regenerierendes Stressmanagement
Æ Methoden: z.B. progressive Muskelrelaxation,
kognitive Umstrukturierung, Vermittlung von
Kompetenzen (Zeitmanagement),
selbstbehauptendes Verhalten
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