INFORMATION zur Pressekonferenz mit Landesrat Rudi Anschober Rudolf Schwaiger, Lebensmittelaufsicht, Amt der Oö. Landesregierung 12. April 2016 zum Thema "Zu schade für die Tonne! Enorme Mengen an Lebensmitteln landen im Restmüll Oberösterreichs Initiative für Aufklärung und Maßnahmen gegen Verschwendung" LR Rudi Anschober Seite 1 "Zu schade für die Tonne! Enorme Mengen an Lebensmitteln landen im Restmüll Oberösterreichs Initiative für Aufklärung und Maßnahmen gegen Verschwendung" Allein in Oberösterreichs Haushalten werden jährlich rund 15,6 Kilogramm Lebensmittel pro Person in die Restmülltonne geworfen, hochgerechnet auf ganz Oberösterreich sind dies 22.500 Tonnen Lebensmittelmüll jährlich. Der Wert weggeworfener Lebensmittel pro Haushalt entspricht rund 300 Euro. Dazu kommt Lebensmittelverschwendung im Handel, in der Außer-Haus-Küche oder schon bei der Produktion. Lebensmittelverschwendung kostet jeder/jedem Einzelnen etwas, schadet der Umwelt und dem Klima durch unnötig verbrauchte Ressourcen – die weltweite Lebensmittelverschwendung ist drittgrößter Treibhausgas-Emittent nach den USA und China. Gleichzeitig leben Menschen in Armut bzw. hungern. Oö. Umwelt-Landesrat Rudi Anschober hat die Halbierung des LebensmittelAbfalls bis 2020 in Oberösterreich zum Ziel. Dazu wird Oberösterreich die Informationsoffensive massiv verstärken: Bereits zahlreiche Initiativen hinsichtlich Aufklärung und Maßnahmen wurden ins Leben gerufen, aber auch die genaue Analyse, wo welche Mengen anfallen, ist Teil davon. Wichtige Partner sind Haushalte, Handel, Gastronomie, Hotellerie und Gemeinschaftsverpflegung. Die nächste Informationsoffensive ist in Vorbereitung: der Landesabfallverband startet eine Info-Kampagne für Konsument/innen. Eine Entscheidung könnte bald auf EU-Ebene fallen: das Aus für das verwirrende Mindesthaltbarkeitsdatum auf diversen Produktgruppen wurde von Mitgliedstaaten Anschober eingebracht, fordert die Kommission dies Pressekonferenz 12. April 2016 arbeitet schon daran, LR lange. LR Rudi Anschober Seite 2 Klimapolitische Relevanz der Lebensmittelverschwendung Laut Welternährungsorganisation FAO ist die weltweite Lebensmittelverschwendung der drittgrößte Treibhausgas-Emittent nach den USA und China. Ein Drittel aller für den menschlichen Verzehr produzierten Lebensmittel Gigatonnen Lebensmitteln gehen bzw. „verloren“. einem Dies entspricht CO2-Fußabdruck von 1,6 3,3 Gigatonnen CO2-Äquivalenten. Das kostet jährlich 2 Billionen €. Umgekehrt: Weltweit hungern 800 Millionen Menschen. In Österreich landen jährlich 157.000 Tonnen Lebensmittel im Restmüll. Gleichzeitig gelten mehr als 1,5 Mio. Menschen als „arm“ bzw. „armutsgefährdet“. In OÖ werden im Durchschnitt pro Haushalt jährlich Lebensmittel im Wert von ca. 300 € im Restmüll entsorgt. Ein Bericht der UN-Ernährungsorganisation FAO hält fest, dass die Verringerung der Lebensmittelverschwendung eine entscheidende Rolle für die Ernährungssicherung einer wachsenden Weltbevölkerung spielt und gleichzeitig den Grenzen des Planeten entgegenwirkt. Die im Jahr 2015 erhobenen Mengen an Lebensmittel-Abfall in der AußerHaus-Verpflegung belaufen sich in Oberösterreich auf rund 24.400 Tonnen. Diese Menge verursacht einen Wasserverbrauch von 3 Mrd. Litern und emittiert so viele Treibhausgase wie bei 9.000 Erdumrundungen mit einem Mittelklassewagen entstehen würden (54.000 Tonnen CO2). Lebensmittel-Abfall fällt nicht nur in den Haushalten, sondern auch in der Außer-Haus-Verpflegung, im Handel, bei der Produktion und schon in der Landwirtschaft an, wenn krumme Gurken z.B. gleich wieder eingeackert werden. Lt. einem aktuellen Lagebericht von WWF Österreich und Mutter Erde sind für die Zahlen aus Landwirtschaft und Produktion noch keine Daten verfügbar, österreichweit fallen im Handel jährlich 110.000 Tonnen, Pressekonferenz 12. April 2016 LR Rudi Anschober Seite 3 in der Außer-Haus-Verpflegung 280.000 Tonnen und in den Haushalten 276.000 Tonnen im Restmüll plus 90.700 Tonnen im Biomüll an. Lebensmittelmüll der Haushalte: Enorme Mengen fallen an 2009 führte das Institut für Abfallwirtschaft der Universität für Bodenkultur, Wien eine Restmüll-Sortieranalyse für Oberösterreich durch. Demnach betrug der Anteil Lebensmittel und Speisereste im Restmüll hochgerechnet für Oberösterreich 15,6 ± 2,4 kg/EW.a (Kilogramm pro Einwohner/in und Jahr). Das macht gesamt rund 22.500 Tonnen Lebensmittelmüll in Oberösterreichs Haushalten. Nach Produktgruppen aufgeschlüsselt hat Gemüse mit rund einem Fünftel den höchsten Masseanteil, gefolgt von Brot & Gebäck, Süß- & Backwaren, Molkereiprodukten & Käse sowie Fleisch (Abb. 1). Zusammensetzung der Lebensmittel & Speisereste im OÖ Restmüll nach Produktgruppe (Masse-%) Marmelade/Getränke/Saucen 5% Rest 6% Nudeln/Grundnahrm./ Gewürze/Tee 5% Gemüse 18% Speise/Fertiggericht/ Snack /Aufstrich 8% Brot und Gebäck 15% Molkereiprodukte & Käse 12% 100% = 15,6 kg/EW.a © ABF-BOKU Obst 8% Süß- und Backwaren 12% Fleisch 11% Abb.1: Zusammensetzung der Lebensmittel & Speisereste in OÖ nach Produktgruppen Pressekonferenz 12. April 2016 LR Rudi Anschober Seite 4 Hochgerechnet auf Oberösterreich entspricht die Menge der entsorgten Lebensmittel und Speisereste einem Geldwert von rd. 300 € pro durchschnittlichem Haushalt und Jahr. Lebensmittel und Speisereste im Restmüll in kg/EW.a Gemüse 2,8 Brot 2,3 Süß- und Backwaren 1,9 Fleisch 1,7 Obst 1,2 Molkereiprodukte & Käse 1,9 Speise/Fertiggerichte/belegtes Brot/Aufstrich 1,2 Nudeln/Grundnahrungsm./Gewürze/Tee 0,8 Marmelade/Getränke/Saucen 0,8 Rest 0,9 Gesamt 15,6 Lebensmittelmüll in Gastronomie, Hotellerie, Gemeinschaftsverpflegung in OÖ Im Zuge einer Erhebung im Jahr 2015 konnten für die Außer-HausVerpflegung in Oberösterreich folgende Daten gesammelt werden: Hochgerechnet auf die gesamte Branche beläuft sich die Gesamtmenge an vermeidbaren Lebensmittelabfällen (= Summe aller Lebensmittelabfälle, exkl. Zubereitungsreste, Knochen und Getränke) in OÖ auf gesamt 24.400 Tonnen, aufgegliedert in rund: • 4.500 Tonnen von Beherbergungsbetrieben, • 7.100 Tonnen von Gastronomiebetrieben und • 12.800 Tonnen aus der Gemeinschaftsverpflegung. Zu schade für die Tonne! Ziel: Halbierung der Lebensmittelabfälle bis 2020 Ende Mai 2015 hat Landesrat Anschober bei der Landes- Umweltreferent/innenkonferenz einen Antrag eingebracht, der Bund und Länder auffordert, ihre Bemühungen im Pressekonferenz 12. April 2016 Kampf gegen die LR Rudi Anschober Seite 5 Lebensmittelverschwendung zu verstärken. Dieser Antrag wurde einstimmig beschlossen. Unter anderem wurde das BMLFUW dazu aufgefordert, im neuen Abfallvermeidungsprogramm 2017 verbindliche Ziele und festzulegen, Maßnahmen sowie gegen rechtliche Lebensmittelverschwendung die Lebensmittelverschwendung Möglichkeiten zu prüfen und der ein Reduzierung der entsprechendes Beratungsmodul für Betriebe zu erarbeiten. LR Anschober: „Ich hoffe hier auf eine breite Unterstützung des Bundes und aller Länder, denn dieses Thema betrifft uns alle. Mein Ziel ist es, engagiert weiterzugehen und eine Halbierung des Lebensmittelmülls in Oberösterreich bis 2020 zu erreichen.“ Initiativen gegen Lebensmittel-Verschwendung in Oberösterreich Das oö. Umweltressort hat auf Initiative von LR Anschober schon zahlreiche Initiativen gesetzt, zur Lebensmittelmüll-Vermeidung bzw. zur Bewusstseinsbildung bei diversen Zielgruppen und mit diversen Partnern. Datenanalyse Um überhaupt die Basis für Verbesserungen im Bereich der Lebensmittelabfälle zu kennen, wurden in Oberösterreich folgende Analysen durchgeführt: - Im Haushaltsbereich: Restmüll-Sortieranalyse 2009 mit Erhebung des Anteils der Lebensmittel im Restmüll - Im Bereich Gastronomie, Hotellerie und Gemeinschaftsverpflegung: Erhebung von Vermeidungspotential in OÖ (2015) - Ist-Zustand der Lebensmittelweitergabe an soziale Einrichtungen (2015) Pressekonferenz 12. April 2016 LR Rudi Anschober Seite 6 Info-Kochshow „Kochtopf statt Mistkübel“ Die Info-Kochshow von LR Anschober zeigt, wie einfach und schmackhaft Lebensmittelmüll vermieden werden kann. Krumme Karotten schmecken genauso gut wie gerade, und Joghurt ist oft sogar noch Wochen nach Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums ein Genuss. Bei der Kochshow wird gezeigt, informiert und gekostet, was man aus Lebensmitteln kocht, die sonst im Müll landen würden. Foodsharing Auf foodsharing.at können überschüssige Lebensmittel verschenkt oder zum Kauf angeboten werden. Der Folder „Nicht wegwerfen! Teilen!“ beinhaltet Infos zum Teilen bzw. Verschenken von nicht mehr benötigten Lebensmitteln und gibt hilfreiche Tipps, wie ein Zuviel an Lebensmitteln vermieden werden kann. FairTeiler – Lebensmittel-Tausch-Kühlschränke Lebensmittel holen und abliefern kann man direkt auch bei den FairTeilern, also bei eigens aufgestellten Kühlschränken, z.B. an der JKU, PH OÖ, Kunstuni in Linz oder in Neukirchen an der Vöckla. FoodCoops / Appetit auf Zukunft Im Zuge des Projektes „Appetit auf Zukunft“ werden LebensmittelKooperativen (FoodCoops) unterstützt, also direkte Beziehungen zwischen Konsument/innen und Produzent/innen: Dadurch steigt die Wertschätzung gegenüber den Produkten, außerdem sind diese oft frischer und daher länger haltbar. Aufklärung für ein neues Bewusstsein der Konsument/innen Für eine neue Wertschätzung gegenüber unseren Lebensmitteln und ihren Produzent/innen sorgen auch folgende Initiativen aus dem oö. Umweltressort: das Koch- und Lesebuch „Besser Essen – Mit Genuss die Pressekonferenz 12. April 2016 LR Rudi Anschober Welt Seite 7 verändern“, Urban Gardening-Gemeinschaftsgärten, Schulgartenwettbewerb, die Initiative FleischfreiTag, die Handy-App „Gutes Finden“, ... United Against Waste Die Initiative „United Against Waste“ (UAW) analysiert mit Unterstützung des Oö. Umweltressorts Mengen und Ursachen für Lebensmittelabfälle in Gastronomie, Hotellerie und Gemeinschaftsverpflegung und zeigt konkrete Einsparmaßnahmen auf. 2015 fanden Erhebungen in insgesamt 23 teilnehmenden oö. Betrieben statt. Vorreiterin ist das Krankenhaus der Elisabethinen, das auf Eigeninitiative mit einfachen Mitteln Optimierungen gemacht hat und so den Lebensmittelmüll in nur einem Jahr um 12 Tonnen verringern konnte. Gemeinsam wurden praxisnahe Maßnahmen zur Verringerung des Lebensmittelmülls umgesetzt, die der gesamten Branche als Vorbild dienen sollen, etwa mit konkreten Tipps auf Broschüren und Poster oder mit Leih-Equipment und Online-Tool für die eigene Erhebung der vermeidbaren Abfallmengen samt Quantifizierung an finanziellen Einbußen. Lockerung beim Mindesthaltbarkeitsdatum: EU-Vorstoß jetzt umsetzen! Beinahe alle Lebensmittel sind mit einem Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) oder einer Verbrauchsfrist gekennzeichnet – hier gilt es zu unterscheiden! Sehr ernst zu nehmen ist die Verbrauchsfrist auf leicht verderblichen Lebensmitteln, beispielsweise auf Frischfleisch, frischen Fischen, Rohmilch, u.A. Lebensmittel, deren Verbrauchsfrist abgelaufen ist, sind nicht mehr zum Verzehr geeignet! Pressekonferenz 12. April 2016 LR Rudi Anschober Seite 8 Anders die Aussage des Mindesthaltbarkeitsdatums: Bis zu diesem Datum garantiert der Hersteller lediglich, dass das Lebensmittel seine spezifischen Eigenschaften behält – und sichert sich so auch rechtlich ab. Ist das MHD eines Lebensmittels erreicht, lohnt es sich, vorsichtig zu riechen, anzuschauen und zu kosten – in den allermeisten Fällen sind die Produkte da noch einwandfrei genießbar, Joghurt etwa wird nur etwas säuerlicher. Um die Menge von 89 Mio. Tonnen an Lebensmittelmüll in ganz Europa, oftmals auch noch ungeöffnete Produkte (3 % des Restabfalls in Oberösterreich) zu reduzieren, haben die Niederlande und Schweden im EU-Agrarrat den Vorschlag eingebracht, bei manchen, unbedenklichen Produkten auf die Ausweisung des Mindesthaltbarkeitsdatums zu verzichten. Die Kommission arbeitet dazu an einem Vorschlag. So könnten Nudeln, Reis, Tee oder Kaffee bald nur mehr mit Produktionsdatum versehen in den Regalen unserer Supermärkte stehen. Entsprechend hat auch der deutsche Ernährungsminister Christian Schmidt den Vorschlag gemacht, das Mindesthaltbarkeitsdatum abzuschaffen und durch ein Verfalldatum zu ersetzen – mit dem Ziel, unnötig, weil wegen des falsch verstandenen Begriffs des Mindesthaltbarkeitsdatums, weggeworfene Lebensmittel zu vermeiden. Umwelt- und Konsument/innenschutz-Landesrat Anschober: „Ich unterstütze diese Maßnahme. Nudeln, Reis oder Kaffee sind über Monate oder Jahre haltbar, verlieren höchstens ein bisschen Aroma. Hier muss man Konsument/innen durch das Mindesthaltbarkeitsdatum nicht irritieren, das oftmals ja falsch ausgelegt wird. Viele werfen diese Produkte dann weg, hier kann man Lebensmittelmüll gut vermeiden. Keinesfalls darf aber die Verbrauchsfrist bei leicht verderblichen Produkten, wie Frischfleisch entfernt werden.“ Pressekonferenz 12. April 2016 LR Rudi Anschober Seite 9 Vorschau: Weitere Aktivitäten 2016 Beratung für Küchenbetriebe: Österreichweit wird aktuell ein Beratungsangebot für Betriebe entwickelt, das auch von OÖ unterstützt wird. Koordiniert wird dies über die Initiative „United Against Waste“. Damit sollen in Zukunft Küchenbetriebe verstärkt über die konkreten Möglichkeiten zur Reduktion von Lebensmittelabfällen informiert werden. Landesabfallverband informiert Haushalte: Auch die Konsument/innen und Haushalte stehen weiterhin im Fokus von Bewusstseinsbildungsaktivitäten. Neben Informationen zum bewussten Konsum insbesondere beim Einkauf wird z.B. der Landesabfallverband in Zukunft aus Sicht der Abfallwirtschaft auch zum Schwerpunkt Vermeidung von Lebensmittelabfällen informieren. Anschober fordert zudem eine rechtliche Verpflichtung von Handelsketten: Mögliche Lebensmittelabfälle sollten zuerst für die Nutzung angeboten werden. Einfache Tipps für jede/n Konsument/in - Einkaufen mit Einkaufszettel So ist festgehalten, was man wirklich benötigt und anderen Versuchungen der Handelsketten gibt man weniger Chancen. - Vermeiden Sie Mengenlockangebote Eigentlich bräuchte man nur ein Joghurt, die Aktion „nimm‘ 3, zahl 2“ überzeugt einen. Allzu oft landen davon Lebensmittel im Müll. Pressekonferenz 12. April 2016 LR Rudi Anschober Seite 10 - Lagern Sie Lebensmittel richtig Für alle Lebensmittel gibt es Tipps zur richtigen Lagerung: Brot in Naturmaterialien, Fleisch/Wurst, Milchprodukte in ununterbrochener Kühlung, Obst und Gemüse bei kühleren Temperaturen, etc. - Lernen Sie mit Restl-Rezepten wieder, übriggebliebene oder angebrochene Lebensmittel zu genießen Pressekonferenz 12. April 2016