ideen, impulse und innovationen für architekten

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I D E E N , I M P U L S E U N D I N N O VAT I O N E N
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LANDMARKE
WIRD MODERN
UMGESTALTET
Wo einst der Duft von Hopfen
und Malz die Gebäude der
Union Brauerei am westlichen
Rand der Dortmunder Innenstadt
füllte, wimmelt es jetzt von Schülern und Kunstinteressierten. Das
Dortmunder U-Viertel ist durch die
Neukonzeption des Geländes zu
einer Landmarke geworden, die
das Zentrum mit der westlichen
Innenstadt verbindet. Das Büro
Gerber Architekten hat hier nach
der Umgestaltung des U-Turms
erneut den Zuschlag bekommen,
um auf einem anderen Geländeteil ein Schulzentrum, einen
Bürobau und ein Parkhaus zu
realisieren. Offene Bereiche zwischen den einzelnen Baukörpern
lenken den Blick auf das U, das
Wahrzeichen des Geländes, und
ermöglichen ein durchlässiges
Freiflächenkonzept. Zur Unterstützung des ursprünglichen Charakters wählten die Architekten einen
rotgebrannten Kohlebrandklinker
der Hagemeister-Sortierung „Witten“. Mit ihm wird die ursprüngliche Materialität des früheren
Brauerei-Geländes aufgegriffen
und neu interpretiert.
FÜR ARCHITEKTEN
LERNEN, KULTUR UND ARBEIT IM U-VIERTEL
Fast 100 Jahre schon prägt der U-Turm die
westliche Dortmunder Innenstadt. Der Geist
des Architekten, Emil Moog, wirkt noch bis
heute nach: Die Bar im Erdgeschoss des
Gebäudes trägt seinen Namen. Auf dem
Dach prangt ein vierfaches, neun Meter hohes
U, das rotiert und von den Anhöhen rund um
Dortmund bereits von Weitem sichtbar ist.
Als die Brauerei 1994 das Gelände aufgab,
verfiel es in einen Dornröschenschlaf. Erst das
Kulturhauptstadtjahr RUHR.2010 sorgte dafür,
dass es wieder ins Gedächtnis der Dortmunder kam; seither dient es – wie viele andere
Gebäude der Industriekultur im Ruhrgebiet
– kulturellen Zwecken. Zwischen 2008 und
2010 bauten Gerber Architekten den U-Turm
zu einem Zentrum für Kunst und Kreativität um.
Ihre Erfahrungen und ihren Blick für das Gesamtensemble konnten sie jetzt mit dem Bau
des Schulzentrums sowie des Bürogebäudes
und der Garage erneut einbringen.
zum anderen als eine terrassierte Freifläche
Sitzgelegenheiten bietet. Die Höhenstaffelung
der beiden Gebäude gibt den Blick auf den
U-Turm frei, sodass ein bewusster Blick über
das Areal möglich ist.
Auf rund 20.000 m2 entstand so eines der
größten Schulzentren in Deutschland. Zwei
Berufskollegs in unterschiedlichen Gebäuden
stellen bereits äußerlich die Divergenz innerhalb der beruflichen Weiterbildung dar, sind
aber dennoch durch Gemeinschaftsräume miteinander verbunden. Die bauliche Verschmelzung im Untergeschoss beherbergt eine Aula
und Konferenzräume, die von beiden Kollegs
genutzt werden können. Die jeweiligen
Schulhöfe treffen über eine Treppe aufeinander, die einerseits das Dach der Aula darstellt,
Die Hagemeister-Sortierung „Witten“ betont
durch ihre Materialität den historischen Charakter des U-Viertels. Stark durch den klassischen Kohlebrand gezeichnet, erhalten die
Klinker eine raue Optik, die an alte Ziegel aus
den Anfängen der Industrialisierung erinnert.
So wirkt es, als sei die Fassade über Jahrzehnte natürlich gealtert. Die Farbgebung zieht
sich aber nicht nur durch das neu geschaffene
Schul- und Büroensemble, sondern greift auch
die Farbe des U-Turms auf und findet sich
ebenso in den rötlichen Pflastersteinen der
Das Bürogebäude ist im südöstlichen Bereich
angesiedelt und bildet gemeinsam mit dem
U-Turm den Eingangsbereich zum Viertel. Über
sieben Geschosse eröffnet es den Mietern einen fantastischen Blick in die unterschiedlichen
Bereiche der Innenstadt. Im Sockelgeschoss
befindet sich die öffentliche Parkgarage mit
ca. 520 Plätzen. Über drei Ebenen verläuft
eine offene Fassade, die zu einer optimalen
Belüftung beiträgt. Die vertikalen Öffnungen
der einzelnen Parkgeschosse sind darüber hinaus ein gestalterisches Element, das durch die
Klinkerverkleidung noch unterstützt und vom
Bürogebäude aufgegriffen wird – so ergibt
sich eine schlüssige Einheit.
Außenanlage wieder. „Eingesetzte Materialien
und ihre Farbigkeit im Innen- und Außenraum
spielen für das als harmonisch wahrgenommene Ganze eine wichtige Rolle, sie erzeugen
ein Stimmungsbild, das unser Wohlbefinden
beeinflusst“, hebt Prof. Dipl.-Ing. Eckhard
Gerber, der ausführende Architekt, hervor. Mit
der Wahl des Klinkers ist es den Architekten
gelungen, die Zusammengehörigkeit der verschiedenen Areale zu unterstreichen und das
neue Viertel als Einheit zu präsentieren.
B e r u f s k o l l e g s , D o r tm u n d
»Eingesetzte Materialien und ihre Farbigkeit im Innen- und Außenraum spielen
für das als harmonisch wahrgenommene Ganze eine wichtige Rolle, sie erzeugen ein Stimmungsbild, das unser Wohlbefinden beeinflusst.«
Prof. Dipl.-Ing. Eckhard Gerber, Gerber Architekten
Projektdaten
Berufskollegs Dortmund
Architektur/Entwurf
Gerber Architekten, Dortmund
Auftraggeber
Projekt DoU
Baufeld Nord GmbH & Co. KG
Generalunternehmer
Zechbau, Essen
Klinkerarbeiten
Rheder Klinker und
Fassadenbau aus Rhede
Klinker
NF Witten (240 x 115 x 71 mm)
Verklinkerte Fläche
12.300 m2
(ca. 590.000 Klinker)
TOR ZUR STADT
Als Impulsgeber für die Revitalisierung des
Rotterdamer Planungsgebiets „De Pols“ präsentiert sich das MUSA De Passie wie ein Tor
zur Halbinsel Katendrecht. Der Neubau öffnet
sich sowohl der Stadt als auch dem ehemaligen Hafengebiet und wirkt als festes Bindeglied zwischen beiden Arealen. In seiner
Kubatur vermittelt der multifunktionale Komplex
zwischen den großmaßstäblichen Bauten der
Innenstadt und niedrigen Wohnhäusern auf
der Halbinsel. Die Klinkerfassade unterstreicht
die klare Formensprache des Komplexes und
referiert an die ehemaligen Packhäuser des
Hafens. Eine individuelle Objektkomposition
aus Hagemeister Klinker lässt die klar strukturierten Fassaden im Tageslicht lebendig
schillern und aufleuchten.
Mit dem Neubau MUSA De Passie ist das
erste Projekt der Revitalisierung eines ehemaligen Hafengebiets auf der Halbinsel
Katendrecht in Rotterdam fertiggestellt. Das
Eindhovener Architekturbüro diederendirrix hat
das multifunktionale Gebäude auf Grundlage
eines umfangreichen Masterplans der Stadt
realisiert. Dieser sah vor, einen harmonischen
Übergang zwischen Stadt und Hafengebiet
zu schaffen. Dafür entwickelten die Architekten
ein Ensemble aus Baukörpern, das sowohl
Bezug zu den Hochhäusern der Stadt als
auch zu den kleineren Wohnbebauungen
des Hafengebiets nimmt. Gleichzeitig sollte
der Neubau Wohnen, Arbeiten, Lernen und
Spielen in einem Gesamtkomplex vereinen.
Auf insgesamt 27.000 m2 bietet das „MUSA“
Raum für zwei weiterführende Schulen, eine
Sporthalle, 135 Sozialwohnungen, Stadtteileinrichtungen sowie eine Tiefgarage.
Ein massiver dreigeschossiger Gebäudesockel
beherbergt die öffentlichen Einrichtungen. An
den Stirnseiten des Riegels wachsen ein 14und ein 15-geschossiger Wohnturm empor.
Mit seiner Klinkerfassade greift der Bau die
Materialität der alten Industriebauten, Silos
und Packhäuser des Hafengebiets auf. „Wir
hatten ein Gebäude vor Augen, das nicht
unmittelbar als Wohnkomplex erkennbar ist
und nahtlos an die industrielle Bebauung anschließt“, erläutert diederendirrix Projektarchitekt Timo Keulen. Ein Gitternetz aus Betonleisten, das mit Klinker ausgefacht ist, strukturiert
das Fassadenbild.
Die Architekten entschieden sich für eine
individuelle Hagemeister Objektsortierung
mit unterschiedlichen Oberflächenstrukturen.
Das breite Farbspektrum von Grau-Violett über
Projektdaten
Musa de Passie, Katendrecht
Architekturbüro
diedderendirix, Eindhoven
Projektarchitekt
Timo Keulen
Auftraggeber
WoonCompas, Rotterdam
Klinker
Objektkomposition mit verschiedenen
Oberflächenstrukturen im Waalformat
Verklinkerte Fläche
ca. 5.700 m²
Anthrazit zu dunklem Terrakotta und hellen
Grautönen verleiht der Gebäudehülle eine
besondere Dynamik. „Die Mischung gibt der
Fassadenfläche eine Qualität, die man mit
einer Sortierung allein nicht erreichen kann“,
sagt Timo Keulen und erläutert weiter: „Durch
die Abwandlungen in Farbe, Struktur und
Glanz zeigt sich die Fläche im Laufe des
Tages immer wieder anders. Dadurch lebt das
Mauerwerk, schillert und leuchtet unter dem
Tageslichteinfall und der Spiegelung des Wassers im Maashafen.”
Vertikale und horizontale Klinkerstreifen, die
von Betonleisten eingerahmt werden, sind im
Halbsteinverband gemauert und fassen optisch jeweils zwei Geschosse zusammen. Die
Flächen innerhalb dieses Rasters sind teils im
Halbsteinverband, teils im stehenden Verband
ausgeführt. „Wir haben nach einem Kontrast
zum neutralen Raster und dem matten Beton
gesucht. Die Farbakzente und die Oberflächenvariationen der Hagemeister-Sortierungen
lassen MUSA De Passie zu einem Gebäude
werden, das sich mit seinem zweistöckigem
Fassadengewebe auf den ersten Blick als sehr
geradlinig zeigt, aber beim näheren Hinsehen durch sein Mauerwerk viele Nuancen
aufweist“, beschreibt Timo Keulen.
2015 war das MUSA De Passie für den
Rotterdamer Architekturpreis in der Kategorie
„Bestes Wohngebäude“ nominiert. In diesem
Jahr wurde es für den BNA Preis als bestes
Gebäude in der Kategorie „Identität und
Symbolwert“ vorgeschlagen.
M u s a de P as s i e , Kate n dr e c h t
»MUSA De Passie zeigt sich dank seines Fassadenaufbaus als ein
geradliniges und klares Gebäude. Durch das Mauerwerk hat es
dennoch zahlreiche Nuancen zu bieten, die die Fassade unglaublich lebendig erscheinen lassen.«
Architekt Timo Keulen, diederendirrix Eindhoven
»In der Vergangenheit teilten sich Theater und Bibliothek an diesem Ort das Quartier.
Bisher waren beide Einrichtungen Rücken an Rücken angeordnet und doch voneinander getrennt:
Unterschiedliche Eingänge und separate Innenräume führten zu dieser Teilung der Funktionsbereiche«
Jimmy van der Aa, Büro DP6
Projektdaten
De Bussel,
Brabant-Oosterhout
Architekturbüro
DP6 architectuurstudio, Delft,
3TO architecten, Den Haag
Projektarchitekten
Jimmy van der Aa (DP6)
Carol Groenewegen (3 TO)
Auftraggeber
Stadt Oosterhout, Brabant
Klinker
Sortierung Gent BU + FU, Klinkerriemchen 290 x 23 x 40 mm
Verklinkerte Fläche
ca. 7.643 m2
D e B u s s e l , B r aban t- O o s te r h o u t
WELLENFÖRMIGE FASSADE
In Oosterhout zwischen Breda und Utrecht
verleiht der neue Theater- und Bibliothekskomplex De Bussel der niederländischen Stadt ihr
unverwechselbares Gesicht. Der Name des
Neubaus knüpft an den Begriff „Busselen“
– gebündelte Waldzweige – an. Busselen
ist auch ein Synonym für Verschmelzung:
Das moderne Gebäude verbindet den stillen
Rückzugsort einer Bibliothek mit dem kulturellen
Treffpunkt eines Theaters. Charakteristisch für
die geklinkerte Fassade ist ihre Wellenbewegung, die damit die typischen Formen eines
Theatervorhangs aufgreift. Die Projektarchitekten Jimmy van der Aa vom Architekturstudio
DP6 und Carol Groenewegen vom Büro
3TO architecten haben in Oosterhout ein
architektonisches Juwel geschaffen, das als
Wohnzimmer der Innenstadt Anziehungspunkt
für Einheimische und Besucher ist. Mit dem
länglich-schmalen Hagemeister Klinker der
Sortierung „Gent“ ist es gelungen, die Fassade mit einer wellenartigen Struktur zu versehen
und damit die Lebendigkeit dieser Begegnungsstätte zum Ausdruck zu bringen.
Die Stadt stellte sich für Theater und Bibliothek
einen kohärenten Bau mit einem zentralen
Eingang vor: „In der Vergangenheit teilten
sich Theater und Bibliothek an diesem Ort das
Quartier. Bisher waren beide Einrichtungen
Rücken an Rücken angeordnet und doch voneinander getrennt: Unterschiedliche Eingänge
und separate Innenräume führten zu dieser Teilung der Funktionsbereiche“, erklärt Jimmy van
der Aa vom Büro DP6. Mit dem Neubau ist
eine gemeinschaftliche Nutzung von Eingang,
Foyer und den zentralen sanitären Anlagen
möglich geworden. Mit der Integration des
Theaterturms und des großen Saales konnte
teilweise auf die bestehende Konstruktion des
Altbaus zurückgegriffen werden. Im Inneren
verleiht die sich schlängelnde Kante einer
langgestreckten Balustrade Theater, Bibliothek
sowie den gemeinschaftlich genutzten Räumen
Struktur, nach Außen überzeugt die großzügige Verglasung.
Um die wellenartige Form abzubilden, haben
sich die Architekten für die HagemeisterSortierung „Gent“ im Grenadier-Verband
entschieden, die auf vorgefertigte Betonwellen
geleimt und gefugt wurden. Ein Element mit
drei kurzen Wellen erzeugt ein Wechselspiel
zu einer kurzen und einer längeren Welle. Die
nahtlose Verbindung der Türen und Fenster in
den Ecken des Gebäudes wird durch spezielle Formsteine ermöglicht. Durch die wechselseitige Verarbeitung fügt sich der Klinker
mit seiner von gelb-orange bis ocker-rötlich
gehenden Farbgebung harmonisch in die
unmittelbare Umgebung der Sint-Jans-Basilika
ein, die das Stadtbild durch ihre dunkelroten
Ziegel mit Kohlebrandakzenten prägt.
Das Mauerwerk verbindet zudem Außen und
Innen. Es durchbricht im Inneren an zwei
Punkten die Fassade, um sich dort zu einem
Balkon zu formen. Statt eines traditionellen
Fenstervorsprungs wurde ein separater Ziegel
eingesetzt, durch den sich die Klinkerriemchen
mit gleicher Textur bündig an die Fassade anschließen und nahtlos in die Fronten
übergehen. An der Frontfassade sind in den
Hagemeister-Klinkern die Notabläufe integriert, die die Dachentwässerung unterstützen.
Auch die lokale Faune wurde berücksichtigt:
Nach unten offene Stoßfugen für Fledermäuse sorgen dafür, dass die Tiere ihre Nester
problemlos erreichen können und dennoch vor
der Witterung und ihren natürlichen Feinden
geschützt sind.
MAUERWERKEN
KUNST & HANDWERK
GEKONNT VEREINT
Geurst & Schulze, Den Haag (Foto: Hagemeister)
Bathe + Reber Architekten, Dortmund (Foto: Daniel Sumesgutner)
Diehl • Architekten, Gießen (Foto: Ralf Heidenreich)
Klassisch und würdevoll – der Baustoff Klinker ist mehr als nur eine
Ansammlung von Steinen, die das Draußen vom Drinnen trennt. Seit
Jahrtausenden bewährt sich Klinker als langlebiges und nachhaltiges
Material und ist damit ein echter Alleskönner. Dabei zeugen jedoch
nicht nur plane Wände von der Handwerkskunst der Verarbeiter und
den planerischen Qualitäten von Architekten. Klinker ist ein vielseitig
einsetzbarer Stein, der die verschiedensten Formen annehmen kann.
Unterschiedlich verlegt, mit Versatz oder Aussparungen, sind mit ihm
besondere Gestaltungen möglich. Von einer gefaltet wirkenden Fassade bis hin zu feinsten Reliefs – den Wünschen der Bauherren oder
Künstler sind keine Grenzen gesetzt.
Lafour en Wijk Architecten, Amsterdam (Foto: Gabriele Merolli)
Architekten & Ingenieure Goethel, Wittenförden (Foto: Roland Unterbusch)
Architektur- und Sachverständigenbüro Schapmann, Telgte (Foto: Hagemeister)
Arbeitsgemeinschaft Patriarche & Co., Paris und Schuster Architekten, Düsseldorf (Foto: Espendiller+Gnegel)
Fas s ade i m Fo k u s
MODERNE UND TRADITION IM HARMONISCHEN EINKLANG
Inmitten einer alten Gartenfläche steht das alte
Pastorat der Kirchengemeinde St. Pankratius, ein Klinkerbau von 1898, in der Nähe
der Emsdettener Innenstadt. Nachdem die
Dekanate Emsdetten/Greven und Steinfurt
fusionierten, mussten beide Verwaltungen der
Kirchengemeinde unter einem Dach vereinigt
werden. Neben dem Bestandsgebäude
baute das ortsansässige Büro RECKERarchitekten einen neuer Kubus, in dem seit März
2016 die Zentralrendantur untergebracht ist.
Die helle, sandsteinfarbene Klinkersortierung
„Östersund“ in Handstrichoptik ziert das neue
Gebäude und führt das gestalterische Element
des Altbaus weiter, "in Einklang gebracht wurden"
und "Klinkersortierung "Östersund" aufgegriffen".
Nur wenig Historisches hat die Stadtkernsanierung der 70er Jahre überdauert. Emsdetten,
seit jeher eine Hochburg der katholischen
Glaubensausrichtung, blieb nicht von den
Kirchenaustritten und der damit verbundenen
Umstrukturierung der Dekanate verschont. Für
das Finanzverwaltungsgebäude der 2014
fusionierten Dekanate Emsdetten/Greven und
Steinfurt, die sogenannte Rendantur, musste
ein neuer Ort gefunden werden – gewählt
wurde ein altes Bestandsgebäudee der
Kirchengemeinde St. Pankratius, in dem Tradition und Moderne miteinander in Einklang
gebracht wurden.
Architektur einen Kontrapunkt bildet, sich aber
auch gleichzeitig dem Bestandsgebäude
unterordnet, betont Dipl.-Ing. Architekt Rudolf
Recker: „Das neue Gebäude lässt den Altbau
leben, anstatt ihn zu dominieren. Es biedert
sich nicht an und will nicht übertrumpfen, sondern lehnt sich an das Bekannte an.“ Die Sockelfarbe des Sandsteins am Altbau wurde in
der Fassadengestaltung des Neubaus mittels
der hellen Klinkersortierung „Östersund“ aufgegriffen.
Verbunden wurden beide Gebäude durch
einen Glaskubus, der gleichzeitig auch die
Geschosshöhen von teilweise 4 Metern im
Altbau durch Treppen und Rampen ausgleicht.
Die Entscheidung für Klinker fiel bewusst, so
Recker: „Nur `billig, billig, billig‘ zu bauen
war nicht im Sinne des Bauherren. Natürlich
musste das Budget streng beachtet werden
– allerdings stand die Nachhaltigkeit im
Vordergrund.“ Der helle Klinker der Sortierung
„Östersund“ harmoniert perfekt mit dem roten
Klinker des alten Pastorats. Durch die Handstrichoptik mit Wulsten und unregelmäßigen Kanten changiert der Stein, sodass das Gebäude
beseelt wirkt. Die Formen- und Farbensprache
des Bestandsgebäudes wird stilsicher weitergeführt, das Wechselspiel zwischen Tradition
und Moderne atmet handwerkliche Baukunst
und stellt einen eleganten Bezug
zum Bestandsgebäude her.
Der moderne Neubau ist ein schlichter,
zurückhaltender Kubus, der zwar durch seine
Projektdaten
Zentralrendantur, Emsdetten
Architekturbüro
RECKERarchitekten, Emsdetten
Auftraggeber
Kirchengemeinde St. Pankratius,
Emsdetten
Klinker
Östersund HS (290 x 90 x 52 mm)
Gemauerte Fassadenfläche
ca. 9.900 Stück / 178 m²
Z e n tr al r e n dan tu r, E m s de tte n
»Nur ‘billig, billig, billig‘ zu bauen war nicht im Sinne des Bauherren. Natürlich musste das Budget streng beachtet werden –
allerdings stand die Nachhaltigkeit im Vordergrund.«
Dipl.-Ing. Architekt Rudolf Recker
INDUSTRIELLES ERBE
Ledergerbereien, Textilmanufakturen und
Fertigungsbetriebe prägten über ein Jahrhundert lang das Bild des Londoner Stadtteils
Bermondsey. Von Industrie und Krieg gezeichnet, geriet der Bezirk im Süden Londons
zunehmend in Vergessenheit. Während die
viktorianisch geprägte Gegend um 1900 mit
zahlreichen Fabriken, Geschäften und Manufakturen einen wirtschaftlichen Knotenpunkt
darstellte, waren in den vergangenen Jahren
zahlreiche Häuser baufällig geworden. Auch
das geschichtsträchtige Lagerhaus „Larnaca
Works“ hatte mit der Zeit schweren Schaden
genommen.
Heute erfährt das Quartier eine Reformation.
Im Zuge eines umfassenden Regenerationsplans haben die Architekten des Londoner
Büros Lynas-Smith drei Apartmenthäuser auf
dem Grundstück des Lagerhauses realisiert.
Der geradlinige Komplex mit dem Namen
„Grange Gardens“ verleiht dem Ort eine neue
Identität. Hagemeister-Klinker der Sortierung
„Alt Berlin“ unterstreicht die moderne Architektursprache und stellt gleichzeitig eine Verbindung zur industriellen Vergangenheit des Ortes
her. Der anthrazit-blaue bis silber-graue Klinker
hüllt die Baukörper in einen dunklen Mantel,
der sich an einigen Stellen öffnet und eine
stark kontrastierende Oberfläche in Blau- und
Grüntönen freigibt.
Mit einem individuellen Designkonzept verwirklichte das Architekturbüro Lynas-Smith die
Vorstellungen des Bauherren von einem modernen Neubau, der einen klaren Bezug zur
backsteingeprägten viktorianischen Epoche
herstellt. Die drei Apartment Blocks des „Grange Gardens“ variieren in ihrer Höhe von fünf
bis sieben Geschossen. Sie bieten Raum für
insgesamt 90 Wohnungen sowie gewerblich
nutzbare Räume im Erdgeschoss. Eine solide
geometrische Grundform prägt die einzelnen
Baukörper.
Mit der Fassadengestaltung schaffen die
Architekten eine Verbindung zwischen traditioneller und zeitgenössischer Bauweise. Ab
der ersten Etage schmiegt sich der Klinker aus
dem Münsterland wie ein dunkles Kleid an die
kubischen Volumen. Die Sortierung „Alt Berlin“
kombiniert edle Grautöne mit feinem BlauAnthrazit. Für die Gesamtfläche von 2.500
m2 fertigte Hagemeister etwa 190.000
Klinker im Sonderformat 215 x 104 x 64
mm. Die graue Verfugung in Kombination mit
dem im Läuferverband gearbeiteten Mauerwerk erzeugt eine monolithische Wirkung der
Gebäude.
Für zusätzliche Spannung sorgt eine zweite,
keramische Sortierung aus sanft-blassem Marineblau, Türkis und Mintgrün. Diese wurden
an den Gebäudesockeln, Rückwänden der
Balkonaussparungen und Pergolen eingesetzt.
„Wir wollten den Effekt einer tiefen Fassade
schaffen“, erklärt Michael Lynas. „Es entsteht
ein kontrastreiches Spiel zwischen den hellen
Platten und der dunklen Klinkerhülle. Das farbige Material durchbricht die Klinkerummantelung und setzt lebendige Akzente.“
Projektdaten
Larnaca Works, London
Architektur
Lynas-Smith, London
Projektarchitekt
Michael Lynas
Auftraggeber
Union Developments
Klinker
„Alt Berlin“ (215 x 104 x 64 mm)
+ glasierte Klinker
Verklinkerte Fläche
2.500 m2
L ar n ac a Wo r k s , L o n do n
»Mit der massiven, dunklen Klinkerfassade wollten
wir den Baukörpern Individualität in ihrem Umfeld
verleihen, nicht den umliegenden Wohnbau replizieren. Gleichzeitig erinnert „Alt Berlin“ an die von Ruß
bedeckte Landschaft um 1900 und unterstreicht so das
städtische Erbe. Dabei hat der Klinker ein hochwertigelegantes Aussehen.«
Projektarchitekt Michael Lynas, Lynas-Smith London
»Mit großer Sorgfalt wurde das Gebäude in seine Umgebung integriert. Die horizontale Linienführung des Nachbargebäudes wurde in der Backsteinfassade übernommen, deren gelber Backstein eine Reminiszenz an [den Baumeister] Berlage darstellt, wodurch die Schule nicht nur auf
natürliche Weise an ihrem Ort eingebunden wirkt, sondern auch die Kontextualität des Straßenbildes erhalten bleibt, sogar die Geländer und die Pflanzkästen waren Teil des Entwurfs.«
Auszug aus der Jurybeurteilung des BNA.
Projektdaten
Montessorisschool, Den Haag
Typologie
Außerschulische Betreuung,
Sporthalle, Schule
Projektgröße
2.480 m²
Architektur
DeZwarteHond, Rotterdam/
Groningen/Köln
Projektleitung
Bart van Kampen
Erstellung
2009 - 2015
Auftraggeber
Stadt Den Haag /
Montessorischool Waalsdorp
Klinker
Objektsortierung „Bonn“,
Modulformat 290 x 90 x 40 mm
+ Sondermaße
Verklinkerte Fläche
2.000 m2
M o n te s s o r i s c h o o l Waal s do r p, D e n H aag
STRUKTUR UND FLÄCHE
Der Neubau der Montessorischool Waalsdorp
tritt mit einer verspielten Architektursprache in
Erscheinung und fügt sich gleichzeitig harmonisch in das backsteingeprägte Den Haager
Schulviertel der 1930er Jahre ein.
Das Rotterdamer Architekturbüro DeZwarteHond hat die Farbigkeit und Linienführungen
umliegender Bebauungen aufgegriffen und
auf ihren Entwurf übertragen. Entstanden ist
ein zweigeschossiges, gestrecktes Volumen
mit klarer Formensprache und lebendiger
Fassadengestaltung.
Sandgelber Hagemeister Klinker der Sortierung „Bonn“ passt den Baukörper elegant
an zwei bestehende Backsteingebäude des
Den Haager Schuldreiecks an. Während
das Mauerwerk auf drei Seiten glatt und linear
erscheint, nimmt die Stirnseite Strukturen aus
der Umgebung auf und setzt sie in Form von
breiten Lisenen im Mauerwerk um. 29 cm
tiefe und breite, pfeilerartige Rippen wachsen
regelmäßig und symmetrisch aus der Fassade
heraus. Die geriffelte Optik gibt dem Bau eine
individuelle Struktur, die ein einzigartiges Lichtund Schattenspiel erzeugt.
Der warmtonige, mit Kohlebrand nuancierte
Klinker wurde eigens für dieses Projekt in
enger Zusammenarbeit mit den Architekten
im Nottulner Werk entwickelt und gebrannt.
Mit dem Sondermaß 209 x 90 x 40 mm
sowie dem doppelten, halbversetzten Läuferverband ist ein lebendiges Mauerwerk mit
spannungsreichem Fugenbild entstanden.
Das besonders schmale Format gibt dem
Bau eine klare, gestreckte Wirkung und
verleiht der Fassade schlichte Eleganz.
Große Fensterbänder unterbrechen die
ebenmäßigen Fassadenseiten und lassen
das Gebäude leicht erscheinen. Die eloxierten Aluminiumrahmen der Laibungen sorgen
zusätzlich für Tiefe und verstärken die Struktur
in der Gebäudehülle. Alle Materialien zur
Ausgestaltung des Außen- und Innenbereichs
haben die Architekten sorgfältig aufeinander
abgestimmt. So korrespondiert die warme
Farbgebung des Klinkers mit den Holzvertäfelungen im Innenbereich.
Das Gesamtkonzept der Montessorischool
überzeugte auch die Jury des BNA, die das
Projekt in der Kategorie „stimulierendes Umfeld“ als „Bestes Gebäude des Jahres 2015“
auszeichnete.
In t e r vi ew Andreas Kr ys
Foto: © Peter Wattendorf
Aufgewachsen im Ruhrgebiet – und vor der Haustür:
Unzählige Klinkergebäude aus längst vergangener Industriezeit. Sie haben den Architekten Andras Krys so sehr geprägt,
dass man ihn augenzwinkernd durchaus als „Klinker und
Backstein-Fan“ bezeichnen könnte. Seine Wurzeln hat er
nicht vergessen, auch wenn er mittlerweile seit langer Zeit
in Münster lebt und arbeitet: Krys lehrt an der Bochumer
EBZ Business School und ist überzeugt: Klinker ist nicht nur
der Stoff der Vergangenheit, sondern auch der Zukunft.
»Klinkergebäude, die „wie eine Eins“ stehen«
Sie nutzen für Ihre Bauten häufig Klinker –
was fasziniert Sie so an diesem Baustoff?
Andreas Krys:
Klinker ist für mich ein Material, das nicht
nur traditionell, sondern auch modern und
nachhaltig zugleich ist. Jeder kennt es, weil
man es in seiner Umgebung häufig sieht –
und: Es ist akzeptiert. Für mich ist es wichtig,
mit den Materialien zu bauen, die auch in der
Region vorkommen. Natürlich gibt es auch
hochwertige Baustoffe aus z. B. Italien oder
Dänemark – aber warum soll ich als Architekt oder Bauherr etwas erst aufwendig von
weit weg zu meiner Baustelle schaffen, wenn
ich mit einem Material, das aus der Region
kommt, gleich ein ganz anderes Gefühl von
Verbundenheit herstellen kann? Ich war schon
als Kind fasziniert von den großen Klinkergebäuden, den alten Architekturzeugnissen aus
der Montanzeit – die stehen heute noch wie
eine Eins. Es ist schlichtweg ein zeitloses und
wertiges Material.
Klinker ist, wie Sie sagten, ein altbekannter
Baustoff. Wie prägt er die Architektur in
Deutschland und Europa?
Andreas Krys:
Egal wo man hinschaut, Klinker hat überall
sehr ähnliche Formate. Das liegt daran,
dass man den einzelnen Ziegel zum Bauen
natürlich in die Hand nehmen muss – insofern ist die Größe weltweit ein verbindendes
Element. Das ist für mich ein sehr archaischer
und spannender Ansatz. In Südeuropa wurde
früher viel mit Klinker gebaut – aber auch dort
zog man es oft vor, den nackten Stein dann zu
verputzen, das war schade. Erst Karl Friedrich
Schinkel hat es geschafft, den unverputzten
Backstein in Preußen wieder salonfähig zu machen. Seither hat sich der Markt natürlich weiterentwickelt. Und seitdem die Bauwirtschaft
nach der Wirtschafts- und Finanzkrise wieder
boomt, entdecken auch Investoren den Klinker
wieder für sich: Sie wissen ein nachhaltiges
Material zu schätzen. Hinzu kommt die Erfahrung, dass ein Gebäude mehr einbringt, wenn
die Betriebskosten niedrig sind und durch eine
zeitlose Gestaltung die Halbwertzeit eines
Gebäudes deutlich verlängert wird. Man trinkt
ja schließlich seinen Wein oder Kaffee auch
lieber aus einem Glas oder einer schönen
Tasse, und nicht aus einem Plastikbecher. Ich
bin daher optimistisch, dass uns der Baustoff
Klinker noch ein paar Jahrzehnte, wenn nicht
Jahrhunderte begleiten wird.
Neben der Nachhaltigkeit und der Zeitlosigkeit – welche Eigenschaften sind es
noch, die Sie beim Klinker überzeugen?
Andreas Krys:
Klinker lässt sich hervorragend mit anderen
Materialien kombinieren. Es gibt viele tolle
Beispiele dafür, wie er mit Aluminium wirkt,
aber auch mit Sandstein oder Beton. Wichtig
ist mir immer nur, dass ein Material dominiert
und das andere unterstützt, sonst tut man sich
beim Gesamteindruck keinen Gefallen.
Welche Gebäude eignen sich denn
besonders für eine Klinkerfassade?
Andreas Krys:
Ich würde eher fragen: Welche eignen sich
nicht? Große gewerbliche Hallen sind die
einzigen Gebäude, die heute kaum noch aus
Klinker gebaut werden – ansonsten ist vom
Einfamilienhaus über Bürogebäude bis hin zu
großen Gebäudeensembles alles möglich.
Das liegt eben daran, dass man mit Klinker
so stark variieren kann. Wie die Architektur
ist auch der Klinker Modeerscheinungen
unterworfen – dennoch strahlt er immer etwas
Vertrautes aus. Mittlerweile gehen Architekten
auch regelmäßig dazu über, mit dem Klinker
und den verschiedenen Oberflächen zu spielen – sei es, indem sie Vor- und Rücksprünge
einbauen, Steine zu Reliefs anordnen oder
Simse entstehen lassen. Der spielerische Umgang mit Klinker wird immer größer und macht
gerade auch den Reiz aus.
Sie lehren an der EBZ Business School in
Bochum – wie hat sich die Auseinandersetzung der jüngeren Generation mit Architektur und Materialien seit Ihrer Zeit als Student
verändert?
Andreas Krys:
Als ich Student war, hieß es oft: „Klinker ist
tot! Das ist nur was für Häuslebauer oder
ewig Gestrige. Wir haben neue Materialien
– Klinker braucht kein Mensch.“ Das fand ich
zwar befremdlich, aber als Student nimmt man
die Aussagen seiner Professoren ja erst mal
so hin und hinterfragt sie nicht sofort. Heute
weiß ich, dass es Unsinn war. Klinker ist ein
Partner der
WerkBundStadt Berlin
tolles Material für Studenten, um sich damit
auszuprobieren. Die jüngere Generation hat
einen starken Hang zur Innovation, aber auch
nach Wärme, Vintage und Retro. Es gibt doch
heute kaum noch ein Vintage-Café ohne eine
freigelegte Backsteinwand. Das kommt daher,
dass man keinen Grund hat, gegen alte Formen zu rebellieren, sondern sie lieber aufgreift
und in etwas Neues einfügt.
Was geben Sie Ihren Studenten mit
auf den Weg?
Andreas Krys:
Der Austausch, das „Sich-Befruchten“ ist
wichtig. Auch ich lerne immer wieder von
meinen Studenten, nicht nur sie von mir. Viele
Dinge sind neu und kommen schnell hinzu, so
dass man erst mal etwas Zeit braucht, um sich
überhaupt eine Meinung bilden zu können. An
der EBZ Business School treffen verschiedene
Welten aufeinander, wir lehren u.a. in einem
speziellen Masterstudiengang „Projektentwicklung“. Hier trifft kaufmännischer Ansatz auf
Planung und Architektur – alles Dinge, die
immer stärker miteinander verschmelzen. Von
dieser interdisziplinären Ausbildung profitieren
alle Studenten. An der EBZ hat man erkannt,
dass das Thema der baukulturellen Zusammenhänge und Gestaltung wichtig ist und sich
nicht strikt von der Ökonomie trennen lässt.
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Klinkerwerk
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