B. Handwerker, Chunks + Konstr. 2008 - amor.hu

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ISSN: 1578-9438
CHUNKS UND KONSTRUKTIONEN. —
ZUR INTEGRATION VON LERNTHEORETISCHEM UND
GRAMMATISCHEM ANSATZ
BRIGITTE HANDWERKER
HUMBOLDT-UNIVERSITÄT ZU BERLIN
Zusammenfassung
Der Beitrag stellt eine Verbindung her zwischen linguistisch-lerntheoretisch
fundierten Ansätzen, die auf eine Optimierung der Verarbeitung
fremdsprachlichen
Inputs
durch
Chunking
abzielen,
und
der
konstruktionsgrammatischen Erfassung entsprechender Strukturen. Im
Mittelpunkt stehen die Bestrebungen, diejenigen Erkenntnisse aus der
Forschung zu Spracherwerb und Sprachverwendung, die holistisch
verarbeiteten Sequenzen eine zentrale Rolle zusprechen, für die Steuerung des
Fremdsprachenlernens zu nutzen. Auf die Erläuterung des hier relevanten
Chunk-Begriffs in Abschnitt 2 folgt ein Überblick über die Komponenten der
Lernumgebung „Multimedia-Chunks für Deutsch als Fremdsprache“, mit der
eine Basis für die Überprüfung von Hypothesen zu den Effekten des ChunkLernens geschaffen wird. Zum konzeptionellen Hintergrund gehört ein Modell
der Instruktion zur Inputverarbeitung (Processing Instruction), das die
Lerngegenstände als Chunk-Angebote präsentiert. Als Beispiele dienen
Sequenzen mit Partizipien der so genannten psychischen Wirkungsverben
sowie Resultativkonstruktionen im Deutschen. Diesen Chunk-Angeboten sind
Strategiehinweise und explizite Informationen zur sprachlichen Struktur für
die Analyse und Weiterverarbeitung der Chunks beigegeben. Für letztere
werden die Instrumente der Konstruktions-grammatik genutzt, die sich mit
ihrem Ziel der Erfassung sprachlicher Strukturen als einem Inventar von
Form-Bedeutungspaaren für die Anwendung im Sprachlern-bereich anbietet.
Mit einem Beispiel zur Kombination von lexikalischen Regeln und
konstruktionsgrammatischer Erfassung in einer „Lernbasis Lexikon“ wird die
Mög-lichkeit der selbstgesteuerten Optimierung der Inputverarbeitung durch
den Lerner illustriert und der Bezug zur Nutzung von Korpora für das
Chunking durch den Lerner hergestellt.
1. Fragestellung und Zielsetzung
Ausgangspunkt der im Folgenden vorgestellten
Ansatzes, der davon ausgeht, dass Chunking
Verarbeitung zielsprachlicher Strukturen spielt,
schen Ansatzes, der Beschreibungsinstrumente
folgenden Fragen:
Integration eines lerntheoretischen
eine entscheidende Rolle in der
und eines konstruktionsgrammatifür Chunks liefern kann, sind die
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(i) Lässt sich die Input-Verarbeitung beim Lernen einer fremden Sprache durch
Chunking effizienter machen?
(ii) Kann eine Chunk-Datenbasis im Kopf eines Lerners Prozesse des Grammatikerwerbs auslösen?
(iii) Welche Instrumente eignen sich für die explizite Analyse und Weiterverarbeitung der Chunks durch den Lerner?
Um eine empirische Forschung zu diesen Fragen zu ermöglichen, müssen
Lernumgebungen geschaffen werden, die es erlauben, die Hypothesen mit einem
vorgegebenen „Chunk-Angebot“ kontrolliert zu überprüfen. Ein Prototyp einer
solchen Lernumgebung wird in Abschnitt 3 vorgestellt. Im Sinne der Fragen (i)–(iii)
verbindet der Beitrag zwei Vorgehensweisen: Genutzt wird zum einen die in
empirischen Studien überprüfte Beobachtung, dass holistisch verarbeitete Sequenzen
für den Erwerb einer fremden Sprache eine zentrale Rolle spielen. Dieser Faktor
wird für ein „Chunk-Angebot“ im gesteuerten Erwerb umgesetzt (vgl. Abschnitt
3.1). Genutzt wird zum anderen die Möglichkeit, komplexe sprachliche Einheiten
als Form-Bedeutungspaare im Rahmen der Konstruktionsgrammatik zu beschreiben.
Die konstruktionsgrammatischen Instrumente werden eingesetzt für die
Beschreibung der potenziellen Chunks und liefern so die notwendige explizite
Information für deren Analyse und Weiterverarbeitung (vgl. Abschnitt 4). Die
Zielsetzung, die lexikalisch-grammatische Kompetenz über das Chunk-Lernen zu
fördern, trägt sowohl der Rolle des imitativen Lernens Rechnung als auch der Rolle
kreativer Prozesse, wenn nämlich Lerner aus im Input wahrgenommenen Mustern
eigene Konstruktionen „schaffen“, die als Chunks (eventuell allerdings nicht L2gebrauchsgerecht) verarbeitet werden. Die Anpassung des kreativen Lernerpotenzials an den Output der Muttersprachler ist dem Zusammenspiel von bewusst
wahrgenommenem Input und Feedback/negativer Evidenz in den Aufgaben der
Lernumgebung unterworfen. Im Folgenden soll eine kurze Klärung des hier
verwendeten Chunk-Begriffs erfolgen; Schaubild 1 macht anschließend die Zusammenhänge deutlich, die zwischen den verschiedenen Komponenten in der
Steuerung der Inputverarbeitung, den Aktivitäten und Prozessen auf Lernerseite und
den angestrebten Erwerbseffekten bestehen.
2. Zum Begriff Chunk in Sprachverwendung und Spracherwerb
In Untersuchungen zur Sprachverwendung wird immer wieder die Frage
aufgeworfen, wie groß der Anteil von Äußerungen ist, die im Moment der
Produktion kreativ aus atomaren Einheiten erzeugt werden. Mit anderen Worten:
Wie viele Versatzstücke bzw. Muster ruft ein Muttersprachler aus seinem mentalen
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Chunks und Konstruktionen – Zur Integration von lerntheoretischem und...
Speicher ab, um flüssig und natürlich, d.h. den Erwartungen seiner Hörer
entsprechend, zu formulieren? Seit große Korpora zur Verfügung stehen, kann
nachgewiesen werden, dass rekurrente Muster der Normalfall sind und dass die
sprachliche Kreativität in muttersprachlichen Diskursen sehr viel geringer ist als
angenommen. Gedeutet werden die Ergebnisse der Korpusanalysen in dem Sinne,
dass als Ganzes im Gedächtnis gespeicherte Versatzstücke das Arbeitsgedächtnis
entlasten und so u.a. die hohe Geschwindigkeit der sprachlichen Produktion möglich
machen. Der viel zitierte Artikel von Pawley/Syder (1983) bringt als Folge des
Abrufs gespeicherter Chunks neben der nativelike fluency auch die nativelike
selection ein, die sich in der Übereinstimmung der Auswahl von „natürlich
klingenden“ Ausdrücken zeigt, wenn in einer Situation verschiedene Paraphrasen
möglich sind. Für eine Diskussion der Relevanz für das Sprachenlernen und –lehren
vergleiche man Handwerker (2002).
Im Bereich der Sprachverarbeitung wird der Begriff Chunk erstmals von George A.
Miller (1956) in seinem berühmten Artikel zur magischen Zahl 7 verwendet; er
bezieht sich auf Einheiten in der Informationsverarbeitung, die durch Bündelung
den Arbeitsspeicher entlasten und die Gedächtnisspanne erweitern. Miller sah die
Kapazität des Arbeitsspeichers auf etwa 7 Chunks begrenzt an, was er in
verschiedenen Experimenten mit unterschiedlichen Chunk-Materialien testete. Im
Sinne einer Einheit der Gedächtnisorganisation hat der Begriff Einzug gehalten in
die Literatur zu Erst- und Zweitspracherwerb, wobei neben der Abspeicherung einer
Sequenz als Ganzes ein zweiter Aspekt entscheidend ist: In einer gewissen Phase
findet keine Analyse der internen Struktur der Chunks statt. Die mentalen Prozesse,
die in den frühen Phasen von Erst- und Zweitspracherwerb ablaufen, lassen sich zu
einem großen Teil als Sequenzlernen auffassen (vgl. Ellis 1996, 2003). Die zum Teil
unanalysierten Sequenzen können bei situationsangemessenem Abruf in der
Produktion zu dem bekannten Phänomen der Überschätzung der Kompetenz eines
Fremdsprachenlerners führen. Viel diskutiert ist auch der U-Effekt im Erstspracherwerb, wenn auf eine Phase korrekten Sprechens mit Chunks eine Phase mit nicht
zielsprachengerechten, aber regelgeleiteten Ausdrücken folgt, was sich in einer
Lernkurve als U (mit dem erneuten Anstieg der Erfolgskurve nach erfolgter
Erkenntnis der Übergeneralisierung einer Regel) darstellen lässt.
Chunking ist evident im Erstspracherwerb; in der Forschung finden sich aber
verschiedene Lager, wenn es um die Reichweite des Konzepts für die Erklärung des
Erstspracherwerbs geht. Als prominenter Vertreter einer gebrauchsbasierten
Spracherwerbstheorie stellt Tomasello (2003, 2006: 23f.) die traditionelle Auffassung der Abfolge im Erwerb der Muttersprache in Frage, der zufolge 1-WortPhase und 2-Wort-Phase von einer Phase des Erwerbs grammatischer Regeln
abgelöst werden. Für Tomasello vollzieht sich der Erwerb ausgehend von konkreten
Nomina wie birdie (Vögelchen) über Holophrasen wie lemme-see (lass mich sehen)
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und Schemata wie where’s the X? (wo ist der/die/das X?) hin zur Ableitung
abstrakter Konstruktionen auf der Grundlage der heranreifenden Fähigkeit,
komplexe sprachliche Gebilde zu generalisieren und zu verwenden.
Chunking ist aber auch evident im Zweit- und Fremdspracherwerb. Man denke nur
an das Problem der Beurteilung von Lerneräußerungen, wenn es um die Frage geht,
ob ein sprachliches Phänomen als erworben gelten kann. Das Problem der ChunkIdentifizierung bei korrekten Lerneräußerungen mit den Lösungsversuchen z.B.
durch Experimente mit obligatorischen Kontexten ist reich belegt.
Im Bereich des kindlichen Zweitspracherwerbs unterzieht Haberzettl (2006) die
Daten von Wong-Fillmore (1976) einer erneuten Analyse, in der ausgehend vom
Chunking die Entwicklung aus konstruktionsgrammatischer Perspektive betrachtet
wird: Wong-Fillmore hatte in ihren Untersuchungen zu 5 mexikanischen Kindern,
die Englisch als ihre zweite Sprache erwarben, festgestellt, dass formelhafte
Äußerungen eine zentrale Rolle für den Erwerb spielten. Die Kinder griffen Teile
des zielsprachlichen Inputs als Chunks auf, die Wong-Fillmore zufolge aufgrund
einer späteren Analyse zum Aufbau abstrakter syntaktischer Kategorien in den
finalen Erwerbsphasen dienten. Haberzettl (2006: 75) dagegen interpretiert den
Output der Kinder als inputbasierte kreative Routine oder aber als „construction
blend“, und nicht als regelgeleitete Produktion. Sie arbeitet mit ihrer
Datendiskussion das Desiderat heraus, „nachzuprüfen, wie groß der Anteil an
atomaren Einheiten überhaupt ist, aus denen sehr fortgeschrittene L2-Lerner oder
Muttersprachler ihre Äußerungen zusammenfügen, und wie groß der Anteil an
größeren Zeichen bleibt“.
Vor dem Hintergrund dieser aktuellen Forschungsergebnisse und vor dem
Hintergrund der alten Erkenntnis, dass implizites grammatisches Wissen, das zur
spontanen Produktion in einer Fremdsprache befähigt, nicht aufgrund explizit
gelernter Regeln erworben wird, wird hier für das Speichern von Sequenzen in
Diskursen/Situationen als Lernstrategie plädiert. Zugrunde liegt die Hypothese, dass
sich bei entsprechender Masse und entsprechender Weiterverarbeitung eine
Datenbasis für die grammatische Abstraktion herausbildet. Zur Überprüfung dieser
Hypothese wird die in Abschnitt 3 präsentierte Lernumgebung dienen. Festgehalten
sei, dass unter Chunk im Folgenden eine Ausdruckssequenz zu verstehen ist, die
zusammen mit ihrer Bedeutung/Funktion im Kontext holistisch, als Ganzes
verarbeitet wird. Der Terminus Chunk in dieser Verwendung ist verwandt mit dem
weiter gefassten der „formelhaften Sequenzen“, deren unterschiedliche Funktionen
z.B. Wray (2002) untersucht. Im Schaubild 1 zur Inputsteuerung durch ein ChunkAngebot werden die Komponenten eingeführt, die bei der Integration von Chunks
und Konstruktionen zusammenspielen und die in den weiteren Abschnitten erläutert
werden.
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Lerner:
Steuerung
Effekte
Aktivitäten und Prozesse
Rezeption
Strukturierter Input
mit ChunkAngeboten

Aufgaben zur
Verarbeitung
der Chunks in
„Reinform“

Produktion
Identifizieren und
Speichern von
Sequenzen im
Situationskontext als
Chunk-Datenbasis
Wahrnehmung von
Mustern –
Bewusstmachung von
Typen lexikalischer
Füllung
Beschreibung
von
Form und Bedeutung
bzw. pragmatischer
Funktion
in einem geeigneten Analytischer Zugriff auf
Format
Konstruktionen in
Situationskontexten

Abruf
geeigneter
Formulierungsroutinen
V
O
N
Füllen der Muster im
Situationskontext
mit lexikalischen
Materialien
Auslösen
der Lernerproduktion
Inputverarbeitung:
bei entlastetem
Arbeitsgedächtnis
effektiver
LEXIKON
UND
GRAMMATIK
Aufgaben
zum strukturierten
Input in seiner
komplexen Form

E
N
T
W
I
C
K
L
U
N
G
Produktion:
flüssiger und an
native Selektion
angepasst
B
E
I
M
LERNER
Schaubild 1: Inputsteuerung und ihre Effekte
In der linken Spalte finden sich die Komponenten, die in der Lernumgebung
„Chunks für Deutsch als Fremdsprache“ auf einer DVD mit begleitendem Buch
vorliegen (Handwerker/Madlener im Druck); die mittlere Spalte präsentiert die
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Aktivitäten und Prozesse, die beim Lerner ausgelöst werden sollen, so die
Identifikation und Speicherung der zum Chunking angebotenen Sequenzen, die zur
bewussten Wahrnehmung von Mustern führt. Durch die Möglichkeit einer Analyse
der gespeicherten Chunks mit den Mitteln der Konstruktionsgrammatik wird es
möglich, für die Produktion lexikalisch neu gefüllte Muster zu verwenden. Der
direkte Abruf der Chunks als Formulierungsroutine ist selbstverständlich (genau wie
in den Ansätzen, die vor allem auf kommunikative Hilfsmittel abzielen) ebenfalls
vorgesehen. Dem entspricht als direkter Effekt eine flüssigere und an die native
Selektion angepasste Produktion. Primäres Ziel ist aber die Entlastung des
Arbeitsgedächtnisses in der Inputverarbeitung; der angestrebte Effekt, der in der
rechten Spalte erscheint, ist die von der Chunk-Datenbasis ausgelöste Entwicklung
des mentalen Lexikons und der mentalen Grammatik beim Lerner.
3. Werkzeuge für die Inputverarbeitung
In den letzten Jahren hat sich das Interesse der Spracherwerbsforscher immer mehr der
Verarbeitung des Inputs durch den Lerner zugewandt. Der Verlauf und sein Resultat
schaffen erst die Voraussetzungen dafür, dass sich Spracherwerb vollziehen kann. Der
Lerner sieht sich mit zwei Informationsquellen konfrontiert: dem Schallstrom und der
situativen Parallelinformation (vgl. KLEIN 2001: 608), die es ihm erlaubt, Teile –
zunächst unanalysiert – herauszubrechen. Aus der Sprachver-mittlungsperspektive
setzt hier die so genannte Processing Instruction an, die die Inputverarbeitung durch
die Steuerung der Strategien des Lerners im Umgang mit einem vorstrukturierten Input
optimieren will. Wegweisend waren die Arbeiten von Bill VanPatten; die Prinzipien
und Umsetzungen sind mitsamt den eingegangenen kritischen Stellungnahmen im
Sammelband von VanPatten (2004) dokumentiert. Die Überlegungen zur Steuerung
des Lernerverhaltens haben die Konzeption der Lernumgebung „Chunks für Deutsch
als Fremdsprache“ beeinflusst, was sich an den verschiedenen Komponenten, die zu
den Chunk-Angeboten hinzukommen, ablesen lässt.
3.1 Chunk-Angebote
In der Lernumgebung „Chunks für Deutsch als Fremdsprache“ (Handwerker/
Madlener im Druck) wird der Zugriff auf „potenzielle Chunks“ (für die holistische
Verarbeitung vorgefertigte komplexe sprachliche Ausdrücke) in Filmsequenzen und
Animationen ermöglicht. Der Prototyp enthält drei einander ergänzende
Programmteile: (i) Videos und Animationen, in denen die Zielstrukturen als ChunkAngebot massiv gehäuft vorkommen, (ii) Werkzeuge für die Bewusstmachung von
lexikalisch-grammatischen Aspekten des Lerngegenstands; (iii) interaktive
Aufgaben und Übungen mit automatischen Korrekturfunktionen, Hilfen und
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differenziertem Feedback. Eine Beschreibung der Komponenten findet sich in
Handwerker/Madlener (2006). „Linguistische Nachrichten“ mit Video-Reportagen
bieten den Einstieg in den jeweiligen Lerngegenstand. Das Chunk-Angebot ist in
den Beiträgen massiv präsent, bleibt dabei aber in einen natürlichen Kontext
eingebettet. Die Filme können mit oder ohne Untertitel angeschaut werden, wobei
die Untertitel die Optionen „Volltext“ oder „Erscheinen der Zielstrukturen“ offen
lassen. Um die im Input mit unterschiedlicher Wortstellung und mit natürlichem
Beiwerk wie Partikeln und anderen Adjunkten auftretenden Sequenzen zur
Speicherung in „Reinform“ anzubieten, sind den Videos entsprechende
Fotosequenzen mit einem auf die minimalen Zielstrukturen reduzierten ChunkAngebot
beigegeben. Durch die Vereinfachung (ohne Adjunkte, Partikeln,
kontextinduzierte Wortstellung), treten die parallel strukturierten Zielkonstruktionen
deutlich hervor. Sie sind in Schrift und Ton mit Sprechern beiderlei Geschlechts
abrufbar. Lexikoneinträge und Erklärungen zur aktuellen Konstruktion sind direkt
mit den Chunk-Angeboten verbunden. Der entscheidende Unterschied zum BeispielLernen liegt im permanenten Bezug auf einen offensichtlichen Sachverhaltstyp, der
im Chunk-Angebot durch die Videos, Fotos und Animationen hergestellt wird.
Letztere dienen mit einem komplexeren und umfangreicheren Chunk-Angebot der
Erweiterung der situativen Kontexte. Der konkrete Lerngegenstand im Prototypen
der Lernumgebung sind die so genannten psychischen Wirkungsverben mit ihren
Partizipien in zwei Konstruktionstypen: „Kopula+P1“ (Das Ergebnis war
enttäuschend) und „Kopula+P2 (+ Präpositionalphrase)“ (Von ihren Kuchen war er
restlos begeistert). Sowohl
Besonderheiten der Verbklasse als auch die
grammatischen Eigenschaften der Partizip-Konstruktionen werden in Begleittexten
in einer dreifachen Adressatenstaffelung „Lerner/Lehrer/ Linguisten“ erklärt.
Als Lerngegenstand im Prototypen wurden die psychischen Wirkungsverben wegen
ihres auffälligen Verhaltens ausgewählt (vgl. HANDWERKER 2004):
(i) Das adjektivierte Partizip 1 erlaubt die prädikative Verwendung, es sei denn, es
liegen lexikalische Blockierungen vor: Die Ausmaße der Ölkatastrophe sind
erschreckend, aber: Der Zustand der Örtlichkeiten ist entsetzlich, *entsetzend.
(ii) Sie treten in der Kopula+Partizip2-Konfiguration auf, auch wenn sie nicht die
dafür notwendigen semantischen Bedingungen erfüllen (Telizität, Zustandswechsel):
Die Lerner sind fasziniert.
Da erwachsene Lerner ihre Chunks nicht mehr automatisch aufbrechen, wie es
Kinder im Spracherwerb tun, bekommen sie Unterstützung durch explizite
Unterweisung in der Verarbeitung und Analyse der in den Chunks „gefrorenen“
grammatischen Information.
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3.2 Lerngegenstände und die Steuerung der Inputverarbeitung
Die Lernumgebung ist im folgenden Sinn dem Ansatz der Processing Instruction
(vgl. VANPATTEN 2004) verpflichtet: Der Lerner bekommt explizite Information
über das sprachliche Phänomen und über intuitiv verfolgte Strategien, die zu
inkorrekter oder ineffizienter Inputverarbeitung führen können. Ein Beispiel für eine
intuitiv verfolgte Strategie bei Fremdsprachenlernen, die nicht erfolgsversprechend
ist, ist die Fixierung auf isolierte Wörter und ihre Bedeutung. Da das ChunkAngebot als Tuningmaterial für die (Weiter)Entwicklung der mentalen Grammatik
konzipiert ist, wird für die Analyse der Chunks ein gut handhabbares Instrument
benötigt, das Form und Bedeutung in einem Beschreibungsrahmen zusammen
bringt. Im Prototypen werden die Sequenzen in einem Konstruktionsraster
dargestellt; die Konstruktionsbedeutung für die Partizipialstrukturen wird mit der
lexikalischen Füllung durch die psychischen Wirkungsverben explizit gemacht und
in einer Animation für den Lerner illustriert. Aus der Sicht der angewandten
Linguistik liefert eine Version der Konstruktionsgrammatik mit einem Inventar von
Form-Bedeutungspaaren die passenden Instrumente für das Erfassen der „Reinform“
der (zunächst) holistisch verarbeiteten komplexen Ausdrücke als Konstruktion, was
im Abschnitt 4 aufgezeigt werden soll.
In Schaubild 2 finden sich in den Spalten „Vorstrukturierter Input“ und
„Konstruktionsgrammatische Beschreibung“ die Ziele und gewünschten Effekte
bezüglich (i) der Vorgabe des Inputs als Chunk-Angebot mit dem Ziel des Tuning
auf weiteren relevanten Input und (ii) der grammatischen Instrumente, die zum
Aufbrechen der Chunks und letztendlich zum Aufbau eines parallelen Regelapparats
führen sollen. Die psychischen Wirkungsverben sind mit psychWVerb abgekürzt.
Neben dem primären Ziel, die Prozesse, die bei der Inputverarbeitung ablaufen,
durch das Wiedererkennen der Konstruktion zu entlasten, gibt es ein zweites Ziel,
nämlich eine aktive Suche nach rekurrenten Mustern auszulösen, die durch den
Lerner den entsprechenden Konstruktionen (Form-Bedeutungspaaren) zugeordnet
werden können. Neue Instanziierungen eines Musters können dann je nach
bevorzugter Strategie des Lerners als lexikalisch gefüllter Chunk abgespeichert und
der Datenbasis hinzugefügt werden oder für die Herausbildung von
Abstraktionsgraden genutzt werden (siehe linke Spalte in Schaubild 2). Mit Hilfe der
konstruktionsgrammatischen Instrumente können neue Instanziierungen analysiert
und mit der bereits entwickelten lexikalisch-grammatischen Kompetenz abgeglichen
werden (siehe rechte Spalte in Schaubild 2). Im nächsten Abschnitt werden die
konstruktionsgrammatischen Instrumente näher gesichtet.
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Vorstrukturierter Input
Konstruktionsgrammatische Beschreibung
enthält massenhaft Sequenzen
mit ähnlicher Struktur
macht Form und Bedeutung der als Chunks
gespeicherten Sequenzen explizit
Beispiel:
„Der Film ist ja unglaublich aufregend“
Lernstrategie 1:
Erfassen der „Reinform“ als Konstruktion:
für den direkten Einsatz
als Ganzes mit Situationsbezug abspeichern Der Film
↓
Lernstrategie 2:
für die Entwicklung der lexikalischgrammatischen Kompetenz in „Reinform“
abspeichern:
Stimulus
„Der Film ist aufregend“
Subjekt
Ziel ist die Herausbildung von
Abstraktionsgraden
durch eine Chunk-Datenbasis
1) Etwas ist aufregend
2) Etwas ist psychWVerb-end
ist aufregend
↓
psychische Wirkung


Kopula + Partizip 1 (ADJ)
eines psychischen
Wirkungsverbs
↑
Etwas
Etwas
↑
ist aufregend
ist psychWVerb-end
Effekt
Tuning für weiteren zielsprachlichen Input
mit unterschiedlichen lexikalischen
Füllungen
Effekt
Förderung des Aufbrechens der Chunks für
den Aufbau eines morphosyntaktischen
Regelapparats
Chunks im Lernerkopf
Konstruktionen als Lerninstrument
Schaubild 2: Chunks und Konstruktionen
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4. Grammatische Chunk-Analyse über Konstruktionen
Vorgeschlagen wird eine Anwendung der Konstruktionsgrammatik, die es erlaubt,
die Chunk-Datenbasis eines Lerners mit Beschreibungen zu versehen, die die
Verbindung von Bedeutung und Form explizit machen. Dabei wird ausgenutzt, dass
sich die Beschreibungen auf lexikalisch gefüllte oder mehr oder weniger abstrakte
Einheiten beziehen können. Der Einsatz einer geeigneten Version der
Konstruktionsgrammatik
muss
berücksichtigen,
dass
die
Instrumente
benutzerfreundlich sein sollen in dem Sinn, dass die explizite Information zur
Verbindung von Form und Bedeutung direkt und auf verschiedenen
Abstraktionsebenen entnommen werden kann, ohne dass eine Vertrautheit mit dem
linguistischen Hintergrund vorausgesetzt werden muss. Geeignete Versionen der
Konstruktionsgrammatik bieten einen Rahmen, in dem sich FormBedeutungseinheiten auf eine vom Sprachlerner und vom Sprachvermittler leicht
erfassbare Weise beschreiben lassen.
Die konstruktionsgrammatischen Informationen können dabei mehr oder weniger
abstrakt sein im Hinblick auf:
(i)
(ii)
den Entwicklungsstand des Lerners
den Typ und der eventuellen Beschränktheit/Produktivität der Sequenz.
Konstruktionen mit verschiedenen Produktivitätsgraden finden sich in Goldberg
(2006): z.B. die „time away construction“ (Twistin’ the night away), die „What’s X
doing Y?“-Konstruktion (What’s that fly doing in my soup?) und die „Mad
Magazine construction“ (Him, a doctor?!). Außer den im Chunk-Angebot
vorgefertigten Sequenzen mit unterschiedlichem Produktivitätsgrad lassen sich
zudem die eventuell nicht zielsprachenkonformen Chunks einer Lernervarietät, die
nützliche Etappen repräsentieren können, durch die Form-Bedeutungszuordnung in
einer Konstruktion darstellen. Zur Frage, ob idiomatische Wendungen den gleichen
Status erhalten sollen wie kompositionell interpretierbare Ausdrücke, ist es
interessant zu vermerken, dass Autoren mit ganz unterschiedlichen Erkenntnisinteressen, so etwa Feilke (1996) in einem Beitrag zur Bildung idiomatischer
Prägungen, betonen, dass es für den nativen Sprecher keine „wörtliche“ oder
„primäre“ Bedeutung gebe, sondern dass diese eine Abstraktion der Linguistik sei.
So stellen sich in einem gebrauchsbasierten Modell gewisse Fragen der Abgrenzung
zwischen mehr oder weniger idiomatischen Ausdrücken gar nicht erst.
Konstruktionen, durch die mehr oder weniger spezifizierte Strukturen erfasst
werden, bilden somit eine Plattform für den Lerner, der fremdsprachlichen Input
verarbeiten muss, ohne sich über den Grad der lexikalischen Fixiertheit bewusst zu
sein.
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4.1 Zum Hintergrund konstruktionsgrammatischer Ansätze
Im Zentrum konstruktionsgrammatischer Ansätze steht die Annahme, dass ein
sprachliches System als Inventar von Form-Bedeutungspaaren bzw. FormFunktionspaaren beschrieben werden kann. Der Fokus liegt dabei auf der Erfassung
semantisch und pragmatisch angemessener Äußerungen, im Gegensatz zur
Erzeugung potenzieller wohlgeformter Sätze in anderen Modellen. Die Definitionen
einiger prominenter Vertreter der Konstruktionsgrammatik enthalten allerdings
Bedingungen der folgenden Art: Ein Form-Bedeutungspaar gilt nur dann als
Konstruktion, wenn die Bedeutung nicht völlig aus den Bestandteilen und generellen
Konstruktionsprinzipien vorhergesagt werden kann. D.h., es herrscht Uneinigkeit
bezüglich der Frage, ob auch voll kompositionelle Gebilde als Konstruktionen
gelten sollen. In Bezug auf den Erstspracherwerb spezifiziert Goldberg (2003: 14)
die Fragestellung folgendermaßen:
Since every linguist agrees that the ‚peripheral‘, difficult cases must be
learned inductively on the basis of the input, constructionists point out that
there is no reason to assume that the more general, regular, frequent cases
cannot possibly be.
Alle Versionen der Konstruktionsgrammatik stimmen aber darin überein, dass
Konstruktionen im Sinne von konventionalisierten Form-Bedeutung-Paaren keine
Ausnahmen, sondern grundlegende Elemente der Sprache sind, die über
Generalisierungen miteinander verbunden werden (vgl. FILLMORE 1988, GOLDBERG
1995, CROFT 2001). Die Frage, welche Rolle Regeln in der Konstruktionsgrammatik
spielen, wird in den verschiedenen Versionen unterschiedlich gehandhabt. Im hier
präsentierten Ansatz soll ein beschreibender Regelapparat die Parallelität von
holistischer und regelgesteuerter Verarbeitung stützen, die als langfristiges Ziel für
den Lerner gesetzt ist.
4.2 Konstruktionen als Instrumente für Beschreibung und Analyse
Um es noch einmal zu betonen: Im vorliegenden Beitrag wird die Konstruktionsgrammatik
nicht eingesetzt für die Beschreibung lernersprachlicher Äußerungen (was sich
später aber für die empirischen Untersuchungen der Effekte des Chunk-Lernens
anbieten wird), sondern als Instrument für die Beschreibung vorgefertigter
Einheiten, die als Chunks abgespeichert und mit Hilfe der konstruktionsgrammatischen
Beschreibung weiterverarbeitet werden können. Als ein Beispiel soll kurz auf die
Resultativkonstruktionen im Deutschen eingegangen werden, die wegen ihrer
besonderen Eigenschaften zu einem beliebten Erprobungsobjekt für die
Konstruktionsgrammatik geworden sind (vgl. etwa zum Deutschen BOAS 2003).
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Resultativkonstruktionen wie die reflexiven sich schlank hungern / sich krank
arbeiten / sich reich träumen oder wie die mit einem Akkusativ-Objekt auftretenden
jemanden schön lächeln / den Weinkeller leer trinken stellen für Lerner des
Deutschen als Fremdsprache unter zwei Aspekten eine Herausforderung dar:
(i) Zum einen erlaubt die deutsche Resultativkonstruktion mit dem Hinzutreten eines
sekundären Prädikats eine dichte Informationsverpackung, durch die zwei
Sachverhalte/Ereignisse in einer komplexen Konstruktion kodiert werden.
Schwierigkeiten auf der Ebene der Konzeptualisierung bei Lernern mit einer L1, die
nicht über ähnliche Konstruktionsmuster verfügt, sind durch Übersetzungstests
reichlich belegt (zum Sprachvergleich vgl. HANDWERKER 2006).
(ii) Zum anderen ergeben sich Verarbeitungsschwierigkeiten bei Resultativkonstruktionen, in denen entweder das Argument des Resultatsprädikats (z.B.
Schuhe in die Schuhe schief laufen) nicht der syntaktischen Valenz des Basisverbs
entspricht (intransitiv) oder das Argument des Resultatsprädikats (z.B. Weinkeller in
den Weinkeller leer trinken) nicht der semantischen Valenz des Basisverbs (etwas
Flüssiges).
Goldberg (2006:73) gibt die Resultativkonstruktion im Englischen auf folgende
Weise als ein Beispiel für die Korrelation von Form und Bedeutung an:
Form/Example
Subj V Obj RP
e.g. She kissed him unconscious
Meaning
Construction Label
X causes Y to become Zstate Resultative
Unabhängig von der Diskussion um eine angemessene linguistische Erfassung der
syntaktischen Struktur (vgl. z.B. CARRIER/RANDALL 1992) lässt sich mit einer
konstruk-tionsgrammatischen Beschreibung das Verb direkt in die Konstruktion mit
ihrer Bedeutung „stöpseln“. Dabei lizensiert die Konstruktion z.B. das für das Verb
laufen nicht zulässige Objekt die Schuhe in die Schuhe schief laufen und das vom
Verb trinken nicht selegierte Objekt den Weinkeller in den Weinkeller leer trinken;
die Konstruktion als Ganzes ist Träger der Resultativbedeutung.
5 Lernbasis Lexikon
Nun ist es unbestreitbar, dass Lerner neben der lerntheoretisch hergeleiteten
Erfassung von Konstruktionen auch die Informationen benötigen, die traditionell
zum lexikalischen Wissen gezählt werden. Handwerker (im Druck) plädiert für den
Aufbau einer selbst gestalteten „Lernbasis Lexikon“ durch den Lerner oder Lehrer,
in der in einen Verbeintrag neben den üblichen Informationen (zu Wortaufbau und
Wortakzent, Verbklasse und Subkategorisierung, Wortbedeutung, Selektions-
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beschränkungen und thematischen Rollen der Verbargumente, zu Flexion und
Wortbildung, zu idiomatischen Wendungen und eventuellen Angaben zu Frames
und Scripts) auch Konstruktionen im Sinne der Konstruktionsgrammatik
aufgenommen werden. Engelberg (2007) stellt in einem Wörterbuchvergleich fest,
dass konstruktionelle Varianten im Deutschen – wenn überhaupt – nicht
systematisch erfasst werden. Das folgende Beispiel soll illustrieren, dass mit
geringem Aufwand Lerner eigene Lexikoneinträge erstellen können, die diesem
Mangel abhelfen. Als Ausgangsbasis eignen sich dabei zum Beispiel
Valenzwörterbücher wie das VALBU von Schumacher et al. (2004), die selbst keine
systematische Lösung anbieten.
Versteht man die Felder in einer Lernbasis Lexikon als Aufgabe zum Ausfüllen
durch den Lerner, so kann sich bei einem Verb wie träumen für die Felder im oberen
Teil von Schaubild 3 eine traditionell bewährte Felderfüllung ergeben, während für
die Felder 6, 7, 8 und insbesondere für K und C die hier diskutierten Zusätze
relevant wären:
Beispiel: Träumen
Feld 6
enthält Kollokationen: [schlecht träumen; ...]
Feld 7
lässt sich nutzen für idiomatische Wendungen: [Das hätte ich mi nicht
träumen lassen]
Feld 8
bietet Raum für Fundstücke aus dem Input, die eventuell ein
(be)merkenswertes Verwendungsunikat sind.
Feld K
enthält Verweise auf Konstruktionen mit dem Brückenschlag zu anderen
lexikalischen Füllungen, z.B. [Fritz träumt sich nach oben]; [Fritz arbeitet
sich nach oben]:
(1)
X verb-t Reflexivpronomen Direktional
(2a)
Hier: Subereignis A: Fritz träumt
(2a*)
Hier: Subereignis A*: Fritz arbeitet
(2b)
Hier: Subereignis B: Fritz gelangt in seiner Traumwelt an den
im Direktional ausgedrückten Ort: oben
(2b*)
Hier: Subereignis B*: Fritz gelangt in der realen Welt an den im
Direktional ausgedrückten Ort: oben
(3)
Subereignis A/A* bewirkt Subereignis B/B*
Feld C kann eine Chunk-Vorlage bereitstellen, die nicht unbedingt einer „typischen“
oder frequenten Verwendung entsprechen muss, aber dem Lerner im Hinblick auf
die Weiterentwicklung seiner lexikalisch-grammatischen Kompetenz nützlich
erscheint. Die Felder zur L1 des Lerners und/oder anderen Sprachen können
Übersetzungskandidaten und Erklärungen für die zwischensprachlichen Unterschiede
enthalten.
Estudios Filológicos Alemanes (2008) 15, 49 - 64
Brigitte Handwerker
VERB
L1-Verb
Formen des Verbs, Aussprache, Auxiliar
1
Bedeutung
Semantische
Valenz
Frames
Scripts
2
9
Wortstruktur
Syntaktische
Valenz
10
3
Polysemie
4
11
Notizen
zu
Kontrasten
und
Übereinstimmungen
Kognate
Objekte
12
Verwendungsbeispiele
Synonyme
im Vergleich
mit der L1 bzw.
früher gelernten
Sprachen
V
5
Kollokationen
Ausdrucksmittel
in der L1 und anderen Sprachen
6
KG-Konstruktionen
Idiomatische
Wendungen
7
Fundstücke
K
Chunks
in Kontext/Situation
8
Zusammenhänge
zwischen den
Unterschieden
in Struktur und Verwendung
C
Schaubild 3 Lernbasis Lexikon (Handwerker, im Druck)
6 Ausblick
Die Ausweitung des Prototypen „Chunks für Deutsch als Fremdsprache“ auf weitere
Lerngegenstände mit der Integration von Chunks und Konstruktionen ist geplant.
Estudios Filológicos Alemanes (2008) 15, 49 - 64
Chunks und Konstruktionen – Zur Integration von lerntheoretischem und...
Dabei wird eine weitere Ausrichtung der Fallstudien zu den Effekten des ChunkLernens darin liegen, dass die Effekte des Einsatzes konstruktions-grammatischer
Instrumente mit denen anderer Verfahren expliziter Grammatikvermittlung
verglichen werden. Für das Vorgehen beim Erstellen der Chunk-Angebote lässt sich
festhalten, dass Korpusanalysen zum vorbereitenden Handwerk gehören. Abfragen
in entsprechend annotierten Korpora erlauben es, Konstruktionen zu identifizieren
und frequente lexikalische Füllungen als Andockstellen in der Lernbasis Lexikon
auszuzeichnen.
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Brigitte Handwerker
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