Mathematik für Biologen - Heinrich-Heine

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Erwartungswert
Gesetz der seltenen Ereignisse und Gesetz der großen Zahl
Mathematik für Biologen
Prof. Dr. Rüdiger W. Braun
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
21. Dezember 2012
Erwartungswert
Gesetz der seltenen Ereignisse und Gesetz der großen Zahl
1
Erwartungswert
Erwartungswert
Varianz und Streuung
Rechenregeln
Binomialverteilung
Geometrische Verteilung
Poissonverteilung
2
Gesetz der seltenen Ereignisse und Gesetz der großen Zahl
Das Gesetz der seltenen Ereignisse
Das schwache Gesetz der großen Zahl
Erwartungswert
Erwartungswert
Gesetz der seltenen Ereignisse und Gesetz der großen Zahl
Erwartungswert
Gesetz der seltenen Ereignisse und Gesetz der großen Zahl
Erwartungswert
Der Erwartungswert ist derjenige Wert, den man im Mittel
beobachten würde, wenn man das Experiment sehr oft wiederholt.
Bei einer Lotterie ist der Erwartungswert der Betrag, bei dem die
Lotterie fair wäre, bei dem also weder der Spieler noch der
Betreiber langfristig Geld verdienen würde.
Erwartungswert
Gesetz der seltenen Ereignisse und Gesetz der großen Zahl
Spiel 77
Klasse
I
II
III
IV
V
VI
VII
Ziffern
7
6
5
4
3
2
1
Gewinn k
177 777.00e
77 777.00e
7 777.00e
777.00e
77.00e
17.00e
5.00e
P(X = k)
0.000 000 1
0.000 001 0
0.000 010 0
0.000 100 0
0.001 000 0
0.010 000 0
0.100 000 0
E (X ) = 0.998e
k · P(X = k)
0.018e
0.078e
0.078e
0.078e
0.077e
0.170e
0.500e
Erwartungswert
Gesetz der seltenen Ereignisse und Gesetz der großen Zahl
Erwartungswert
X eine diskrete Zufallsvariable
Der Erwartungswert von X ist
X
E (X ) =
P(X = k) · k
k
Die Summe läuft über alle Werte k von X
Erwartungswert
Gesetz der seltenen Ereignisse und Gesetz der großen Zahl
Beispiel: Würfel
Sei X die Augenzahl eines fairen Würfels.
1
1
1
1
1
1
·1+ ·2+ ·3+ ·4+ ·5+ ·6
6
6
6
6
6
6
21
7
=
= = 3.5
6
2
E (X ) =
Im Mittel zeigt ein fairer Würfel 3.5 Augen
Erwartungswert
Gesetz der seltenen Ereignisse und Gesetz der großen Zahl
Varianz und Streuung
Die Varianz einer Zufallsvariablen X ist definiert als
Var (X ) =
∞
X
(k − µ)2 · P(X = k)
k=0
wobei µ = E (X ).
Die Standardabweichung oder Streuung von X ist definiert als die
Wurzel aus der Varianz
p
σ = Var (X )
Erwartungswert
Gesetz der seltenen Ereignisse und Gesetz der großen Zahl
Gleicher Erwartungswert, unterschiedliche Streuung
0 10 20 30 40 0 10 20 30 40
Links: Verteilung X1 mit E (X1 ) = 16 und σ = 4
Rechts: Verteilung X2 mit E (X2 ) = 16 und σ = 1.26
Erwartungswert
Gesetz der seltenen Ereignisse und Gesetz der großen Zahl
Modell vs. Datensatz
Datensatz
arithmetisches Mittel
empirische Varianz
Stichprobenstreuung
Modell
Erwartungswert
Varianz
Streuung
Erwartungswert
Gesetz der seltenen Ereignisse und Gesetz der großen Zahl
Rechenregeln
Rechenregeln für den Erwartungswert
Für jede Zahl c und jede Zufallsvariable X ist
E (c · X ) = c · E (X )
Für Zufallsvariablen X1 , . . . , Xn ist
E (X1 + · · · + Xn ) = E (X1 ) + · · · + E (Xn )
Rechenregeln für die Varianz
Für jede Zahl a und jede Zufallsvariable X gilt
Var (a + X ) = Var (X )
Für Zahl c und jede Zufallsvariable X gilt
Var (c · X ) = c 2 · Var (X )
Für jede Zufallsvariable X gilt Var (X ) = E (X 2 ) − E (X )2
Erwartungswert
Gesetz der seltenen Ereignisse und Gesetz der großen Zahl
Unabhängigkeit von Zufallsvariablen
Zwei diskrete Zufallsvariable X und Y sind stochastisch
unabhängig, wenn für alle möglichen Werte k und m
P(X = k, Y = m) = P(X = k) · P(Y = m)
Die Unabhängigkeit muss durch die Versuchsplanung gesichert
werden
Erwartungswert
Gesetz der seltenen Ereignisse und Gesetz der großen Zahl
Zusätzliche Rechenregeln für unabhängige Zufallsvariable
Produktformel für den Erwartungswert: X und Y seien
unabhängige Zufallsvariable. Dann
E (X · Y ) = E (X ) · E (Y )
Summenformel für die Varianz: X und Y seien unabhängige
Zufallsvariable. Dann
Var (X + Y ) = Var (X ) + Var (Y )
Erwartungswert
Gesetz der seltenen Ereignisse und Gesetz der großen Zahl
Einzelnes ja/nein-Experiment
Zufallsvariable X nimmt mit Wahrscheinlichkeit p den Wert 1 und
mit Wahrscheinlichkeit 1 − p den Wert 0 an
E (X ) =
1
X
k · P(X = k)
k=0
= 0 · (1 − p) + 1 · p
=p
Var (X ) =
1
X
(k − E (X ))2 · P(X = k)
k=0
2
= p · (1 − p) + (1 − p)2 · p
= p · (1 − p) · (p + (1 − p))
= p · (1 − p)
Erwartungswert
Gesetz der seltenen Ereignisse und Gesetz der großen Zahl
Erwartungswert der Binomialverteilung
X1 , X2 , . . . , Xn seien Zufallsvariable
jedes Xj nimmt mit Wahrscheinlichkeit p den Wert 1 und mit
Wahrscheinlichkeit 1 − p den Wert 0 an
Interpretation Xj = 1 ist “Erfolg”
Y = X1 + X2 + · · · + Xn ist die Anzahl der Erfolge
Y ist verteilt gemäß Bn,p
E (X1 ) = E (X2 ) = · · · = E (Xn ) = p
also E (Y ) = n · p
Der Erwartungswert einer Bn,p -verteilten Zufallsvariable
beträgt n · p
Erwartungswert
Gesetz der seltenen Ereignisse und Gesetz der großen Zahl
Varianz der Binomialverteilung
X1 , X2 , . . . , Xn seien unabhängige Zufallsvariable
jedes Xj nimmt mit Wahrscheinlichkeit p den Wert 1 und mit
Wahrscheinlichkeit 1 − p den Wert 0 an
Y = X1 + X2 + · · · + Xn ist verteilt gemäß Bn,p
Var (X1 ) = Var (X2 ) = · · · = Var (Xn ) = p · (1 − p)
also Var (Y ) = n · p · (1 − p)
Die Varianz einer Bn,p -verteilten Zufallsvariable beträgt
n · p · (1 − p)
Erwartungswert
Gesetz der seltenen Ereignisse und Gesetz der großen Zahl
B40,0.4(k)
Stabdiagramm der Binomialverteilung
0.12
0.10
0.08
0.06
0.04
0.02
0.000 5 10 15 20 25 30 35 40
k
Der Erwartungswert ist blau, alles innerhalb der
Standardabweichung ist grün
Erwartungswert
Gesetz der seltenen Ereignisse und Gesetz der großen Zahl
Erwartungswert und Varianz für die geometrische
Verteilung
Die Zufallsvariable X sei Gp -verteilt. Dann
1
p
1−p
Var (X ) =
p2
E (X ) =
Erwartungswert
Gesetz der seltenen Ereignisse und Gesetz der großen Zahl
Stabdiagramm geometrische Verteilung
0.05
G0.05(k)
0.04
0.03
0.02
0.01
0.00 0
20
40
k
60
80
100
Geometrische Verteilung G0.05 . Der Erwartungswert ist blau, alles
innerhalb der Standardabweichung ist grün.
Erwartungswert
Gesetz der seltenen Ereignisse und Gesetz der großen Zahl
Beispiel: Walbeobachtung
In einer bestimmten Bucht beträgt im Juli die Wahrscheinlichkeit
einer Walbeobachtung an einem zufällig ausgewählte Tag 15%
Wie viele Tage mit Walbeobachtung gibt es im Mittel in einer
Woche?
An welchem Tag sieht man im Mittel den ersten Wal?
Erwartungswert
Gesetz der seltenen Ereignisse und Gesetz der großen Zahl
Walbeobachtung: Erste Frage
Wie viele Tage mit Walbeobachtung gibt es im Mittel in
einer Woche?
Die Zufallsvariable X zählt die Tage mit Walbeobachtung in
einer Woche
X ist Bn, p -verteilt für n = 7 und p = 0.15
Also E (X ) = n · p = 7 · 0.15 = 1.05
Im Mittel gibt es pro Woche 1.05 Tage mit Walbeobachtung
Erwartungswert
Gesetz der seltenen Ereignisse und Gesetz der großen Zahl
Walbeobachtung: Zweite Frage
An welchem Tag sieht man im Mittel den ersten Wal?
Die Zufallsvariable Y gibt den ersten Tag mit
Walbeobachtung an.
Y ist Gp -verteilt für p = 0.15
1
1
Also E (Y ) = =
= 6.667
p
0.15
Im Mittel ist der siebte Tag der erste mit Walbeobachtung
Erwartungswert
Gesetz der seltenen Ereignisse und Gesetz der großen Zahl
Erwartungswert und Varianz für die Poissonverteilung
Die Zufallsvariable X sei Pλ -verteilt. Dann
E (X ) = λ
Var (X ) = λ
Erwartungswert
Gesetz der seltenen Ereignisse und Gesetz der großen Zahl
P16(k)
Stabdiagramm Poissonverteilung
0.12
0.10
0.08
0.06
0.04
0.02
0.000
5 10 15 20 25 30 35 40
k
Poissonverteilung P16 . Der Erwartungswert ist blau, alles innerhalb
der Standardabweichung ist grün.
Erwartungswert
Gesetz der seltenen Ereignisse und Gesetz der großen Zahl
Gesetz der seltenen Ereignisse und Gesetz der großen Zahl
Erwartungswert
Gesetz der seltenen Ereignisse und Gesetz der großen Zahl
Poissonverteilung
Es sei λ > 0. Die Poissonverteilung zum Parameter λ ist definiert
durch
λk −λ
Pλ (k) =
·e
k!
Unter den folgenden Voraussetzungen ist eine Zufallsvariable X
poissonverteilt zum Parameter λ:
X zählt das Auftreten eines Ereignisses pro Zähleinheit
Im Mittel treten λ Ereignisse pro Zähleinheit auf
Die Ereignisse beeinflussen sich nicht gegenseitig
Erwartungswert
Gesetz der seltenen Ereignisse und Gesetz der großen Zahl
Beispiel Tumor
Ein Tumor aus 160 Zellen wird bestrahlt
Im Mittel stirbt jede Minute ein Zehntel aller Tumorzellen
Mit welcher Wahrscheinlichkeit sterben 10 Zellen in der ersten
Minute?
Zwei Modelle sind angemessen
Binomialverteilung
Poissonverteilung
Erwartungswert
Gesetz der seltenen Ereignisse und Gesetz der großen Zahl
Beispiel Tumor: Rechnung mit Binomialverteilung
Modell: 160 unabhängige ja/nein-Experimente
Erfolg : Tod der Tumorzelle
Erfolgswahrscheinlichkeit im Einzelfall p = 0.1
Anzahl der Erfolge verteilt gemäß B160, 0.1
Antwort:
160
B160, 0.1 (10) =
· 0.110 · 0.9150 = 0.03113
10
Erwartungswert
Gesetz der seltenen Ereignisse und Gesetz der großen Zahl
Beispiel Tumor: Rechnung mit Poissonverteilung
Modell: seltenes Ereignis, das im Mittel 16 mal pro Minute
auftritt
Was ist hier selten?
Für die einzelne Zelle sind Treffer selten
Parameter der Poissonverteilung ist λ = 16
Anzahl der Ereignisse pro Zähleinheit ist verteilt gemäß P16
Antwort
1610 −16
e
= 0.03410
10!
Zum Vergleich B160, 0.1 (10) = 0.03113
P16 (10) =
Erwartungswert
Gesetz der seltenen Ereignisse und Gesetz der großen Zahl
0.12
0.10
0.08
0.06
0.04
0.02
0.000 5 10 15 20 25 30 35 40
k
P16(k)
B160,0.1(k)
Vergleich Binomial- und Poissonverteilung
0.12
0.10
0.08
0.06
0.04
0.02
0.000
5 10 15 20 25 30 35 40
k
Beide beschreiben einen Prozess mit 16 Erfolgen im Mittel. Der
Unterschied ist, dass beim Poissonprozess die Anzahl der Erfolge
potenziell unbeschränkt ist.
Erwartungswert
Gesetz der seltenen Ereignisse und Gesetz der großen Zahl
Vergleich Binomial- und Poissonverteilung, Fortsetzung
0.12
0.10
0.08
0.06
0.04
0.02
0.000 5 10 15 20 25 30 35 40
k
P16(k)
B40,0.4(k)
B40, 0.4 und P16 besitzen ebenfalls beide den Erwartungswert 16
0.12
0.10
0.08
0.06
0.04
0.02
0.000
5 10 15 20 25 30 35 40
k
Erwartungswert
Gesetz der seltenen Ereignisse und Gesetz der großen Zahl
Gesetz der seltenen Ereignisse
Die Poisson-Verteilung Pλ mit λ = n · p ist eine sehr gute
Annäherung an die Binomialverteilung Bn,p , falls n ≥ 100 und
n · p ≤ 10.
Im Beispiel waren
n = 160
p = 0.1
Die Annäherung ist daher nicht wirklich gut
Erwartungswert
Gesetz der seltenen Ereignisse und Gesetz der großen Zahl
Messwiederholungen
Warum erhöhen mehrere Messungen die Genauigkeit?
Warum braucht man 100-mal so viele Messungen, um die
Genauigkeit zu verzehnfachen?
Erwartungswert
Gesetz der seltenen Ereignisse und Gesetz der großen Zahl
Rechenregeln für den Erwartungswert
Für jede Zahl c und jede Zufallsvariable X ist
E (c · X ) = c · E (X )
Für Zufallsvariablen X1 , . . . , Xn ist
E (X1 + · · · + Xn ) = E (X1 ) + · · · + E (Xn )
X und Y unabhängige Zufallsvariable. Dann
E (X · Y ) = E (X ) · E (Y )
Erwartungswert
Gesetz der seltenen Ereignisse und Gesetz der großen Zahl
Rechenregeln für die Varianz
Für jede Zahl a und jede Zufallsvariable X gilt
Var (a + X ) = Var (X )
Für Zahl c und jede Zufallsvariable X gilt
Var (c · X ) = c 2 · Var (X )
X und Y unabhängige Zufallsvariable. Dann
Var (X + Y ) = Var (X ) + Var (Y )
Erwartungswert
Gesetz der seltenen Ereignisse und Gesetz der großen Zahl
Zwei unabhängige, identisch verteilte Zufallsvariable
X1 und X2 seien unabhängige Zufallsvariable, die derselben
Verteilung gehorchen (also z. B. Messwiederholungen). Sei
Y = 21 (X1 + X2 ) der Durchschnittswert
Der Erwartungswert von X1 heiße µ, also E (X1 ) = E (X2 ) = µ
Die Streuung von X1 heiße σ, also Var (X1 ) = Var (X2 ) = σ2
E (Y ) = 21 (E (X1 ) + E (X2 )) = µ
2
2
Var (Y ) = 12 Var (X1 ) + 12 Var (X2 ) = 14 σ2 + 14 σ2 = 12 σ2
σ
Also ist √ die Streuung von Y
2
Erwartungswert
Gesetz der seltenen Ereignisse und Gesetz der großen Zahl
Das schwache Gesetz der großen Zahl
“Mit ausreichend vielen Messwiederholungen lässt sich jede
Genauigkeit erreichen”
Präziser: X1 , . . . , Xn unabhängig, alle mit derselben Verteilung
µ = E (X1 ) = · · · = E (Xn ) und
σ2 = Var (X1 ) = · · · = Var (Xn )
1
Y = (X1 + · · · + Xn )
n
Y ist das arithmetische Mittel der X1 , X2 , . . . , Xn
Dann E (Y ) = µ und die Streuung von Y beträgt
σ
σY = √
n
Erwartungswert
Gesetz der seltenen Ereignisse und Gesetz der großen Zahl
Messwiederholungen: Beispiel
0 10 20 30 40 0 10 20 30 40
Links: Poissonverteilung P16 , Streuung ist 4
Rechts: Durchschnittswerte aus zehn P16 -verteilten
4
Zufallsvariablen, Streuung ist √ = 1.26
10
Erwartungswert
Gesetz der seltenen Ereignisse und Gesetz der großen Zahl
Versuchsplanung: α-Strahler
Ein Geigerzähler registriert pro Sekunde ungefähr
25 α-Teilchen
Dieser Wert soll so genau bestimmt werden, dass die Streuung
des Mittelwerts Y unter 0.25 liegt
Wie viele Einzelversuche von einer Sekunde Dauer sind
erforderlich?
Zur Versuchsplanung genügt eine grobe Schätzung von λ. Wir
verwenden λ = 25
Var
√ (Pλ ) = λ. Also hat jeder Einzelversuch die Streuung
25 = 5.0
Gleichung
5.0
√ = 0.25
n
Also
√
n = 20 und n = 400
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