INFORMATION zur Pressekonferenz mit Landesrat Rudi Anschober Mag. Maximilian Liedlbauer, Präsident des oö. Landesverbands zu Bienenzucht 12. Mai 2015 zum Thema „Maßnahmen gegen das Bienensterben – neue Studie – Oberösterreich wird aktiv“ Rückfragen-Kontakt: Mag. a Tina Schmoranz (+43 732) 77 20-12083 oder (+43 664) 600 72-12083 LR Anschober + Mag. Liedlbauer Seite 1 „Maßnahmen gegen das Bienensterben – neue Studie – Oberösterreich wird aktiv“ Ohne Bienen geht gar nichts. Bienen und andere Bestäubungsinsekten sind entscheidend im Ökosystem und für die Nahrungserzeugung. Die Bienen in Europa sind weiter in Bedrängnis. Die Bienen-Verluste in diesem Winter allein betrugen in Oberösterreich 31% aller Bienenvölker. Dafür gibt es nicht nur eine einzige Ursache. Für die meisten Expert/innen gelten spezielle Pestizide als Mitverursacher für Schwächungen. Aktuelle Studien zeigen Belege für negative Auswirkungen von Pflanzenschutzmitteln auf Bestäubungsinsekten. Mehrere Studien hatten bereits in den letzten Jahren gezeigt, dass Bienen durch bestimmte Insektizide die Orientierung verlieren können und nicht mehr in ihren Stock zurückfinden. Und: eine brandneue Studie zeigt, dass Bienen von Neonicodinoiden direkt angezogen werden, eine Abhängigkeit entsteht. LR Anschober: „Wir müssen jetzt handeln, um unsere Artenvielfalt und die natürlichen Abläufe der Natur – auch bei Nutzpflanzen – langfristig zu schützen – es braucht eine Bienenschutz-Offensive! Dazu werde ich erstens bei der Landesumweltreferentenkonferenz den Antrag einbringen, dass die österreichische Bundesregierung auf EU-Ebene für ein endgültiges, unbefristetes Verbot der Neonicotinoiden aktiv wird (vorerst zweijähriges Verbot). Zweitens braucht es österreichweit ein umfassendes schrittweises Pestizid-Reduktionsprogramm zum Schutz von Wasser, Böden und Bienen. Oberösterreich hat in einem gemeinsamen Schritt von Umwelt- und Agrarwesen durch eine gemeinsame Pestizidstrategie bereits wichtige Schritte gesetzt. Aber auch jede/r einzelne kann durch Blumenwiesen oder giftfreies Garteln dem entgegenwirken.“ Pressekonferenz 12. Mai 2015 Bienensterben LR Anschober + Mag. Liedlbauer Seite 2 Die Ursachen für das Bienensterben: Aktuelle Studien Der Einsatz von Pestiziden hat weltweit in den letzten Jahrzehnten deutlich zugenommen. Dass durch den Einsatz, insbesondere von Neonicotinoiden eine Beeinträchtigung sowie Verluste von Bienenvölkern begünstigt werden, wird seit Jahren vermutet. Studie „Ecosystem services, agriculture and neonicotinoids“ des easac (European Academics Science Advisory Council) Der Einsatz von Neonicotinoid-Insektiziden ist mitverantwortlich für das Bienensterben, es gebe starke Beweise für negative Auswirkungen auf andere Organismen – so eine Studie des EU-Wissenschaftsnetzwerks EASAC. Nicht nur Bienen, auch andere Bestäuber, wie Motten oder Schmetterlinge, sind davon betroffen, durch die Nahrungskette auch insektenfressende Vögel. Laut Studie droht durch den Pestizid-Einsatz ein „Bestäubungs-Defizit“ bei immer mehr Nutzpflanzen, die von der Bestäubung durch Bienen u.a. abhängig sind. Forschungsprojekt „Zukunft Biene“, Karl-Franzens-Uni Graz + AGES In einem Zwischenbericht des noch bis 2017 laufenden Projekts kommen die WissenschafterInnen zu folgenden Ergebnissen: - Neonicotinoide: Verbot wirkt! „Das vorliegende Zwischenergebnis des Expositionsmonitorings 2014 kann als Indiz für die Wirksamkeit der bisher gesetzten Maßnahmen zur Reduktion der Exposition der Honigbienen gegenüber den drei Wirkstoffen Thiamethoxam und Imidacloprid gewertet werden.“ Pressekonferenz 12. Mai 2015 Clothianidin, LR Anschober + Mag. Liedlbauer - Seite 3 Landnutzung und Winterverluste: „In den jährlichen Untersuchungen der Winterverluste von Bienenvölkern gab es immer wieder Hinweise auf gehäuftes Auftreten hoher Verluste in der Nähe landwirtschaftlich intensiv genutzter Bereiche“. Aktuelle Studien vom Mai 2015: “Bees prefer foods containing neonicotinoid pesticides” (Kessler et al., Newcastle University) und “Seed coating with a neonicotinoid insecticide negatively affects wild bees” (Rundlöf et al., Universität Lund) Die Erkenntnisse aus den beiden Studien: Bienen meiden die für sie schädlichen, mit Neonicotinoiden behandelten Pflanzen nicht – Sie steuern sie sogar bevorzugt an. Beim Sammeln von Nektar und Pollen könnten die Insekten deshalb mehr von den Schadstoffen aufnehmen als bisher angenommen. Die Forscher an der Newcastle University boten Hummeln und Honigbienen eine reine Zuckerlösung und eine mit Neonicotinoiden versetzte als Nahrung an. Die Wirkstoff-Konzentration lag dabei in Höhe der im Freiland in Nektar und Pollen vorhandenen. Die Insekten mieden die Wirkstoffe in den Versuchen nicht; im Gegenteil: Zwei der drei in den Zuckerlösungen eingesetzten Neonicotinoide waren offenbar besonders attraktiv für die Bienen. Sie naschten davon lieber als von der puren Zuckerlösung. In einer ergänzenden Analyse zeigten die Forscher, dass die Bienen die Neonicotinoide nicht schmecken können, die Bevorzugung also eine andere Ursache haben muss. "Neonicotinoide steuern im Nervensystem von Bienen die gleichen Mechanismen an wie Nikotin im Gehirn von Menschen", erläuterte die Studienleiterin Geraldine Wright von der Newcastle University. "Die Pressekonferenz 12. Mai 2015 LR Anschober + Mag. Liedlbauer Seite 4 Tatsache, dass die Bienen eine Vorliebe für Neonicotinoid-belastete Nahrung haben, ist besorgniserregend, weil es vermuten lässt, dass die Neonicotinoide ähnlich wie Nikotin als Droge wirken und solche Nahrung besonders belohnend wirkt." Die Forscher folgern, dass es nicht ausreicht, um Felder herum einen Streifen mit Futteralternativen für die Bienen zu pflanzen. Die Einschränkung der Neonicotinoid-Verwendung sei womöglich der einzige Weg, den Rückgang der Bestäuber-Populationen aufzuhalten. Risiken und Nutzen dieser Insektizide müssten genau abgewogen und Alternativen sorgfältig geprüft werden, heißt es in einem Kommentar zu den Ergebnissen. In einer zweiten Studie gingen schwedische Forscher um Maj Rundlöf von der Universität Lund der Frage nach, ob die hauptsächlich in Laborstudien festgestellte Gefährdung der Bienen auch im Freiland nachzuweisen ist. In Südschweden legten sie insgesamt 16 Versuchsflächen an. Auf acht wurde Raps ausgesät, dessen Samen mit einem Neonicotinoid-haltigen Insektizid und einem Fungizid behandelt worden waren. Auf den anderen acht wurde nur das Fungizid eingesetzt. Dort, wo das Insektizid verwendet wurde, wuchsen und vermehrten sich Hummeln und Wildbienen schlechter. Weibchen der Roten Mauerbiene (Osmia bicornis), die in Nestern neben Insektizid-belasteten Feldern herangewachsen waren, legten keine neuen Brutzellen an. HonigbienenKolonien gediehen hingegen an den belasteten Feldern genauso gut wie an den unbelasteten. Möglicherweise könnten sie die toxische Substanz besser entgiften, schreiben die Wissenschafter. Über mögliche Langzeitfolgen sage das jedoch nichts aus. Bei der Beurteilung der Neonicotinoide sollten nicht nur Honigbienen als Modellorganismen eingesetzt möglicherweise anders reagieren als andere Bienen. Pressekonferenz 12. Mai 2015 werden, da sie LR Anschober + Mag. Liedlbauer Seite 5 FAO-Schätzungen zufolge werden 71 der mehr als 100 Pflanzen, die 90% der Menschheit als Nahrung dienen, von Bienen bestäubt. Ihr Verschwinden kann daher ernsthafte Folgen haben: In China werden Obstbäume zum Teil bereits von Hand bestäubt. Bienensterben in Oberösterreich im Winter 2014/15 Eine Erhebung der Bienenverluste im vergangenen Winter 2014/2015 ergab eine Verlustrate von 31% aller Bienenvölker. Der Großteil der Verluste ist auf Krankheiten bzw. Parasiten zurückzuführen (mit großem Abstand an erster Stelle die Varroa-Milbe, dann Ruhr, dann Nosemose). Pestizide schwächen das Immunsystem von Bienen, daher ist in vielen Studien ein Zusammenhang dargelegt: pestizidbelastete Bienen reagieren anfälliger für Schädlinge, wie die Varroa-Milbe oder Nosema. Weitere Völker starben an Futtermangel oder an anderen Ursachen. Bienenschäden durch Fipronil Fipronil wurde in den Jahren 2009 bis 2011 gemeinsam mit den drei Neonicotinoiden systematisch Clothianidin, untersucht und Thiamethoxam und Imidacloprid wiederholt den geschädigten in Bienenvölkern nachgewiesen. Die Bienengefährlichkeit von Fipronil wurde auch in den Folgejahren wissenschaftlich bestätigt. Fipronil stellt laut Bewertung der europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) ein "inakzeptables Risiko für Bienen" dar. Pressekonferenz 12. Mai 2015 LR Anschober + Mag. Liedlbauer Seite 6 Fipronil ist als Ameisenbekämpfungsmittel auch für Privatpersonen erhältlich – Global 2000 machte im März einen Testeinkauf und fand mehrere Produkte. LR Anschober: „Hier kann ich mich dem Aufruf von Global2000 an den Handel, diverse Produkte mit Fipronil auszulisten, sowie an die Bevölkerung, auf diese Mittel bewusst zu verzichten, nur anschließen. Leider hat sich das Bundesamt für Ernährungssicherheit im Jänner für den agrarischen Bereich nicht vehement für den Bienenschutz eingesetzt, sondern vielmehr per Notfallzulassung ein Pestizid mit dem Inhaltsstoff Fipronil zur Anwendung bei Erdäpfeln genehmigt.“ Im Jänner wurde das Pestizid „Goldor Bait“, welches Fipronil (kein Neonicotinoid) enthält, zur Bekämpfung des Drahtwurms bei Erdäpfeln vom Bundesamt für Ernährungssicherheit per Notfallzulassung bis Ende Mai 2015 erlaubt. In Oberösterreich haben fünf Betriebe in vier Gemeinden das Mittel „Goldor Bait“ heuer angewandt. Forderungen und weitere Schritte LR Anschober: „Die Studien zeigen: das Bienensterben stellt nicht nur einen erheblichen Einschnitt für Umwelt und Artenvielfalt dar, sondern auch eine wirtschaftliche Herausforderung für die Verwendung von Nutzpflanzen. Dieser wirtschaftliche Hebel kann auf EU-Ebene zusätzlich helfen, gegen die Pestizid-Lobby anzukommen, um ein generelles, unbefristetes Verbot von den jetzt nur eingeschränkten, umstrittenen Insektiziden EU-weit zu erreichen.“ Als erste Reaktion auf das Bienensterben wurde vor zwei Jahren der Insektizid-Einsatz für die Aufbringung der drei Neonicotinoide Clothianidin, Imidacloprid und Thiamethoxam auf bestimmte Pflanzen durch die EU unionsübergreifend eingeschränkt. Bis Dezember 2015 sollen die Pressekonferenz 12. Mai 2015 LR Anschober + Mag. Liedlbauer Seite 7 verhängten Beschränkungen evaluiert werden. Der österreichische Nationalrat beschloss, das Teilverbot frühestens mit 1. Oktober 2016 neu anzupassen. Umwelt-Landesrat Rudi Anschober: „Angesichts dieses auslaufenden Teilverbots braucht es eine Bienenschutz-Offensive! Durch ein bundesweites dauerhaftes und umfassendes Verbot der Verwendung bienengefährdender Pestizide (u.a. Neonicotinoide) soll im Sinne des Vorsorgeprinzips die akute Gefährdung von Nützlingen, wie den Bienen und anderen bestäubenden Insekten, minimiert werden. Einen entsprechenden Vorschlag werde ich auch bei der nächsten Konferenz der LandesumweltreferentInnen in Kärnten einbringen. Darüber hinaus sind die Rahmenbedingungen für eine bienenverträgliche Landwirtschaft auch auf EU-Ebene sicherzustellen.“ Weitere Schritte und Forderungen daher: Eine Studie, die die Voraussetzungen für und Auswirkungen von der Einführung einer flächendeckenden Fruchtfolge untersucht, insbesondere für kleine Betriebe (ökonomisch, strukturell, ökologisch etc.) und 2016 vorgestellt wird. Ein Forschungsprogramm für die ökologische Bekämpfung des Maiswurzelbohrers und des Drahtwurms. Mehr Blumenwiesen auch auf öffentlichen Flächen. Keine Gifte in Parks. Unterstützung der Imker und neuer Imker. Unbefristete Verlängerung des Verbots von bienengefährdenden Neonicotinoiden. Besonders bienenfreundlich sind natürlich auch Ökologische Anbausysteme, die sich die biologische Vielfalt zunutze machen und (weitestgehend) ohne den Einsatz von Chemikalien auskommen, so wird die Pflanzenvielfalt erhöht, es kommen keine Pestizide zum Einsatz und Pressekonferenz 12. Mai 2015 LR Anschober + Mag. Liedlbauer Seite 8 die Landwirt/innen können trotzdem rentabel wirtschaften, es entsteht mehr Lebensraum und Futter für die Bienen zur Verfügung. Einfache Möglichkeiten für alle zum Schutz unserer Bienen Blumenwiesen Gemeinden und Unternehmen können eigene Flächen bewusst nicht mähen und Blumensamen säen Auch im Privatgarten blühen Blumenwiese oder Wildblumen bunt und unkompliziert und helfen so den Bienen Insektenhotels und Bienentränken im Garten oder am Balkon Lavendel und andere blühende Kräuter am Balkon oder auf der Fensterbank locken Bienen im Privatgarten helfen Wildobststräucher gegen das Bienensterben, wenn man sie z.B. statt Thujen pflanzt Obstbäume pflanzen Giftfreies Garteln auch im Privatgarten – siehe die Broschüre des oö. Umweltressorts regionalen Honig kaufen Bio-Obst und Bio-Gemüse – bei der Produktion wird auf bienenschädliche Pestizide verzichtet Pressekonferenz 12. Mai 2015