Accenture Navigator Ausgabe

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Ausgabe 5 – Herbst 2014
Navigator
Wegweiser für Entscheider in
Marketing, Vertrieb und Kundenservice
Inhalt
Editorial3
Luft nach oben
CSO-Insights-Studie identifiziert fünf relevante Handlungsfelder für den
vertrieblichen Erfolg 4
Agile Selling
Erfolgreiche Vertriebsorganisationen trotzen zunehmender Marktkomplexität
mit Schnelligkeit und Flexibilität 6
Weniger bringt mehr
Der persönliche Kundenkontakt bei Anfragen, Anliegen und Antworten
wird überschätzt 9
Der Teufel steckt im Detail
Jede Marke ist ein Service, der geliefert werden will
12
Alles auf Sieg: Mit null und eins zu Profit
Sven Drinkuth über Wachstumsstrategien für eine digitale Welt
14
Banken unter Zugzwang
Wie Geldinstitute im digitalen Zeitalter für ihre Kunden relevant bleiben 16
Digitale Empathie
Emotionen erobern das Servicedesign 20
Es spricht mich an
Wenn die Umgebung beginnt, mit Kunden zu interagieren
22
Sprengt die Silos
„Command and Control“ ermöglicht die ganzheitliche Steuerung
des Kundenerlebnisses
24
Wer eigentlich ist ... Christoph Loeffler?
Globetrotter in digitalen Welten
26
Editorial
Liebe Leserinnen und Leser,
nachdem Sie hoffentlich einen entspannten Sommer genießen konnten, melden wir uns
zu Beginn des Herbstes zurück. Mit der passenden Lektüre für die letzten warmen Sonnenstrahlen im Garten und für die ersten gemütlichen Momente vor dem Kamin. In der zweiten
Ausgabe dieses Jahres bringen wir Ihnen wie gewohnt spannende Themen, harmonisch
bunt wie das Herbstlaub.
Um neueste Vertriebstrends zu identifizieren mit dem Ziel, den Vertrieb zu optimieren, hat
Accenture im Rahmen der CSO-Insights-Studie wie jedes Jahr Vertriebsverantwortliche aus
allen Industrien nach ihren aktuellen Herausforderungen befragt. Die wichtigsten Ergebnisse
fasst unser Vertriebsexperte Stefan M. Schröder in bewährter Manier für Sie zusammen. Wie
Sie sich diesen Herausforderungen vor dem Hintergrund der diesjährigen Studienergebnisse
stellen und einen echten Wettbewerbsvorteil erzielen können, erörtert der Beitrag zum agilen
Vertrieb. Vor allem die Digitalisierung des Kaufprozesses bringt Unternehmen und dabei insbesondere den Vertrieb immer wieder ins Schwitzen. Wir skizzieren, wie Sie die Schnittmenge
zwischen Business und Technologie ideal nutzen können, um Kunden im Moment der Kaufentscheidung bestmöglich zu begleiten – getreu dem Motto, wonach Konsumenten Herr ihrer
Kaufentscheidung sein wollen: „People hate to be sold to, but they love to buy.“
Sven Drinkuth
Geschäftsführer Accenture Strategy CRM [email protected]
Nach der Bündelung unserer digitalen Expertise im Bereich Accenture Digital zu Beginn
dieses Jahres möchten wir Sie verstärkt auch an diesem Sujet teilhaben lassen. Viele Themen
der vorliegenden Ausgabe nehmen deshalb Bezug auf Digital und diskutieren wirkungsvolle
Wachstumsstrategien für eine digitale Welt. Ein konkretes Umsetzungsbeispiel bringen wir
gleich mit, indem wir zeigen, wie Banken im digitalen Zeitalter für ihre Kunden relevant
bleiben. Ein Thema, das viele Industrien beeinflusst, ist sicherlich die Emotionalisierung digitaler
Services à la Siri, einer Software von Apple. Dass es sich dabei nicht nur um bloße Spielerei,
sondern um eine Maßnahme zur Kundenbindung handelt, verdeutlicht eindrucksvoll unser
Beitrag „Emotionen erobern das Servicedesign“.
Digitale Wachstumsstrategien stellen Unternehmen vor große finanzielle Aufgaben. Das
steht außer Frage. Ein bestmögliches Kundenerlebnis an allen Kundenberührungspunkten
(Touchpoints) ist komplex und kostenintensiv. Wie sich Aufwendungen in diesem Bereich
optimieren lassen, erfahren Sie von unserer Serviceexpertin Karin Schmidt, die ein Konzept
zur ganzheitlichen Unternehmenssteuerung per „Command and Control“ vorstellt.
Im Winter kommen wir mit neuen Themen. Bis dahin freuen wir uns über weiteres Feedback
und angeregte Diskussionen mit Ihnen. Lassen Sie von sich hören!
Mit herzlichen Grüßen
Ihr
Sven Drinkuth
3
Luft nach oben
CSO-Insights-Studie identifiziert fünf relevante
Handlungsfelder für den vertrieblichen Erfolg
Für den Erfolg eines Unternehmens spielt immer mehr eine
differenzierte und konsistente
Kundenerfahrung in Vertrieb
und Marketing eine wesentliche
Rolle. Stimmiger Service über
alle relevanten Kanäle der Kundeninteraktion kommt zwingend
hinzu. Trotz signifikanter Veränderungen in der Kundenerwartung
operieren viele Unternehmen
noch immer mit statischen Vertriebsmodellen. Das hält sie davon
ab, agil und effektiv zu reagieren.
Die Umsatzziele steigen, aber viele Vertriebsleiter sind unsicher, wie sie erreicht
werden können
Accenture hat kürzlich die 19. Jahresstudie
zum Thema Optimierung der Vertriebsperformance in Zusammenarbeit mit CSO
Insights, einer führenden Research- und
Benchmarkingorganisation, durchgeführt.
Mehr als 1.200 Unternehmen weltweit in der
Untersuchung berücksichtigt worden. Dabei
konzentriert sich die Analyse vorrangig auf
Unternehmen mit mindestens einer Milliarde
US-Dollar Umsatz. Von diesen wurden ins­
gesamt 177 eingehend befragt. Mit ver­
blüffenden Ergebnissen, die dazu aufrufen,
aktiv zu werden und viele Vertriebsmodelle
zu ändern.
Die gute Nachricht: Zum ersten Mal seit
Beginn der Analysen zeigt sich, dass Vertriebsleiter tatsächlich an zwei Schlüsse­l­stellen,
nämlich bei Training und Techno­­lo­gien, in
funktionsübergreifende Verbesse­rungen
investieren. Dies zeigt sich insbesondere in
den ersten beiden von fünf identifizierten
Handlungsfeldern:
• engere Zusammenarbeit zwischen Vertrieb,
Marketing und Service
• Steigerung der Kundenloyalität
• Verbesserung ungenügender Vertriebs­
methoden und -prozesse
• Steigerung der Attraktivität für Verkaufstalente und deren Bindung ans Unter­
nehmen
• Erzielung greifbarer Geschäftsergebnisse
aus Vertriebstechnologien
Das Dilemma: Viele investieren, wissen
aber das Saatgut nicht zu nutzen
Insgesamt gesehen rechnen Unternehmen
aller Branchen mit einer besseren Geschäftsentwicklung als noch im letzten Jahr. Das
Datenmaterial von CSO Insights zeigt, dass
75 Prozent der Vertriebsleiter in diesem Jahr
eine Umsatzsteigerung von mehr als fünf
Prozent ansteuern. Jedoch macht sich fast
die Hälfte (47 Prozent) Sorgen, wie dieses
Wachstum konkret erreicht werden kann.
Um das angepeilte Wachstum zu erreichen,
muss verstärkt die Effektivität des Vertriebs
ins Blickfeld gerückt werden, und zwar nicht
nur für sich isoliert als Vertriebseinheit, sondern in Bezug auf das gesamte Unternehmen.
4
Veränderung Umsatzziele (in Prozent)
Fähigkeit zur Umsatzzielerreichung (in Prozent)
1,8
0,9
11
3,7
11,9
5,5
22
44
18,3
41,3
39,4
Weniger/Gleich
1–5 % mehr
6–10 % mehr
11–15 % mehr
16–25 % mehr
> 25 % mehr
Erhebliche Zweifel
Zweifel
Geringe Zweifel
Keine Zweifel
Sehe keinen Weg
Quelle: CSO Insights
Wie schon in vergangenen Jahren lässt das
CSO-Insights-Datenmaterial deutlich erkennen, dass sich Unternehmen in diesen Bereichen durchaus verbessern. Aber es gibt noch
reichlich Raum für weitere Optimierungen.
Organisation ist das halbe Leben:
Marketing, Vertrieb und Service weiter
integrieren
Die altbekannte Meinungsverschiedenheit
zwischen Marketing und Vertrieb, wenn es
darum geht, Kundenerstkontakte (Leads) zu
entwickeln und zu verwalten, besteht weiterhin. Die Analyse zeigt, dass fast 60 Prozent
der untersuchten Unternehmen keine gemein­
same Definition dafür entwickelt haben, was
eine qualifizierte Kundenkontaktaufnahme
bei ihnen beinhaltet. Auch die Integration
von Vertrieb und Service ist ein wichtiges
Thema. 47 Prozent der Vertriebsleiter glauben,
dass sie ihre Unternehmens­performance im
Cross- und Upselling verbessern müssen.
Doch sage und schreibe 82 Prozent regen
ihre Kundendienstmitarbeiter nicht dazu an,
diese Chance wahrzunehmen.
Verbesserung der Kundenerfahrung
an jedem Interaktionspunkt
Wie die CSO-Insights-Daten weiter zeigen,
werden die Produkte und Dienstleistungen
viel zu selten von zufriedenen und loyalen
Kunden weiterempfohlen. Genau das aber
ist eine Hauptkennzahl, wenn die Kunden­
zufriedenheit erhöht werden soll. Laut Angaben der Vertriebsleiter werden weniger als
ein Viertel der gesamten Kundenerstkontakte
über bereits bestehende Kunden in die Wege
geleitet. Das muss nicht sein. Schließlich
gibt fast die Hälfte an, dass die Fähigkeit,
quer durch die Organisation an existierende
Kunden zu verkaufen, verbessert werden
muss.
Warum ist das wichtig? Vertriebsleiter
berichten regelmäßig an Accenture, dass sie
länger dafür benötigen, einen neuen Kunden
zu akquirieren, als an einen bestehenden
Kunden zu verkaufen. Wenn das so klar ist,
dann sollte es auch beachtet werden.
Kunst und Wissenschaft als
vertriebliches Erfolgsduo
Nicht konsistente, schlecht angepasste
Prozesse und Methoden schlagen bei der
Vertriebsperformance deutlich negativ zu
Buche. Wegen mangelhafter Abläufe ist
nicht nur der Verkaufszyklus unnötig lang,
sondern eine komplizierte Organisation
führt zudem dazu, dass das Vertriebs­
personal 65 Prozent seiner Zeit nicht mit
dem Kunden verbringt. Hier liegt vor den
Vertriebsorganisationen noch viel Arbeit.
Starke Vertriebsorganisationen dagegen
finden einen Weg, wie sie die Kunst des Verkaufens und die mit der Wissenschaft von
strukturierten Prozessen und Methoden
effektiv ausbalancieren, somit also Emotionen
und harte Fakten gewinnbringend miteinander verbinden. Die Erfahrung zeigt, dass das
Vertriebspersonal mithilfe einer strukturierten Vertriebsmethode schneller Abschlüsse
erzielt, Umsätze steigert und somit seine
Quoten erreicht oder überschreitet.
Akquise, Entwicklung und Bindung
von Vertriebstalent mit Methode
Mehr als die Hälfte der Vertriebsleiter gibt
dieses Jahr an, ihr Team vergrößern zu wollen. Alle kämpfen aber mit dem Problem, wie
diese Neueinstellungen zu Erfolgsgaranten
werden können. Etwa 34 Prozent der Vertriebsleiter glauben, dass ihr Unternehmen
bessere Wege finden muss, um ihr Vertriebspersonal erfolgreich einzustellen. Gleich­zeitig
geben aber mehr als 40 Prozent an, dass sie
weder Eignungsprüfungen noch Kom­petenz­
tests durchführen, um die richtigen Talente
herauszufiltern. Die Accenture-Analyse zeigt
ferner, dass Vertriebsleiter ihre jährlichen
Ausgaben für Trainings seit 2012 signifikant
angehoben haben.
Fast 45 Prozent von ihnen geben derzeit
zwischen 2.500 und 5.000 US-Dollar pro
Jahr und Vertriebsagentur die halbe Miete.
Von Erfolg gekrönt sind solche Maßnahmen
erst, wenn das Training in die täglichen Vertriebsabläufe integriert wird. Dann nämlich
können messbare Verbesserungen erzielt
werden.
Mehr Vertriebstechnologien, mehr
Ertrag
Überdies investieren die Unternehmen
weiterhin stark in Technologien wie Tablets,
Mobile und Social Customer Relations
Management (CRM) sowie in Vertriebsinformationssysteme. Trotzdem bleibt der ROI
hinter den Erwartungen zurück. Warum?
Obwohl neun von zehn Unternehmen ein
CRM-System implementiert haben mit dem
Ziel, den Prognoseprozess zu optimieren, die
Kommunikation in der Vertriebsorganisation
zu verbessern und den Verwaltungsaufwand
zu reduzieren, nimmt ein Drittel der Mit­
arbeiter das System Kundenbeziehungs­
management nicht an oder nutzt es nicht.
Und zwar nicht zuletzt, weil erschreckend
wenige Unternehmen, nämlich nur 49 Prozent, den Zugang zu kritischen Vertriebsund Kundeninformationen auf mobilen Endgeräten zur Verfügung stellen. Ein Grund
dafür könnte das sich erst entwickelnde
Ökosystem für mobiles Kundenbeziehungsmanagement sein.
Widersprüche, wie die zwischen Wachstumszielen einerseits und den ihnen im Wege
stehenden Plänen vieler Unternehmen andererseits, werden in der diesjährigen Analyse
von Accenture deutlich sichtbar. Falls sich
manch ein Leser nun ertappt fühlt, wenn er
das Geschilderte auf sein Unternehmen
spiegelt, dann hat dieser Beitrag schon viel
erreicht. Und falls wir Ihr Interesse wecken
konnten, werfen Sie doch gleich auch einen
Blick in unseren nächsten Artikel zum Thema
Agile Selling auf den folgenden Seiten.
Vertriebsleiter machen deutlich, dass CrossSelling verbessert werden muss
Erfordert
Verbesserung
47 %
Entspricht
Erwartung
Übertrifft
Erwartung
38,3 %
11,3 %
Weiß nicht/
keine Angaben
3,5 %
Quelle: CSO Insights
Fast die Hälfte der Vertriebsleiter möchte
Geschäftsbeziehungen mit anderen
Geschäftsbereichen bestehender Kunden
weiterentwickeln
Erfordert
Verbesserung
49,6 %
Entspricht
Erwartung
Übertrifft
Erwartung
34,8 %
7,8 %
Weiß nicht/
7,8 %
keine Angaben
Quelle: CSO Insights
Ihr Ansprechpartner: Torsten Bistritschan
[email protected]
5
Agile Selling
Erfolgreiche Vertriebsorganisationen trotzen
zunehmender Marktkomplexität mit Schnelligkeit
und Flexibilität
Wettbewerb belebt das Geschäft.
Da heißt es reaktionsschnell,
flexibel und agil bleiben. Zumal
industrieübergreifend Unternehmen mehr und mehr mit neuen
Wettbewerbssituationen konfrontiert sind. Nur ein agiler, schnell
funktionierender Vertrieb kann
der Komplexität eines sich stetig
verändernden Umfelds gerecht
werden und an Geschwindigkeit
gewinnen. Ehrgeizige Vertriebsziele lassen sich auf diese Weise
auch weiterhin erreichen.
Accenture arbeitet täglich mit Unternehmen
unterschiedlichster Industrien und Größen
zusammen. Für die Anforderungen im Vertrieb ergibt sich dennoch ein gemeinsames
Bild: Das Spannungsfeld, in dem sich Unternehmen heute bewegen, hat sich überproportional dynamisch entwickelt. Das bedeutet,
dass Vertriebe strategisch umdenken und
gewachsene Strukturen aufbrechen müssen.
Zurückzuführen ist die erkennbar gestiegene
und weiterhin steigende Dynamik auf vier
wesentliche Dimensionen, die je nach Industrie unterschiedlich stark ausgeprägt sind:
1.Die Rahmenbedingungen des Marktes
haben sich durch Regulierung, Deregulierung und subventionsgetriebene Steuerung verändert.
2.Verhalten und Präferenzen der Kunden
haben sich ebenfalls verändert.
3.Der technologische Fortschritt vollzieht
sich rasant.
4.Und nicht zuletzt erweitern sich die
Märkte, weil neue Wettbewerber traditionelle Branchengrenzen überschreiten und
die Wettbewerbsintensität insgesamt
zunimmt.
6
Komplexität ist die neue Normalität
Der Vertrieb muss sich also auf viele Veränderungen einstellen, ganz besonders beim
Kaufverhalten des Kunden. Denn der bewegt
sich heute nicht mehr durch einen traditionell linearen Trichter von der Produktsuche
bis zum Kauf, sondern befindet sich auf
unterschiedlichen, miteinander verbundenen
Pfaden und Kanälen in einem kontinuier­
lichen Evaluations- und Kaufprozess.
Das Internet mit mobilen Endgeräten und
der Verfügbarkeit von sozialen Netzwerken
hat bewirkt, dass der Kunde zu einem
Großteil bereits vor dem ersten Vertriebskontakt den Verkaufsprozess durchlaufen
hat. Am Beispiel der Automobilindustrie
lässt sich erkennen, dass der Markt durch
Vorgaben zur Nachhaltigkeit – insbesondere
zur Verringerung des CO2-Ausstoßes –
beeinflusst wird.
Die Vorgaben bewirken, dass neue Antriebstechnologien entstehen, in immer kürzeren
Zyklen auf den Markt gebracht werden und
sich schließlich die Zusammensetzung der
Fahrzeugflotten der Hersteller verändert.
Darüber hinaus hat der Fortschritt der digitalen Technologien zur Folge, dass Autos
heute vernetzt sind und sich über mobile
Onlinedienste oder -apps steuern lassen,
bis hin zum autonomen Fahren.
Letzteres, das auf Connectivity beruhende
Fahren, demonstriert seit einem Jahr beispielsweise der Daimler-Konzern: zunächst
mit der autonomen Fahrt einer S-Klasse von
Mannheim nach Pforzheim, Anfang Juli
dann mit einem schweren Gefährt, nämlich
mit dem Daimler Future Truck 2025. Um dem
Kunden darüber hinaus neue Services zu
bieten, werden beispielsweise im Rahmen
von Kooperationen Internetverträge für
das Auto oder Installationsservices für eine
Elektroladeanschlussmöglichkeit angeboten.
Die Telekommunikationsindustrie wiederum
zeigt deutlich, wie – getrieben von Digita­lisierung und hohen Wachstumszielen –
traditionelle Wettbewerbsgrenzen verschwimmen. Kommunikations-, IT- und
Hightechprodukte münden in integrierten
Angeboten. Beispielhaft ist der Fortschritt
im Massenmarkt von Internettelefonie und
internetbasiertem Fernsehen. Geschäfts­
modelle werden stetig durch Kooperationen,
Allianzen und Unternehmensübernahmen
erweitert. Neue Geschäftsfelder wie Mobilitätslösungen oder Cloud Computing nehmen
immer größeren Einfluss auf das Telekommunikationsgeschäft.
Interessant ist auch die Energieversorgung.
Dort finden sich rund 15 Jahre nach der
Marktliberalisierung alle vier genannten
Dimensionen wieder. Längst nicht abgeschlossen ist die Definition der Rahmen­
bedingungen des Marktes, genannt sei
hier vor allem das Erneuerbare-EnergienGesetz (EEG).
Aktiv gesteuert wird der Markt durch
Subventionseffekte. Die Energiekunden
haben sich in zwei Lager geteilt: zum einen
in das Segment der noch klassischen Verbraucher, zum anderen in das Segment der
„New Energy Consumer“ oder „Prosumer“,
der Energieverbraucher mit gleichzeitiger
Eigenerzeugung.
Die Versorger müssen beide Segmente
abdecken. Dabei zeichnet sich insbesondere
der „New Energy Consumer“ dadurch aus,
dass er nicht mehr nur stiller Verbraucher
ist, sondern sich durch seine Eigenerzeugungsleistung (Solaranlage, Blockheizkraftwerk, Wärmepumpe etc.) als Teil der energiewirtschaftlichen Wertschöpfung ausweist
und als solcher Interesse an Selbstbestimmung und vollständig neuem Service zeigt.
Der technologische Fortschritt lässt sich also
an immer neuen Innovationen und an der
Marktreife von Eigenerzeugungsanlagen und
Systemoptimierung festmachen. Stichwort:
Smart Energy Systems. Der Wettbewerb hat
sich vor allem durch neue Anbieter erweitert;
diese sind deutlich flexibler als traditionell
organisierte Energievertriebe.
Herausforderungen für den Vertrieb
Für den Vertrieb implizieren die oben
genannten Dimensionen, dass es sich von
der althergebrachten Vorstellung zunehmender Veränderungsprozesse zu verabschieden
gilt, um stattdessen aktiv auf Erfolg ver­
sprechende Maßnahmen zu setzen – gemäß
der Devise „Play to win, not to lose“. Teil der
Meaßnahmen ist die Individualisierung an
der Kundenschnittstelle, also „Service auf
den Punkt“ statt „One size fits all“. Dazu
zählen kürzere Produktlebenszyklen, neue
Geschäftsfelder und Partnerschaftsangebote,
Vergrößerung, aber Vereinfachung des Produkt- und Dienstleistungsportfolios sowie der
Aufbau von neuen Kompetenzen. In der Folge
gilt es, Partnerschaften und Allianzen zu
steuern und in den Vertrieb zu integrieren.
Dazu gehört es auch, neue Vertriebskanäle
zu nutzen, die zudem exponentiell steigende
Datenmengen und neue Technologien hervorbringen.
Die Lösung: Agilität …
Um den Herausforderungen gerecht zu werden, die aus den sich verändernden Dimen­
sionen resultieren, müssen die Vertriebe ihre
Vertriebsstrategien, Produkte, Prozesse und
Kompetenzen systematisch und kritisch
beleuchten und aktiv managen. Das erfordert
maximale Flexibilität in der Organisation und
den Einsatz der jeweils richtigen Instrumente.
Ein gutes Beispiel dafür, wie Vertriebsmodelle
flexibler, lernender und somit agiler gestaltet
werden können, sind selbstverantwort­liche
Projektorganisationen oder Start-ups. Industrieübergreifend ist zu beobachten, dass hier
Großkonzerne eine Vorreiterrolle einnehmen.
Sie beschäftigen ganz bewusst Start-upTeams innerhalb ihrer Organisation oder aber
sind indirekt an Start-ups beteiligt, um später
die hervorgebrachten Innovationen in ihr
Unternehmen zu integrieren.
Die Start-up-Organisationsform eignet sich
vor allem dazu, neue innovative Geschäftsfelder, Produkte oder Vertriebskanäle zu
entwickeln, zur Marktreife zu führen und
erfolgreich im Markt zu etablieren. Positive
Beispiele für direkte Beteiligungen gibt es
zahlreiche. So nutzt Daimler seine Beteiligung an dem Elektroautohersteller Tesla
und verwendet bereits eine Tesla-Batterie
in der elektrischen Version des smart.
7
… kombiniert mit dem SPEED-Modell
Um als agile Organisation wesentliche
Vertriebsaufgaben aktiv markt- und kunden­
orientiert zu managen, eignet sich das SPEEDModell. Es besteht aus den fünf Eckpfeilern
(S)pend Optimization (Optimierung der
Vertriebsausgaben), (P)rice and Profit Optimization (Preis- und Profitoptimierung),
(E)xecution and Operations Excellence
(Ablaufoptimierung), (E)nablement of Sales
Talent (Talentmanagement) und (D)igital
Selling (digitaler Vertrieb).
Die Vertriebsausgaben gehören zu den
größten Kostenblöcken, jedoch haben nur
die wenigsten Unternehmen einen Überblick
darüber, ob Instrumente wie Vertriebsanreize,
Rabatte oder Point-of-Sale-Werbeaktionen
einen positiven Return on Investment (ROI)
erwirtschaften. Transparenz zu schaffen und
die Vertriebsausgaben mit dem ROI abzugleichen, ist daher außerordentlich wichtig.
Dadurch lässt sich ermitteln, in welche Vertriebsaktivitäten zu investieren ist und wo
Anpassungsbedarf besteht.
Preis und Profit – auf diese beiden Parameter
gilt es besonders zu achten, wenn Vertriebsausgaben optimiert werden sollen. TopPerformer legen besonderen Wert auf die
Margenverbesserung und geben klare Richtlinien vor. Nicht zuletzt kontrollieren TopPerformer die Anwendung der Preisstrategien
nach erzieltem Profit. Als Faustregel gilt:
Eine Erhöhung des Preises um ein Prozent
ergibt eine EBIT-Verbesserung von zehn Prozent. Dies macht die Preisgestaltung zum
stärksten Instrument, um profitables Wachstum zu generieren.
Der operative Betrieb lässt sich beispielsweise durch Shared-Service-Organisationen
optimieren. Administrative Tätigkeiten im
Vertrieb können so gebündelt werden, was
dazu führt, dass eine umso größere Konzentration auf die Interaktion mit den Kunden
möglich wird. Auf der nächsten Stufe unterstützen integrierte Shared-Service- und ITLösungen den Vertrieb mit Kundenerkenntnissen und Entscheidungsempfehlungen.
Top-Performer nutzen dafür digitale, mobile,
Cloud- und Analyticstechnologien als
Katalysatoren.
8
Wie agile Verkäufer handeln, um zu gewinnen –
fünf Must-dos, um profitables Wachstum zu generieren mit SPEED
Spend
Optimization
Optimierung der
Vertriebsausgaben
mit Blick auf
den ROI
Price and Profit Optimization
Preis- und Profitoptimierung
durch konsequentes Management
von Preis und Marge
Digital Selling
Ausschöpfung der
Möglichkeiten des
digitalen Vertriebs
und des Multikanalmanagements
Execution and
Operations Excellence
Ablaufoptimierung und
Konzentration auf die Kundeninteraktion
Enablement of
Sales Talent
Talentmanagement mithilfe
der „Entschlüsselung der
DNA“ der Top-Vertriebler
Quelle: Accenture Research
Vertriebliches Talentmanagement wird
zunehmend zum zentralen Erfolgsfaktor.
Die Erkenntnis, dass die besten 20 Prozent
der Vertriebler in der Regel 62 Prozent des
Umsatzes erwirtschaften, spielt für agile
Unternehmen eine erfolgskritische Rolle.
Es gilt, die „DNA“ dieser Vertriebsprofis zu
verstehen und die gewonnenen Erkenntnisse
anschließend in Rollenprofile und Trainings
zu integrieren. Führende Unternehmen
nutzen wissenschaftliche Methoden, um
Fähigkeiten, Charakterzüge und Verhaltens­
aspekte zu analysieren. Darüber hinaus
können Analysetechnologien die Intuition
und Erfahrung der Vertriebsmannschaft mit
relevanten Kundendaten, Mikrosegmentierung oder vorausschauenden Erkenntnissen
und Empfehlungen anreichern. Top-Performer
stellen ihrer Vertriebsmannschaft relevantes
Kunden- und Produktwissen „per Klick“ zur
Verfügung und reduzieren so die Kom­plexität
für den Vertrieb signifikant.
Beim digitalen Vertrieb schließlich kommt
es darauf an, die Onlinekundenkontaktpunkte in Form einer „Customer Journey“
zu definieren und zu managen. Vor allem
müssen dafür die Barrieren zwischen den
Vertriebskanalverantwortlichen, aber auch
zwischen Marketing, Vertrieb und Service
aufgelöst werden. Darüber hinaus sind der
„Offlineverkauf“ sowie externe Partner zu
integrieren, um den maximalen Nutzen aus
jeder Kundeninteraktion zu ziehen.
Fazit: Play to win, not to lose
Den Erfolg im Vertrieb daran festmachen
zu wollen, welche innovativen Wege bei der
Entwicklung neuer Produkte eingeschlagen
werden, wäre nur die halbe Wahrheit. Ganz
entscheidend ist vielmehr auch die Erkenntnis, dass Komplexität die neue Normalität in
der Vertriebsorganisation ist; den alten Zeiten
nachzutrauern gilt nicht. Vielmehr wird die
Fähigkeit verlangt, flexibel auf Markt- und
Kundenentwicklungen reagieren zu können,
mit Produkten und Kampagnen hochrelevant
zu sein, Aktivitäten aktiv zu managen und
nach vorn gerichtet zu agieren.
Ihr Ansprechpartner: Lennart Lohrisch
[email protected]
Weniger bringt mehr
Der persönliche Kundenkontakt bei Anfragen,
Anliegen und Antworten wird überschätzt
Die überwiegende Mehrheit der
Kontakte von Unternehmen und
Verbrauchern (B2C) erfolgt über
traditionelle Kanäle und ist Kunden wie Unternehmen gleichermaßen lästig. Denn in aller Regel
ist das Thema ein unerfreuliches.
Doch es gibt Möglichkeiten,
diesen Zustand deutlich zu verbessern – für beide Seiten.
Im Kundenservice erfolgt nach wie vor eine
Vielzahl von Kontaktaufnahmen seitens der
Kunden über sogenannte „High-Touch“- und
damit aus Unternehmenssicht sehr teure
Kanäle, also im Shop, über das Callcenter
oder schriftlich und formfrei. Je nach Industrie und Unternehmen schwankt der Anteil
dieser Kontakte erheblich: zwischen 40 und
im Extremfall 98 Prozent. Erschwerend
kommt hinzu, dass sich Kunden heutzutage
schneller und öfter melden. Der Grund: Die
Kunden werden zunehmend anspruchsvoller.
Ihre Frustrationstoleranz bei Mängeln sinkt
entsprechend.
Eine derart häufige Kontaktsuche schreit
nach effizienteren Methoden, die Anliegen
der Verbraucher abzuwickeln. Technische
Fortschritte wie IVR (Interactive Voice Response) zur automatischen Vorqualifizierung
von Anrufen oder OCR (Optical Character
Recognition) zur automatischen Schrift­
erkennung sind daher bedeutsam, verhindern
aber für Kundenserviceorganisationen meist
einen manuellen und damit vergleichsweise
kostenintensiven Aufwand nur bedingt.
Schätzungsweise ein Viertel von Cost-toServe, also Ausgaben aufgrund von Dienstleistungen, besteht aus genau diesen Kosten.
Das ist ein gewaltiger Brocken. Dass man
es erreichen kann, die Kontaktfrequenz deutlich zu verringern, zeigt Amazon. Dem Unternehmen ist es über die Jahre gelungen, seine
Kontaktquote bei neuen Bestellungen durch
zehn zu teilen.
Kontakt zum Unternehmen:
lieber nicht?
Obwohl die Qualität des Kundenservice und
die daraus folgende Zufriedenheit seitens
der Kunden sich in den letzten Jahren verbessert haben, ist der Gang beispielsweise
zum Telefon für die meisten Kunden dennoch
eine Überwindung. Warum? Sie wissen nur
allzu gut, rechnen fast schon damit, dass
diese Aktivität durchaus zäh, anstrengend
und enttäuschend werden kann. Sprich: Das
Thema Kundenkontakt ist negativ belegt.
Kaum verwunderlich ist daher, dass Verbraucher in den seltensten Fällen ein Service­
center freiwillig oder gar in freudiger Erwartung aufsuchen oder anrufen.
Eine Ausnahme sind zum Beispiel besetzte
Kundenschalter für Premiumkunden, wie sie
sich prestigeträchtige Warenhäuser, die
Flagship Stores, leisten. Dort gibt es durchaus nicht selten für beide Seiten angenehme
Kommunikation. Im Normalfall aber geht
es um eine lästige Angelegenheit. Solche
Kundenkontakte, beispielsweise wegen einer
falschen Rechnung, eines mangelhaften Produktes oder wegen Zahlungsschwierigkeiten,
sind für den Kunden unerfreulich, für das
betroffene Unternehmen mit Kosten behaftet
und beinahe grundsätzlich nicht wertstiftend.
9
Das dreifache „A“ des Kunden
Lerneffekt für das Unternehmen
Die Kontaktgründe lassen sich in drei Kategorien bündeln, die sogenannten „drei A“ für
Anfrage, Anliegen und Antwort. Im ersten
Fall wendet sich der Kunde mit einer Anfrage,
einem Auftrag oder einer Bestellung an das
Unternehmen. Damit verbunden ist für das
Unternehmen normalerweise ein Verkaufs­
aspekt. Häufige Beispiele sind ein Energieneuvertrag, eine Handyvertragsänderung
oder eine Bankingtransaktion.
Die erste Kategorie hat eine gewisse Werthaltigkeit, da sie mit Umsatz verbunden ist.
Fraglich ist aber, ob die Interaktion über einen
kostenintensiven High-Touch-Kanal erfolgen
muss. Die zweite Kategorie ist ebenfalls werthaltig, wenngleich etwas weniger. Sie gibt
Einblicke in Schwierig­keiten im Umgang mit
einem Produkt oder einer Dienstleistung.
Wobei es allen Parteien lieber wäre, keine
solchen Kontakte zu haben.
Beim zweiten „A“ meldet sich der Kunde mit
einem Anliegen oder einer Beschwerde. Er
hat also ein Problem mit dem Produkt oder
der Dienstleistung und benötigt eine Lösung.
Die Bandbreite der Probleme reicht von
nicht funktionierenden Geräten bis hin zu
falschen Abrechnungen oder Abbuchungen.
In der dritten Kategorie reagiert der Kunde
auf ein Schreiben des Unternehmens und
liefert eine Antwort ab. Allerdings ist durchaus nicht immer eine Antwort nötig oder
gar erwünscht. Auch hier gibt es eine große
Vielfalt von Fällen, wie beispielsweise letztes
Jahr die generellen SEPA-getriebenen
Anpassungsaufforderungen oder einfach die
Formulierung „Bei Fragen melden Sie sich
bitte unter …“ und nicht selten schlichtweg
missverständliche Kommunikation.
Wenn aber Beschwerden von Kundenseite
kommen, dann sollte das Unternehmen
solches Feedback schätzen, also richtig einordnen und daraus sogar Mehrwert gene­
rieren. Denn manches Feedback führt zu
einer Verbesserung eines Produktes oder
einer Dienstleistung. Im Idealfall kommt es
allerdings gar nicht erst zu einem Kontakt
aus solchen Gründen.
Die letzte Kategorie hingegen ist vergleichsweise wertarm. Natürlich könnte man diese
Kontakte für Up- und Cross-Selling verwenden. Diese Möglichkeit, ein höherwertiges
Produkt oder weitere Produkte zu verkaufen,
wird von den meisten Unternehmen jedoch
wenig verfolgt und ist daher kein Grund,
diese Kontakte erhalten zu wollen. Zumindest solange die Unternehmen, wie in
den meisten Fällen, diese Klaviatur nicht
beherrschen.
Somit stellt sich die Frage, warum all diese
Kontakte überhaupt erfolgen. Generell ist
festzustellen, dass die Unternehmen ihre
Kundeninteraktionen jahrelang aus interner
Sicht gestaltet, also die Kundenperspektive
vernachlässigt haben. Von Prozessoptimierung bis hin zur Gewährleistung diverser
Complianceaspekte gibt es tatsächlich
gute Gründe, die interne Perspektive zu
bevorzugen.
Aus rechtlichen Gründen zum Beispiel
verschicken Unternehmen bisweilen neue
AGB. Die aber führen bei Kunden häufig zu
Irritationen, weil die Änderungen nicht klar
gekennzeichnet oder die Gründe für die
Änderungen unklar sind. Wenn dann Nachfragen frustrierter Kunden kommen, ist das
für das Unternehmen wertlos. Eine verbesserte Kommunikation ließe solches Ungemach gar nicht erst aufkommen. Die Kosten,
die dem Unternehmen durch Nachfragen
entstehen, wären somit vom Tisch.
Kurzum: Über kurz oder lang werden die
meisten Unternehmen ihre Kundenprozesse
mit sogenannten Customer Journeys neu
definieren müssen – also alle Berührungspunkte (Touchpoints), die ein Kunde mit
der Marke, dem Produkt, der Dienstleistung
hat, überarbeiten. Nicht nur um bessere
Kundenbeziehungen zu haben, sondern
auch um Kosten zu reduzieren.
Accentures REDUCE-Methode
Record
Erfassung
der Kontakte,
Clusterung
nach Gründen
und Hintergründen
Enrich
Delimit
Understand
Anreicherung
mit Segmentinformationen,
Unternehmensleitlinien usw.
Aufteilung in die
Kategorien
„Anfragen”,
„Anliegen” und
„Antworten”
Root-CauseAnalyse für jedes
Cluster, zum
Beispiel „Whybecause” oder
Ishikawa-Methode
Quelle: Accenture Research
10
Create
Erarbeitung einer
Lösung je Kategorie/pro Cluster,
basierend auf der
Analyse
Evaluate
Evaluierung der
Auswirkungen der
jeweiligen Lösung,
ggf. zeitnahes
Nachschärfen
Mit anderen Worten: Der bisherige Austausch
mit dem Kunden verschlingt viel Geld und
ist dabei ineffektiv. Der Grund: Die oben
geschilderte, heute übliche Verteilung der
Kundenanfragen ist nicht langfristig werthaltig. Wollen die Unternehmen zu High
Performern werden, so führt kein Weg daran
vorbei: Sie müssen ihre Kundenkontakt­
strategie von Grund auf überdenken, sie auf
Effizienz einerseits und Kundenzufriedenheit
und damit Kundenbindung andererseits
trimmen.
Rezept für mehr Effizienz und
Kundenzufriedenheit
Schon heute lassen sich ein paar einfache
Schritte zum Umgang mit den „drei A“ tun.
1) Anfragen und Aufträge lassen sich am
besten und fast ausnahmslos online oder
mobil abwickeln. Natürlich müssen die
entsprechenden Dienste ansprechend und
robust sein und natürlich wird nicht jede
Kundengruppe erreicht werden können.
Aber die Mehrheit. 82 Prozent der deutschen
Haushalte verfügten im vergangenen Jahr
über einen Internetzugang, 70 Prozent
nutzten Onlinedienste. Fast 30 Millionen
Deutsche gingen mobil ins Internet, Tendenz
stark steigend.
Das sind gute Voraussetzungen für die
Unternehmen, ihre Kundenkontakte auf
kosteneffiziente Low-Touch-Kanäle wie
die Kundenselbstbedienung im Internet zu
verlagern. Eine weitere Grundvoraussetzung
ist, dass die Kunden dieselben Ergebnisse
online und offline bekommen. Positiv formuliert heißt das, dass online alle Möglich­
keiten verfügbar sind, die auch offline zur
Verfügung stehen. Negativ formuliert heißt
das aber auch, dass im Callcenter nicht
mehr möglich ist als online. Vorbei also die
Zeiten, in denen man die nette Dame am
Hörer ein wenig bezirzt hat, um bessere
Konditionen auszuhandeln.
2) Anliegen und Beschwerden sind immer
ein Zeichen dafür, dass die Qualität im Unternehmen nicht stimmt, und somit ein Aufruf
zur Optimierung. Ohne jedes Produkt, jedes
Schreiben, jede Dienstleistung auf ein Level
mit komplexem Qualitätsmanagement
gemäß dem Six-Sigma-Niveau heben zu
wollen, sollten diese Interaktionen aber
zumindest ihren Weg in einen kontinuier­
lichen Verbesserungsprozess finden.
Denn nur so lassen sich die Gründe für die
Anliegen und Beschwerden möglichst nachhaltig eliminieren.
3) Schlussendlich sind Kundenantworten
auf Unternehmensschreiben sicherlich für
die Unternehmen wertvoll, jedoch nicht um
jeden Preis. Insofern gilt es hier, insbesondere die zu verschickenden Schreiben nochmals kritisch zu durchleuchten und adäquate
Antwortkanäle festzulegen.
Accenture nutzt in solchen Situationen die
eigene REDUCE-Methode. Sie führt schnell
und vergleichsweise kostenschonend zu
einem Verstehen der jeweiligen Lage. Darauf
aufbauend lässt sich ein Programm von
zahlreichen kleinen und verdaulichen Maßnahmen zur Kundenkontaktoptimierung
definieren. Typischerweise macht sich ein
solches Programm binnen weniger als einem
Jahr bezahlt.
Wenn die Unternehmen ihre Kontakte entsprechend optimiert haben, werden sie feststellen, dass das Volumen und die Kosten
im Servicecenter signifikant gesunken sind –
und nur die wertvollen Kontakte übrig
bleiben. Eine Win-win-Situation, weil für
Konsumenten wie Unternehmen aus dem
einstigen Frust- bisweilen sogar ein Erfolgserlebnis wird.
Ihr Ansprechpartner: Robert Haber
[email protected]
11
Der Teufel steckt im Detail
Jede Marke ist ein Service, der geliefert
werden will
„Wenn es einen Grund gibt,
weshalb wir uns in den letzten
sechs Jahren besser entwickelt
haben als unsere Wettbewerber,
dann liegt der darin, dass wir uns
wie ein Laser auf die Customer
Experience fokussiert haben“,
umschreibt Amazon-Gründer
und -CEO Jeff Bezos den Erfolg
seiner Marke. Treffender lässt sich
die Herausforderung der Marken­
führung im digitalen Zeitalter
nicht auf den Punkt bringen.
Die Möglichkeiten der Konsumenten, mit
Marken in Berührung zu kommen, vermehren sich schneller, als sich Marken anpassen
können. Konsumenten und Arbeitnehmer
werden in sozialen Medien zum Marken­
botschafter mit großer Reichweite. Die Digitalisierung unserer Welt bietet Chancen.
Aber wenn die Details nicht stimmen, kann
das Markenerlebnis schnell leiden.
Altbewährte Rezepte zur Markenführung
sind noch immer wichtig. Aber um die Marke
weiterhin nachhaltig relevant und erfolgreich zu halten, reichen solche Rezepte
heute nicht mehr aus. Marken müssen sich
neu erfinden.
Was Kunden wollen, steht im Zentrum
Aus der fortschreitenden Digitalisierung
ergeben sich veränderte Erwartungen der
Kunden. Eine Marke muss über alle Kanäle
und zu jeder Zeit erlebbar sein – und zwar
immer genau dort, wo der Konsument es
erwartet. Der Auf- und Ausbau einer Marke
muss simultan und umfassend über alle
Kontaktpunkte erfolgen. Ein schönes Beispiel
dafür ist Nespresso. Der Hersteller hat aus
dem Gebrauchsgut Kaffee ein Lifestyle­
produkt erschaffen. Digitale Kontaktpunkte
(Touchpoints) werden geschickt mit Offlinekontaktpunkten verbunden.
12
So erhalten etwa Nespresso-Kunden in den
Filialen mittels ihrer RFID-Kundenkarte
(RFID = Radio Frequency Identification zum
einwandfreien Erfassen von Daten) unmitte­l­­
baren Zugang zur vollautomatischen Boutique „N’Cube“ und damit zum gesamten
Sortiment der 22 Nespresso Grands Crus
sowie zu den Limited Editions.
In Erlebniswelten denken
Der Konsument unterscheidet kaum, welcher
Touchpoint seine Markenwahrnehmung
beeinflusst, auch wenn er Empfehlungen
seiner Freunde und Word-of-Mouth-Propaganda mehr Vertrauen schenkt als klassischer
Werbung: Empfehlungen sind mit 67 Prozent
die am häufigsten genutzte Informationsquelle und mit 48 Prozent die wichtigste
Grundlage für die Kaufentscheidung. Das ist
ein Ergebnis der Accenture-Studie Consumer
Pulse Survey 2013.
Erinnern Sie sich an Ihre letzte Reise?
Sicher beeinflussen Ihre Erfahrungen mit dem
netten Taxifahrer, dem Bodenpersonal des
Flug­hafens und die dortigen Geschäfte Ihr
Reiseerlebnis ebenso stark wie der Service
an Bord des Flugzeugs. Idealerweise kennt
eine Airline ihre Passagiere gut genug, um
deren Reiseerfahrungen zu optimieren. KLM
Dreamcatcher ist mit zwölf verschiedenen
Social-Media-Plattformen verbunden und
erlaubt ein Social Seating genauso wie
Urlaubstipps.
Marken waren in der Vergangenheit primär
in Kanälen aktiv, die sie selbst kontrollierten,
und steuerten jede Zielgruppenkommunikation. Diese Rechnung geht in Zukunft nicht
mehr auf. Bisher haben Unternehmen die
Zielgruppenkommunikation vor allem der­
gestalt gesteuert, dass sie offen mit ihren
Nutzern in sozialen Medien diskutiert oder
Kommentare von Konsumenten in ihren
Marketingkampagnen aufgegriffen haben.
Diese Bemühungen wirkten jedoch bisweilen
etwas unbeholfen.
Ein Produkt ist ein Service, der
geliefert werden will
Künftig müssen Marken neue Wege gehen,
um Kontrolle ausüben zu können: Sie müssen
geschickt auf die Wünsche der Konsumenten
eingehen. Dabei müssen sie empathisch sein
und die Konsumenten noch stärker einbinden.
Es gilt, als maßgeblicher Mitgestalter einer
Marke im Netzwerk Führungsimpulse zu
setzen und nicht an ihrer Kontrolle festzuhalten. Ergänzend zu inhaltlichen Impulsen –
von kommunikativen Ideen bis hin zu Produkten – lassen sich so relativ leicht weitere
Mitgestalter gewinnen und motivieren.
Der Wettbewerb um Kunden wird nicht länger
ausschließlich auf Produktebene ausgetragen.
Marken erschaffen Dienstleistungen entlang
der gesamten Kundenerlebniskette, um relevant zu bleiben. Für Unternehmen ändert
sich damit auch die Definition von Wett­
bewerbern.
Telekommunikationsdienstleister agieren
mit ihren mobilen Zahlungssystemen immer
stärker im Markt für Finanzdienstleistungen.
Automobilkonzerne sind mit ihren Mobility­
lösungen zunehmend Wettbewerber für
klassische Reise- und Verkehrsbetriebe. Im
Markt für Finanzdienstleistungen sind sie
mit ihrem ausgereiften Versicherungsangebot schon lange präsent. adidas setzt auf
ein Gesamtmarkenerlebnis – vom passenden
Schuh bis hin zur Sportapp. Die App miCoach
ist eine Dienstleistung, die nun von einem
Produkt unterstützt wird. Die Smart-RunArmbanduhr ersetzt gar den Fitnesstrainer
in Echtzeit.
Vom Sender zum Partner
Das bewährte Rezept in der Markenkommunikation lautet Storytelling. Dabei stehen
Wahrhaftigkeit und Transparenz im Zentrum.
Es geht darum, Markengeschichten zu erzählen – keine Markenmärchen. Gutes Story­
telling bildet die Basis, ist aber nicht das
Allheilmittel.
Das Kundenerlebnis muss aber im Fokus
stehen, will man den Kunden überzeugen.
Marken erfolgreich machen heißt nicht nur
digitale Technologien einzuführen, sondern
digitale und Offlinewelten nahtlos zusammenzuführen, dem digitalen Kunden also
die Kontrolle über sein Kundenerlebnis zu
geben. Es heißt auch, dass Marken mehr sein
müssen als nur ihr Produkt. Die Marken der
Zukunft sind mehr denn je Erlebniswelten.
Ihr Ansprechpartner: Rainer Balensiefer
[email protected]
Das fängt an mit einer Plattform zum Austausch von Markeninteressierten, bei der
das Unternehmen nur minimale eigene
Inhalte beisteuert und sich möglichst wenig
einmischt, und reicht bis zur Schulung von
„fremden“ Mitarbeitern im Umgang mit
Kunden.
Von der Effizienz zum Kundenerlebnis
Die Unternehmen haben in der Vergangenheit viel auf operative Effizienz gesetzt und
dabei mitunter vergessen, das Kundenerlebnis
ins Zentrum zu stellen. Dies zeigt sich unter
anderem daran, dass 43 Prozent der Kunden
in Deutschland widersprechen, wenn sie nach
der Konvergenz gefragt werden – sprich
nach zusammengewachsenen, einheitlichen
Online- und Offline Kanälen.
Dieser Wert ist im weltweiten Vergleich sehr
schlecht, wie die Accenture-Studie Consumer
Pulse Survey 2013 zeigt, bei der knapp
13.000 Personen befragt wurden.
13
Alles auf Sieg: mit null und eins zu Profit
Sven Drinkuth über Wachstumsstrategien für
eine digitale Welt
Der Trend der „Digitalisierung“
schreitet unaufhaltsam voran.
Er beeinflusst unser Privatund Geschäftsleben signifikant.
Führungskräfte beschäftigt daher
die fundamentale Frage: Wie
muss das eigene Unternehmen
agieren, um zu einem führenden
Spieler in dieser digitalen Welt
zu werden?
Herr Drinkuth, warum ist eine
Digitalisierung des eigenen
Unter­nehmens erstrebenswert?
Digitale Technologien ermöglichen heute
einen schnelleren, weitreichenderen und
umfassenderen Austausch von Informationen.
Dies resultiert in einer signifikanten Veränderung des Konsumentenverhaltens. Das
Mehr an Informationen und die bessere
Vergleichbarkeit führen dazu, dass sich
Kundenbedürfnisse schneller ändern und
die Erwartungen an Produkte und Dienstleistungen steigen. Wie in der NavigatorSommerausgabe 2013 ausgeführt, ist der
Paradigmenwechsel vom klassischen Sales
Funnel hin zum „Nonstop-Customer“, der
die ständige „Evaluation“ in den Mittelpunkt
seiner Kaufentscheidungen stellt, längst vollzogen. War früher noch das Urteil des Verkäufers im Laden ausreichend, werden seine
Aussagen heute durch eine kurze Eingabe in
die Google-Suchmaske auf den Prüfstand
gestellt. Um bei seinen Kunden gefragt zu
bleiben, muss ein Unternehmen auf dieses
veränderte Konsumentenverhalten reagieren.
Digitale Technologien wie „Cloud Computing“, das „mobile Internet“ und „Big Data“
sind nicht nur Ursache für das Phänomen
des „Nonstop-Customer“, sondern bieten
auch Möglichkeiten, seinen wachsenden
Ansprüchen gerecht zu werden. Da viele
Industrie-4.0-Technologien inzwischen Marktreife erlangt haben, bezahlbar und auch leicht
zugänglich sind, eröffnen sie dank ihrer
Eigenschaften nicht nur attraktive neue
14
Geschäftsmodelle, sondern führen auch zu
sinkenden Markteintrittsbarrieren und somit
zu stärkerem Wettbewerb.
Einer Studie von Cisco zufolge ist das Marktpotenzial der Digitalisierung mehr als beachtlich und wird in den kommenden acht Jahren
auf 14,4 Billionen US-Dollar anwachsen.
Dieses Potenzial sollte von Unternehmen
besser früher als später erkannt werden.
Sonst besteht heute mehr denn je die Gefahr,
von einem direkten Wettbewerber oder
einem neuen Marktteilnehmer überholt zu
werden, der die eigenen Kunden besser versteht und auf ihre Bedürfnisse passender
und effizienter eingeht.
Was muss ein Unternehmen denn
tun, um sich im digitalen Wettlauf
vom Wettbewerb zu differenzieren?
Grundsätzlich bedarf es einer digitalen Strategie, die auf Basis des technisch Möglichen
sowohl Kundenbedürfnisse, die Gewinn versprechen, als auch eine schnelle Umsetzung
in den Mittelpunkt stellt.
Eine maßgebliche Differenzierung vom Wettbewerb durch Digitalisierung gelingt Unternehmen nur dann, wenn sie innovative
Produkte und Services anbieten, die den sich
immer schneller verändernden Kundenerwartungen entsprechen. Daimler, BMW und Sixt
haben beispielsweise den Bedürfniswandel
in der Automobilbranche „weg vom Besitzen,
hin zum Nutzen“ erkannt und Car Sharing
Services in ein erfolgreiches digitales
Geschäftsmodell umgewandelt.
Welches Vorgehen empfehlen Sie,
um Kundenbedürfnisse mit Potenzial
für ein profitables Geschäftsmodell
zu identifizieren?
Zunächst ist es wichtig, sich in seine Kunden
hineinzuversetzen und deren wirklichen
Bedarf zu verstehen. Hier haben wir viel von
unserer Kundenerlebnisagentur Fjord gelernt.
Anstelle von quantitativen Befragungen
beobachtet Fjord Kunden bei der Nutzung
von Produkten und Dienstleistungen oder
probiert sie selbst aus. Ein sehr effizientes
Vorgehen, um schnell Verbesserungspoten­
ziale im Kundenerlebnis zu erkennen.
Darüber hinaus sollte man sich vor Augen
führen, dass heutzutage das Produkt allein
häufig nicht mehr ausreicht, um erfolgreich
zu sein. Dem Serviceerlebnis um das Produkt
herum kommt eine zunehmend größere
Nicht zuletzt ist es wichtig, das Markt­
potenzial zu erkennen, das sich hinter verschiedenen Kundenbedürfnissen verbirgt.
Deshalb bewerten wir die Konsumentenerwartungen an den wichtigsten Kontaktpunkten entlang des gesamten Kunden­
lebenszyklus, und zwar im Hinblick auf
Zahlungsbereitschaft und Loyalisierungs­
potential. Hierfür ziehen wir auch führende
Beispiele aus anderen Industrien heran, da
die Wahrnehmung von Konsumenten über
Industriegrenzen hinweg gebildet wird. Ist
ein Kunde beispielsweise aus der Automobilindustrie anwenderfreundliche Produktkon­
figuratoren gewohnt oder aus dem Onlinehandel personalisierte Angebote, so wird er
diese Services früher oder später auch bei
der Buchung seiner nächsten Reise erwarten.
Ist denn ein gutes Kundenverständnis
allein schon ausreichend, um ein
digital führendes Unternehmen zu
werden?
Definitiv nicht. Es ist ein elementarer, aber
nicht ausreichender Erfolgsfaktor. Zusätzlich
ist es notwendig, die für die eigene Industrie
relevanten technischen Möglichkeiten zu
kennen. Monsanto hat beispielsweise erkannt,
dass Technologien wie „Präzisionsackerbau“,
„autonomes Fahren“ und das „Internet der
Dinge“ ihnen Wege eröffnen, ihren Kunden
einen innovativen Service wie die besagte
Ertragsgarantie zu bieten. Basierend auf
fortgeschrittenen Analysemodellen und mithilfe von autonom fahrenden Präzisions­
maschinen wird für jeden Feldabschnitt die
optimale Art der Bestellung sichergestellt.
Marktpotentialanalyse entlang des Kundenlebenszyklus
Entdecken
Erwägen
Evaluieren
Kaufen
Nutzen
Kundenerwartung (Zahlungsbereitschaft und Loyalisierungspotenzial)
Marktpotenzial
Bedeutung zu. Monsanto, ein amerikanischer
Agrochemiekonzern, ist gerade dabei, ein
neuartiges Geschäftsmodell zu entwickeln.
Dieses Modell verabschiedet sich davon,
Landwirten ausschließlich Produkte in Form
von Saatgut und Spritzmitteln zu verkaufen.
Stattdessen bietet der Konzern seinen Kunden eine Ertragsgarantie und spricht damit
ihren eigentlichen Bedarf an: eine ertrag­
reiche Ernte.
Kundenwahrnehmung der
Wettbewerbsprodukte/-services
Kundenwahrnehmung der
eigenen Produkte/Services
Fokusbereich mit
Marktpotenzial
Zentrale Kundenkontaktpunkte
Kundensegment A
Kundensegment B
Quelle: Accenture Research, basierend auf CECL (Competitive Experience Comparative Landscape)
Für eine erfolgreiche Umsetzung der beiden
Erfolgsfaktoren – Kundenbedürfnis und
Technologieverständnis – ist eine enge
Zusammenarbeit bei der Strategieentwicklung und -umsetzung von Marketing, Vertrieb, Service und Technologie notwendig.
IT-Abteilungen können nicht länger der bloße
Empfänger von Anforderungen aus den Fachbereichen sein. Sie müssen sich emanzipieren
und ihr Wissen sowohl bei der Identifikation
von Marktpotenzialen als auch bei der Ableitung von Anforderungen gleichermaßen einbringen wie die Fachbereiche.
Muss man denn zwingend der Erste
sein, um Erfolge zu erzielen, oder ist
auch eine Positionierung als „Fast
Follower“ ausreichend?
Durch die Digitalisierung sind Märkte mittlerweile so dynamisch, dass Unternehmen jeden
Tag um die führende Position konkurrieren.
Den „1st Mover Advantage“ in dem Sinne
gibt es nicht mehr. Sobald ein Geschäfts­
modell erfolgreich ist, sollte bereits die
Suche nach dem nächsten beginnen. Exemplarisch zeigt dies der derzeitige Wettstreit
zwischen Apple (iTunes und iTunes Radio)
und Pandora in der Musikindustrie.
Damit sich Geschäftsideen und -modelle
schnell weiterentwickeln können, muss
jedoch die „Null-Fehler-Toleranz“-Kultur in
den Konzernen zugunsten einer „Spielkultur“
weichen. Diese Spielkultur zielt ab auf ein
durch den Kunden getriebenes „Testen und
Lernen“. Unternehmen müssen den Mut entwickeln, verschiedene Dinge auszuprobieren.
Hierbei sollten Konsumenten schon sehr
früh in den Entwicklungsprozess eingebunden werden, damit die Unternehmen falsche
Ansätze frühzeitig stoppen und in wirkliche
Erfolgsgaranten investieren können. Google
macht dies mit den Betaversionen seiner
zahlreichen Applikationen erfolgreich vor. Es
hat sich gezeigt: Um ein führendes Unternehmen in einer digitalen Welt zu werden,
geht es nicht darum, zu spielen, um nicht
zu verlieren. Vielmehr muss man spielen,
um zu gewinnen.
Ihr Ansprechpartner: Sven Drinkuth
[email protected]
15
Banken unter Zugzwang
Wie Geldinstitute im digitalen Zeitalter für ihre
Kunden relevant bleiben
Das Bankenmodell des 21. Jahrhunderts wird sich radikal ändern.
Wieso? Banken können nicht
mehr nur Lieferanten von Finanzund Serviceprodukten sein. Sie
müssen deutlich mehr bieten.
Sie müssen eine individuell angepasste Kundenlösung anbieten.
Möglich ist dies aufgrund eines
stetig wachsenden Daten- und
Informationsbestands. Die Bank
der Zukunft ist die Bank für jeden
Tag, die ihre Kunden über die verschiedensten digitalen Kanäle
erreicht, mit innovativen, individuell gestalteten Produkten und
Finanzdienstleistungen.
Das weltweite Datenvolumen verdoppelt
sich Berechnungen aus dem Jahr 2012
zufolge alle zwei Jahre. Der Trend ist nicht
neu, zeigt jedoch eine Entwicklung, der sich
Unternehmen nicht entziehen können. Big
Data Analytics wird immer häufiger angewendet, um in Unternehmen Daten in den
Wertschöpfungsprozess miteinzubeziehen.
Dies gilt insbesondere auch für die Bankenwirtschaft.
Neue Marktteilnehmer, mehr
Konkurrenz
Banken stehen vor einer grundlegenden
Entscheidung: Entweder sie werden ein
hoch­effizienter, aber reiner Transaktionsdienstleister oder sie entwickeln sich zu
einem integralen Bestandteil des digitalen
Alltags ihrer Kunden. Eine jüngste Erhebung
aus dem Jahr 2013 sieht durch neue Kon­
kurrenten bis zu einem Drittel der Umsätze
gefährdet.
16
PayPal zum Beispiel ist heutzutage die am
meisten verbreitete Onlinebezahlmethode
mit über 120 Millionen digitalen Geldbörsen
weltweit. Sogar die Kaffeekette Starbucks
ist im Bezahlgeschäft tätig und wickelt
mit ihrer Kundenkarte ein Drittel ihrer USamerikanischen Verkaufstransaktionen ab.
Im Gegensatz zu den USA nahmen alternative Bezahldienste in Europa im Jahr 2012
gerade einmal 1,5 Prozent des Marktes ein.
Nach Berechnungen von Accenture wird
diese Zahl bis 2020 auf 15 Prozent ansteigen.
Dies entspricht einem jährlichen Wachstum
von 35 Prozent.
Neue Marktteilnehmer greifen dem klassischen Bankgeschäft Kunden ab, immer mehr
und immer schneller. Google hat neben
seinem Onlinebezahldienst „Wallet“ auch
eine physische Kreditkarte auf den Markt
gebracht und Telekommunikationsunter­
nehmen wie T-Mobile in den USA, Rogers
in Kanada oder aitel in Indien haben eigene
Bezahldienste gestartet. In weniger als
einem Jahr haben Wal-Mart und American
Express mit ihrer „Bluebird“-Prepaidkarte,
einer Alternative zum klassischen Bankkonto, eine Million Kunden gewonnen.
Daten als Treiber für Innovation und
Wachstum
In jedem Großunternehmen, das auf Daten
aufbaut, werden das Management und die
Vereinheitlichung der schieren Masse an
Daten zur großen Herausforderung. Über
viele Jahre haben sich Informations- und
Technologiesilos gebildet. Informationen
liegen in großer Vielfalt vor, strukturiert und
unstrukturiert. Neue Daten aus sozialen Netzwerken, Onlineverhalten, aufgezeichneten
Callcenterinteraktionen, Mails und Kundenchats ergänzen die bislang zur Auswertung
bereitstehenden großen Mengen an Handels-,
Bewertungs-, Kunden- und Vertragsdaten.
Außerhalb der Finanzwirtschaft nutzen zahlreiche Groß­unternehmen diese Vielfalt an
Daten, um so abgestimmter mit ihren Kunden
über soziale Medien zu kommunizieren und
neue Produkte und Services zu gestalten.
Tesco ist nur eines der globalen Top 2000Unternehmen, das sich die Digitalisierung
auf seine Fahne geschrieben hat. Ein wahres
Wettrennen ist entstanden, in dem es darum
geht, als Erster in der jeweiligen Industrie
eine derartige Digitalisierung zu erreichen
und den Markt selbst gestalten zu können,
anstatt von ihm überholt zu werden. Die
Supermarktkette hat in den letzten zwei
Jahren nicht nur interaktive Verkaufsläden
in Flughäfen und U-Bahn-Stationen aufgebaut, sondern ist auch in anderen Industrien
aktiv geworden. So gehören ein Streamingdienst für Filme, E-Books und sogar ein
eigenes Tablet zum Repertoire. Mehr als 20
Prozent des Onlineumsatzes werden über
Smartphones generiert und zehn Prozent
aller Bestellungen über die mobile Webseite.
Tesco ist auf gutem Weg, ein „Digital Business“ zu werden. Auch Banken können sich
einen Teil des digitalen Kuchens sichern.
Dazu aber müssen sie in ihren Angeboten
deutlich flexibler werden.
Eine Forrester-Studie fand heraus, dass in den
USA 42 Prozent der über 18-Jährigen sich mit
ihrem Finanzdienstleister mehr Onlineinteraktion über soziale Medien wünschen. An
drei Diensten sind sie besonders interessiert:
Akuter Anstieg alternativer Bezahlmethoden
Transaktionsvolumen alternativer Bezahlmethoden in Europa (Milliarden)
53,0
ate
39,2
msr
35,7
tu
achs
W
%
29,2
21,8
16,1
4,8
2012
Ist
8,8
6,5
2013
2014
12,0
2015
2016
2017
2018
2019
2020
Prognose
Quelle: Accenture Research; Analyse von ECB-, EPC-, WorldPay- und Visa-Daten
Sich auf die nächste Generation einstellen
Interesse des Kunden, eine Ausgabenanalyse und Kaufempfehlung in Echtzeit von ihrer Bank zu erhalten
68 %
67 %
57 %
55 %
31 %
Wahrscheinlichkeit, dass eine derartige Analyse/
Empfehlung die Kundenbindung steigert
20 %
29 %
48 % Nordamerika
20 %
35 %
37 %
35 %
26 %
8%
10 %
38 %
37 %
25 %
18 %
18–34
35–54
55 +
Sehr interessiert
Interessiert
18 –34
35–54
55 +
Sehr starker Anstieg der Kundenbindung
Moderater Anstieg der Kundenbindung
Quelle: Accenture-Umfrage im März 2014 unter 3.846 Bankkunden in Nordamerika
Erstens erwarten Sie Informa­tionen zu
Finanzprodukten, denen ihr Budget zugrunde
liegt. Zweitens möchten sie eine individuelle
Finanzberatung. Und nicht zuletzt wollen sie
einen Kundenberater jederzeit über verschiedene digitale Kanäle ansprechen können.
Die „Bank für jeden Tag“ – durch die Digita­
lisierung ist sie möglich. Aus einer breiten
Datenvielfalt und deren Auswertung können
neue Geschäftsbereiche und individuelle
Kundenlösungen schneller entstehen. Eine
Accenture-Umfrage aus diesem Jahr unter
3.846 amerikanischen Bankkunden ergab,
dass sich 40 Prozent Hilfestellung bei einem
Autokredit wünschen, inklusive Empfehlung
für Automodell und Autofarbe. Ferner
wünschen sie Unterstützung bei der Kauf­
abwicklung. Das ist nur einer von vielen
Diensten, die in dieser Form (noch) nicht
angeboten werden.
17
Der Weg zu einer Bank für jeden Tag
Damit Banken sich zu digitalen Banken
entwickeln können, bedarf es der Technologien, die mit Big Data, großen Datensätzen,
umgehen können. Eine Lösung dafür sind
neue Datenbankstrukturen und Methoden
für verteilt arbeitende Systeme. Ein Weg
sind zum Beispiel NoSQL-Datenbanken
(„Not only SQL“-, also nicht relationale
Datenbanken oder strukturierte Daten­
speicher) und Hadoop-Software für Big
Data. Kombiniert ermöglichen diese Systeme
eine sehr schnelle Prozessierung der Daten
und eine optimale Skalierbarkeit bei gleichbleibender Performance, auch wenn das
Datenvolumen ansteigt. Aus gutem Grund
sind unter anderem die Datenzentren von
Google und Amazon auf dieser Technologie
aufgebaut.
Als Resultat lässt sich zum Beispiel eine
mobile App entwickeln, wie es die austra­
lische Commonwealth Bank vorgemacht
hat. Man richtet einfach seine Smartphonekamera auf eine Immobilie. Dann werden
mithilfe von „Augmented Reality“ der Haus­
preis und weitere Immobiliendetails in
Echtzeit im Kamerabild angezeigt, inklusive
individuell zugeschnittener Finanzierungsvorschläge und Versicherungsoptionen. Die
App deckt 95 Prozent des australischen
Hausmarktes ab und erzeugt 20.000 Suchen
pro Monat. Bereits nach einem Quartal hatte
die Bank die Investitionskosten für die App
wieder erwirtschaftet.
Laut einer Accenture-Studie aus dem Jahr
2012 befürchten weltweit 85 Prozent der
Erwerbstätigen, dass ihre Ersparnisse für
den Ruhestand nicht ausreichen werden.
Zudem sinken in den meisten Ländern die
Sparquoten.
Weltweit sind fast 1,5 Milliarden Smart­
phones im Einsatz. Sie sind wie geschaffen,
um eine kundenspezifische Finanzberatung
immer effizienter und mobil anzubieten.
Denn Kunden- und Transaktionsdaten geben
Aufschluss über Einkommen sowie Ausgabeverhalten und liefern viele weitere indivi­
duelle Kennzahlen beinahe in Echtzeit.
Dadurch können individuelle Lösungen über
den mobilen Weg, mithilfe von PFM, direkt
in die Hände des Kunden gespielt werden
und somit auch die Interaktion und schlussendlich den Umsatz erhöhen.
In Nordamerika gaben 68 Prozent der Kunden
im Alter von 18 bis 34 Jahren an, dass sie sich
eine „Ausgabenanalyse und Kaufempfehlung“
von ihrer Bank wünschen. Davon bestätigten
fast gleich viele (67 Prozent), dass sie durch
einen solchen Service ihrer Bank gegenüber
loyaler wären.
PFM ist eine Möglichkeit, aus den bereits
vorhandenen Kundendaten Informationen
herauszufiltern, die dann in neue Services
münden. Ferner können dem Kunden weitere
Informationen geliefert und die Interaktion
mit ihm auf mehrere digitale Kanäle ausgeweitet werden.
Mehrwert für Bankkunden
Wie Accenture weiter herausfand, wünschen
sich 51 Prozent der Befragten einen proaktiven Lösungsvorschlag für ihre individuelle
Finanzsituation. Über die Hälfte (55 Prozent)
von ihnen sagt, so würde sich auch die Loyalität zu ihrem Kreditinstitut verstärken. 48
Prozent der Befragten sind daran interessiert,
vorausschauende Analysen in Echtzeit angezeigt zu bekommen. Ein Viertel würde dafür
auch eine Gebühr bezahlen, wenn sich die
Analyse positiv auf ihr Budget auswirkt.
Die neue Ära von Personal Financial
Management Tools (PFM Tools) stellt eine
effiziente Möglichkeit dar, eine Bank für
jeden Tag entstehen zu lassen. Bankkunden
tun sich oft schwer damit, ihre Finanzen
selbst zu managen.
18
Level Money zum Beispiel, ein Start-up im
Silicon Valley, hat eine App entwickelt,
die ihre Kunden vor einer nahenden Überschreitung ihres Durchschnitts­budgets
warnt. LearnVest bietet ein kostenloses
Budgetierungs– und Planungstool für die
verschiedensten Lebensphasen an. Darüber
hinaus können gegen eine Gebühr Finanz­
berater direkt kontaktiert werden, die sich
dann das Budget und Haushaltskonto
gemeinsam mit dem Kunden genauer
anschauen.
Fazit
Analysten prognostizieren, dass sich Banken
bis zum Ende dieses Jahrzehnts in allen
Geschäftsbereichen radikal verändern werden. Der Grund dafür ist die Digitalisierung.
Die Bankenwelt steht unter Zugzwang, da
immer mehr Kunden sich eine Bank mit vielseitigen Zugangspunkten, Möglichkeiten zur
Analyse ihres Finanzdepots und individueller
Finanzberatung wünschen. Neue, innovative
Finanz- und Kundenlösungen, gepaart mit
zunehmend vielfältigen Kundeninteraktionen
über digitale Kanäle, ermöglichen nicht nur
eine starke Kundenbindung und neue Verkaufsmöglichkeiten. Im Endeffekt generieren
sie auch Profit für die digitale Bank für
jeden Tag.
Ihr Ansprechpartner: Christian Finke
[email protected]
19
Digitale Empathie
Emotionen erobern das Servicedesign
Digitale Services werden menschliche Emotionen verstehen und
darauf reagieren. Die Beziehung
zwischen Produkten und den
Kunden wird dadurch erheblich
gestärkt. Das ist keine ScienceFiction. Erste Züge menschenähnlichen Verhaltens zeigt die
Spracherkennungssoftware Siri
von Apple. Sie haben das noch
nicht ausprobiert? Sollten Sie
unbedingt. Erkennbar haben
die Designer und Programmierer
hier versucht, Siri menschlicher
erscheinen zu lassen. Warum
eigentlich?
Dienstleistungen hochgradig effizient zu
gestalten war das Ziel der Digitalisierung
in den letzten Jahren. Der Einsatz hat sich
gelohnt: Das Einchecken am Flughafen
beispielsweise erfordert heute keine Mit­
arbeiter mehr, passé sind ausgedruckte
Papiere, stecken die entsprechenden Daten
doch digital im Smartphone als App. Dabei
waren die Anfänge dieser Dienste recht
holprig und höchstens geeignet für digital
Begeisterte, nicht so sehr für typische Nutzer.
Diese Dienste reibungslos funktionieren zu
lassen und für die Nutzer möglichst einfach
zu gestalten, darauf haben sich die Unternehmen in den letzten Jahren konzentriert.
Mit Erfolg. Effizienz und Funktionieren samt
erheblichen Einsparungen waren das Ergebnis. Dieser positive Trend wird sich weiter
fortsetzen. So geht die International Air
Transport Association (IATA) davon aus, dass
sich allein durch die konsequente Einführung
des eigenständigen Boardings jährlich mehr
als 700 Millionen US-Dollar einsparen lassen.
20
Kundenbindung braucht mehr als
digitale Dienste
Die überragende Mehrheit der Kunden ist
heute jederzeit digital erreichbar. Services,
die auf digitalen Plattformen zur Verfügung
gestellt werden, ermöglichen es den Unternehmen, jederzeit mit ihren Kunden zu interagieren, Fragen zu beantworten, Probleme
zu lösen, Produkte zu verkaufen.
Die Hoffnung allerdings, dass ein Mehr
an Interaktionen zugleich die Beziehung
zwischen Kunden und Produkten stärke,
wurde enttäuscht. Im Gegenteil. Kunden
sind heute viel eher bereit, sich den Produkten eines Wettbewerbers zuzuwenden. Die
ernüchternde Bilanz: Digitale Dienste, so
reibungslos sie funktionieren mögen, haben
viele Kunden nicht binden können. Kundenbindung fußt nun einmal wesentlich auf
Emotionen. Also heißt die zusätzliche Mission
Possible: her mit den Emotionen! Dienste,
die auf Funktionieren und Effizienz getrimmt
sind, lenken die Beziehung zwischen Kunde
und Produkt auf sachliche Aspekte, also auf
das Preis-Leistungsverhältnis und Servicequalität. Emotionale Aspekte werden dabei
vernachlässigt. Doch genau diese Aspekte
bilden die Grundlage für dauerhafte Beziehungen.
Auf funktionierende und effiziente digitale
Dienstleistungen werden Unternehmen (und
Kunden) nicht mehr verzichten wollen und
auch nicht müssen. In der nächsten Evolu­
tionsstufe werden diese Leistungen mensch­
licher. Sie werden die Emotionen der Kunden
verstehen, ihr virtuelles Gegenüber gezielt
beeinflussen und die einst verlorene (emotionale) Kundenbindung wieder stärken.
Emotionale Intelligenz als Realität
Im März 2014 hat die Universität Toronto
ein Programm vorgestellt, das anhand der
Mimik von Menschen ihre Emotionen
bestimmt. Der Test war bewusst schwierig
gestaltet; in vielen Fällen waren die Emotionen nur gespielt und nicht echt. Bei der Interpretation der Emotionen erreichte das Programm der Wissenschaftler eine verblüffende
Treffergenauigkeit von 85 Prozent. Die
gleichzeitig befragten Menschen erzielten
nur 55 Prozent.
Über dieses reine Verstehen menschlicher
Emotionen geht SoftBank hinaus. Der japanische Konzern stellte im Juli dieses Jahres
den Roboter Pepper vor. Pepper reagiert auf
menschliche Emotionen angemessen, also
emotional. Er erkennt die Gefühlslage seines
Gegenübers nicht nur, sondern beantwortet
sie seinerseits emotional, mit Humor und
Mitgefühl. Nicht rein mechanisch-faktisch,
eben wie ein üblicher Roboter, sondern tatsächlich menschlich. Mit anderen Worten:
Die Menschheit ist – endlich – technisch in
der Lage, digitale Dienste zu kreieren, die
menschliche Gefühle verstehen und so interagieren, wie Menschen dies miteinander tun.
Dienste, die angemessene Emotionen
zeigen, werden solche intelligenten Fähig­
keiten nicht nur immer besser beherrschen,
sie werden auch die Bindung zwischen Produkten und Kunden stärken. Beispiele für die
nahe Zukunft sind schon in der Erprobung.
Eine typische Situation: Beim Ausfüllen des
Onlineformulars für eine Zahnzusatzversicherung ist Nutzer Feuerstein verwirrt. Offensichtlich sind ihm einige Felder in dem Formular unklar. Da heißt es für das Gegenüber,
die Versicherung, aktiv zu werden. Also wird
Feuerstein proaktiv ein Servicechat ange­
boten. Das Motto: „Haben Sie Fragen zu
unserem Formular, Herr Feuerstein? Ich helfe
gerne.“ Feuersteins Frage wird beantwortet,
er ist zufrieden (seine Zufriedenheit wird
natürlich auch digital erkannt) und schließt
den Vertrag unkompliziert ab.
Die Antwort auf die Frage, ob Werbung bei
der Nutzung von Onlinediensten aus Nutzersicht akzeptabel ist oder nicht, war bisher
eher frustrierend. In erster Linie hängt das
davon ab, in welcher Stimmung der Nutzer
gerade ist. Ein Beispiel: Kundin Maier führt
ihre Überweisungen online durch und tut
dies gut gelaunt und entspannt. Ideale
Bedingungen also, um sie über neue Produkte zu informieren. Sollte der Nutzer
hingegen angespannt sein, verzichtet der
Dienst im Hintergrund auf jede Ablenkung.
Die Zukunft von Services heißt
„Emotionen“
Auf Emotionen der Nutzer zu reagieren und
die angebotenen Dienste situativ anzupassen,
das werden die digitalen Systeme schon bald
können. Noch komplexer und beeindruckender wird es, wenn die Dienste selbst emotionales Verhalten an den Tag legen. Wie in der
US-amerikanischen Science-Fiction-Romanze
„Her“. In diesem Filmdrama aus dem Jahr
2013 verliebt sich Theodore in das Betriebs-
system seines Computers. So weit muss
es zwar nicht gehen mit den Emotionen.
Viel ist jedoch gewonnen, wenn ein Nutzer
Sympathie für einen Service empfindet,
denn dann will er ihn nicht mehr missen.
Klassische Kundenbindung also.
Dafür ein Beispiel, wie sich der Dienst am
Kunden in der etwas ferneren Zukunft
abspielen kann: Herr Hennig versucht, über
den Onlinedienst seines Telefonanbieters ein
technisches Problem zu lösen. Die Störung
lässt sich jedoch nicht kurzfristig beheben.
Der Service der Zukunft verhält sich in dieser
Situation menschlich, indem er emotionales
Verhalten zeigt und die Störung bedauert.
Auch wenn der Kunde weiter verärgert ist,
zeigt das System Verständnis für seine Verärgerung und entschuldigt sich erneut. Die
Nase vorn haben wird, wer das ausgereifteste, also emotional intelligenteste System
entwickelt. Accenture setzt hier Kompetenzen technisch um, die jeder gute Mitarbeiter
in der Bearbeitung von Reklamationen
beherrscht und verwendet, um verärgerte
Kunden zu besänftigen. Dazu wird ein geeignetes Repertoire an Reaktionen je nach emotionalem Zustand des Kunden hinterlegt.
Auch der Vertrieb nutzt zukünftig gezielt
emotionales Verhalten von digitalen Diensten immer stärker, um Kaufwahrscheinlichkeiten zu erhöhen. Noch ein Beispiel aus der
Bankenwelt: Beim Abheben von Geld sind
die meisten Kunden in Eile und beachten die
häufig eingeblendete Werbung nicht. Bei Frau
Geröllheimer ist das heute ausnahmsweise
anders. Sie hat Zeit, ist gut gelaunt und denkt
seit einiger Zeit über eine Geldanlage nach.
Der Geldautomat erkennt ihren für einen
Kauf gut geeigneten emotionalen Zustand
und stellt fest, dass sie sieben Sekunden
lang die Werbung für Geldanlagen aufmerksam angesehen hat. Ein freundlich lächelnder digitaler Mitarbeiter erscheint auf dem
Display des Geldautomaten. Einladende Gestik und Mimik unterstreichen sein Angebot,
jetzt mit einem Mitarbeiter der Bank über
das Thema zu sprechen (das System hat im
Hintergrund geprüft, ob Mitarbeiter verfügbar sind und ob Frau Geröllheimer laut CRM
für Geldanlageprodukte infrage kommt).
Frau Geröllheimers Mimik zeigt Unentschlossenheit. Das System verspricht ihr, dass
das Gespräch unverbindlich ist und lediglich
15 Minuten dauern wird. Schlussendlich
überzeugt der Satz: „Ich würde mich sehr
freuen, wenn Sie sich die Zeit nehmen“, der
begleitet ist von entsprechend freundlichaffirmativer Mimik und Gestik.
Designing Emotions
Dienste auf den Menschen mit all seinen
Gefühlslagen auszurichten erfordert, dass
sie einfach und elegant seine Ansprüche als
Kunde erfüllen und zusätzlich angemessen –
also emotional – auf sein Verhalten eingehen. Dadurch steigen die Komplexität und
die Anforderungen an Designer, emotionale
Situationen zu ermöglichen und positive
Gefühle bei Kunden zu erzeugen. Wenn
das Vorhaben gelingt, und es wird in naher
Zukunft gelingen, können Unternehmen bald
hocheffiziente digitale Dienste anbieten und
mit starken (digitalen) Beziehungen gleichzeitig die Kundenbindung verbessern.
Ihr Ansprechpartner: Johannes Erbslöh
[email protected]
21
Es spricht mich an
Wenn die Umgebung beginnt, mit Kunden zu
interagieren
Die Schnittmenge zwischen
Business und Technologie
ermöglicht, dass Unternehmen
den Kunden im Moment der
Kaufentscheidung unterstützen
und beeinflussen. Wenn er
sich einem Regal nähert oder
dort verweilt, landet passende
Werbung auf seinem Smartphone. „Micro-Location-Awareness-Technologien“, also Tech­
nologien, die ihre Umgebung
registrieren, und das Smart­phone machens möglich.
Der wachsende Konsum auf Onlineplatt­
formen verändert das Verhalten von Verbrauchern. Sie fordern attraktivere Angebote, eine
persönliche Ansprache und Empfehlungen
aus dem eigenen sozialen Netzwerk. Diese
Erwartungshaltung über­tragen sie auch
auf traditionelle Verkaufs­kanäle, die trotz
steigender Onlineverkaufszahlen noch immer
90 Prozent der Einkäufe ausmachen.
Kunden sind überall online
Beinahe jeder Kunde hat ein Smartphone in
der Tasche und über 60 Prozent verwenden
das Gerät, um im Geschäft Produkte zu vergleichen. „Im-Geschäft-Navigation“ und die
Möglichkeit von „Self-Check-out“ mittels
Smartphone, bei dem der Konsument die
Waren selbst einscannt, bewertet mehr als
die Hälfte der Kunden als Verbesserung
und Mehrwert. Zudem haben sich Kunden
daran gewöhnt, dass Unternehmen aus den
gesammelten Daten mittels Analytics Rückschlüsse ziehen, die zu einer Verbesserung
des Einkaufserlebnisses führen sollen. Ist
dieser Mehrwert für den Kunden klar ersichtlich, sieht er die zielgerichtete Ansprache
und Bewerbung von Produkten durchaus
positiv.
22
Die Kombination von mobiler Technologie
und intelligentem Verknüpfen von Daten
ist die Grundlage für eine neue Interaktion
mit dem Kunden in Geschäften. Burberry
und H&M integrieren RFID-Chips in Kleidungsstücke, mit denen die Produkte auf
kurze Entfernung erkannt werden. Wenn der
Kunde mit einem solchen Artikel an einer
Videowand vorbeigeht, werden passende
Kleidungsstücke beworben. Dadurch werden
Cross- und Upselling gefördert. Andere
Unternehmen setzen auf den Einsatz von
Tabletcomputern zur Unterstützung der Verkaufsmitarbeiter. Der britische Retailer Argos
hat komplexe Kataloge entwickelt, die für
die Kunden in der Filiale ausliegen und mit
interaktiven Apps für das Smartphone oder
Tablet vielseitig ergänzt werden. Sephora, ein
internationaler Kosmetikhersteller, sendet
Werbung zu Produkten und Gutschriften
direkt in eine eigene App, über die auch Produkte eingescannt und Kundenrezensionen
nachgeschlagen werden können. Die App
dient auch als Kundenkarte. Der Handelskonzern Marks & Spencer verwendet interaktive Bildschirme, mit denen verschiede
Make-up-Varianten virtuell getestet und wie
in einem Spiegel betrachtet werden können.
Wissen, wo sich der Kunde befindet
Die Interaktionsmöglichkeiten gehen sogar
noch weiter. Produkte können jetzt im richtigen Moment empfohlen werden und so den
Kauf zum Zeitpunkt der Entscheidung unterstützen. Das Orten und Erkennen des Kunden
(Micro-Location Awareness) ist die zugrunde
liegende Technologie. Damit kann die Entfernung von Kunden mit Smartphones zu
bestimmten Produkten gemessen werden,
um sodann gezielt Interaktionen auszulösen.
Während Technologien wie WiFi oder GPS
sich wegen ihrer nicht ausreichenden Genauigkeit und ihres hohen Energieverbrauchs
nicht durchsetzen konnten, ist Bluetooth in
der Low-Energy-Variante LE der aktuelle
Trendsetter. Kleine Sender, Beacons, werden
im Geschäft positioniert, mit denen Kunden
geortet werden können.
Im vergangenen Jahr hat Apple zum Beispiel
alle seine 254 Geschäfte in den USA mit
iBeacons ausgestattet, über die an den
jeweiligen Produktständen zusätzliche Informationen und Angebote an dort verweilende
Kunden gesendet werden. Zudem ist der
amerikanische Konzern mit Unternehmen
wie Coca-Cola, Macy’s und Safeway erste
Kooperationen zur Einführung der Techno­
logie eingegangen. Im weiteren Umfeld entwickelt Google die ortsbezogene Werbung
sowie die „Im-Geschäft-Navigation“, um
den Kunden besser orten und bewerben zu
können. Digitale Innovationen und Technologien wie diese versetzen Unternehmen in
die Lage, automatisierte und datenbasierte
Entscheidungen zu treffen und damit ihren
Kunden jederzeit im Kaufprozess virtuell
zur Seite zu stehen.
Digitale Kundeninteraktion zur
Kaufentscheidung
Globale Unternehmen und Produkte
erschweren die Differenzierung im Markt.
Differenzieren kann sich jedoch nach wie
vor, wer auf den Kunden und auf die von
ihm kommunizierten Erwartungen eingeht.
Unternehmen lernen also, ihre Kunden zu
lesen und deren nächste Bedürfnisse vor­
herzusagen, wie zum Beispiel den von ihnen
präferierten Kontaktkanal. Dadurch kann
ein verbessertes Serviceerlebnis gelingen
und die Wechselwilligkeit der Kunden reduziert werden. Teil der Konzentration auf
den Kunden ist, dass intensiv sein Feedback
eingeholt wird. Das mündet in iterative
Produktverbesserungen und erhöht die
Kundenzufriedenheit.
Die Konzentration auf den Kunden und der
Einsatz aktuellster Technologien ermöglichen,
dass der Kunde beim Kaufprozess besser
unterstützt werden kann. Während bei tradi­
tionellen Werbeformen das Interesse des
Kunden überhaupt erst geweckt werden
muss, ist nun mittels Ortung durch Beacon
und Smartphone bekannt, bei welchen Produkten der Kunde aus Interesse anhält. Damit
kann die Kaufentscheidung zu einem Zeitpunkt, in dem die Intention des Kunden klar
ist, gezielt unterstützt werden. Bleibt ein
Kunde beispielsweise vor einem Joghurtregal
stehen, kann exakt an dieser Stelle, während
der Kunde die Kaufentscheidung tätigt und
eine Sorte auswählt, ein passendes Angebot
zum Beispiel mittels Rabatt­aktion beworben
werden.
Diese Verschmelzung von Online- und Offlinekanal haben die Accenture Technology
Labs, basierend auf den richtungsweisenden
Technologien, in einer Cross-Channel-Promotion-Plattform realisiert. Mit ihr können
Unternehmen in Echtzeit produktspezifische,
personalisierte Informationen, die durch die
Annäherung an einen im Regal fixierten
Beacon ausgelöst werden, an die App des
Smartphones ihrer Kunden senden. Die Plattform verfügt zudem über ein intelligentes
Auktionssystem, das nach mehreren Faktoren
wie Gebot, Kundenakzeptanz, Relevanz und
Qualität die erfolgversprechendste Bewerbung auswählt. Eingebunden ist auch eine
direkte Messung der Effektivität (ROI) von
Kampagnen und anderen Maßnahmen, die
die Verbesserung der Kundenbeziehung zum
Ziel haben.
Durch die exakte zeitliche Zuordnung und
die Datensammlung auf dem Smartphone
lässt sich genau feststellen, ob die Bewerbung zum gewählten Zeitpunkt vom Kunden
betrachtet und genutzt wurde. Zusätzlich
kann die Promotion auch mit Empfehlungen
aus dem Bekanntenkreis angereichert werden
oder es können auf Basis der Produkt­auswahl
Folgeempfehlungen ausgesprochen werden.
Erfolg im digital unterstützten Verkauf vor
Ort wird also messbar.
Treffsicherheit kurbelt den Umsatz an
Die Kundenzufriedenheit wird durch ein
reibungsloses Einkaufserlebnis gesteigert.
Der Kunde erhält, ohne sich vorab Gedanken
machen zu müssen, die derzeit für ihn passendsten Angebote. Das spart ihm Zeit und
Geld. Die Lieferanten von Produkten wiederum können ihre Ware explizit im Moment
der Kaufentscheidung bewerben und den
Kunden beeinflussen. Der stationäre Handel
verbessert damit die Wirksamkeit von Promotions, erhöht den Umsatz und optimiert
die Verhandlungsposition gegenüber Zulieferern von Produkten.
Kurzum: Technisches Können, eine schlanke
und schnell agierende Organisation und die
flexible Ausrichtung ihres Verkaufsmodells
auf den Kunden und dessen Wünsche sind
wesentliche Eigenschaften erfolgreicher
Unternehmen. Möglich wird dies durch innovative digitale Technologien.
Agile Verkaufsorganisationen mit
digitalen Skills aufbauen
Zeit ist Geld beim Erwerb digitaler Skills.
Dabei steht außer Frage, dass sich Verkaufsorganisationen zunehmend technologisieren
und ihr analytisches Profil schärfen müssen.
Anders lassen sich die Fülle von Kundendaten
und ddie Nutzung digitaler Kanäle nicht
erfolgreich bewältigen. Das rasche Umsetzen
innovativer Lösungen und das Verständnis des
digitalen Kunden werden im Verkauf immer
wichtiger. Dort verschmelzen Online- und
Offlinewelt zunehmend, denn die Kunden
sind permanent online und über ortsbasierte
Technologien mit Geschäften verbunden.
Was die Unternehmen dafür brauchen, ist
eine agile Verkaufsorganisation, die rasch
neue Technologien umsetzen kann. Die Verkaufsmitarbeiter wiederum müssen mit digitaler Expertise versehen sein, um die Welt
der Daten und digitalen Innovationen zu
verstehen und zielgerichtet einzusetzen.
Ist all dies erfolgreich geschehen, sind
sowohl die Kunden als auch die Unternehmen zufrieden: Die Bedürfnisse der Kunden
werden erfüllt und folglich steigt die Zahl
der Verkaufsabschlüsse.
Ihr Ansprechpartner: Hannes Mayrhofer
[email protected]
23
Sprengt die Silos
„Command and Control“ ermöglicht die
ganzheitliche Steuerung des Kundenerlebnisses
Kundenorientierung und ein konsistentes Kundenerlebnis an allen
Kontaktpunkten in Marketing,
Vertrieb und Service sind heut­
zutage entscheidend für den
Geschäftserfolg. Ein ganzheit­
licher „Command Center“-Ansatz
bildet die Basis dafür, das Kunden­
erlebnis kanal- und funktionsübergreifend zu optimieren.
Was macht das Kundenerlebnis so entscheidend für den Erfolg? Die Ergebnisse der
Accenture-Studie Consumer Pulse Survey
2013, die mit rund 13.000 Konsumenten in
32 Ländern durchgeführt wurde und deren
Hauptpunkte wir im letzten Navigator
zusammengefasst haben, zeigen deutlich,
dass Kunden bevorzugt eine Geschäftsbeziehung mit Unternehmen eingehen, die ihnen
ein maßgeschneidertes und nahtloses Kundenerlebnis bieten. Vom ersten Berührungspunkt mit dem Marketing über Vertriebsversprechen bis hin zum Kundenservice. Für
negative Erfahrungen gibt es in einem von
Nachfrage getriebenen Markt wenig Verständnis – 20 Prozent der Kunden reagieren
zum Beispiel auf negative Erlebnisse im
Service mit einem Anbieterwechsel.
Das Problem der funktionalen Silos?
Marketing-, Vertriebs- oder Kundenserviceeinheiten interagieren über verschiedenste
Kanäle parallel mit dem Kunden. Sie haben
jedoch nur eine begrenzte Sicht auf das, was
im Unternehmen geschieht, und damit auch
auf die Auswirkungen im Hinblick auf das
gesamte Kundenerlebnis. So beschränkt sich
der Kundenservice häufig auf die Steuerung
durch Metriken wie die Anzahl der eingehenden Anfragen (via Anruf, E-Mail oder
Self­servicekanal) oder das Service Level im
Order-to-Cash-Prozess. Die Gründe für
unerwartete Veränderungen bei diesen
Metriken bleiben häufig im Dunkeln, da die
entsprechenden Fragen innerhalb eines
Funktionsbereiches nicht beantwortet
werden können.
Um ein positives Kundenerlebnis zu gestalten, müssen Unternehmen eine ganzheit­
liche Steuerung von Marketing, Vertrieb und
Service etablieren und agiler in ihren kundenrelevanten Prozessen werden. Konkret heißt
das, dass Organisation, Prozesse und IT eines
Unternehmens konsequent am gewünschten
Kundenerlebnis ausgerichtet werden müssen,
um langfristige und profi­table Kundenbeziehungen zu etablieren.
Warum steigt die Anzahl der Kundenanrufe?
Weshalb sinken Service Level? Liegt es daran,
dass durch die Marketingabteilung eine neue
Kampagne geschaltet wurde, die nun zu vermehrten Anfragen im Kundenservice führt?
Gibt es Lieferprobleme bei bestimmten Produkten? Ist die Gebrauchsanleitung für das
neue Produkt unklar? Die Lösung findet nur,
wer über den eigenen Tellerrand, sprich die
eigenen Funktionsgrenzen, hinausschaut.
Von funktionalen Silos …
… zur ganzheitlichen Unternehmenssteuerung
Viele Organisationen haben innerhalb einzelner funktionaler Silos wie Marketing, Vertrieb oder Kundenservice bereits Steuerungsmöglichkeiten implementiert. Nur wenige
Unternehmen haben jedoch übergreifende
Mechanismen eingeführt.
24
Um solche Fragen adäquat beantworten zu
können, müssen Prozesse und Steuerungs­
fähigkeiten geschaffen werden, die das
gesamte Unternehmen umfassen. Richtig
umgesetzt können diese helfen, das Kunden­
erlebnis auf eine neue Ebene zu heben. Und
das heißt: zielgerichtete und konsistente
Kundenansprache über verschiedene Kanäle,
Adressierung der Kundenerwartungen durch
schnelle, personalisierte und digitale Interaktionen.
Grundlage dafür ist ein ganzheitlicher
„Command Center“-Ansatz. Das Modell der
„Kommandozentrale“ stellt sicher, dass
Organisation, Prozesse und eingesetzte
Technologien in allen Kanälen und Funktionsbereichen so orchestriert werden, dass
Kundenzufriedenheit und Umsatz gesteigert
und gleichzeitig Betriebskosten reduziert
werden. Im Kern braucht es dazu acht
Elemente im Unternehmen:
1) Governance – klare Verantwortlichkeit
für das Kundenerlebnis durch eine Unternehmenseinheit, die dieses funktionsübergreifend für alle Kontaktpunkte konzipiert,
die Umsetzung begleitet und nachhält,
sozusagen als Advokat des Kunden im
Unternehmen. Das Einreißen der Mauern
zwischen den funktionalen Silos und die
nachhaltige Ausrichtung der Organisation
am Kunden – also über den Kauf oder Service hinaus – sind ein wesentlicher Baustein
für eine übergreifende Steuerung.
2) Performance Management and
Analytics – Fokussierung auf übergreifende
Leistungskennzahlen (KPIs) entlang des definierten Kundenerlebnisses, um Verbesserungspotenziale und Handlungsbedarfe
schnell ableiten zu können. Das bedeutet
auch, die Mitarbeiter zu steuern und zu animieren, und zwar gemäß definierten Erfolgskriterien für das Kundenerlebnis. Startet
man zum Beispiel eine Kampagne, müssen
ausreichend Produkte auf Lager sein, um
den prognostizierten Bedarf zu bedienen.
Außerdem müssen genügend Mitarbeiter im
Kundenservice zur Verfügung stehen, um
die erwarteten Anfragen zu bearbeiten.
3) Kommunikation – Etablieren von klaren,
stabilen Kommunikationsstrukturen und
-prozessen zwischen den funktionalen
Bereichen. So sollten bereits beim Design
eines neuen Produktes die Vertriebsmöglichkeiten berücksichtigt werden, notwendige
Infor­mationen für den Verkauf bereitgestellt
und Mitarbeiter des Kundenservice zu Produktcharakteristika und möglichen Service-
5) Qualitätsmanagement – Analyse der
Prozesse und Kundeninteraktionen an allen
Kundenkontaktpunkten und in allen involvierten funktionalen Bereichen. Anstoßen
von Maßnahmen im Rahmen eines konti­
nuierlichen Verbesserungsprozesses. Zum
Beispiel wird erst durch eine übergreifende
Analyse offensichtlich, wenn Vertriebsversprechen zu bestimmten Lieferterminen
durch die Logistikkette nicht erfüllt werden
können. Damit aber wäre ein negatives
Kundenerlebnis garantiert. Lückenloses Qualitätsmanagement dagegen führt zum Erfolg.
6) Technologieunterstützung – Etablierung
von unterstützenden Technologien. Diese
können beispielsweise Prognosen automatisieren, die personalisierte Ansprache durch
analytische Fähigkeiten verbessern, den
Internet direkt eine „One-Click“-Bestell­
möglichkeit inklusive verschiedener Service­
optionen angeboten werden. Das Motto:
simple und angenehme Benutzeroberfläche
für den Kunden.
8) Innovationsmanagement – Definieren
und Nachverfolgen von kundenrelevanten
Innovationen über die Funktionsgrenzen
hinweg. Sammeln bestmöglicher Vorgehensweisen oder Leading Practices und Erfassen
von Veränderungen der Kundenerwartungen,
um das Erlebnis für den Kunden zu optimieren. Dabei geht es unter anderem darum,
bei Anfragen im Kundenservice innovative
Ideen in Kundengesprächen zu erkennen und
sodann die entsprechenden Informationen
an die Produktentwicklung weiterzuleiten.
Fazit
Elemente des „Command Center“-Ansatzes
Governance
Innovationsmanagement
Performance Management und Analytics
Marketing
Vertrieb
Kundenservice
Qualitätsmanagement
Wissensmanagement
Kommunikation
Digitalisierung
Technologieunterstützung
Quelle: Accenture Research
fällen geschult werden. Ein solches Vorgehen
ermöglicht dem Kunden ein optimales Erlebnis direkt ab Markteinführung des Produktes.
4) Wissensmanagement – Erfassen, Auf­
bereiten und konsistentes Bereitstellen von
Informationen über Produkte, Kunden und
das Unternehmen selbst in allen Kanäle und
Bereichen. So sollten bei Nachfragen eines
Kunden zum gerade gekauften Produkt die
Informationen, die der Kundenservice bereitstellt, mit den Vertriebsversprechen übereinstimmen.
Vertrieb effizienter steuern, dynamische und
kontextgesteuerte Anrufverläufe im Kundenservice ermöglichen und Fähigkeiten im
Bereich Social Media Monitoring entwickeln
und verbessern.
7) Digitalisierung – funktionsübergreifende
Betreuung digitaler Kanäle, um eine konsistente Kommunikation mit dem Kunden durch
Marketing, Vertrieb und Service sicherzustellen. Statt den Kunden einerseits über den
Onlineshop und andererseits über Service­
seiten anzusprechen, sollte bei der Vermarktung neuer Produkte mit Produktvideos im
Viele Organisationen haben eines oder mehrere dieser acht Elemente in verschiedenen
Funktionsbereichen umgesetzt. Aber nur
wenige haben sie im Rahmen eines vernetzten und kohärenten „Command Centers“
etabliert, das eine höhere Agilität und übergreifende Steuerung von Unternehmensfunktionen erlaubt. Die Integration dieser
Elemente erlaubt eine deutlich stärkere
Fokussierung des Unternehmens auf den
Kunden. Durch die übergreifende Steuerung
werden bestehende Ressourcen optimal
genutzt und eine langfristige Kundenbindung durch intelligente Kundenansprache
und ein konsistentes Kundenerlebnis über
alle Kanäle und Kontaktpunkte in Marketing,
Vertrieb und Service wird ermöglicht.
Ihre Ansprechpartnerin: Karin Schmidt
[email protected]
25
Wer eigentlich ist … Christoph Loeffler?
Globetrotter in digitalen Welten
Zur Person:
Christoph Loeffler ist Managing Director
bei Accenture Interactive in Deutschland.
Mit seiner Frau und seiner Tochter lebt
er in Berlin.
Sie erreichen ihn direkt unter
[email protected]
Als passionierter Langstreckenläufer ist Christoph Loeffler auch
im Job ständig in Bewegung. In
15 Jahren hat er auf drei Kontinenten die digitale Transformation
vieler Kunden begleitet. Seit
letztem Jahr hat er mehr als nur
einen Koffer in Berlin: Die Bundeshauptstadt ist jetzt sein Arbeitsplatz und Lebensmittelpunkt.
Die Entwicklung zum Experten für digitale
Fragestellungen führt Christoph Loeffler
auf seinen mathematischen Sachverstand
zurück. „Tatsächlich stellen digitale Kanäle
enorme Anforderungen an den professio­
nellen Umgang mit Datenmassen.“ Heutiger
Schwerpunkt seiner Arbeit sind Themen des
digitalen Marketing im Konsumgüterbereich,
Einzelhandel und in der Pharmaindustrie.
Ganz in Accenture-Manier meint dies das
volle Programm – von der Strategie bis zur
umfassenden Transformation.
Im New Yorker Büro von Accenture fiel 1999
der Startschuss: Nach dem Studium der
Volkswirtschaftslehre in Philadelphia und
Paris startete Loeffler als Analyst. „Seitdem
ist es mir nie langweilig geworden“, sagt er
lachend, „denn obwohl ich seit 15 Jahren
in derselben Firma arbeite, habe ich das
Gefühl, mehrere völlig unterschiedliche Jobs
auf der ganzen Welt gehabt zu haben.“
Loeffler hatte die Chance, die digitale Entwicklung verschiedenster Industrien begleiten zu können. „Es ist noch gar nicht lange
her“, erzählt er, „da waren es eigentlich nur
die Marketingleiter globaler Konsumgüterunternehmen, die über den neuen digitalen
Konsumenten zu sprechen wagten.“ Heut­
zutage hingegen finden Dialoge über digi­
talen Wandel in allen Branchen statt, die
ihren Kundendialog grundlegend verändern
möchten. Die daraus folgende fundamentale
Geschäftstransformation stellt Unternehmen
vor enorme Aufgaben. „Mein Ziel ist es,
unsere Kunden bei diesen Herausforderungen erfolgreich zu unterstützen.“
Nach Zwischenstopps in London und São
Paulo verbrachte Loeffler sieben Jahre in
Schanghai. Die Zielsetzung: Accenture Interactive im chinesischen Markt etablieren. Seit
Sommer 2013 treibt er das digitale Geschäft
für Accenture Interactive in Deutschland
und für die Servicedesignagentur Fjord, die
seit Mitte 2013 zur Accenture-Familie
gehört, voran.
26
Dass sich große Veränderungen gemeinsam
besonders gut meistern lassen, weiß er nur zu
gut. Schließlich sei es vor allem die exzellente
Teamarbeit bei Accenture Interactive und
Fjord, die ihm, neben seiner Neugier und
Motivation zu Neuem, das Gefühl gibt, auch
nach 15 Jahren ständig Neuland zu entdecken.
„Die aktive Mitwirkung jedes Einzelnen ist
meines Erachtens die tragende Säule für
Projekterfolge.“ Im Beruf gibt es für ihn keine
bessere Bestätigung, als ein motiviertes
Team zu führen, das Kräfte mobilisiert, um
dem Kunden ein exzellentes Ergebnis zu
liefern.
Privat hingegen lässt Christoph Loeffler es
gerne etwas ruhiger angehen, insbesondere
seit der Geburt seiner Tochter Mitte dieses
Jahres. „Musik hören und mit der Kleinen
spielen sowie gute Literatur oder Dokumentarfilme lassen mich zur Ruhe kommen und
geben mir die nötige Kraft.“
Über Accenture
Kontakt
Accenture ist ein weltweit agierender
Managementberatungs-, Technologie- und
Outsourcing-Dienstleister mit mehr als
305.000 Mitarbeitern, die für Kunden in
über 120 Ländern tätig sind. Als Partner
für große Business-Transformationen bringt
das Unternehmen umfassende Projekt­
erfahrung, fundierte Fähigkeiten über alle
Branchen und Unternehmensbereiche hinweg und Wissen aus qualifizierten Analysen
der weltweit erfolgreichsten Unternehmen
in eine partnerschaftliche Zusammenarbeit
mit seinen Kunden ein. Accenture erwirtschaftete im vergangenen Fiskaljahr (zum
31. August 2014) einen Nettoumsatz von
30 Mrd. US-Dollar. Die Internetadresse lautet
www.accenture.de
Sven Drinkuth
Geschäftsführer
Accenture Strategy CRM
[email protected]
Accenture Management
Consulting
Accenture ist ein weltweit agierender
Managementberatungs-Dienstleister. Mit
über 17.000 Beratern weltweit und der
umfassenden Erfahrung aus einer Vielzahl
von Projekten unterstützt Accenture
Management Consulting Unternehmen
und Regierungen auf ihrem Weg zu High
Performance. Die Kombination aus umfassendem Branchenwissen und fundierten
Fähigkeiten ist dabei die Basis für führende
Dienstleistungen in den Bereichen Strategie,
Analytik, Finance & Enterprise Performance,
Marketing, Operations, Risk Management,
Sales & Customer Services, Nachhaltigkeit
sowie Talent & Organization.
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All rights reserved.
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High Performance Delivered
are trademarks of Accenture.
Dr. Christine Knackfuss
Manager
Accenture GmbH
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