Thermodynamik - Wiederholung Gegenstand der letzten Vorlesung • reales Gas, Lennard-Jones-Potenzial • Zustandsgleichung des realen Gases (van der Waals-Gleichung) • Kondensation • kritischer Punkt • Freiheitsgrade der Bewegung • innere Energie U • Wärmekapazität C Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 16.5.2014 | Seite 1 Christof Maul Thermodynamik - Wiederholung Das ideale Gas Das reale Gas (nach van der Waals) • kein Eigenvolumen • molares Kovolumen b > 0 Vm,real = Vm,ideal - b • keine Wechselwirkungen nur elastische Stöße • schwache Anziehung für große Abstände wirkt wie zusätzlicher Binnendruck π = preal =pideal+ Va 2 m • ideales Gasgesetz • van der Waalssches Gasgesetz (p+ Va )⋅(V M−b) = RT pVm = RT 2 M • Harte-Kugel-Potenzial r > r0: e(r) = 0 r ≤ r0: e(r) • Lennard-Jones-6,12-Potenzial r 0 12 r0 6 ε(r )=4ε[( r ) −( r ) ] repulsives Potenzial (Abstoßung): e- ~ -r attraktives Potenzial (Anziehung): e+ ~ -r Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 16.5.2014 | Seite 2 Christof Maul -12 -6 a V 2m Thermodynamik - Wiederholung van der Waals-Gleichung Zustandsgleichung des realen Gases (p+ Va )( V m−b)=RT 2 m ● van der Waals-Gleichung ist eine von mehreren Näherungsgleichungen für das reale Gas ● Parameter a und b (Binnendruck und Kovolumen) physikalisch interpretierbar ● beschreibt Kondensation und Zweiphasigkeit ● beschreibt kritisches Verhalten Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 16.5.2014 | Seite 3 Christof Maul Thermodynamik - Wiederholung Reales Gas, van der Waals-Gleichung CO2 ideal überkritisches Fluid Flüssigkeit kritischer Punkt kritische Isotherme Gas 2-Phasen-Koexistenz Gas/Flüssigkeit Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 16.5.2014 | Seite 4 Christof Maul Thermodynamik - Wiederholung Reales Gas, van der Waals-Gleichung CO2 ideal überkritisches Fluid Flüssigkeit kritischer Punkt kritische Isotherme Gas 2-Phasen-Koexistenz Gas/Flüssigkeit Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 16.5.2014 | Seite 5 Christof Maul Thermodynamik - Wiederholung Reales Gas, kritische Isotherme • kritische Isotherme besitzt Sattelpunkt (kritischer Punkt) • keine Kondensation oberhalb des kritischen Punkts • überkritische Fluide sind nicht druckverflüssigbar • Die meisten 1- und 2-atomigen Gase sind bei Raumtemperatur überkritisch: He H2 N2 Ar O2 CH4 C2H4 Xe CO2 C2H6 Tc/K pc/bar Vc/ 5,2 33,2 126,0 150,7 154,6 190,6 282,4 289,7 304,3 305,4 2,27 13,0 34,0 48,6 50,5 46,0 50,4 58,8 73,8 48,9 57,3 65,0 89,5 75,25 73,4 99,0 129,0 118,8 94,0 148,0 mL mol Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 16.5.2014 | Seite 6 Christof Maul bei Raumtemperatur überkritisch bei Raumtemperatur unterkritisch Thermodynamik - Wiederholung Innere Energie U Kinetische und potenzielle Energie von Teilchen: U = Ekin + Epot Zahl der Bewegungs-Freiheitsgrade f = fT + fR + 2fV Translation: fT Rotation: fR Vibration: fV 3 (Gase), 0 (Festkörper) 2 (lineare Moleküle), 3 (nichtlineare Moleküle), 0 (Festkörper) 3N-5 (lin. N-atomige Mol.), 3N-6 (nichtlin. N-atomige Mol.), 3 (Festkörper - einatomig, pro Atom) Gleichverteilungssatz (Äquipartitionsprinzip): Auf jeden Freiheitsgrad entfällt bei der Temperatur T eine Energie von ½kBT pro Teilchen. bzw. von ½RT pro Mol Teilchen. Vibrations-Freiheitsgrade zählen doppelt (potenzielle und kinetische Energie), sind bei Raumtemperatur häufig noch "eingefroren". Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 16.5.2014 | Seite 7 Christof Maul Thermodynamik - Wiederholung Wärmekapazität CV (bei konstantem Volumen) Wärmekapazität CV = Änderung der inneren Energie Δ U Änderung der Temperatur Δ T differenziell CV = dU dT Es handelt sich hier um die Wärmekapazität CV unter Prozessbedingungen konstanten Volumens. Mit U(N Teilchen) = 1 2 dU dT (f T +f R +2f V )N kB T wird CV = = d dT = 1 2 ( 12 (f T +f R +2f V)Nk B)⋅T (f T +f R +2f V )Nk B C ~ N, d.h. die Wärmekapazität ist - wie die innere Energie - eine extensive Größe. Die molare Wärmekapazität CVM ist dann: CVM = 1 2 ( f T +f R +2f V )R Molare Wärmekapazitäten sind vorhersagbar, wenn Zahl der Freiheitsgrade bekannt ist! Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 16.5.2014 | Seite 8 Christof Maul Thermodynamik - Wiederholung 1 molare Wärmekapazität CM (konst. Volumen): C M = 2 (f T +f R +2f V )R ″Hochtemperaturtabelle″ CM fT fR f V* einatomige Gase 3 2 R 3 0 0 zweiatomige Gase 7 2 R 3 2 1 3 2 3N-5 (3N−3)R 3 3 3N-6 3R 0 0 3 N-atomige lineare Gase N-atomige nichtlineare Gase Festkörper 6N−5 2 R ″Niedrigtemperaturtabelle″: ″eingefrorene″ Gas-Vibrationsfreiheitsgrade nicht berücksichtigt einatomige Gase 3 2 R 3 0 0 zweiatomige Gase 5 2 R 3 2 0 N-atomige lineare Gase 5 2 R 3 2 0 N-atomige nichtlineare Gase 3R 3 3 0 Festkörper 3R 0 0 3 Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 16.5.2014 | Seite 9 Christof Maul Thermodynamik - innere Energie CM von Gasen 3R 5 R 2 3 R 2 aus G. Wedler: Lehrbuch der Physikalischen Chemie Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 16.5.2014 | Seite 10 Christof Maul Thermodynamik Gegenstand der heutigen Vorlesung ● Grundbegriffe: System und Umgebung Zustands- und Prozessgrößen Reversibilität und Irreversibilität ● erster Hauptsatz der Thermodynamik ● Arbeit und Wärme ● Wärmekapazitäten cV und cp ● Thermochemie ● Bildungsenthalpie ΔfH Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 16.5.2014 | Seite 11 Christof Maul Thermodynamik - Grundbegriffe Grundbegriffe System und Umgebung Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 16.5.2014 | Seite 12 Christof Maul Thermodynamik - Grundbegriffe System und Umgebung I Unterteilung der Welt in System (S) und Umgebung (U). System: der interessierende Teil z.B. Reaktionsgefäß, Maschine, biologische Zelle, elektrochemische Zelle Umgebung: der Rest z.B. Thermostat, Labor... offene Systeme Teilchen- und Energieaustausch möglich S Teilchen Energie U geschlossene Systeme Energieaustausch möglich, kein Teilchenaustausch, abgeschlossene (isolierte) Systeme weder Energie- noch Teilchenaustausch Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 16.5.2014 | Seite 13 Christof Maul S U S Energie U Thermodynamik - Grundbegriffe System und Umgebung II Demonstration offen S Teilchen Energie U geschlossen S Energie U Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 16.5.2014 | Seite 14 Christof Maul abgeschlossen S U Thermodynamik - Grundbegriffe System und Umgebung III Zustandsbeschreibung des Systems durch Zustandsgrößen – Druck, Temperatur, Volumen, Stoffmenge... Intensive Zustandsgrößen sind unabhängig von Masse des Systems – Druck, Temperatur, Dichte, Viskosität, Brechungsindex... Extensive Zustandsgrößen skalieren mit Masse des Systems – Volumen, Stoffmenge... S1 Quotient + S2 S extensiveZustandsgröße Stoffmenge intensiv: extensiv: p(S) = p(S1) = p(S2) V(S) = V(S1) + V(S2) ist intensiv, z.B. Molvolumen V M = V n Alle intensiven Zustandsgrößen eines einkomponentigen einphasigen (homogenen) Systems sind durch Angabe zweier intensiver Zustandsgrößen festgelegt. z.B. ideales Gas: V M = V n = RT p VM festgelegt, wenn p, T gegeben. Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 16.5.2014 | Seite 15 Christof Maul Thermodynamik - innere Energie innere Energie U Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 16.5.2014 | Seite 16 Christof Maul Thermodynamik - innere Energie Erster Hauptsatz der Thermodynamik "Erweiterter" Energieerhaltungssatz - zwei äquivalente Formulierungen: Die innere Energie eines abgeschlossenen Systems ist konstant. Uabgeschlossen = constant oder dUabgeschlossen = 0 Die Änderung dU der inneren Energie eines geschlossenen Systems ist gleich Wärmeaustausch dQ und Arbeitsleistung dW mit der Umgebung. dUgeschlossen = dQ + dW Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 16.5.2014 | Seite 17 Christof Maul Thermodynamik - innere Energie Arbeit W und Wärme Q Arbeit und Wärme sind keine Zustandsgrößen, sondern Prozessgrößen Prozessgrößen: Beim Übergang vom Anfangszustand 1 in den Endzustand 2 sind Arbeits- und Wärmeübertrag an die Umgebung von der Prozessrealisierung (vom Weg) abhängig. Zustandsgrößen: Zustandsfunktionen sind vom Weg unabhängig und haben am Endzustand 2 immer dieselben Werte, egal, wie der Zustand erreicht wurde. Grundlage für alle Kraftwärme- und Wärmekraftmaschinen (Motoren, Kühlschränke, Klimaanlagen, Wärmepumpen...): Ein System bewegt sich periodisch zwischen 2 (oder mehr) Zuständen hin und her..Hinund Rückweg sind unterschiedlich, also wird im Endeffekt Wärme in Arbeit umgesetzt oder Arbeit in Wärme. Der Zustand des Systems ist aber nach jedem vollen Zyklus wieder derselbe. Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 16.5.2014 | Seite 18 Christof Maul Thermodynamik - innere Energie Arbeit physikalisch allgemein: dW = F ds für Volumenarbeit bei Expansion eines Gases gegen einen externen Druck pext: dW=−F ds=−F A F ds=−( )( A ds)=−p ext dV A A Vorzeichenkonvention: Von System an Umgebung verrichtete Arbeit ist negativ. Volumenarbeit ist die am häufigsten betrachtete Arbeitsform in der Thermodynamik. Es gibt daneben andere, nicht weniger wichtige Arbeitsformen wie Bewegung einer Ladung q im elektrischen Feld E (F = qE, z.B. bei galvanischen Zellen [Batterien] oder in biologischen Zellen), oder Spannen eines Gummibands (F = -ks, k: Kraftkonstante) Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 16.5.2014 | Seite 19 Christof Maul Thermodynamik - innere Energie ideales Gas - isotherme reversible Expansion - Volumenarbeit Volumenarbeit bei Expansion eines Gases gegen einen externen Druck pext: dW=−pext dV Reversibler Prozess: Stetes Gleichgewicht zwischen System und Umgebung prev ext =p(n , V ,T) Ideales Gas: p(n, V ,T )= nRT V dW rev =−nRT dV V V2 isotherm (T = const.) V2 V1 dV Δ W rev =−nRT∫ =−nRT ln( )=nRT ln( ) V V1 V2 V 1 Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 16.5.2014 | Seite 20 Christof Maul Thermodynamik - innere Energie ideales Gas - isotherme reversible Expansion - Volumenarbeit V2 Δ W rev =−nRT∫ V1 V V dV =−nRT ln( 2 )=nRT ln( 1 ) V V1 V2 p(n, V , T)= Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 16.5.2014 | Seite 21 Christof Maul nRT V Thermodynamik - innere Energie ideales Gas - isotherme reversible Expansion - Volumenarbeit V2 Δ W rev =−nRT∫ V1 V V dV =−nRT ln( 2 )=nRT ln( 1 ) V V1 V2 V1 V2 V2 Δ W rev =−∫ pdV V1 Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 16.5.2014 | Seite 22 Christof Maul p(n ,V , T)= nRT V Thermodynamik - innere Energie ideales Gas - isotherme reversible Expansion - Volumenarbeit V2 Δ W rev =−nRT∫ V1 V V dV =−nRT ln( 2 )=nRT ln( 1 ) V V1 V2 V1 Mit n = 1 mol, T = 273 K, V1 = 20 L, V2 = 50 L: Δ Wrev =8.314 molJ⋅K⋅273 K⋅ln( 20 ) 50 Δ Wrev=−2080 J=−2.08kJ V2 V2 Δ W rev =−∫ pdV V1 Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 16.5.2014 | Seite 23 Christof Maul p(n, V , T)= nRT V Thermodynamik - innere Energie irreversible Expansion gegen konstanten Druck - Volumenarbeit Volumenarbeit bei Expansion eines Gases gegen konstanten externen Druck pext: dW=−pext dV Irreversible Prozessführung: Kein Gleichgewicht zwischen System und Umgebung pirr ext =const V2 V2 irr ext Δ W irr =−∫ p dV=−p V1 Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 16.5.2014 | Seite 24 Christof Maul irr ext ∫ dV=−pirrext Δ V V1 Thermodynamik - innere Energie irreversible Expansion gegen konstanten Druck- Volumenarbeit Δ W irr =pirr ext⋅(V 1−V 2 ) p(n, V , T)= Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 16.5.2014 | Seite 25 Christof Maul nRT V Thermodynamik - innere Energie irreversible Expansion gegen konstanten Druck- Volumenarbeit Δ W irr =pirr ext⋅(V 1−V 2 ) V1 V2 pirrext p(n, V , T)= Δ W irr =−pirr ext Δ V Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 16.5.2014 | Seite 26 Christof Maul nRT V Thermodynamik - innere Energie irreversible Expansion gegen konstanten Druck- Volumenarbeit Δ W irr =pirr ext⋅(V 1−V 2 ) V1 Mit n = 1 mol, pirrext = 0.45 bar, V1 = 20 L, V2 = 50 L: Δ Wirr =−0.45 bar⋅(50L−20L)=45000 Pa⋅0.03m−3 Δ Wirr =−1350 J=−1.35kJ V2 pext p(n, V , T)= Δ W irr=−pext Δ V Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 16.5.2014 | Seite 27 Christof Maul nRT V Thermodynamik - innere Energie Zustands- und Prozessgrößen irreversibel reversibel Zustand 1 pext Zustand 1 Zustand 2 Δ W irr =−pext Δ V Anfangszustand 1 und Endzustand 2 sind in beiden Fällen identisch. Zustandsgrößen (n, p, T, V, U) haben jeweils die selben Werte d.h. Änderungen von Zustandsgrößen sind wegunabhängig Prozessgrößen (DW, DQ) sind unterschiedlich: |DWirr| < |DWrev|, d.h. Änderungen von Prozessgrößen sind wegabhängig Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 16.5.2014 | Seite 28 Christof Maul Zustand 2 Δ Wrev =nRT ln( V1 ) V2 Thermodynamik - innere Energie Zustands- und Prozessgrößen Zustandsgrößen T, p, VM sind identisch irreversibel reversibel Zustand 1 pext Zustand 1 Zustand 2 Δ W irr =−pext Δ V Zustand 2 Δ W rev=nRTln( V1 ) V2 Anfangszustand 1 und Endzustand 2 sind in beiden Fällen identisch. Zustandsgrößen (n, p, T, V, U) haben jeweils die selben Werte d.h. Änderungen von Zustandsgrößen sind wegunabhängig Prozessgrößen (DW, DQ) sind unterschiedlich: |DWirr| < |DWrev|, d.h. Änderungen von Prozessgrößen sind wegabhängig Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 16.5.2014 | Seite 29 Christof Maul Prozessgröße ΔW ist unterschiedlich Thermodynamik - innere Energie Wärme Q DQ: zum Erwärmen eines Systems (von T1 auf T2) erforderliche Wärmemenge 1. Hauptsatz der Thermodynamik: DUgeschlossen = DQ + DW U ist Zustandsgröße, W ist Prozessgröße Q muss auch Prozessgröße sein. Wärmeaustausch eines Systems mit der Umgebung hängt von der Prozessführung ab. isochore Prozessführung (V = const.): QV isobare Prozessführung (p = const.): Qp Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 16.5.2014 | Seite 30 Christof Maul Thermodynamik - Thermochemie Bereits bekannt aus Vorlesung 3: Wärmekapazität CV Wärmekapazität CV = Änderung der inneren Energie Δ U Änderung der Temperatur Δ T differenziell CV = dU dT Es handelt sich hier um die Wärmekapazität CV unter Prozessbedingungen konstanten Volumens. nur die halbe Wahrheit - allgemein: Wärmekapazität C Wärmekapazität C = Wärmeübertrag Δ Q Änderung der Temperatur Δ T Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 16.5.2014 | Seite 31 Christof Maul differenziell C = dQ dT Thermodynamik - Thermochemie Wärmekapazität C Wärmekapazität C = differenziell Wärmeübertrag Δ Q Änderung der Temperatur Δ T C = dQ dT Q ist Prozessgröße, d.h. hängt von der Prozessführung ab. Also hängt auch die Wärmekapazität von der Prozessführung ab mit 1. Hauptsatz der Thermodynamik dU = dQ + dW * dW = -pdV und Definition der Volumenarbeit ist der Wärmeübertrag dQ = dU + pdV isochor (dV = 0) Prozessführung isobar (dp = 0) dQV = dU CV = dQ V dT = neue Größe Enthalpie H dQp = dU + pdV dU dT Cp = dQp dT = dH dT * Hier wie im Folgenden ist immer dU = dUgeschlossen Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 16.5.2014 | Seite 32 Christof Maul Thermodynamik - Thermochemie Enthalpie H H = U + pV In differentieller Form: dH = dU + pdV + Vdp für isobare Prozesse (dp = 0): dH = dU + pdV = dQp Isochore Prozesse: Isobare Prozesse: Wärmetönung = Änderung der inneren Energie dQV = dU Wärmetönung = Änderung der Enthalpie dQp = dH Entsprechend gilt für die Wärmekapazitäten: Isochore Prozesse: CV = Isobare Prozesse: Cp = dQ V dT dQp dT = = Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 16.5.2014 | Seite 33 Christof Maul dU dT dH dT Thermodynamik - Thermochemie Enthalpie H H = U + pV Die meisten chemischen und biologischen Prozesse laufen in offenen Gefäßen ab. Daher: – Enthalpie Grundlage für Berechnung fast aller Energieänderungen – Für die meisten Prozesse sind Enthalpieänderungen tabelliert (Reaktionsenthalpien, Verbrennungsenthalpien, Lösungsenthalpien...) Ausnahmen: Prozesse in geschlossenen Gefäßen – Autoklaven – Bombenkalorimeter – Druckkochtopf Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 16.5.2014 | Seite 34 Christof Maul Thermodynamik - Thermochemie Enthalpie H und innere Energie U isobar dp = 0 dQp = dH isochor dV = 0 dQV = dU Enthalpie H innere Energie U Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 16.5.2014 | Seite 35 Christof Maul Thermodynamik - Thermochemie Enthalpie H und innere Energie U Enthalpie ist um Volumenarbeit ergänzte innere Energie Volumenarbeit bei Festkörpern und Flüssigkeiten nur gering → Unterschiede zwischen H und U vor allem bei Gasreaktionen dU Expandierendes System (dV > 0) dU + pdV = dH > dU z.B. Wasserelektrolyse: 2 H2O → 2 H2 + O2 dH dU Kontrahierendes System (dV < 0) dU + pdV = dH < dU z.B. Knallgasreaktion: 2 H2 + O2 → 2 H2O Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 16.5.2014 | Seite 36 Christof Maul dH pdV pdV Thermodynamik - Thermochemie Wärmekapazität - konstantes Volumen: CV / konstanter: Druck Cp Volumenarbeit bei Festkörpern und Flüssigkeiten nur gering → Unterschiede zwischen CV und Cp vor allem bei Gasreaktionen dQp dQ ∂H ∂U Für das ideale Gas gilt C V = dT =( ∂T )V und Cp = dT =( ∂T )p V ∂U (Cp −CV ) = ( ∂H ∂ T )p −( ∂T )V ) = ( ∂(U+pV )p−( ∂∂ UT )V ∂T = ( ∂(U) ) +( ∂(pV) ) −( ∂U ) ∂T p ∂T p ∂T V = ( ∂pV ∂ T )p ideales Gas (Cp −CV ) = nR (CpM −CVM ) = R = ( ∂nRT ∂ T )p = nR Für ideale Gase ist CpM - CVM = R, unabhängig von Zahl der Freiheitsgrade Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 16.5.2014 | Seite 37 Christof Maul Thermodynamik - Thermochemie Wärmekapazität - konstantes Volumen: CV / konstanter: Druck Cp CVM = f T +f R +2f V 2 R , CpM =( f T+f R +2f V 2 +1)R CVM CpM fT fR fV * einatomige Gase 3 2 R 5 2 R 3 0 0 zweiatomige Gase 5 2 R 7 2 R 3 2 0 mehratomige lineare Gase 5 2 R 7 2 R 3 2 0 mehratomige nichtlineare Gase 3R 4R 3 3 0 * ″eingefrorene″ Vibrationsfreiheitsgrade bei Gasen nicht berücksichtigt ″Niedrigtemperatur-Tabelle″ Cp Das Verhältnis γ = C heißt Adiabatenexponent und spielt eine wichtige Rolle bei adiabatischen Zustandsänderungen, d.h. wenn dQ = 0. V Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 16.5.2014 | Seite 38 Christof Maul Thermodynamik - Thermochemie Thermochemie Betrachtung von Wärmetönungen bei physikalischen (Phasenumwandlung, Lösung, Ionisierung...) oder chemischen (Reaktion, Verbrennung...) Prozessen. Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 16.5.2014 | Seite 39 Christof Maul Thermodynamik - Thermochemie Thermochemie unspezifischer Prozess: Prozesswärme DPQ (z.B. Reaktionswärme DRQ) isochorer Prozess: Prozessenergie DPU (z.B. Reaktionsenergie DRU ) isobarer Prozess: Prozessenthalpie DPH (z.B. Reaktionsenthalpie DRH) Nomeklatur: z.B.: ΔP ist Differenz aus Produkt- und Eduktgröße beim Prozess P* Reaktionsenthalpie Schmelzenthalpie DRH = H(Produkte) - H(Edukte) DfusH = H(Schmelze) - H(Feststoff) [ Schmelzen = fusion (engl.)] ... * Der Index P charakterisiert den Prozess und nicht die Energie/Enthalpie der Reaktanten. Deswegen steht er bei D und nicht bei Q/U/H. exotherm: DH < 0 (Wärme wird vom System an Umgebung abgegeben) endotherm: DH > 0 (Wärme wird vom System von Umgebung aufgenommen) Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 16.5.2014 | Seite 40 Christof Maul Thermodynamik - Thermochemie Bildungsenthalpie DfH Gesamtenthalpie H eines Zustands: Summe der Bildungsenthalpien DfH aller Komponenten H=∑ Δ f H [f: formation] Keine Absolutangabe, sondern bezogen auf Elemente im stabilen Zustand Bildungsenthalpie ist Reaktionsenthalpie für Herstellung eines Stoffs aus den Elementen Bildungsenthalpie von (flüssigem) Wasser DfH(H2O) H2 + ½ O2 → H2O[l] DfH(H2O) = DRH(H2 + ½ O2 → H2O[l]) Bildungsenthalpie von Benzol DfH(C6H6) 3 H2 + 6 C[s] → C6H6 DfH(C6H6) = DRH(3 H2 + 6 C[s] → C6H6) Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 16.5.2014 | Seite 41 Christof Maul Thermodynamik - Thermochemie Standardbildungsenthalpie DfH Standardbildungsenthalpie DfH298 Reaktionsenthalpe für Synthese eines Stoffes aus den Elementen unter Standardbedingungen (p = 105 Pa, T = 298 K) Standardbildungsenthalpien der Elemente sind (definitionsgemäß) gleich 0! Bildungsenthalpie bei beliebiger Temperatur T lässt sich mit Wärmekapazität C p aus Standardbildungsenthalpie bei T 0 = 298 K berechnen, da H(T ) = H T +∫TT Cp dT ' = H T +∫TT 0 0 0 0 ∂H ∂ T' dT ' Analog gilt für beliebigen Druck p H(p) = Hp +∫pp 0 0 ∂H ∂ p' dp ' Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 16.5.2014 | Seite 42 Christof Maul Thermodynamik - innere Energie Zusammenfassung • isochore, isobare Zustandsänderungen • Enthalpie H • Wärmekapazitäten CV und Cp • • Thermochemie (Standard)bildungsenthalpie DfH() Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 16.5.2014 | Seite 43 Christof Maul