Rezeption und Produktion sprachlicher Äusserungen

Werbung
Rezeption und Produktion sprachlicher Äusserungen
Gerhard Strube, Theo Hermann; Stand 04.01.2001; S. 1-63
1.
Der Gegenstandsbereich: Sprache ............................................................................................................... 1
1.1.
Sprachfähigkeit als Artspezifikum des Menschen .................................................................................. 1
1.1.1. Sprachzentren im Gehirn ................................................................................................................... 2
1.1.2. Charakteristika der sprachlichen Kommunikation .............................................................................. 2
1.2.
Sprachspezifisches Wissen ................................................................................................................... 2
1.2.1. Sprachspezifisches und allgemeines Wissen..................................................................................... 2
1.2.2. Kompetenz und Performanz............................................................................................................... 2
1.3.
Unterschiedliche Sichtweisen von Sprache ........................................................................................... 2
2.
Rezeption sprachlicher Äußerungen ............................................................................................................. 3
2.1.
Schallsignal und Sprachwahrnehmung .................................................................................................. 3
2.1.1. Kategoriale Wahrnehmung................................................................................................................. 3
2.1.2. Lesen ................................................................................................................................................. 3
2.2.
Lexikalischer Zugriff ............................................................................................................................... 3
2.2.1. Worterkennung................................................................................................................................... 4
2.2.2. Inhalte des mentalen Lexikons ........................................................................................................... 4
2.2.3. Wortsemantik und semantisches Gedächtnis .................................................................................... 4
2.2.4. Phonologisches und semantisches Priming ....................................................................................... 4
2.3.
Syntaktische Verarbeitung (Parsing) ..................................................................................................... 5
2.3.1. Syntax + Lexikon = Grammatik .......................................................................................................... 5
2.3.2. Experimentelle Paradigmen der Satzverarbeitung ............................................................................. 5
2.3.3. Hauptergebnisse der Parsingforschung ............................................................................................. 5
2.3.4. Theoretische Modelle des menschlichen Parsers .............................................................................. 5
2.4.
Semantische Interpretation und Textverstehen ..................................................................................... 6
2.4.1. Mentale Modelle ................................................................................................................................. 6
2.4.2. Referenzobjekte, Eigenschaften und Ereignisse ................................................................................ 6
2.4.3. Anaphorische Referenzen und Textkohäsion..................................................................................... 6
2.4.4. Einige Probleme der semantischen Interpretation.............................................................................. 6
2.4.5. Inferenzen beim Textverstehen .......................................................................................................... 7
2.5.
Der Prozess der Rezeption .................................................................................................................... 7
3.
Sprachproduktion .......................................................................................................................................... 7
3.1.
Drei Prozessstufen ................................................................................................................................ 7
3.1.1. Erste Stufe: die Erzeugung der kognitiven Äußerungsbasis .............................................................. 7
3.1.2. Zweite Stufe: die sprachliche Enkodierung ........................................................................................ 8
3.1.3. Dritte Stufe: die Artikulation ................................................................................................................ 8
3.2.
Teilprozesse bei der Erzeugung der kognitiven Äußerungs-basis ......................................................... 8
3.2.1. Fokussierung und Selektion ............................................................................................................... 8
3.2.2. Fokussieren und Linearisieren ........................................................................................................... 8
3.2.3. Parameterfixierung von Teilprozessen ............................................................................................... 8
3.2.4. Formatierung der kognitiven Äußerungsbasis .................................................................................... 9
3.3.
Teilprozesse bei der einzelsprachlichen Enkodierung ........................................................................... 9
3.3.1. Teilprozesse der lexikalischen Enkodierung ...................................................................................... 9
3.3.2. Grammatisch-syntaktische Enkodierung ............................................................................................ 9
3.3.3. Einige empirische Belege ................................................................................................................... 9
3.4.
Zur Kontrolle der Sprachproduktion ..................................................................................................... 10
3.4.1. Kontrolle nur am Ende des Sprachproduktionsprozesses? .............................................................. 10
3.4.2. Regulationsebenen der Sprachproduktion ....................................................................................... 10
4.
Sprache als psychologisches Phänomen ................................................................................................... 10
1. Der Gegenstandsbereich: Sprache
Denken ist nicht notwendig auf Sprache angewiesen, aber unsere gesamte kognitive Entwicklung vollzieht sich in
unserer Sprach- und Kulturgemeinschaft  beim Erwachsenen engste Verknüpfung zwischen Denken und
Sprache. Sprache ist sehr selbstverständlich, dennoch eine höchst komplexe kognitive Leistung, zu der bis heute
noch kein technisches System richtig in der Lage ist.
1.1.
Sprachfähigkeit als Artspezifikum des Menschen
Mensch bringt von Geburt an die Voraussetzungen für die spezifische Lernleistung der Sprache mit; Imitation
scheidet als generelles Lernprinzip aus (schon Kinder produzieren z.B. nie gehörte Verbformen). Bei Tieren:
Laute und Gesten, deutlich weniger komplex strukturiert, mehr Signalcharakter. Selbst Primaten bleiben in der
syntaktischen Komplexität ihrer Sprachproduktion (z.B. durch gelernte Symbole) auf dem Stand eines 1-jährigen
Kindes stehen.
1
Während Evolution  Sprache beste Voraussetzung zum gemeinsamen Planen und Handeln von Menschen, zur
Koordination in der Gruppe. Frage nach Universalgrammatik menschlicher Sprache bisher unbeantwortet
1.1.1.
Sprachzentren im Gehirn
bei Rechtshändern Sprachfunktionen fast ausnahmsweise in linker Hemisspäre, bei Linkshändigen
unterschiedlich, zusammen 90% Sprachfkt. auf linker Seite. zwei kortikale Sprachzentren:
(1) Broca-Areal: eher für Syntax zuständig, Läsionen  Vp sprechen mühsam, langsam, stockend
(2) Wernicke-Areal: eher für Verstehen wichtig, Läsionen  flüssige, aber unsinnige Sprachproduktion
aber auch Interaktionen zwischen beiden Bereichen und dem Rest des Gehirns, verteiltes System, oben
genannte Läsionen führen nicht immer zu Ausfall, manchmal auch ohne Läsion Ausfall von Sprachfktionen.
Sapir-Whorf-Hypothese: Denken ist aufs Engste mit Sprache verbunden  regionale „Denkunterschiede“ wegen
unterschiedlicher Sprache; gilt als widerlegt.
1.1.2.
Charakteristika der sprachlichen Kommunikation
Generativität: Sprach ist unendlich produktiv/kreativ, auf Grundlage eines sehr begrenzten Lautinventars (meist
25-40 Elemente)
Systemazitität: es gibt semantische Restriktionen (Fels singt) und syntaktische Restriktionen (Ich haben Du)
Situationsunabhängigkeit: Sprache erlaubt uns, von Dingen zu reden, die nicht gegenwärtig sind oder nicht
existieren.
Funktionen von Sprache: Selbstreflexion und zwischenmenschliche Kommunikation mit weiteren Unterteilungen:
Mitteilung: dabei spielt oft allgemeines kulturelles Hintergrundwissen eine Rolle („scripts“) sowie mit wem
wir reden (Adressat)
Aufforderung: direkt (Bitten, Befehl) oder indirekt (Wunsch)
Expression: Sprache = Ausdruck unserer Befindlichkeit, Art des Ausdrucks beeinflusst die emotionale
Beziehung zw. Sprecher und Adressat.
Handlungsvollzug: Sprache als eigentliche Handlung, z.B. Schwur, Taufe,...
1.2.
Sprachspezifisches Wissen
schon Säuglinge haben besondere Sensivität für Sprachlaute; mit 12 Jahren ist Erwerb der Muttersprache
abgeschlossen, diese muttersprachliche Kompetenz = sprachspezifisches Wissen
1.2.1.
Sprachspezifisches und allgemeines Wissen
Unterteilung des sprachspezifischen Wissens in
lexikalisches Wissen (Wortschatz)
grammatikalisches Wissen (Flektion,...)
pragmatisches Wissen (situationsgerechte Anwendung,...)
muss nicht immer zwischen Sprechern einer Sprache gleich sein (Dialekte ... ); alles Inhalte des
Langzeitgedächtnisses, deklarativ und prozedural. hinzu kommt vorwiegend deklaratives Wissen:
begriffliches Wissen („Bedeutung von Wörtern“)
Weltwissen (allgemeines + bereichsspezifisches Wissen)
Unterschied (a) sprachspezifisches Wissen – (b) Weltwissen: „Farblose grüne Ideen schlafen wütend“  korrekt
nach (a), falsch nach (b)
1.2.2.
Kompetenz und Performanz
sprachliche Kompetenz = Sprachfähigkeit des „idealen“ Hörers/Sprechers, Performanz = sprachliches Verhalten
realer Personen, mit Fehlern (zufällige und systematischer Art), doch die wichtigsten und meisten Regeln werden
eingehalten.
1.3.
Unterschiedliche Sichtweisen von Sprache
Linguistik: Sprache wird unterschieden in
System von Zeichen
konkrete Sprachverwendung
Behavioristische Sprachpsychologie: einfache Lernprozesse sind Hauptgegenstand (klass. und operantes
Konditionieren); im Zentrum standen
Sprachliches Verhalten ist konditionierbar (Rkt. durch Zuhörer)
Benennungsakte
Handlungsaufforderungen
Spracherwerb hauptsächlich durch Imitiation
Kritik daran durch CHOMSKY (1959):
behav. Theorie kann Produktivität von Sprache nicht erklären
2
-
auffällige Regularitäten bleiben ungeklärt
oft auch empirische Widersprüche
Informationsverarbeitungsansatz und klassische Psycholinguistik: CHOMSKY (1957) stellt
„Transformationsgrammatik“ auf, Psycholinguistik will diese beweisen, war aber nicht möglich; BEVER (1970)
postuliert heuristische Strategien beim Sprachverstehen, ohne Grammatikwissen; bei komplizierteren Aussagen
versagen diese jedoch.
Kognitive Sprachpsychologie: Sprechen und Sprachverstehen werden als Prozesse der Informationsverarbeitung
begriffen, die auf allgemeinem und sprachspezifischem Wissen beruhen  kognitive Modellierung der
menschlichen Sprachverarbeitung, im Idealfall sogar als Computerprogramm implementierbar (bis jetzt nur für
Teilbereiche möglich).
2. Rezeption sprachlicher Äußerungen
Rezeption umfasst Wahrnehmung und Interpretation sprachlicher Äußerungen, viele Ähnlichkeiten zu anderen
menschlichen Wahrnehmungsprozessen:
automatischer Vollzug ohne introspektiven Einblick, nur Ergebnisse sind uns bewusst
kognitive Leistung erscheint uns selbstverständlich
nähere Betrachtung: höchst komplexe und aufwendige Prozesse der Info-verarbeitung
Ambiguität: Fast jeder Satz ist stellenweise mehrdeutig, manche sogar global ambig (verschiedene
Gesamtdeutungen möglich) („ dass der hund der frau ... frisst“)  strukturelle Ambiguität; aber auch
Mehrdeutigkeit einzelner Wörter möglich („time flies like an arrow“), besonders schwierig: „mit“
Teilprozesse der Rezeption:
Sprachwahrnehmung: sprachliche Einheiten (Wörter) müssen erkannt werden
Lexikalischer Zugriff: die erkannten Einheiten müssen bekannten und gespeicherten Einheiten
zugeordnet werden
Syntaktische Analyse: erfasst die grammatischen Fktionen („parsing“)
Semantische Interpretation: „Verstehen“; Konstruktion eines mentalen Modells als Repräsentation des
mit einer Äußerung Gemeinten, und zwar im Kontext der bereits verarbeiteten Äußerungen sowie unter
Berücksichtigung des Weltwissens und der Diskurssituation
läuft das parallel ab? gibt es Rückkopplungen? verwirrende Vielfalt von Modellvorstellungen wurde entwickelt.
2.1.
Schallsignal und Sprachwahrnehmung
Schallsignal von Sprache = komplexe, physikalisch messbare Schwingung, doch kann man noch nicht
rekonstruieren, was gesagt wurde; nur ein Sprecher kann dadurch eindeutig erkannt werden. Unsere auditive
Wahrnehmung ist spezialisiert und vermutlich vorgeburtlich trainiert.
Phoneme = die kleinsten bedeutungsunterscheidenden Einheiten einer Sprache, allg. 10 – 65, in meisten
Sprachen 25 – 40. Phoneme sind linguistisch bestimmt, Laute (Phone) durch physiologische und physikalischakustische Merkmale (z.B. [t] und [d] im Fränkischen gleicher Laut)
2.1.1.
Kategoriale Wahrnehmung
werden Phoneme kontinuierlich verändert, bis ein anderes Phonem daraus wird, wird trotzdem bis zu einer
Grenze immer genau eines der beiden wahrgenommen  kategoriale diskontinuierliche Wahrnehmung.
Außerdem Wechselwirkungen zwischen visueller und akustischer Wahrnehmung, beobachtete
Lippenbewegungen legen Wahrnehmung eines bestimmten Phonems nahe, auch wenn anderes tatsächlich zu
hören ist.
Auch eine Rolle spielen unbewusste Erwartungen (WARRENS (1970) Phonem-Restaurationseffekt, wurde ein
falsches Phonem in ein Wort eingebaut, hörten die Probanden doch das richtige; im Wortkontext mehr als bei
Silben)
 bottom-up- und top-down-Prozesse greifen ineinander
2.1.2.
Lesen
nur hochgeübte Leser können direkt („leise lesen“) von Schrift auf mentales Lexikon zugreifen.
Der Blick wird ruckartig (in Sakkaden) von Fixation zu Fixation in der Zeile bewegt, ca. 3-4 Fixationen pro Zeile,
2-4 Buchstaben links und 5-9 Buchstaben rechts vom Fixationspunkt werden wahrgenommen; darüber hinaus „im
Augenwinkel“ Wortzwischenräume und Grobstrukturen, bereiten nächste Sakkade vor. Beim Lesen kann die
Verarbeitungsgeschwindigkeit direkt gemessen werden, anders als beim Reden.
2.2.
Lexikalischer Zugriff
Erwachsene verfügen über mentale Repräsentationen von Begriffen und von Wörtern ihrer Muttersprache 
Inhalte des semantischen Gedächtnisses.
3
sprachspezifisches Wissen über die Wörter befindet sich im mentalen Lexikon
mentales Lexikon
semantisches Gedächtnis
wahrgenommener
Schall / visuelle Muster
Suche nach
Repräsentation
im mentalen Lexikon sind die Wörter als Stamm (Lemma) samt ihrer morphologischen Formen repräsentiert;
Lernen einer Fremdsprache  Aneignung eines neuen mentalen Lexikons
Lemma: Repräsentation eines Wortes im mentalen Lexikon, grammatische und semantische Merkmale
Morpheme: die kleinsten bedeutungstragenden Sprachbausteine, Unterscheidung in lexikalische (Bedeutung)
und grammatikalische (z.B. Flexion)
2.2.1.
Worterkennung
beim Menschen beeindruckend schnelle Worterkennung; Erklärung durch
Kohortenmodell: Phonem für Phonem wird die Auswahl im mentalen Lexikon eingeschränkt, bis nur noch eins
übrigbleibt. neuere Ansicht: nicht Phoneme, sondern phonologische Merkmale
Segmentierung: Erkennen von Wortgrenzen in kontinuierlicher Rede
Modelle:
Suchmodell von FORSTER (1985): Teilmenge des Mentalen Lexikons wird seriell durchsucht  kaum
plausibel.
konnektionistische Modelle mit Knoten für Merkmale, Buchstaben und Wörter (MCLELLAND 1981);
erklären gut top-down- und bottom-up-Zusammenspiel und z.B. den Wortüberlegenheitseffekt
(CATTELL): Buchstaben werden im Kontext von sinnvollen Worten am besten erkannt.
neuropsychologische Modelle legen zwei Lexika, eins für Sprache hören, eins für lesen, nahe (mit
Verbindungen untereinander)
strittig ist der Geltungsbereich, da Abhängigkeit der Worterkennung auch von semantischen Faktoren,
kontextuelle Aspekte
2.2.2.
Inhalte des mentalen Lexikons
Lemmata (Stammwörter)
Lexikalische Formen ohne eigenen Eintrag
Derivationen (Bild-ung) als eigenständige Einträge
enthalten:
Semantische Information: mittels Verweis auf semantisches Gedächtnis
Morphologische Info: ein Eintrag kann mehrere morphologische Varianten enthalten (Kasus-,
Numerusformen)
Syntaktische Infos: syntaktische Kategorie (Verb, Nomen,..) evtl. Subkategorisierungen für
Komplemente = notwendige Ergänzungen („ohne“ steht mit Akkusativ); es gibt auch optionale
Komplemente.
Kodierungen für Rezeption und Produktion: Codierungen für phonologische Formen, „Indexierung“ des
lexikalischen Wissens;
das mentale Lexikon ist ein nützliches theoretisches Konstrukt, dem keine einheitliche neuronale Struktur
unterliegt.
2.2.3.
Wortsemantik und semantisches Gedächtnis
für eine Zweitsprache wird ein zweites mentales Lexikon aufgebaut, semantisches Gedächtnis wird von diesem
auch benutzt.
Wortbedeutung: Unterscheidung
extensional: die tatsächliche Bedeutung
intensional: was man aus sprachlicher Benennung folgern kann
KATZ und FODOR (1963) wollten die Wortbedeutung durch vollständige Taxonomie durch semantische Primitive
erklären, ein eignungsfähiger Vorschlag zur Definition dieser Primitive wurde nie gemacht.
andere Methode: statistische Erhebungen von Ähnlichkeitsparametern durch z.B. Ähnlichkeitsurteile oder Analyse
von großen Texten; sind allerdings stark von Methode abhängig, bieten wohl kaum Einblick in semantisches
Gedächtnis.
2.2.4.
Phonologisches und semantisches Priming
Wörter werden im Kontext anderer Wörter besser erkannt. assoziatives Priming liefert einen beträchtlich
schnelleren Erkennungswert des Zielwortes (z.B. Priming-Wort: lesen, Zielwort: Buch); sogar mehrdeutige Wörter
4
wie Bank, Schloss... bewirken ein Priming „in alle ihre Bedeutungsrichtungen“, das allerdings bei längeren
Pausen sich schnell auf den im Kontext gemeinten Sinn einschränkt.
Erklärung: mittels Aktivierung (Aktivierungs- und Hemmungseffekte) von Knoten, ähnlich wie propositionales
Netzwerk, siehe Anderson.
2.3.
Syntaktische Verarbeitung (Parsing)
„Zwischenergebnis“ = ständig wachsende Sequenz von Wörtern; weitere Verarbeitung beginnt möglichst früh, die
Rekonstruktion der Struktur einer Äußerung (Parsing) und die Interpretation. Die syntaktische Analyse lässt sich
mit einer Baumstruktur erklären.
Parsing ist ein automatischer Prozess, den wir nicht unterdrücken können.
2.3.1.
Syntax + Lexikon = Grammatik
Grammatik = eine möglichst dem Sprachgefühl und Sprachgebrauch adäquate Beschreibung sprachlicher
Regularitäten, z.b. durch Phrasenstrukturgrammatik; möglich, diese als generative Grammatik (s. ChomskyHierarchie) zu formulieren ~ Bildungsregeln wie Verbalphrase + Nominalphrase  Satz,...
allerdings werden wesentliche syntaktische Abhängigkeiten hierbei nicht erfasst. Unterscheidung
formale Rollen (Subjekt, Objekt)
thematische Rollen (Agent, Thema, Zeit,..)
Aufgabe: Umwandlung formale in thematische Rollen.
dabei spielen sprachtypologische Unterschiede eine Rolle (englisch: strenger Wortstellungsregeln, deutsch: mehr
Kasus); allgemein gelten im Sprachvergleich Wortstellung und Kasusmorphologie als Alternativen, um die
funktionale Rolle von Wörtern im Satz festzulegen.
eine Universalgrammatik, die allen Sprachen gemeinsame Regularitäten beschreibt, wurde noch nicht gefunden.
Grammatikalisches Wissen ist vornehmlich implizit; Alltagsäußerungen sind oft ungrammatisch, aber leicht
verständlich; manchmal Aussagen ohne Kontextwissen kaum verständlich,
komplizierte grammatisch korrekte Aussagen sind oft schwierig zu verstehen.
 Entwicklung von Performanz- und Dialoggrammatiken
2.3.2.
Experimentelle Paradigmen der Satzverarbeitung
Offline-Verfahren: z.B. Bewertung von Grammatikalität durch Vpn, Satzergänzungsverfahren, Lückentext; dabei
beträchtliche interindividuelle Varianz;
Online-Verfahren:
Erfassung der Lesezeit, z.b. mittels Knopfdruck, Stoppuhr
Blickbewegungsregistrierung: hohe zeitliche + räumliche Auflösung, auch Rücksprunge im Text
beobachtbar
EEG-Techniken: Messung von Hirnaktivität
dabei ist jeweils auf eine sehr sorgfältige Materialkonstruktion zu achten.
2.3.3.
Hauptergebnisse der Parsingforschung
Inkrementalität: es wurde nachgewiesen, dass wir Sprache „Wort für Wort“ verarbeiten  kaskadischer Verlauf
der Verarbeitungsstufen. Zum frühestmöglichen Zeitpunkt wird Interpretation vollzogen, am
Disambiguierungspunkt; dort ist die Lesezeit nachweislich erhöht, wie auch üblicherweise am Satzende.
Lesezeiten innerhalb ambiger Regionen sind gewöhnlich nicht erhöht.
Ambiguität z.B. bei „Anna verzierte die Torte mit den Kirschen“ oder „ Manuel empfahl dem Gourmet den Spargel
und das Schnitzel dem Feinschmecker“; „ Peter hat die Ärztin gestern im Krankenhaus sehr geholfen.“
2.3.4.
Theoretische Modelle des menschlichen Parsers
Reanalyse-Modelle:
Parsing vollzieht sich inkrementell
eine erste syntaktische Analyse wird erstellt, kaum aufgrund von semantischer Info, mehr aufgrund von
lexikalisch-syntaktischer Info
Frequenzinformation über Häufigkeit bestimmter Wortlesarten etc. wird verwendet
Unstimmigkeiten  Reanalyse, i.d.Regel schnell und unbemerkt
modulares Modell, da eine Vorläufige syntaktische Analyse ohne Rücksicht auf Inhalt postuliert wird. Vorwissen
kann bei einem schwierigen Satz noch Verstehen ermöglichen.
es gibt auch noch Modelle ohne Reanalyse, parallele Modelle  multiple Analysen werden aufgebaut und
vorübergehend repräsentiert, wait-and-see-Modelle  Analye wird bis zum Disambiguierungspkt aufgeschoben;
die Empirischen Befunde sprechen aber für das o.g. Modell.
5
Rein frequenzbasierte Parsing-Modelle unterstellen, dass der Parser aufgrund seines früheren Inputs während
des Spracherwerbs Präferenzen entwickelt; nicht immer konnte dies experimentell bestätigt werden.
Constraint-Satisfaction-Modelle sind auf Ausgleich der Kräfte in einem konnektionistischen System bedacht,
berücksichtigen semantische, syntaktische und andere Faktoren; sind aber sehr komplex, kaum noch
falsifizierbar.
Verschieden Forscher waren unterschiedlicher Meinung, wie weit das Parsing das Arbeitsgedächtnis belastet;
insgesamt scheint es angebracht, das Parsen als automatischen und modularen Prozess zu verstehen (FODOR
1983).
2.4.
Semantische Interpretation und Textverstehen
verstehen = mentale Repräsentation des Gehörten/Gelesenen zu erstellen, Verbindung dessen mit dem, was wir
bereits wissen; je mehr Verbindungen, je besser ist Verständnis. In der Forschung  Lücke zwischen Parsing
und Textverstehen.
2.4.1.
Mentale Modelle
KINTSCH (1988): nach dem Parsing wird zunächst eine textnahe Repräsentation erstellt (propositionale
Textbasis), diese wird dann mit dem Vorwissen verbunden zum Situationsmodell (= Repräsentation des Inhalts).
Erklärt die Tatsache, dass normalerweise die sprachliche Form des Gehörten oder Gelesenen schnell vergessen
wird, Inhalt hält länger.
JOHNSSON-LAIRD: mentales Modell wird erstellt.
Diskursmodell: stellt ein erweitertes Situationsmodell dar mit Einfluss der Gesprächssituation und des –partners,
(emotionale Lage, kognitive Verfassung)
Als Forschungsmethoden kommen Reproduzieren/Zusammenfassen von Texten (offline) oder Priming und
Messung der Rekognitionszeit (online) in Frage.
2.4.2.
Referenzobjekte, Eigenschaften und Ereignisse
Komponenten des Situationsmodells:
Objekte: (Referenzobjekte) i.d.Regel konkret fassbar, manchmal auch Abstrakta
Eigenschaften: einstellige Prädikate
Ereignisse: mehrstellige Prädikate, z.B. „geben“ (Agent: Anna, Rezipient: Hans, Thema: Buch)
 Propositionen
Der Inhalt komplexer Sätze kann durch solche einfachen Propositionen dargestellt werden (Kompositionalitätsprinzip). Bei Propositionen muss auf die klare Verwendung geachtet werden, heisst z.B. ist-schwarz (Telefon)
dass ein Telefon oder dass alle Telefone schwarz sind?
2.4.3.
Anaphorische Referenzen und Textkohäsion
Anaphorische Referenz = Bezugnahme auf etwas vorher schon Erwähntes (... kamen nach Paris, dort war es...).
Bei der Suche nach den Antezendenten von Anaphern werden syntaktische und Diskurs-Infos herangezogen;
normalerweise stimmen diese in Genus und Numerus mit der Anapher überein, Ausnahmen gibt es auch: „Ich
brauche einen Teller. Wo bewahrst du sie auf?“
TYLER (1982) Bot den Vpn unvollständige Sätze dar, die entweder mit „him“ oder “her“ ergänzt werden mussten
 die aus dem Kontext korrekte Ergänzung folgte schneller.
Es besteht die Tendenz, pronominale Anaphern („er“, „sie“,..) auf die Hauptperson eines Textes zu beziehen;
vollständig formulierte Anaphern werden i.d.Regel sofort aufgelöst.
Leser „gehen so stark mit dem Text mit“, dass sie Gegenstände unterschiedlich schnell aus dem Gedächtnis
abrufen können, je nachdem wie weit diese von der handelnden Person entfernt sind.
Anaphorische Referenzen sind das Hauptmittel, um den Textzusammenhang (Textkohäsion) herzustellen. nach
KINTSCH ist die Kohäsion die Bezugnahme von Propositionen aufeinander, je mehr Bezüge eine Proposition hat,
desto zentraler ist diese; zentrale Propositionen werden langfristig besser erinnert, da sie länger im Arbeitsgedächtnis gehalten werden.
2.4.4.
Einige Probleme der semantischen Interpretation
Konkrete vs. metaphorische Ausdrucksweise („Unsere Kleine ist ein Engel!!“) erste Annahme: werden zunächst
wörtlich verstanden, Scheitern dessen  Reinterpretation; dagegen spricht die gleiche Verarbeitungszeit von
konkreten und metaphorischen Ausdrücken; Metaphern sind allgegenwärtig. nach BLACK (1962) werden durch
Interaktion zwischen Topos („unsere Kleine“) und „Vehikel“ (Engel) die verständnisrelevanten Merkmale generiert;
ein befriedigendes Modell liegt allerdings noch nicht vor.
Skopus von Quantoren und Verneinung = deren Geltungsbereich; erstreckt sich manchmal über Satzgrenzen
(„Hans hat keinen Porsche. Er liebt ihn“). manche Quantoren verhalten sich auch kontextabhängig: „Einige Leute
6
vor einer Hütte“ sind weniger als „Einige Leute vor dem Gebäude“  Ähnlichkeit zu Adjektiven wie „groß“, die
relativ zu ihrem Referenzobjekt interpretiert werden.
Deiktische Ausdrücke („zeigende, hinweisende“ Ausdrücke wie „morgen“, „nebenan“, aber auch Wahl des
Tempus) sind relativ zur Äußerungssituation definiert  sie müssen in unserer Repräsentationsform durch
explizite Ausdrücke ersetzt werden, die ihre Bedeutung angemessen in die momentane Situation übertragen.
Bei verschiedenen Möglichkeiten der Interpretation eines Satzes („drei Männer im Ausguck sahen zwei Boote“)
zwei Möglichkeiten:
Repräsentation bleibt unbestimmt, d.h. nicht eindeutig interpretiert
Standardannahme wird angenommen; plausibel, muss aber nicht richtig sein; meist wird zunächst die
am wenigsten aufwendige Lesart unterstellt.
räumliche Distanz wird offenbar direkt im mentalen Modell beim Textverstehen repräsentiert; Versuch von
BOWER (1987): Vp lernten Grundriss eines Labors mit Inventar auswendig, dann ging in Geschichte eine Person
durch das Labor; Gegenstände wurden vorgegeben, Vp sollte entscheiden, ob diese im Raum der Vp waren oder
nicht  je näher die Gegenstände an der Hauptperson waren, desto kürzer waren die Rkt-zeiten.
2.4.5.
Inferenzen beim Textverstehen
Leser sind normalerweise faul, ziehen nur die Inferenzen, die unbedingt nötig sind, z.B. zur Textkohärenz oder
zur kausalen Verbindung. Bei entsprechender Aufgabenorientierung (z.B. Strube-Script lernen) werden jedoch
viel mehr elaborative Inferenzen gezogen.
Unstrittig ist, dass Leser ihre Inferenzen eng begrenzen.
Bei Inferenzen spielen auch eine Rolle
Expertise und Vorwissen
Wissen über Textsorten und deren Aufbau
Ereignisschemata (Scripts) von stereotypen Ereignissen erlauben sehr knappe und trotzdem
verständliche Aussagen
2.5.
Der Prozess der Rezeption
Sprachwahrnehmung, Worterkennung  syntaktische Analyse aufgrund der lexikalischen Info  semantische
Interpretation: Erfassung des Inhalts, Bildung des mentalen Modells, Verknüpfung mit Vorwissen. Dabei Tendenz
zur kognitiven Ökonomie festzustellen, nur eine einzige Lesart wird meist repräsentiert. Prozesse greifen auf
sprachspezifisches (hauptsächlich) und auf begriffliches Wissen zurück.
3. Sprachproduktion
Sprachrezeption und –produktion können sich überlappen (durcheinanderreden), nach unseren Diskurskonventionen sollte allerdings immer genau einer sprechen. Das Verhalten der Diskursteilnehmer ist eng
aufeinander bezogen, wesentlich dabei besonders der gemeinsam aufgebaute „common ground“ des Gesprächs,
vor dessen Hintergrund die einzelnen Äußerungen interpretiert werden.
Betrachtung von Sprachrezeption und –produktion als „senden“ und „empfangen“ greift zu kurz; es existiert eine
Kontrollschleife, wobei wir uns beim Sprechen zuhören. Dennoch greifen beide Prozesse – wenn auch in unterschiedliche Weise – auf dasselbe sprachspezifische Wissen zurück.
3.1.
Drei Prozessstufen
(1) Erzeugung der kognitiven Äußerungsbasis: generiert Botschaft, „gedankliche Struktur“
(2) Enkodierung: einzelsprachliche Formulierung
(3) Artikulation: Erzeugung des hörbaren Sprechsignals
3.1.1.
Erste Stufe: die Erzeugung der kognitiven Äußerungsbasis
Teilprozesse:
Fokussierung der zur sprachlichen Enkodierung anstehenden kognitiven Inhalte: Inhalte werden
ausgewählt (Selektion) und in Reihenfolge gebracht (Linearisierung). Teilweise komplexe Planungen
(Verkaufsgespräch), teilweise spontan
situationsspezifische Parameterfixierung von Teilsystemen des Sprachproduktionssystems, z.B.
Flüstern, Ein-/Ausblendung bestimmter Wortgruppen in sozialen Kontexten, Dialekte; Fixierungen
können allerdings auch spontan wieder aufgehoben werden
Formatierung des Enkodierinputs: Auswahl einer passenden Formulierung, oft sehr viele
Formulierungen für den gleichen Sachverhalt möglich.
7
3.1.2.
Zweite Stufe: die sprachliche Enkodierung
Output besteht aus Phonemsequenzen bzw. „Gestenpartituren“; Aufgaben: adäquate Wortwahl und Flexion der
Wörter, syntaktische Strukturierung von Sätzen
Teilprozesse:
lexikalisch-morphologische Enkodierung: Finden von passenden Wortformen, zuerst Lemmata im
mentalen Lexikon, danach morphologische Umformung passend zum Satzkontext. Drei-KomponentenTheorien unterscheiden als Inhalt des mentales Lexikons:
o nonverbale Begriffe (concepts) von Dingen, Ereignissen, Sachverhalten; sprachunabhängig
o sprachgebundene Einträge (Lemmata), „Wortbedeutungen“
o Wortformen aus Morphemen, Silben und Phonemen
Zweikomponententheorien unterscheiden nur Begriffe und Wörter; „Wortgenerierungsnetzwerk“ mit
Wörtern, Buchstaben, Morphemen, Wendungen, etc. existiert; in dieser Phase durchläuft eine
Aktivationswelle das Netzwerk, die den Input für die nächste Phase produziert
-
Grammatisch-syntaktische Enkodierung: Prozesse der Satzplanung; dabei drei Auffassungen:
o zu Beginn wird Satzschema erstellt, dessen slots inkrementell gefüllt werden
o Satzschema wird abhängig von Lemmata entwickelt
o Integration der Satzerzeugung in morphologisch-phonologische Enkodierung mittels
„Planknoten“
-
Phonologische Enkodierung: Betonung, wortübergreifende Effekte, etc.
Output = komplexes motorisches Programm
3.1.3.
Dritte Stufe: die Artikulation
Umsetzung des „Programms“ in komplexe Sprechmotorik
3.2. Teilprozesse bei der Erzeugung der kognitiven Äußerungsbasis
3.2.1.
Fokussierung und Selektion
[das Beispiel der Handlungsaufforderung lasse ich weg]
beinhaltet kognitive Zuwendung zu kommunikativen Anforderungen und bestimmten Sachverhalten; fast immer
beabsichtig man etwas mit seinem Sprechen.
man sagt immer nur einen Teil dessen, was man meint  erfordert partnerseitiges Wissen zur richtigen
Rekonstruktion dessen, was gemeint ist. also:
Sprecher wählt aus dem von ihm Gemeinten das Gesagte aus
Hörer rekonstruiert auf dieser Basis das Gemeinte
gemeinsames Wissen über Sachverhalte und Sprache notwendig
Durch die Auswahl erhält der Hörer noch zusätzliche Informationen. („warum hat er gerade das ausgewählt?“)
3.2.2.
Fokussieren und Linearisieren
Sequenz einer manifestierten Äußerung wird beeinflusst durch
grammatische Steuerung (Wortstellungsregeln)
kognitive Äußerungsbasis
Generell richtet sich die Linearisierung nach zeitlichen Gesichtspunkten, falls es diese gibt. Weitere
Determinanten:
Inhaltsbezogene Determinanten: folgen aus einer „natürlichen Ordnung“ oder ergeben sich aus
Ereignisschemata und Kommunikationssituation; die inhaltliche „Ordnung“ von Schemata kann die
Linearisierung leiten
Prozessbezogene Determinanten:
o räumlich benachbarte Gegebenheiten werden unmittelbar nacheinander fokussiert und
verbalisiert
o Stapelprinzip:  Tiefensuche im Entscheidungsbaum, ein Zweig wird zuerst bis zum Ende
verfolgt, dann der nächste, etc.
o Ökonomieprinzip: zuerst wird der kürzeste Ast abgearbeitet.
o Genese- und Ankerprinzip: Beschreibung von Objekten in der Reihenfolge (Routen), in der man
sie wahrgenommen hat (Genese); Ersterfahrung hat Ankereffekt
3.2.3.
Parameterfixierung von Teilprozessen
z.B. Einstellung der Artikulationsorgane auf Flüstern, Rufen, etc. Teilpunkte:
8
Reizsteuerung der Sprachproduktion: hochautomatisierte Reaktion auf rezipierte Partneräußerung
(Danke - Bitte)
bloße Reproduktion: auswendig Gelerntes aufsagen
Schema-Steuerung: z.B. durch erlernte Strategien für das standardisierte Sprechen über bestimmte
Gegebenheiten (Märchen...)  WIE-Schemata. oder aber bestimmte Sprechweise über bestimmte
Dinge  WAS-Schemata
Ad-Hoc-Steuerung: eingehende Planung der zu verschlüsselnden Botschaft mittels kontrollierter
kognitiver Prozesse; wird nötig, wenn andere Methoden versagen oder ein Hindernis erscheint
bei all diesen Methoden ist das Sprechersystem unterschiedlich eingestellt.
-
3.2.4.
Formatierung der kognitiven Äußerungsbasis
eindeutige Formatierung ist für Enkodiermechanismus wichtig.
Regulationsmodell der Sprachproduktion: verschiedene Hilfssysteme formatieren die kognitive Äußerungsbasis in
geeigneter und korrekter Weise:
STM-Generator: legt Satzart, Modus, Tempus fest
Transformationsgenerator: Abstimmung der Äußerung auf vorangegangene Äußerung und auf
Gesamtgesprächssituation
Kohärenzgenerator: realisiert Kohärenz und Konsistenz der Äußerung
Emphasengenerator: erzeugt Betonung, die unter anderem der Aufmerksamkeitslenkung dient
Verwaltung des mentalen Kommunikationsprotokolls
diese Systeme arbeiten parallel und interaktiv.
es gibt einige Alternativen zu dieser Theorie; gemeinsam ist ihnen, dass kognitive Inhalte zum Zweck der
Formatierung in einzelne Begriffe bzw. Konzepte zerlegt und zugleich in die Form propositionaler Strukturen
gebracht werden, wodurch die einzelnen Begriffe ihre thematischen Rollen erhalten. (z.B. LEVELT 1989)
Auch Formatierung erfolgt inkrementell, d.h. Stück für Stück, Rückkopplung gibt es nicht.
3.3.
Teilprozesse bei der einzelsprachlichen Enkodierung
hier erklärt am Modell WEAVER++ von LEVELT et al. (1999). ist Dreikomponententheorie (s.o.). Zwei
Grundkonzepte:
Serialität: Teilprozesse laufen nacheinander ab, erst wenn der vorherige fertig ist beginnt der nächste,
Informationsrückmeldung findet nicht statt
Modularität: die für jeden Teilprozess benötigte Information ist spezifisch, d.h. steht nur diesem zur
Verfügung
3.3.1.
Teilprozesse der lexikalischen Enkodierung
nach LEVELT (1989):
Aktivierung von Konzepten
Auswahl des passenden Lemmas im mentalen Lexikon
morphologische und phonologische Enkodierung: Auffinden der richtigen Wortform (Tempus,
Numerus,...) im mentalen Lexikon. Ergebnis: abstrakte Repräsentation von Wortformen
phonetische Enkodierung: erzeugt „phonetische Plane“ für einzelne Wörtern und verbundene Rede
3.3.2.
Grammatisch-syntaktische Enkodierung
inkrementelle Generierung einer Satzstruktur aufgrund der proto-grammatischen Information der lexikalischen
Enkodierung  formaler grammatikbasierter Algorithmus mit zwei Stufen:
Funktionszuweisungen (Subjekt, Objekt) zu den thematischen Rollen der „message“
Satzkonstruktion
3.3.3.
Einige empirische Belege
lange Zeit standen dabei die Untersuchung von Sprechfehlern und deren Korrektur im Vordergrund; wenn sich
jemand verspricht und es bemerkt, geht er meist bei der Korrektur an den Beginn der Satzphrase zurück, in der
der Fehler auftrat („Gib mir mal den groben .. hm, den großen Stift zurück“)  spricht für Phrasenstrukturierung
der Sprachproduktion und den Einfluss syntaktischer Regeln auf die Satzbildung.
LEVELT (1990): Vpn sollten Gegenstände auf Bildschirm möglichst schnell benennen; dabei hören die Vpn
zeitlich vor oder nach dieser Präsentation Distraktorwörter via Kopfhörer, die entweder phonologisch (Maus Haus) oder semantisch (lesen – Buch) dem präsentierten Objekt ähnlich sind. Ergebnis:
150 ms vor Reiz präsentiert
phonologische Ähnlichkeit:
keine Wirkung
150 ms nach Reiz
Beschleunigung der Nennung
(phonologischer Erleichterungseffekt)
9
semantische Ähnlichkeit:
verlangsamende Wirkung
(semantischer Interferenzeffekt)
keine Wirkung
also: bei Erzeugung der Objektbenennung läuft zuerst ein lexikalisch-semantischer Teilprozess ab und dann erst
ein phonologischer.
3.4.
Zur Kontrolle der Sprachproduktion
Selbstkorrektur von Sprechfehlern setzt Kontrolle der eigenen Sprachproduktion voraus.
3.4.1.
Kontrolle nur am Ende des Sprachproduktionsprozesses?
LEVELT (1983): Endergebnis der Sprachproduktion wird mehrstufig wahrgenommen und auf Korrektheit
überprüft.
DELL (1986): auch innerhalb der Sprachproduktion laufen Kontrollprozesse ab; dafür spricht, dass Phonemfehler
generell sehr schnell erkannt und korrigiert werden, weniger inhaltliche oder semantische Fehler.
3.4.2.
-
-
Regulationsebenen der Sprachproduktion
Generelle Handlungsregulation: personrelevante Kriterien wie Wahrung des „Gesichts“, der Beziehung
zum Partner, etc.
Situationsbezogene Handlungsregulation: der Sprecher stellt sich beim Reden laufend auf seinen
Gesprächspartner ein.
Regulation mit Hilfe des Kommunikationsprotokolls: „Sinnprotokoll“ einer Unterhaltung wird
aufgezeichnet, damit Überwachung der Sprachproduktion, z.T. automatisch, z.T. unter erheblichem
Aufmerksamkeitsverbrauch.
auf das Sprechziel bezogene Regulation: Kommunikation im Dienste des Ziels gestalten, z.B. freudlich
sein, wenn man was will
Elementare Fehlerregulation: von
o Lexikalischen Fehlern
o Grammatischen Fehlern
o Phonetisch-metrischen Fehlern
diese Prozesse erfolgen überwiegend automatisch. Allgemein kann man Sprechfehler als „Patzer“ oder als
systematische Fehler betrachten; in der Sprechpsychologie fast nur letzteres der Fall.
4. Sprache als psychologisches Phänomen
Sprache bietet noch viele Untersuchungsansätze auf anderen Gebieten der Psychologie, wen’s interessiert, der
schaue auf S.63.
10
Herunterladen