Aktuelles aus dem Steuer- und Wirtschaftsrecht

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AStW 2011/01
Steuervereinfachungsgesetz – Auswirkung auf die Steuererklärung 2011 ...................................... 2
§ 3b EStG – Kein Ansatz bei Gefahrenzulage .............................................................................. 5
§§ 4, 4a EStG – Bilanzberichtigung bei abweichendem Wirtschaftsjahr .......................................... 7
§§ 4, 9 EStG – Bezug der Erstausbildung zum angestrebten künftigen Beruf .................................. 8
§§ 4, 9 EStG – Kostenabzug für gemischt genutzten Raum in der Privatwohnung? ........................ 10
§§ 4, 9 EStG – Außendienstler kann Tätigkeitsmittelpunkt im Arbeitszimmer haben ...................... 11
§ 5 EStG – Verbindlichkeit für Rückerwerb verkaufter Ware ist zu passivieren ............................. 13
§ 6 EStG – Rückstellung für Nachbetreuung von Versicherungsverträgen ist möglich ..................... 15
§ 8 EStG – Verbilligte Miete muss nicht stets steuerpflichtiger Sachbezug sein ............................. 17
§ 9 EStG – Doppelter Mietaufwand kann als beruflich veranlasst gelten ....................................... 19
§ 9 EStG – Fahrtkosten bei berufsbegleitendem Studium ........................................................... 20
§ 9 EStG – Abzug von Anwaltskosten im Zusammenhang mit einem Strafverfahren ...................... 22
§ 9 EStG – Pauschaler Kilometersatz bei Auswärtstätigkeit ........................................................ 23
§ 15 EStG – Steuerliche Einordnung von Private Equity-Fonds .................................................... 24
§ 15b EStG – Einschränkung beim Steuersparmodell ist verfassungsgemäß ................................. 25
§§ 16, 34 EStG – Vermietetes Grundstück als Veräußerung eines Teilbetriebs .............................. 27
§ 18 EStG – Vergütungsvorschüsse bei Insolvenzverwaltern ...................................................... 29
§ 18 EStG – Aufgabe der Vervielfältigungstheorie bei selbstständiger Tätigkeit ............................. 30
§ 20 EStG – Anschaffungskosten beim Erwerb gebrauchter Lebensversicherungen ........................ 32
§ 21 EStG – Nachträglicher Schuldzinsenabzug nach dem Hausverkauf ....................................... 34
§ 23 EStG – Veräußerung eines auch im Betriebsvermögen gehaltenen Grundstücks..................... 36
§ 32 EStG – Kindergeldanspruch für ein behindertes Kind .......................................................... 37
§ 1 UStG – Grundsätze des EuGH zur steuerfreien Geschäftsveräußerung im Ganzen .................... 39
§ 4 UStG – Steuerpflicht bei Festvergütung für Geschäftsführung und Haftung ............................. 40
§ 10 UStG – Mindestbemessungsgrundlage bei verbilligtem Zeitungsbezug .................................. 42
§ 15 UStG – Vorsteuerabzug bei Solaranlagen an Privatgebäuden ............................................... 44
ErbStG – Zweifel an Verfassungsmäßigkeit .............................................................................. 46
BewG – Sachwertverfahren für besonders ausgestattetes Mietwohngrundstück ............................ 48
§ 9 AO – Berechnung der Sechsmonatsfrist beim gewöhnlichen Aufenthalt .................................. 50
§ 173 AO – Grobes Verschulden bei Fehlern in der Steuersoftware .............................................. 52
InvZulG – Zulage für leer stehende Wohnung ........................................................................... 54
Steuern kompakt .................................................................................................................. 55
§ 3 EStG – Steuerfreier Lohn beim Bundesfreiwilligendienst ............................................... 55
§ 5 EStG – RAP bei Darlehen mit fallenden Zinssätzen ....................................................... 55
§ 36 EStG – Lohnsteuerbescheinigung hat keine Bindungswirkung ...................................... 55
§ 4 UStG – Verkehrstherapien sind nicht steuerfrei............................................................ 55
§ 10 UStG – Zulassungssteuer erhöht die Bemessungsgrundlage ........................................ 56
§ 12 UStG – Ermäßigte Besteuerung von Stadtrundfahrten ................................................ 56
§ 13b UStG – Ansässigkeit im Ausland ............................................................................. 56
§ 14 UStG – Korrektur bei Geschäftsveräußerung wirkt nicht zurück.................................... 57
§ 25a UStG – Differenzbesteuerung beim Verkauf von Anlagevermögen .............................. 57
§ 14 BewG – Aktualisierte Sterbetabelle für den Kapitalwert ............................................... 57
§ 240 AO – Säumniszuschlag bleibt bei geändertem Steuerbescheid.................................... 57
Berufsrecht – Tätigkeit als angestellter Syndikus-Steuerberater .......................................... 58
Limited – Für internen Streit sind englische Gerichte zuständig ........................................... 58
AStW 2011/02
Steuervereinfachungsgesetz –
Auswirkung auf die
Steuererklärung 2011
Am 4.11.2011 ist das Steuervereinfachungsgesetz im Bundesgesetzblatt
verkündet worden. Eine Reihe von Änderungen gilt bereits ab dem
5.11.2011
und
somit
noch
für
den
Jahresabschluss
und
die
Steuererklärung 2011. Diese für 2011 noch relevanten Änderungen
werden nachfolgend in Kurzform aufgelistet.

In § 3 EStG ist geregelt, welche grundsätzlichen Steuerbefreiungen im
EStG zu beachten sind. Aufgrund der Tatsache, dass einigen dieser
Steuerbefreiungen
zukommt,
inzwischen
keine
praktische
der
Katalog
um
wurde
Bedeutung mehr
insgesamt
sechs
Befreiungstatbestände gekürzt. Konkret handelt es sich dabei um die
folgenden
Steuerbefreiungen,
die
ab
dem
5.11.2011
ersatzlos
wegfallen:

§ 3 Nr. 19 EStG: Entschädigungen an ehemalige deutsche
Kriegsgefangene,

§ 3 Nr. 21 EStG: Zinsen aus Schuldbuchforderungen,

§ 3 Nr. 22 EStG: Ehrensold,

§
3
Nr.
37
EStG:
Beiträge
nach
dem
Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz,

§ 3 Nr. 46 EStG: Bergmannsprämien und

§
3
Nr.
49
EStG:
Zuwendungen
ehemaliger
alliierter
Besatzungssoldaten an ihre Ehefrauen.

Es kommt in den Fällen der Betriebsverpachtung und -unterbrechung
ab
dem
5.11.2011
zur
Betriebsfortführungsfiktion
Unternehmen
gilt
(§
danach
Einführung
16
bis
Abs.
zu
einer
3b
gesetzlichen
EStG
einer
n.F.).
Das
ausdrücklichen
Betriebsaufgabeerklärung als fortgeführt.

Der
Nachweis
der
Zwangsläufigkeit
von
Aufwendungen
im
Krankheitsfall für den steuerlichen Abzug als außergewöhnliche
AStW 2011/03
Belastungen wird als Reaktion auf die geänderte BFH-Rechtsprechung
nunmehr in allen offenen Fällen gesetzlich definiert und löst die
bisherigen
Verwaltungsregelungen
Zwangsläufigkeit
von
Aufwendungen
ab.
im
Zum
Nachweis
Krankheitsfall
hat
der
der
Steuerpflichtige unter bestimmten Bedingungen (§ 64 EStDV n.F.)
kein amtsärztliches Attest vorzulegen.

Es
gelten
erleichterte
Nachweisanforderungen
für
Spenden
in
Katastrophenfällen.

Für Anträge auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft, die ab dem
5.11.2011 gestellt werden, ist eine Bagatellgrenze verabschiedet
worden. Die Gebührenpflicht wird danach auf wesentliche und
aufwendige Fälle beschränkt. Der Gegenstandswert, bis zu dem keine
Gebühren fällig werden, beträgt 9.999 EUR und 200 EUR für die
Zeitgebühr bei der Gebührenpflicht (§ 89 AO n.F.)

Meldung von Auslandssachverhalten bei Personengesellschaften sind
nicht mehr binnen eines Monats, sondern erst innerhalb von fünf
Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres zu melden, in dem das
meldepflichtige Ereignis eingetreten ist.

Bei der Grunderwerbsteuer besteht nunmehr die Möglichkeit zur
elektronischen Übermittlung der Veräußerungsanzeigen.

Für Land- und Forstwirte erfolgt aus Harmonisierungsgründen eine
Anpassung der besonderen 3-monatigen Steuererklärungsfrist an die
Regelabgabefrist von 5 Monaten (siehe dazu § 149 Abs. 2 Satz 2 AO
n.F.).
Darüber hinaus gelten folgende Änderungen bereits noch früher:

Die
Anhebung
des
jährlichen
Arbeitnehmer-Pauschbetrags
von
920 EUR auf 1.000 EUR wird zum 1.1.2011 rückwirkend in Kraft
treten.

Für seit dem 1.7.2011 ausgestellte Rechnungen für Umsätze nach
dem
30.6.2011
gelten
Erleichterungen
bei
der
elektronischen
AStW 2011/04
Rechnungsstellung. Sie berechtigen zum Vorsteuerabzug, ohne dass
es einer Signatur bedarf.

Für Bewertungsstichtage ab dem 1.7.2011 werden Erbbauberechtigter
und -verpflichteter im Besteuerungsverfahren des jeweils anderen
erklärungspflichtig
und
Betriebsvermögen
Ausgangslohnsumme
damit
nach
§
und
auch
Beteiligte.
Für
13a
Abs.
ErbStG
Anzahl
der
1
Beschäftigten
begünstigtes
werden
sowie
das
Verwaltungsvermögen gesondert festgestellt.

Für 2011 gilt wegen des erhöhten Arbeitnehmer-Pauschbetrags eine
Übergangsregelung beim Elterngeld.

Ab 2011 kommt es wegen des Arbeitnehmer-Pauschbetrags zu einer
Änderung im Bundesversorgungsgesetz.
Fundstelle:
Steuervereinfachungsgesetz
2011,
www.iww.de, Abruf-Nr. 113777
BGBl
I,
2131,
4.11.11,
unter
AStW 2011/05
§ 3b EStG – Kein Ansatz bei
Gefahrenzulage
Nach Auffassung des BFH ist es verfassungsrechtlich nicht geboten, die
Steuerbefreiung auf Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit
auch auf Gefahrenzulagen auszudehnen. § 3b Abs. 1 EStG selbst
begründet keinen Rechtsanspruch von Arbeitnehmern darauf, bezogene
Zuschläge
für
Tätigkeiten
im
Bombenentschärfungs-
und
Kampfmittelräumdienst steuerfrei zu belassen. Die Begünstigung erfasst
ausschließlich Zuschläge für tatsächlich geleistete Arbeit an unüblichen
Zeiten und ist nicht über den Wortlaut hinaus auszulegen. Daher lässt die
Norm keinen Raum für eine Ausdehnung auf überwiegend pauschale
Zuschläge für andere Tätigkeiten, auch wenn sie aus sonstigen Gründen
subventionswürdig
sein
könnten.
Dies
lässt
sich
weder
aus
der
Entstehungsgeschichte noch dem Sinn und Zweck entnehmen.
Der Gesetzgeber ist auch nicht aus Gründen der Gleichbehandlung
verpflichtet, Gefahrenzulagen steuerfrei zu stellen, denn § 3b EStG erfüllt
nicht den Zweck, sämtliche für die Gesellschaft nützlichen Tätigkeiten von
der Einkommensteuer zu befreien. Zwar ist die Kampfmittelräumung im
öffentlichen
Interesse
Gleichbehandlung.
Eine
unverzichtbar.
Doch
Steuervergünstigung
daraus
darf
folgt
auch
nur
keine
unter
wirtschaftspolitischen Aspekten erfolgen, indem es eine sachgerechte
Abgrenzung des Kreises der Begünstigten gibt. Hierbei steht dem Gesetzgeber ein weiter Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum zu, ohne dass
dabei die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden wird.
Nach der Rechtsprechung des BVerfG begründet die Steuervergünstigung
für eine Gruppe keinen Anspruch einer anderen auf eine vergleichbare
steuerliche Entlastung. Daher können Tätigkeiten gemeindienlich sein,
ohne dass Zuschläge steuerbefreit sind.
Fundstellen:
BFH 15.9.11, VI R 6/09, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 113624
BFH 17.6.10, VI R 50/09, BStBl II 11, 43
AStW 2011/06
BVerfG 20.4.04, 1 BvR 1748/99, 1 BvR 905/00; 1 BvR 610/00, HFR04,
696
AStW 2011/07
§§ 4, 4a EStG – Bilanzberichtigung bei
abweichendem Wirtschaftsjahr
Eine Bilanzberichtigung ist nach § 4 Abs. 2 EStG nicht zulässig, wenn sie
einer
nicht
mehr
änderbaren,
bestandskräftigen
Steuerfestsetzung
zugrunde liegt. Dies wurde mit dem Jahressteuergesetz 2007 eingeführt.
Zuvor konnte ein fehlerhafter Bilanzansatz in der ersten noch offenen
Bilanz richtig gestellt werden, auch wenn aufgrund bestandskräftiger
Bescheide eine vorherige Gewinnauswirkung nicht berücksichtigt werden
kann. Der Zweck dieser Änderung bestand darin, sicherzustellen, dass
Land-
und
Forstwirte
mit
abweichendem
Wirtschaftsjahr
und
zeitanteiliger Gewinnaufteilung auf zwei Jahre eine Bilanzberichtigung nur
noch vornehmen dürfen, wenn beide Veranlagungen noch geändert
werden können. Zuvor war die richtige Erfassung des Totalgewinns kein
Grund dafür, eine Berichtigung nicht vorzunehmen.
Die Änderung ab dem Veranlagungszeitraum 2007 betrifft sowohl das
kalendergleiche als auch das abweichende Wirtschaftsjahr. Werden nun
wie in einem vom BFH entschiedenen Fall aufgrund einer Außenprüfung
deutlich höhere Anschaffungs- oder Herstellungskosten angesetzt, führt
dies zu einer Gewinnerhöhung bei der geänderten Bilanz, auch wenn das
fehlerhafte Ursprungsjahr nicht mehr änderbar ist.
Die Neuregelung in § 4 Abs. 2 EStG war erstmals für 2007 anzuwenden.
Damit sind geänderte Gewinnermittlungen in der Bilanz und in der
Einkommensteuerfestsetzung für 2007 nur möglich, wenn hier die
fehlerhafte Erfassung erfolgt. Auf den Zeitpunkt der Vornahme der
Bilanzberichtigung kommt es dagegen nicht an.
Praxishinweis:
Der
Tenor
des
Urteils
entspricht
nicht
Verwaltungsauffassung.
Fundstellen:
BFH 19.7.11, IV R 53/09, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 113778
OFD Hannover 4.6.07; S 2141 - 17 - StO 221/StO 222
der
AStW 2011/08
OFD Münster 6.6.07, Kurzinformation Einkommensteuer Nr. 015/2007
§§ 4, 9 EStG – Bezug der Erstausbildung
zum angestrebten künftigen Beruf
Der BFH hatte bereits entschieden, dass Aufwendungen für ein nach dem
Abitur
aufgenommenes
Erststudium
oder
eine
erstmalige
Berufsausbildung nach dem absolvierten Schulabschluss grundsätzlich als
vorweggenommene Werbungskosten oder Betriebsausgaben und nicht
mehr nur als begrenzt abzugsfähige Sonderausgaben berücksichtigt
werden können. Diese Auffassung konkretisiert der BFH nun in einem
weiteren
Urteil
hinsichtlich
Veranlassungszusammenhang
der
Frage,
zwischen
wann
der
Ausbildung
notwendige
und
späterer
Berufstätigkeit vorliegt.
Im Urteilsfall ging es um ein Fachhochschulstudium zur Betriebswirtschaft
mit
Schwerpunkt
angestrebten
europäische
Abschluss
Unternehmensführung
Diplomkaufmann.
Der
BFH
und
nahm
den
einen
hinreichenden konkreten Veranlassungszusammenhang an. Dieser ist
nämlich
regelmäßig
schon
dann
gegeben,
wenn
das
Studium
Berufswissen vermittelt und damit auf die Erzielung von Einnahmen
gerichtet ist. Ausbildungskosten müssen lediglich subjektiv für den
angestrebten Beruf geleistet werden und den angehenden Arbeitnehmer
oder Selbstständigen im weitesten Sinne fördern.
Praxishinweis:
(BeitrRUmsG)
Über
wurde
das
Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz
rückwirkend
ab
2004
klargestellt,
dass
Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung oder für ein
Erststudium vom Abzug als Betriebsausgaben oder Werbungskosten
ausgeschlossen sind. Sie bleiben daher Sonderausgaben. Aufgrund der
hierzu zu erwartenden Gerichtsverfahren bleibt es jedoch relevant,
inwieweit die Erstausbildung einen ausreichenden Bezug zum Beruf
hat.
Fundstellen:
Keine Sonderausgaben: BFH 28.7.11, VI R 59/09, unter www.iww.de,
Abruf-Nr. 113779
AStW 2011/09
BFH 28.7.11, VI R 38/10; VI R 7/10; 15.9.11, VI R 15/11, VI R 22/09
Veranlassungszusammenhang: BFH 20.6.06, VI R 26/05, BStBl II 06,
764; 18.6.09, VI R 14/07, BStBl II 10, 816; VI R 31/07, BFH/NV 09,
1797
AStW 2011/010
§§ 4, 9 EStG – Kostenabzug für gemischt
genutzten Raum in der Privatwohnung?
Aufwendungen lassen sich sowohl aus beruflichem als auch aus privatem
Anlass in abziehbare Betriebsausgaben oder Werbungskosten und nicht
abziehbare Lebenshaltungskosten aufteilen. Dieser Grundsatz ist für alle
Gewinn-
und
Überschuss-Einkunftsarten
anwendbar.
Seitdem
dies
höchstrichterlich beschlossen wurde, dreht sich die Frage zunehmend
darum, auf welche Sachverhalte sich dieser Grundsatz neben gemischten
Reisen als Hauptanwendungsfall übertragen lässt. Das FG Köln hatte dies
auf die berufliche Nutzung eines Raumes in der Privatwohnung bejaht
und die von der Verwaltung übernommene BFH-Rechtsprechung auf die
Aufteilung der Raumkosten übertragen.
Das
FG
Hamburg
kommt
allerdings
bei
einem
selbstständigen
Unternehmensberater zu einem anderen Ergebnis. Dieser hatte seine
Arbeiten vom Essbereich im Wohnzimmer aus erledigt. Nach Auffassung
des Gerichts handelt es sich weder aufgrund von Lage und Ausstattung
um ein häusliches Arbeitszimmer noch sind die Kosten anteilig beruflich
veranlasst. Die Bereiche Wohnen und Arbeiten greifen so ineinander,
dass keine Trennung möglich ist. Es fehlt hierzu an objektivierbaren
Kriterien. Quadratmeter geben Nutzungsverhältnisse nicht zutreffend
wieder.
Zusätzlich
berücksichtigen,
wäre
wozu
es
eine
zeitliche
jedoch
an
Nutzungskomponente
einem
klar
zu
erkennbaren,
nachvollziehbaren Maßstab fehlt. Eine Trennung zwischen privat und
betrieblich wäre letztlich willkürlich und ist daher nicht möglich.
Ähnlich sieht dies das FG Baden-Württemberg, weil keine klare Abgrenzung
der Aufwendungen gegeben ist. Aufgrund anhängiger Revisionen können
Steuerbescheide über einen ruhenden Einspruch offengehalten werden.
Fundstellen:
FG Hamburg 8.6.11, 6 K 121/10, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 113780
FG Köln 19.5.11, 10 K 4126/09, Revision unter X R 32/11
FG Rheinland-Pfalz 25.8.10, 2 K 2331/09, Revision unter III R 62/11
FG Baden-Württemberg 2.2.11, 7 K 2005/08
AStW 2011/011
§§ 4, 9 EStG – Außendienstler kann
Tätigkeitsmittelpunkt im Arbeitszimmer
haben
Der Schwerpunkt der Berufstätigkeit eines als Außendienstmitarbeiter
und Verkaufsbetreuer tätigen Diplom-Bauingenieurs kann im heimischen
Büro liegen, sodass die anfallenden Kosten in voller Höhe absetzbar sind.
Das gilt nach Auffassung des FG Düsseldorf jedenfalls dann, wenn zwar
auch Beratungsgespräche bei Kunden vor Ort durchzuführen sind, aber
die überwiegende Arbeitszeit am häuslichen Arbeitsplatz ausgeübt wird,
etwa mit der Begleitung von Ausschreibungen. Dem zeitlichen Umfang
der Nutzung kommt lediglich eine indizielle Bedeutung zu. Entscheidend
ist vielmehr, ob im häuslichen Büro diejenigen Handlungen vorgenommen
oder Leistungen erbracht werden, die für den konkret ausgeübten Beruf
wesentlich und prägend sind.
Die Betreuung von Auftraggebern und Kunden vor Ort ist zwar als
Kerntätigkeit eines Außendienstmitarbeiters anzusehen und im Regelfall
bei Handelsvertretern prägend für das Berufsbild. Daher führen typische
Auswärtstätigkeiten wegen eines fehlenden anderen Arbeitsplatzes nur
zum beschränkten Abzug der Arbeitszimmerkosten. Anders sieht es aber
aus, wenn kein klassischer Außendienst vorliegt, weil die Tätigkeit über
die
eines
Verkäufers
hinausgeht.
Werden
Projektplanung
und
-
nachbereitung im Arbeitszimmer ausgeübt, kommt dem in qualitativer
Hinsicht ein größeres Gewicht zu, als der Präsenz beim Kunden vor Ort.
Das gilt insbesondere dann, wenn einem Großteil der Aufträge überhaupt
keine Kundengespräche vor Ort vorausgehen, sondern ein bloßer E-Mailoder Telefonkontakt stattfindet.
Der BFH hat bereits entschieden, dass ein Ingenieur, dessen Tätigkeit
wesentlich
durch
Problemlösungen
im
die
Erarbeitung
häuslichen
theoretischer
Arbeitszimmer
geprägt
komplexer
ist,
den
Mittelpunkt der Betätigung im heimischen Büro hat, auch wenn er
Kunden im Außendienst betreut.
AStW 2011/012
Fundstellen:
FG Düsseldorf 5.5.11, 11 K 2591/09 E, unter www.iww.de, Abruf-Nr.
113781
BFH 13.11.02, VI R 28/02, BStBl II 04, 59
AStW 2011/013
§ 5 EStG – Verbindlichkeit für
Rückerwerb verkaufter Ware ist zu
passivieren
Verpflichtet sich ein Händler, verkaufte Ware wie beispielsweise ein Kfz
auf Verlangen seines Kunden später wieder zurückzukaufen, hat er laut
BFH
hierfür
eine
Verbindlichkeit
in
Höhe
des
dafür
gesondert
vereinnahmten Entgelts auszuweisen (s. AStW 11, 221). Das BMF hat
sich der Auffassung des BFH jetzt angeschlossen. Danach liegt nunmehr
in allen offenen Fällen insoweit kein Drohverlust mehr vor. Das hat
folgende bilanzielle Auswirkungen:

Der Händler hat eine Verbindlichkeit mit dem für die Rückkaufsoption
erhaltenen Wert zu passivieren. Insoweit kommt es also zunächst zu
keiner gewinnerhöhenden Betriebseinnahme. Dieser Teilbetrag kann
aus
dem
Gesamtverkaufspreis
im
Schätzungswege
abgespalten
werden. Möglich ist auch der Ansatz der Differenz, die sich aus dem
Preis bei Einräumung und Nichtgewährung ergibt.

Kommt es zur Ausbuchung oder verfällt die Option, hat der Händler
die Verbindlichkeit zu diesem Zeitpunkt erfolgswirksam auszubuchen.

Ein auf das Risiko des Preisverfalls während des Optionszeitraums
entfallender Betrag – etwa bei einem Gebrauchtwagen – stellt einen
nicht passivierungsfähigen drohenden Verlust aus einem schwebenden
Geschäft dar.

Der
Käufer
hat
deckungsgleich
nichtabnutzbares
die
für
beim
die
Händler
vereinbarte
immaterielles
passivierte
Verbindlichkeit
Rückverkaufsoption
Wirtschaftsgut
zu
als
aktivieren.
Gleichzeitig mindern sich insoweit seine Anschaffungskosten für das
erworbene Wirtschaftsgut.

Die eingekaufte Ware wird entsprechend mit einem unter dem
Kaufpreis liegenden Betrag aktiviert.
AStW 2011/014

Das immaterielle Wirtschaftsgut „Option“ bucht der Käufer zum
Zeitpunkt der Rückgabe des Gegenstands oder des Rechtsverfalls
erfolgswirksam aus.
Fundstellen:
BMF 12.10.11, IV C 6 - S 2137/09/10003, unter www.iww.de, Abruf-Nr.
113421
Aufgehoben: BMF 12.8.09, IV C 6 - S 2137/09/10003, BStBl I 09, 890
BFH 17.11.10, I R 83/09
AStW 2011/015
§ 6 EStG – Rückstellung für Nachbetreuung von Versicherungsverträgen
ist möglich
Ein
Versicherungsvertreter
hat
Rückstellungen
für
ungewisse
Verbindlichkeiten wegen Erfüllungsrückstands für die Verpflichtung zur
Nachbetreuung und für die Bestandspflege von Versicherungsverträgen
zu passivieren. Der BFH hält die Rückstellungsbildung in einer aktuellen
Entscheidung grundsätzlich für geboten, wenn der Versicherungsvertreter
die Abschlussprovision nicht nur für die Vermittlung, sondern auch für die
Verpflichtung zur weiteren Nachbetreuung erhält. Nach den Grundsätzen
ordnungsmäßiger Buchführung und den Regelungen im EStG lässt sich
keine
Beschränkung
der
Pflicht
auf
wesentliche
Verpflichtungen
entnehmen.
Für die Höhe der Rückstellung muss der Versicherungsvertreter aufgrund
der ihm obliegenden objektiven Beweislast konkrete Aufzeichnungen
vertragsbezogen
führen.
Diese
dienen
der
Grundlage
für
eine
angemessene Schätzung der zu erwartenden Betreuungsaufwendungen.
Dabei ist auf die im Unternehmen künftig insgesamt anfallenden Kosten
abzustellen.
Die
Nachbetreuungsverpflichtung
als
Sachleistungsverpflichtung ist nach § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchstabe b EStG
mit den Einzel- und Gemeinkosten zu bewerten und abzuzinsen.
Einzubeziehen sind nur bereits abgeschlossene Verträge mit dem
jeweiligen zeitlichen Betreuungsaufwand pro Vertrag und Jahr, soweit
die Leistungen von entscheidender Bedeutung sind. Werbeleistungen mit
dem Ziel, Neu- und Bestandskunden zu neuen Vertragsabschlüssen zu
veranlassen, sind hingegen nicht rückstellbar.
Die Verwaltung hat die Rückstellung bislang mit der Begründung
abgelehnt, die Nachbetreuung stelle für den Vertreter keine wirtschaftlich
wesentlich
belastende
Verpflichtung
dar,
weil
Leistungen
nur
in
Ausnahmefällen zu erwarten seien und Beiträge ohne Aufwand per
Lastschrift bezahlt werden. Es bleibt abzuwarten, ob die Verwaltung die
aktuelle Rechtsprechung anwendet.
AStW 2011/016
Fundstellen:
BFH 19.7.11, X R 26/10, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 113419
BFH 19.7.11, X R 8/10; X R 9/10; X R 48/08; 9.12.09, X R 41/07,
BFH/NV 10, 860
BMF 28.11.06, IV B 2 -S 2137- 73/06, BStBl I 06, 765
AStW 2011/017
§ 8 EStG – Verbilligte Miete muss nicht
stets steuerpflichtiger Sachbezug sein
Überlässt ein Arbeitgeber seiner Belegschaft verbilligt Wohnungen und
verlangt er keine Nebenkosten, liegt ein lohnsteuerpflichtiger Sachbezug
gemäß § 8 Abs. 2 EStG nur dann vor, wenn dies durch das
Arbeitsverhältnis
des
jeweiligen
Arbeitnehmers
veranlasst
ist.
Voraussetzung ist also, dass die tatsächlich verlangte Miete plus
abgerechneter
Nebenkosten
die
ortsübliche
Kaltmiete
inklusive
umlagefähiger Nebenkosten unterschreitet. Dabei kann nach einem
aktuellen Urteil des BFH als Referenzmietwert der Mietspiegel als Basis
genommen werden, wenn dieser eine Spanne zwischen mehreren
Mietwerten für vergleichbare Wohnungen ausweist.
Die verbilligte Überlassung kann aber auch steuerfrei sein, wenn die
Vorteile aus der Wohnraumüberlassung nicht für die Beschäftigung
gewährt werden, sondern auf einem anderen Rechtsgrund oder einer
sonstigen Beziehung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber beruhen,
die nicht aus dem Dienstverhältnis resultieren. Denkbar ist auch eine
notwendige
Begleiterscheinung
betriebsfunktionaler
Zielsetzungen.
Zunächst ist aber festzustellen, ob die Wohnungen überhaupt verbilligt
überlassen worden sind. So könnte der Betrieb vergleichbare Wohnungen
auch an fremde Dritte zu einem niedrigeren als dem üblichen Mietzins
vermieten. Nach R 8.1 Abs. 6 Satz 6 LStR muss in nicht unerheblichem
Umfang an fremde Dritte zu einem niedrigeren Wert vermietet werden.
Praxishinweis:
Bei
einer
steuerpflichtigen
verbilligten
Wohnungsüberlassung ist als Sachbezug die Freigrenze von 44 EUR
nutzbar. Zudem kommt der Rabattfreibetrag von 1.044 EUR nach § 8
Abs. 3 EStG zum Abzug, wenn der Arbeitgeber Wohnungen mindestens
in gleichem Umfang am Markt wie an Arbeitnehmer anbietet. Dies
scheidet jedoch aus, wenn ein Antrag auf Pauschalierung nach § 40
EStG gestellt wurde.
Fundstellen:
AStW 2011/018
BFH 11.5.11, VI R 65/09, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 113271
BFH 28.6.07, VI B 23/07; 17.8.05, IX R 10/05
AStW 2011/019
§ 9 EStG – Doppelter Mietaufwand kann
als beruflich veranlasst gelten
Doppelte
Mietzahlungen
für
eine
neue
Familienwohnung,
die
am
Beschäftigungsort von einem Ehegatten bereits genutzt wird, können
beim Nachzug der Familie beruflich veranlasst und deshalb in voller Höhe
als
Werbungskosten
abziehbar
sein,
wenn
der
Umzug
nahezu
ausschließlich beruflich veranlasst ist. Voraussetzung ist, dass private
Gründe
eine
allenfalls
untergeordnete
Rolle
spielen.
Davon
ist
auszugehen, wenn der Arbeitnehmer wegen eines Arbeitsplatzwechsels
seine bisherige Wohnung aufgibt und deshalb umzieht, weil sich dadurch
die Zeitspanne für die Fahrten zur Arbeit verringert.
Die Zweifachberücksichtigung gilt laut BFH jedoch nur zeitanteilig – für
die neue Familienwohnung bis zum Umzugstag und für die bisherige
Wohnung
ab
dem
Umzugstag,
längstens
bis
zum
Ablauf
der
Kündigungsfrist des bisherigen Mietverhältnisses. Darüber hinaus ist der
Werbungskostenabzug umzugsbedingt geleisteter Doppelzahlungen auf
den
Zeitlauf
der
ordentlichen
Kündigungsfrist
des
bisherigen
Mietverhältnisses begrenzt. Nur solange gründet der Aufwand für zwei
Wohnungen nämlich auf dem beabsichtigten Familienumzug.
Der
unbeschränkte
Abzug
der
Aufwendungen
für
die
neue
Familienwohnung gilt ungeachtet dessen, dass diese zuvor im Rahmen
einer doppelten Haushaltsführung genutzt wurde. Dann sind nämlich
nicht die Spezialnorm des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG, sondern die
Regeln für den allgemeinen Werbungskostenabzug maßgebend. Die
Unterhaltung zweier Wohnungen dient anders als bei der doppelten
Haushaltsführung allein dem Zweck der Familienzusammenführung.
Kosten während der Umzugsphase sind damit abziehbar. Dies richtet sich
nicht nach dem Bundesumzugskostengesetz, sondern allein nach dem
allgemeinen Werbungskostenbegriff.
Fundstellen:
BFH 13.7.11, VI R 2/11, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 113270
BFH 23.5.06, VI R 56/02, BFH/NV 06, 1650
AStW 2011/020
§ 9 EStG – Fahrtkosten bei berufsbegleitendem Studium
Grundsätzlich wird zur Abgeltung der Aufwendungen eines Arbeitnehmers
für Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte eine
Entfernungspauschale von 30 Cent je Entfernungskilometer gewährt.
Dagegen können für Fahrten zu einem Tätigkeitsort, der nicht regelmäßig
aufgesucht wird, 30 Cent je gefahrenem Kilometer bzw. die tatsächlich
nachgewiesenen Kosten angesetzt werden.
Hinsichtlich der Frage, ob eine regelmäßige Arbeitsstätte vorliegt oder
nicht, gibt es immer wieder Streit mit dem Finanzamt. Zuletzt hat sich
das FG Köln dieser Frage annehmen müssen. In dem aktuellen Urteil ging
es um die Frage, wie ein Arbeitnehmer, der 28
Wochenstunden als
Steuerfachangestellter tätig ist und an zwei bis drei Terminen je Woche
(auch samstags) eine Fachhochschule besucht, seine Fahrtkosten zum
Studienort steuerlich geltend machen kann.
Das Finanzgericht Köln hält in seiner aktuellen Entscheidung lediglich die
Entfernungspauschale
von
30
Cent
pro
Entfernungskilometer
für
angemessen. Ein Studium von 7 Semestern, so die Auffassung des
Finanzgerichts, sei allein aufgrund der Dauer als nicht mehr bloß
vorübergehend anzusehen. Dies steht jedoch im deutlichen Widerspruch
zu einer Entscheidung des BFH vom 10.4.2008. Der BFH stellt darauf ab,
dass bereits die zeitliche Begrenzung einer Ausbildung dazu führt, dass
die Tätigkeit nicht auf Dauer angelegt ist.
Praxishinweis: In der täglichen Beratung
bleibt nur der folgende
Weg. Die Kosten sind mit der Kilometerpauschale anzusetzen. Bei
Ablehnung durch das Finanzamt ist Einspruch zu erheben und das
Ruhen des Verfahrens im Hinblick auf dieses Verfahren zu beantragen.
Die Finanzverwaltung geht in R 9.4. Abs. 3 Satz 5 LStR seit 2008 davon
aus, dass eine vorübergehende Auswärtstätigkeit an einer anderen
betrieblichen Einrichtung nicht zur Arbeitsstätte wird.
AStW 2011/021
Fundstellen:
FG Köln 14.7.11, 10 K 1009/10; Revision zugelassen, unter www.iww.de,
Abruf-Nr. 113782
BFH 10.4.08, VI R 66/05; 2.3.11, III B 106/10; 22.10.09, III R 101/07
FG Nürnberg 11.11.10, 7 K 1081/09, NZB unter III B 6/11
FG Münster 11.3.11, 14 K 4171/09 Kg
AStW 2011/022
§ 9 EStG – Abzug von Anwaltskosten
im Zusammenhang mit einem
Strafverfahren
Strafverteidigungskosten wegen des Vorwurfs der Beihilfe zur Untreue
können als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger
Arbeit zu berücksichtigen sein. Voraussetzung ist, dass der strafrechtliche
Vorwurf, gegen den sich der Steuerpflichtige zur Wehr setzt, durch sein
berufliches Verhalten veranlasst gewesen ist. Das ist nach Auffassung des
BFH der Fall, wenn die ihm zur Last gelegte Tat in Ausübung der
Berufstätigkeit begangen worden ist. Dem Abzug steht insbesondere § 12
Nr. 4 EStG nicht entgegen, weil der Gesetzgeber wie in § 4 Abs. 5 Nr. 8
EStG bewusst davon abgesehen hat, auch die Verfahrenskosten in das
Verbot einzubeziehen.
Allerdings setzt die Annahme von Erwerbsaufwendungen voraus, dass die
schuldhaften
Handlungen
noch
im
Rahmen
der
beruflichen
Aufgabenerfüllung liegen und nicht auf privaten Umständen beruhen.
Dies wäre der Fall, wenn die strafbaren Handlungen mit dem Beruf nur
insoweit im Zusammenhang stehen, als dieser eine Gelegenheit zu einer
Straftat verschafft. Die erwerbsbezogene Veranlassung wird auch dann
aufgehoben, wenn der Arbeitnehmer den Betrieb bewusst schädigen will
oder sich bereichert hat. Zum Ausschluss des Werbungskostenabzugs
reicht allerdings der Tatvorwurf der Untreue allein nicht aus.
Anwaltskosten sind erwerbsbezogen, wenn die zugrunde liegenden
Einnahmen erfasst sind. Diese Beträge sind durch die Dienst- und nicht
wegen einer anderen Rechtsbeziehung veranlasst, was dann in gleicher
Weise für die Aufwendungen gilt. Eine unterschiedliche Zuordnung der
Einnahmen
und
entsprechenden
Aufwendungen
würde
gegen
objektive Nettoprinzip verstoßen.
Fundstellen:
BFH 17.8.11, VI R 75/10, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 113783
BFH 15.1.09, VI R 37/06; 18.10.07, VI R 42/04
das
AStW 2011/023
§ 9 EStG – Pauschaler Kilometersatz bei
Auswärtstätigkeit
Das FG Baden-Württemberg hatte jüngst entschieden, dass die Höhe des
pauschalen Kilometersatzes von 30 Cent pro Kilometer für Dienstreisen
verfassungsgemäß ist. Die aus den öffentlichen Kassen gezahlten
Vergütungen, die nach den Reisekostengesetzen einzelner Bundesländer
wie etwa Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz eine pauschale Wegstreckenentschädigung von 35 Cent pro Kilometer vorsehen, sind nicht
bei
der
Berechnung
der
pauschalen
dienstlichen
Fahrtkosten
von
Arbeitnehmern zu berücksichtigen.
Eine analoge Anwendung dieses nur für die Reisekostenerstattung aus
öffentlichen
Kassen
geltenden
höheren
Kilometersatzes
beim
Werbungskostenabzug ist nicht möglich. Der Gesetzgeber muss nicht von
ihm
festgelegte
Kostenentwicklung
Pauschsätze
anpassen.
Es
laufend
gibt
an
keinen
die
aus
der
allgemeine
Verfassung
abzuleitenden Zwang. Zudem haben Arbeitnehmer die Möglichkeit, die
tatsächlichen Aufwendungen nachzuweisen.
Der BFH hat dieses Urteil bestätigt. Hiergegen wurde inzwischen
Verfassungsbeschwerde eingelegt. Daher können Einsprüche, die sich auf
das Verfahren beim BVerfG berufen, ruhen und Arbeitnehmer ihre Fälle
mit der Option auf einen höheren Werbungskostenabzug bei Dienstreisen
offenhalten. Die OFD Koblenz weist darauf hin, dass dies nicht für die
Entfernungspauschale bei Fahrten zwischen Wohnungs- und Arbeitsstätte
gilt. In diesen Fällen greift der Hinweis auf die Verfassungsbeschwerde
nicht,
weil
die
zukünftige
Entscheidung
des
BVerfG
auf
diese
Pendelfahrten keine Auswirkungen hat. Da insoweit kein Ruhen des
Verfahrens in Betracht kommt, fordern die Finanzämter in diesem
Massenverfahren
die
Einspruchsführer
zur
Rücknahme
Erfolgsaussichten auf.
Fundstellen:
OFD Koblenz 10.10.11, S 2353 A - St 32 2
BFH 15.3.11, VI B 145/10, beim BVerfG unter 2 BvR 1008/11
mangels
AStW 2011/024
FG Baden-Württemberg 22.10.10, 10 K 1768/10, EFG 11, 225
§ 15 EStG – Steuerliche Einordnung von
Private Equity-Fonds
Bisher gingen deutsche geschlossene Private Equity oder Venture Capital
Fonds von einer Vermögensverwaltung statt einer Gewerblichkeit aus,
sodass
Gewinne
aus
Beteiligungsverkäufen
erst
unter
der
Abgeltungsteuer erfasst werden. Diese sehr großzügige Praxis der
Finanzverwaltung aus dem Jahr 2003 wird jetzt vom BFH grundlegend
infrage gestellt. Das gilt insbesondere dann, wenn der Fonds seine
Geschäfte über einen Managementvertrag versierten und gewerblich
tätigen Personen überträgt und die Beteiligungen nur wenige Jahre
gehalten werden, bevor sie veräußert oder an die Börse gebracht werden.
Die Personen handeln auf fremde Rechnung aktiv im Management der
Portfolio-Gesellschaften mit und nehmen am Marktgeschehen teil. Das ist
eher als Finanzunternehmen nach dem Kreditwesengesetz anzusehen und
für einen rein vermögensverwaltend tätigen Fonds eher untypisch.
Darüber hinaus stellt der BFH klar, dass nach DBA bei Auslandsfonds das
Besteuerungsrecht für gewerbliche Einkünfte dem Staat zusteht, in dem
der Fonds seine Betriebsstätte hat. Die Gewinne bleiben in Deutschland
selbst dann steuerfrei, wenn er im Ausland über kein eigenes Büro und
kein
eigenes
Personal
Managementgesellschaft
aufgrund
steuerlicher
verfügt
ausüben
und
lässt.
Subventionen
seine
Geschäfte
Bleiben
unversteuert,
die
über
eine
Einkünfte
dort
besteht
zwar
ein
Besteuerungsrückfall nach § 50d Abs. 9 Nr. 1 EStG, sofern die Einkünfte
anderenfalls unversteuert bleiben. Diese Regelung greift aber nur, wenn
dies auf eine unterschiedliche steuerliche DBA-Auslegung durch beide
Staaten und somit einen negativen Qualifikationskonflikt zurückzuführen
ist.
Liegt
der
Grund
für
die
Nichtbesteuerung
im
ausländischen
Steuerrecht, gilt die Rückfallklausel nicht mehr. Es kommt zur generellen
Steuerbefreiung – bei Einkünften aus dem EU-Raum sogar ohne Ansatz
des Progressionsvorbehalts.
Fundstellen:
BFH 24.8.11, I R 46/10, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 113557
AStW 2011/025
BMF 16.12.03, IV A 6 – S 2240 – 153/03; 1.4.09, IV C 6 - S
240/08/10008
§ 15b EStG – Einschränkung beim
Steuersparmodell ist verfassungsgemäß
Nach dem Rechtsstaatsprinzip sowie dem Bestimmtheitsgebot hat der
Gesetzgeber Vorschriften so genau zu fassen, dass Betroffene die
Rechtslage erkennen und ihr Verhalten danach einrichten können. Nach
einem Urteil vom FG Baden-Württemberg enthält § 15b EStG zur
begrenzten
Verlustverrechnung
bei
Steuerstundungsmodellen
zwar
immer noch mehrere unbestimmte Begriffe, die in der Praxis vor allem
bei geschlossenen Fonds zu beachten sind. Doch dabei kann nicht mehr
von einer Ansammlung gesprochen werden, so wie der BFH dies zur
Vorgängervorschrift § 2b EStG festgestellt hatte.
Das FG widerspricht der Literaturmeinung, dass die Norm teilweise
verfassungswidrig sei. Auch der BFH hatte in einem vorläufigen Beschluss
Zweifel anklingen lassen. Vielmehr zeigt sich in der bisherigen Praxis,
dass die Anwendungsprobleme der Norm letztlich auf die zweistufige
Prüfung einer modellhaften Gestaltung und auf Verluste oberhalb der
Quote von 10 % hinauslaufen. Dies ist angesichts der klar definierten
Regeln
aber
handhabbar.
Erste
Zweifelsfragen
werden
durch
die
Rechtsprechung derzeit geklärt.
§ 15b EStG darf Verluste aus Steuerstundungsmodellen anders als
herkömmlich nicht zum sofortigen Ausgleich zulassen. Dies führt nur zu
einer zeitlichen Verlagerung und es genügt, wenn die Verluste überhaupt
steuerlich berücksichtigt werden. Ein definitiver Untergang von Verlusten
ist bei planmäßigem Verlauf nicht zu befürchten. Wäre bereits nach dem
Beteiligungskonzept damit zu rechnen, dass nicht ausreichend Gewinne
zum
Verlustausgleich
entstehen
werden,
wäre
die
Einkünfteerzielungsabsicht des Anlegers ohnehin zu verneinen.
Fundstellen:
FG Baden-Württemberg 7.7.11, 3 K 4368/09, unter www.iww.de, AbrufNr. 113784
AStW 2011/026
BFH 2.8.07, IX B 92/07, BFH/NV 07, 2270; 8.4.09, I B 223/08, BFH/NV
09, 1437
FG Münster 8.11.10, 5 K 4566/08 F, EFG 11, 438, Revision unter IV R
59/10
AStW 2011/027
§§ 16, 34 EStG – Vermietetes
Grundstück als Veräußerung eines
Teilbetriebs
Die Tarifbegünstigung der §§ 16, 34 EStG auf Veräußerungsgewinne gilt
auch
für
einen
Teilbetrieb,
wenn
dieser
für
sich
organisatorisch
geschlossen ist und einen mit gewisser Selbstständigkeit ausgestatteten
Teil eines Gesamtbetriebs darstellt. Er muss für sich betrachtet aber alle
Merkmale eines Betriebs aufweisen und als solcher lebensfähig sein. Das
ist nach einem aktuellen Urteil des FG Köln bei einem fremdvermieteten
Grundstück zwar nicht von vornherein ausgeschlossen. Die Veräußerung
als ermäßigt besteuerter Teilbetrieb setzt allerdings voraus, dass die
Vermietung beim Gesamtbetrieb ein Eigenleben geführt hatte und
darüber
hinaus
die
Grundstücksverwaltung
auch
außerhalb
dieses
Unternehmens einen gewerblichen Charakter hätte.
Hierzu muss die Vermietung der verkauften Immobilie zuvor isoliert
betrachtet
werden,
wie
etwa
bei
der
Betriebsaufspaltung,
die
Voraussetzungen eines Gewerbebetriebs erfüllen und sich als gesonderter
Verwaltungskomplex aus dem Gesamtunternehmen herausheben. Kein
entsprechend separates Objekt stellt dabei einfach nur vermietete oder
verpachtete Grundstücke im gewöhnlichen Rahmen dar. In einem
derartigen Fall liegt kein Teilbetrieb vor und die Tarifermäßigung sowie
der Veräußerungsfreibetrag kommen nicht in Betracht.
Das gilt auch für den Fall, dass das Unternehmen anschließend eine neue
Immobilie erwirbt und die bisherige Vermietung sowie die gewerbliche
Tätigkeit dadurch nicht aufgegeben sondern fortgesetzt wird. Dieser
Umstand führt nicht zur Einordnung als Verkauf eines Teilbetriebs. Hierfür
müsste der Betrieb nämlich durch den Verkauf endgültig eingestellt sein,
indem
die
Immobilie
als
wesentliche
Betriebsgrundlage
in
einem
einheitlichen Vorgang veräußert oder entnommen wurde. Daran fehlt es,
wenn die verbleibenden Betriebsteile weiterhin gleichartige Leistungen
erbringen.
Fundstellen:
AStW 2011/028
FG Köln 15.6.11, 7 K 3773/08, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 113785
BFH 9.12.09, X R 4/07, BFH/NV 10, 888
AStW 2011/029
§ 18 EStG – Vergütungsvorschüsse bei
Insolvenzverwaltern
Die Vergütung des Insolvenzverwalters für die Geschäftsführung wird
grundsätzlich erst mit Verfahrensbeendigung fällig. Er kann aber aus der
Insolvenzmasse
einen
Vorschuss
hierauf
entnehmen,
wenn
das
Insolvenzgericht zustimmt. Hierbei wird vorab das vergütet, was bislang
an Verwalterleistung erbracht worden ist. Die OFD Münster weist darauf
hin, dass der Vorschuss sowohl bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3
EStG als auch in der Bilanz mit der Entnahme aus der Insolvenzmasse
erfolgswirksam zu erfassen ist und insoweit keine Passivierung als
erhaltene Anzahlung in Betracht kommt. Die Zustimmung des Gerichts
hat nur deklaratorische Bedeutung und konkretisiert den bereits mit der
Arbeitsleistung entstandenen Anspruch in der Höhe.
Der Vorschuss als Teilvergütung ist keine Abschlagszahlung, er bewirkt
eine Teilerfüllung und ist endgültig. Sollte sich später die Unzulänglichkeit
der Masse herausstellen, entsteht kein Rückzahlungsanspruch. Dies gilt
auch für den vorläufigen Insolvenzverwalter, wenn sein Anspruch
grundsätzlich erst mit der Beendigung der vorläufigen Verwaltung fällig
wird. In beiden Fällen tritt Gewinnrealisierung in dem Zeitpunkt ein, in
dem eine Verpflichtung wirtschaftlich erfüllt wird. Das beendet den
Schwebezustand des zugrunde liegenden Geschäfts und führt unabhängig
davon zur Gewinnrealisierung, ob die Rechnung bereits erteilt ist, die
Ansprüche noch abgerechnet werden müssen oder die Forderung erst
nach
dem
Bilanzstichtag fällig wird. Die bisher erbrachten Teilleistungen sind bereits
nutzbar und der Anspruch auf Vergütung besteht.
Nach diesen Grundsätzen sind auch für die bis zum Bilanzstichtag
erbrachten Tätigkeiten des Insolvenzverwalters – unabhängig von der
tatsächlichen Entnahme von Vorschüssen – separat zu ermittelnde
Vergütungsforderungen ertragswirksam zu aktivieren, wenn das Gericht
der Vergütung zugestimmt hat.
AStW 2011/030
Fundstelle:
OFD Münster 27.10.11, akt. Kurzinfo ESt 32/2011
§ 18 EStG – Aufgabe der
Vervielfältigungstheorie bei
selbstständiger Tätigkeit
Der BFH hatte jüngst die Vervielfältigungstheorie bei Freiberuflern
aufgegeben, die eine sonstige selbstständige Tätigkeit nach § 18 Abs. 1
Nr.
3
EStG
ausüben.
Die
geänderte
Rechtsprechung
wendet
die
Verwaltung jetzt auf alle offenen Fälle an, nunmehr erfolgt eine
allgemeine Abgrenzung entsprechend § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Bislang
besagte diese Vervielfältigungstheorie, dass eine freiberufliche Tätigkeit
ohne die Mithilfe fachlich vorgebildeter Hilfskräfte ausgeübt werden muss
und eine weitergehende Unterstützung zur Gewerblichkeit abfärbt. Daran
wird nicht mehr festgehalten, sodass die Zulässigkeit des Einsatzes
fachlich vorgebildeter Mitarbeiter für freie Berufe jetzt generell in einer
nach Art der Tätigkeit unterschiedlichen Weise beurteilt wird.
Die OFD Koblenz weist darauf hin, dass die Tätigkeit von Insolvenz- oder
Zwangsverwaltern bei der Mitarbeit fachlich Vorgebildeter voraussetzt,
dass der Berufsträger weiterhin leitend und eigenverantwortlich tätig ist.
Diese
sogenannte
Stempeltheorie
wird
nur
erfüllt,
wenn
die
Berufsausübung über die Festlegung der Grundzüge der Organisation und
der dienstlichen Aufsicht hinaus durch Planung, Überwachung und
Kompetenz zur Entscheidung in Zweifelsfällen gekennzeichnet ist. Das
bedeutet, dass Insolvenz- oder Zwangsverwalter die Entscheidungen
über
das
Vorgehen
bestimmter
Schritte
im
Rahmen
des
Insolvenzverfahrens treffen müssen. Dieses üben sie auch dann noch
aus, wenn sie in einzelnen Routinefällen nicht mitarbeiten, dies aber
selber entschieden haben. Dabei ist für die Einstufung in § 18 Abs. 1 Nr.
3 EStG unbeachtlich, ob die Arbeit aus kaufmännisch-technischer Sicht
auf Angestellte oder fremde Dritte übertragen wird. Jedoch entfällt mit
der Aufgabe der Vervielfältigungstheorie nicht die Prüfung, ob ein
Freiberufler eine gewerbliche Tätigkeit ausübt und inwieweit er leitend
und eigenverantwortlich bleibt.
AStW 2011/031
Fundstellen:
OFD Koblenz 23.9.11, Kurzinfo ESt Nr. ST 3_2011K111
BFH 15.12.10, VIII R 50/09, BStBl II 11, 506; VIII R 37/09, BFH/NV 11,
1303
AStW 2011/032
§ 20 EStG – Anschaffungskosten
beim Erwerb gebrauchter
Lebensversicherungen
Der vom Erwerber einer gebrauchten Lebensversicherung gezahlte
Kaufpreis stellt Anschaffungskosten dar, sodass die bis dahin in der Police
aufgelaufenen rechnerischen Zinsen weder negative Kapitaleinnahmen
noch vorweggenommene Werbungskosten darstellen. Das gilt generell
beim Erwerb von Kapitalanlagen und somit auch für Aufwand im
Zusammenhang mit dem Abschluss von Lebensversicherungen, da bei
den Überschusseinkünften Wertveränderungen außer Betracht bleiben
und dies nur über die AfA durchbrochen wird. Damit bestätigt der BFH die
Auffassung der Finanzverwaltung.
Der Erwerber kauft Rechte und Pflichten aus einer vom Verkäufer
geschlossenen Police. Zwar lässt sich der Kaufpreis rein rechnerisch in
aufgelaufene
Zinsen
und
das
Versicherungsstammrecht
aufteilen.
Gleichwohl handelt es sich um einen einheitlichen Kaufvertrag. Dies wird
auch von der Finanzverwaltung so gesehen. Eine Berücksichtigung als
Stückzinsen und damit negative Einnahmen beim Kauf festverzinslicher
Wertpapiere kann auf den Fall des Erwerbs einer gebrauchten Police nicht
übertragen werden. Anders als bei Anleihen stellen die Stückzinsen eine
von vornherein unbestimmte Größe dar. Es ist nämlich ungewiss, ob und
in welcher Höhe sie bei der späteren Auszahlung entstanden sein werden.
Praxishinweis: Aufwendungen für den Erwerb des Anspruchs auf eine
Versicherungsleistung treten nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 3 EStG an die
Stelle der vor dem Erwerb entrichteten Beiträge und sind bei der
Ermittlung des Unterschiedsbetrags bei Fälligkeit, Kündigung oder
Weiterverkauf
steuermindernd
anzusetzen.
Auch
vor
abgeschlossene gebrauchte Altverträge sind steuerpflichtig.
Fundstellen:
BFH 24.5.11, VIII R 46/09, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 113311
BFH 28.10.10, VIII B 90/10, BFH/NV 11, 254
2005
AStW 2011/033
BMF 12.12.05, IV C 1 -S 2252- 337/05, BStBl I 06, 92, Tz. 80; 22.8.02,
IV C 4 -S 2221- 211/02, BStBl I 02, 827, Tz. 6
AStW 2011/034
§ 21 EStG – Nachträglicher Schuldzinsenabzug nach dem Hausverkauf
Das
FG
Düsseldorf
nachträglicher
hält
es
für
Schuldzinsenabzug
ernstlich
für
zweifelhaft,
die
nach
dass
kein
Abzug
des
Veräußerungserlöses verbleibenden Darlehen erfolgt. Nach bisheriger
Rechtsprechung
waren
Kreditaufwendungen
nach
der
Gebäudeveräußerung keine nachträglichen Werbungskosten zu § 21 EStG
mehr, weil sie aufgrund eines nicht steuerbaren Gewinns im privaten
Vermögensbereich nicht mehr mit dieser Einkunftsart in wirtschaftlichem
Zusammenhang standen. Aufgrund der geänderten BFH-Rechtsprechung
zu verbleibenden Krediten nach dem Verkauf von GmbH-Anteilen kann
hieran aber nicht mehr festgehalten werden. Das FG stellt die gesunkene
Wesentlichkeitsschwelle in § 17 EStG auf eine Stufe mit der von zwei auf
zehn Jahre verlängerten Spekulationsfrist. Dadurch sind nachträgliche
Schuldzinsen bei den Überschuss- und den Gewinneinkünften gleich zu
beurteilen. Das Argument der Verwaltung, bei § 21 EStG sei wegen der
zeitlich begrenzten Steuerpflicht keine ähnliche Annäherung der privaten
Vermögenssphäre
Beteiligungen
wie
möglich,
bei
dauerhaft
greift
zumindest
steuerverstrickten
dann
nicht,
GmbH-
wenn
der
Grundstücksverkauf innerhalb der zehnjährigen Spekulationsfrist erfolgt
und
steuerbare
Einkünfte
erzielt
werden.
Im
Hinblick
auf
die
Steuerverstrickung des Grundbesitzes fehlt jedes stichhaltige Argument,
das
eine
unterschiedliche
Beurteilung
der
nach
Wegfall
der
Einkunftsquelle anfallenden Schuldzinsen bei betrieblichen und privaten
Einkünften legitimieren könnte.
Praxishinweis: Der BFH hat in einer anhängigen Revision den
Veranlassungszusammenhang
bei
betrieblichen
und
privaten
Einkünften erneut zu prüfen. Bis dahin sind entsprechende Fälle
offenzuhalten.
Fundstellen:
FG Düsseldorf 18.7.11, 11 V 1620/11 A (E), unter www.iww.de, Abruf-Nr.
113786
AStW 2011/035
FG Baden-Württemberg 1.7.11, 3 K 136/07, Revision unter IX R 67/10
BFH 16.3.10, VIII R 20/08, BStBl II 10, 787
AStW 2011/036
§ 23 EStG – Veräußerung eines auch
im Betriebsvermögen gehaltenen
Grundstücks
Wer eine Immobilie innerhalb der zehnjährigen Spekulationsfrist wieder
veräußert, muss die Wertsteigerungen im Privatvermögen seit der
Anschaffung versteuern, auch wenn er das Grundstück zeitweise im
Betriebsvermögen
gehalten
hat.
Der
Gewinn
aus
dem
privaten
Veräußerungsgeschäft ist in diesem Fall um den im Betriebsvermögen zu
erfassenden Gewinn zu korrigieren. Die zwischenzeitliche Aufteilung in
Wohnungseigentum ändert nichts an der wirtschaftlichen Identität von
angeschafftem und veräußertem Wirtschaftsgut.
Die Einlage in das Betriebsvermögen und die Entnahme aus dem
Betriebsvermögen
stellt
mangels
Rechtsträgerwechsels
keine
Veräußerung dar. Nichts anderes gilt dann, wenn der Einlage kein
Verkauf aus dem Betriebsvermögen folgt. Die Einlage zum Teilwert wird
der Veräußerung gleichgestellt, was zu einer Versteuerung der im
Betriebsvermögen entstandenen Wertsteigerungen führt. Das heißt aber
nicht, dass auch die vorher im Zeitraum zwischen Anschaffung und
Einlage
entstandenen
Gewinne
erfasst
werden.
Der
ursprüngliche
tatsächliche Kauf wirkt fort und die Kosten sind zugrunde zu legen. Nur
dies stellt sicher, dass alle zwischen Anschaffung und Veräußerung im
Privatvermögen entstandenen stillen Reserven erfasst werden.
Die Anschaffungs- und Veräußerungsfiktion des § 23 Abs. 1 Satz 2 EStG
erfüllt gerade den Zweck, alle Wertveränderungen im Zeitraum zwischen
tatsächlicher Anschaffung und tatsächlicher Veräußerung unabhängig davon
zu erfassen, wie lange das Wirtschaftsgut zeitweise im Betriebsvermögen
gehalten worden ist. Dabei wird der Gewinn um die im betrieblichen Bereich
erfassten Wertveränderungen korrigiert. Dieser ergibt sich, soweit der
Teilwert im Zeitpunkt der Entnahme den bei der Einlage übersteigt.
Fundstellen:
BFH 23.8.11, IX R 66/10, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 113765
BMF 5.10.00, IV C 3 - S 2256 - 263/00, BStBl I 00, 1383 Tz. 2, 5, 35
AStW 2011/037
§ 32 EStG – Kindergeldanspruch für ein
behindertes Kind
Nach dem Einkommensteuerrecht besteht für ein volljähriges Kind ein
Anspruch auf Kindergeld, wenn dieses wegen körperlicher, geistiger oder
seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten.
Voraussetzung ist nach derzeitiger Rechtslage, dass die Behinderung des
Kindes vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist.
Nach einem aktuellen Urteil des BFH setzt der Kindergeldanspruch für ein
über 27 (bei Behinderungseintritt nach dem 31.12.2006: über 25) Jahre
altes Kind nicht voraus, dass neben der Behinderung auch die hierdurch
bedingte Unfähigkeit zum Selbstunterhalt vor Vollendung des 27. (bzw.
25.) Lebensjahres vorgelegen hat.
Nach Auffassung des Gerichts muss nur die Behinderung und nicht auch
die dadurch bedingte Unfähigkeit zum Selbstunterhalt vor Erreichen der
maßgeblichen Altersgrenze vorgelegen haben. Anhaltspunkte für diese
Voraussetzungen sind in § 32 Abs. 4 Nr. 3 EStG nicht gegeben und eine
weite Auslegung würde der Entstehungsgeschichte und dem Zweck der
Vorschrift entgegenstehen. Diese soll der verminderten Leistungsfähigkeit
der Eltern Rechnung tragen.
Ein Kind ist außerstande, sich selbst zu unterhalten, wenn es über keine
wirtschaftliche Leistungsfähigkeit verfügt, die zur Bestreitung seines
gesamten notwendigen allgemeinen Grundbedarfs und des individuellen
behinderungsbedingten
Mehrbedarfs
ausreicht.
So
liegt
eine
behinderungsbedingte Unfähigkeit zum Selbstunterhalt vor, wenn die
Behinderung in erheblichem Umfang die Ursache für Arbeitslosigkeit ist.
Darüber hinaus kommt diese Voraussetzung auch ohne Arbeitslosigkeit in
Betracht, wenn die vom behinderten Kind erzielbaren Einkünfte nicht
dessen gesamten Lebensbedarf decken können oder der Nachwuchs
behinderungsbedingt
ausüben kann.
nur
eine
nicht
ausreichende
Teilzeittätigkeit
AStW 2011/038
Praxishinweis: Der BFH betont, dass der fehlende Nachweis der
behinderungsbedingten Unfähigkeit zum Selbstunterhalt nach den
Regeln der objektiven Beweislast zulasten der Eltern geht. Die Regeln
zur Berücksichtigung volljähriger Kinder wegen Behinderung wurden
durch das Steuervereinfachungsgesetz 2011 nicht geändert.
Fundstellen:
BFH 9.6.11, III R 61/08, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 113389
BFH 19.11.08, III R 105/07; 22.10.09, III R 50/07, BStBl II 11, 38
AStW 2011/039
§ 1 UStG – Grundsätze des EuGH zur
steuerfreien Geschäftsveräußerung im
Ganzen
Der
EuGH
hat
die
vom
BFH
vorgelegten
Anfragen
zu
den
Voraussetzungen der Geschäftsveräußerung im Ganzen nach § 1 Abs. 1a
UStG für ein Einzelhandelsgeschäft beantwortet. Danach liegt die
Umsatzsteuerfreiheit selbst dann noch vor, wenn die Einrichtung und der
Warenbestand eines Ladenlokals verkauft und die Geschäftsräume vom
Verkäufer an den Erwerber auf unbestimmte Zeit vermietet werden, aber
der Vertrag kurzfristig kündbar ist. Diese Voraussetzung reicht jedenfalls
dann
aus,
wenn
die
übertragenen
Gegenstände
eine
dauerhafte
selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit des Erwerbers absichern können.
Nach der Mehrwertsteuer-Richtlinie können die Mitgliedstaaten die
Übertragung des Gesamt- oder Teilvermögens so behandeln, als ob keine
Lieferung
von
Gegenständen,
sondern
eine
Übertragung
an
den
Rechtsnachfolger vorliegt. Das gilt bei entgeltlichen und unentgeltlichen
Übertragungen oder bei der Einbringung in eine Gesellschaft. Da bereits
die Übertragung des Warenbestands und der Geschäftsausstattung
ausreicht, um die selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit fortführen zu
können, ist die Übertragung der Geschäftsräume für die Einstufung
Geschäftsveräußerung im Ganzen für die Frage eines Gesamtvermögens
nicht ausschlaggebend. Die Dauer des Mietvertrags ist für die Beurteilung
aber mit einzubeziehen. Allein die Möglichkeit, diesen auf unbestimmte
Zeit abgeschlossenen Vertrag kurzfristig zu kündigen, lässt nicht die
Schlussfolgerung zu, dass der Erwerber beabsichtigt, den übertragenen
Geschäftsbetrieb
oder
Unternehmensteil
sofort
abzuwickeln.
Die
Anwendung von § 1 Abs. 1a UStG kann allein aus diesem Grund nicht
abgelehnt werden.
Fundstelle:
EuGH 10.11.11, Rs. C-444/10, Schriever, unter www.iww.de, Abruf-Nr.
113787
AStW 2011/040
§ 4 UStG – Steuerpflicht bei Festvergütung für Geschäftsführung und
Haftung
Der BFH hatte jüngst zu einem vermögensverwaltenden geschlossenen
Fonds entschieden, dass die gesondert vereinbarte Festvergütung, die
der geschäftsführungs- und vertretungsberechtigte Komplementär von
seiner KG für die Haftung erhält, umsatzsteuerpflichtig ist und hierfür die
Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 8g UStG nicht in Anspruch genommen werden
kann. Diese Vorschrift gilt nur für die Übernahme von Verbindlichkeiten,
Bürgschaften und anderen Sicherheiten, nicht aber für die persönliche
Haftung.
Diese Grundsätze wendet die Verwaltung in allen offenen Fällen auf das
Verhältnis zwischen KG und Komplementär an, beanstandet aber nicht,
wenn die gegen Sonderentgelt erbrachte Haftungsübernahme vor 2012
als nicht umsatzsteuerbar behandelt wird. Keine Übergangsregel gibt es
für die Fälle, in denen der haftende Gesellschafter gegenüber der KG
umsatzsteuerbare
Geschäftsführungs-
und
Vertretungsleistungen
erbringt.
Praxishinweis: Die Steuerpflicht betrifft alle Personengesellschaften,
die ihren geschäftsführungs- und vertretungsbefugten Gesellschaftern
gewinnunabhängige Haftungsvergütungen zahlen und die aufgrund
ihrer vermögensverwaltenden Tätigkeit etwa bei einer steuerfreien
Vermietungsleistung ohne Erbringung von umsatzsteuerpflichtigen
Leistungen nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind. Folge dieser
Rechtsänderung
ist
im
Umkehrschluss
aber
auch,
dass
der
Komplementär durch die vereinbarten Zahlungen zum Unternehmer
wird und somit zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.
Fundstellen:
BMF 14.11.11, IV D 2 - S 7100/07/10028 :003, unter www.iww.de,
Abruf-Nr. 113788
BFH 3.3.11, V R 24/10
EuGH 19.4.07, C-455/05
AStW 2011/041
AStW 2011/042
§ 10 UStG –
Mindestbemessungsgrundlage bei
verbilligtem Zeitungsbezug
Liefert
ein
Verlag
die
produzierten
Zeitungen
verbilligt
an
seine
Arbeitnehmer nach Hause, liegen umsatzsteuerpflichtige Lieferungen
nach § 10 Abs. 5 Nr. 2 UStG vor, so der BFH. Unerheblich sind insoweit
die mit der Zeitungslieferung verfolgten Ziele des Arbeitgebers. Eine
Leistung
aufgrund
des
Dienstverhältnisses
liegt
vor,
wenn
der
Arbeitgeber den privaten Bedarf der Angestellten befriedigt, sofern es
sich nicht um Aufmerksamkeiten handelt. Aus der EuGH-Rechtsprechung
zur unentgeltlichen Beförderung des Arbeitnehmers zwischen Wohnung
und Arbeitsstätte und zur unentgeltlichen Lieferung von Mahlzeiten an
das Personal ergibt sich, dass Leistungen an Arbeitnehmer zu privaten
Zwecken nur dann nicht steuerbar sind, wenn deren persönliche Vorteile
den Bedürfnissen des Unternehmers gegenüber nur untergeordnet sind.
Es liegen aber weder besondere Umstände der wirtschaftlichen Verlagstätigkeit vor, die einen Zeitungsbezug nach Hause erfordern würden,
noch sind zwingende betriebliche Belange ersichtlich, die wie die
Gesundheitshygiene bei der verbilligten Überlassung von Arbeitskleidung
die persönlichen Vorteile der Arbeitnehmer als nur untergeordnet
erscheinen lassen. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass die Zeitungen
der Befriedigung des privaten Bedürfnisses an Information dienen. Der
Vorteil eines erheblich ermäßigten Bezugs von Tageszeitungen ist
gegenüber den betrieblichen Gründen in Gestalt von Auflagensteigerung,
Information der Arbeitnehmer über das Produkt und Förderung der
Corporate Identity nicht nur als untergeordnet zu betrachten.
Praxishinweis: Der Umsatz wird nach dem regulären Abonnementpreis
im Verhältnis zu den Selbstkosten bemessen. Hierzu gehören alle
Posten, mit denen die Kostenrechnung des Unternehmens belastet wird.
Fundstellen:
BFH 19.6.11, XI R 8/09, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 113626
AStW 2011/043
BFH 9.12.10, V R 17/10
EuGH 20.1.005, C-412/03, BFH/NV 05, 90; 11.12.08, C-371/07, UR 09,
60
AStW 2011/044
§ 15 UStG – Vorsteuerabzug bei Solaranlagen an Privatgebäuden
Der BFH hat sich in drei Urteilen zu den grundsätzlichen Voraussetzungen
und zum Umfang eines Vorsteuerabzugs im Zusammenhang mit der
Installation einer Fotovoltaikanlage geäußert. Danach ist der private
Betreiber insoweit als Unternehmer tätig und damit grundsätzlich zum
Abzug der ihm in Rechnung gestellten Umsatzsteuer berechtigt, soweit er
den erzeugten Strom an einen Energieversorger liefert. Es handelt sich
dabei um Aufwendungen, die mit seinen Stromlieferungen in direktem
und unmittelbarem Zusammenhang stehen. In den Urteilen ging es um
drei verschiedene Sachverhalte:
1. Installation der Solaranlagen auf dem Dach eines ansonsten
nicht
genutzten
und
leerstehenden
Schuppens:
Der
Vorsteuerabzug aus den Herstellungskosten des Schuppens gelingt nur
insoweit,
als
das
gesamte
Gebäude
für
die
Stromlieferungen
unternehmerisch genutzt wird und dieser Anteil mindestens 10 % der
Gesamtnutzung beträgt.
2. Die Anlage befindet sich auf dem Dach eines Carports, das zum
Unterstellen eines Privat-Pkw diente: In diesem Fall ermöglicht
diese teilweise unternehmerische und private Nutzung eine volle
Zuordnung des Carports zum Unternehmen und bei Bauantrag vor dem
1.1.2011 kann der volle Vorsteuerabzug aus den Herstellungskosten
des Carports geltend gemacht werden. Im Gegenzug ist die private
Verwendung des Carports als unentgeltliche Wertabgabe nach § 3 Abs.
9a Nr. 1 UStG zu versteuern.
3. Das Dach einer vorhandenen und nicht genutzten Scheune
wurde neu eingedeckt und in diesem Zusammenhang erfolgte
die Installation der Fotovoltaikanlage auf dem Dach: Der
Vorsteuerabzug aus den Aufwendungen für die Neueindeckung des
Daches besteht nur insoweit, als das gesamte Gebäude für die
Stromlieferungen unternehmerisch genutzt wird. Hierbei gilt die 10 %Grenze nicht, da es sich statt um Herstellungskosten eines gelieferten
AStW 2011/045
Gegenstands
um
Erhaltungsaufwendungen
in
Form
von
Dienstleistungen handelt.
Der BFH betont, dass der unternehmerische Nutzungsanteil am jeweiligen
Gebäude vom Unternehmer im Wege einer sachgerechten und von der
Finanzverwaltung zu überprüfenden Schätzung zu ermitteln ist. Dabei
kommt ein Umsatzschlüssel in Betracht, da keine andere wirtschaftliche
Zurechnung möglich ist. Hierbei wird fiktiv ein Vermietungsumsatz für
den nichtunternehmerisch privat genutzten inneren Teil des Gebäudes
dem Umsatz für die Vermietung der Dachfläche zum Betrieb einer
Solaranlage
gegenübergestellt.
Die
Ermittlung
des
abziehbaren
Vorsteueranteils nach dem Verhältnis der Nutzflächen scheidet aus, weil
dies nicht objektiv widerspiegelt, welcher Teil der Eingangsaufwendungen
jedem der beiden Bereiche wirtschaftlich zuzurechnen ist.
Ab 2011 ist der Vorsteuerabzug nur noch teilweise nach § 15 Abs. 1b
UStG möglich, soweit die Aufwendungen auf die unternehmerische
Verwendung eines Gebäudes entfallen, selbst wenn der Gegenstand
vollständig dem Unternehmensvermögen zugeordnet wird. Dann ist für
private Verwendung aber auch keine unentgeltliche Wertabgabe mehr zu
versteuern. Sind teilweise unternehmerisch genutzte Wirtschaftsgüter wie
im Urteilsfall die Scheune völlig ungenutzt oder stehen sie leer, dienen sie
nicht
der
privaten
Nutzung
und
eine
Zuordnung
zum
Unternehmensvermögen kommt grundsätzlich nicht in Betracht.
Die Vorsteuer aus dem Aufwand für Kauf und Installation der Fotovoltaikanlage hingegen ist in voller Höhe möglich, auch wenn der erzeugte
Strom teilweise privat verwendet wird. Bei der Anlage als bewegliches
Wirtschaftsgut handelt es sich umsatzsteuerlich nicht um Bestandteile
des Grundstücks oder Gebäudes.
Fundstellen:
BFH 19.7.11, XI R 29/10, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 113670
BFH19.7.11, XI R 21/10; XI R 29/09
OFD Niedersachsen 8.7.10, S 7300 - 616 - St 173
OFD Magdeburg 21.7.10, S 7300 - 122 - St 24
AStW 2011/046
ErbStG – Zweifel an
Verfassungsmäßigkeit
Der BFH hat das BMF aufgefordert, dem Verfahren zur Prüfung der
Verfassungsmäßigkeit
der
ab
1.1.2009
geltenden
Erbschaftsteuer
beizutreten. Im Verfahren muss entscheiden werden,

ob die auf Steuerentstehungszeitpunkte im Jahr 2009 beschränkte
Gleichstellung
von
Personen
in
den
Steuerklassen
II
und
III
verfassungsgemäß ist und

ob die Begünstigungsvorschriften der §§ 13a und 13b ErbStG in der
auf
den
1.1.2009
zurückwirkenden
Fassung
des
Wachstumsbeschleunigungsgesetzes deshalb gegen den allgemeinen
Gleichheitssatz verstoßen, weil sie es ermöglichen, durch bloße Wahl
bestimmter
Vermögen
Gestaltungen
gleich
die
welcher
Steuerfreiheit
Art
und
des
unabhängig
Erwerbs
von
von
dessen
Zusammensetzung und Bedeutung für das Gemeinwohl zu erreichen.
Bedenken bestehen laut BFH im Hinblick auf die Anforderungen des
allgemeinen Gleichheitssatzes an die Ausrichtung der Steuerlast an der
finanziellen Leistungsfähigkeit und der Folgerichtigkeit, die Gewährung
von Steuerentlastungen nur bei Vorliegen entsprechend gewichtiger
Gründe des Gemeinwohls, der vollständigen Verschonung bestimmter
Gegenstände von der Besteuerung nur im Ausnahmefall sowie die
Ausgestaltung
von
Vergünstigungstatbeständen.
Das
betrifft
insbesondere § 13b ErbStG, der ausdrücklich auch den Erwerb eines
Anteils an einer Gesellschaft in die Vergünstigungen einbezieht.
Der BFH weist darauf hin, dass das BVerfG im Rahmen seiner
Entscheidung
zur
Rechtslage
bis
2008
die
Möglichkeit
von
Gewerbetreibenden, gewillkürtes Betriebsvermögen in weitem Umfang zu
bilden, aus verfassungsrechtlicher Sicht kritisch gewürdigt hatte. Sie
können so gezielt auf eine geringere Bemessungsgrundlage der Steuer
einwirken. Diese verfassungsrechtliche Problematik besteht im neuen
Recht nicht nur fort, sondern hat sich sogar noch verschärft. Die
AStW 2011/047
Steuervergünstigungen nach den §§ 13a und 13b ErbStG knüpfen
weiterhin an das ertragsteuerrechtliche Betriebsvermögen an. Hierbei
lässt sich jetzt durch weitere Gestaltungen die Höhe der Steuerbelastung
noch mehr vermindern, indem die Optionen deutlich erweitert worden
sind.
Während
bis
2008
das
nach
Abzug
des
Freibetrags
von
225.000 EUR verbleibende begünstigte Betriebsvermögen mit 65 %
anzusetzen war, beträgt bereits der Verschonungsabschlag nunmehr
entweder 85 % oder sogar 100% des begünstigten Betriebsvermögens.
Vor diesem Hintergrund bittet der BFH das BMF um Mitteilung, ob und
gegebenenfalls welche praktischen Erfahrungen es zu den aufgezeigten
Gestaltungsmöglichkeiten bisher schon gibt. Sollte die Prüfung der beiden
angesprochenen Verfassungsfragen einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1
oder Art. 6 Abs. 1 GG ergeben, müsste der Senat das Verfahren
aussetzen und eine Entscheidung des BVerfG einholen.
Praxishinweis: Betroffene Erwerber sollten ihre Fälle über einen
ruhenden Einspruch offenhalten. Das betrifft insbesondere Geschwister,
Neffen und Nichten mit Erbschaft oder Schenkung in 2009 sowie Eltern
bei einer Schenkung. Die Verbesserung bei den Steuersätzen wurde
über
das
Wachstumsbeschleunigungsgesetz
erst
2010
eingeführt,
während andere Regelungen – wie etwa die Gleichstellung von
Lebenspartnern mit Ehegatten – rückwirkend gilt.
Zudem ist bereits eine Verfassungsbeschwerde gegen eine mögliche
Doppelbesteuerung anhängig, die damit begründet wird, dass bis zum
Tod
aufgelaufene
Zinsen
als
Erwerb
und
anschließend
als
Kapitaleinnahme erfasst werden. Diesbezüglich sind Rechtsbehelfe
anzuraten.
Fundstellen:
BFH 5.10.11, II R 9/11, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 113760
BFH 17.2.10, II R 23/09, beim BVerfG unter 1 BvR 1432/10
BVerfG 7.11.06, 1 BvL 10/02, BStBl II 07, 192
AStW 2011/048
BewG – Sachwertverfahren für
besonders ausgestattetes
Mietwohngrundstück
Der
Preis
von
Mietwohngrundstücken
Ertragswertverfahren
derselben
Region
ermittelt.
nach
Art,
Dies
Lage
wird
setzt
und
grundsätzlich
voraus,
dass
Ausstattung
im
innerhalb
vergleichbare,
vermietete Objekte vorhanden sind. Sind diese nicht in hinreichender
Zahl vorhanden, kommt insbesondere für Ein- und Zweifamilienhäuser,
die sich durch besondere Gestaltung oder Ausstattung wesentlich von
Wohnungen
abheben,
das
Sachwertverfahren
zum
Ansatz.
Dies
begründet der BFH damit, dass die unter Verwendung von wertvollem
Material erbauten oder außergewöhnlich gestalteten Häuser nur in
Ausnahmefällen
vereinzelt
vermietet
sind
und
in
der
Regel
vom
Eigentümer selbst bewohnt werden, weil er den besonderen Aufwand
nach seiner Vorstellung trägt.
Dabei greift das Sachwertverfahren bereits dann, wenn die Wohnfläche
größer als 220 m2 ist, ein größeres Schwimmbecken vorhanden ist, die
Gestaltung keine Trennung der Bereiche in mehrere Hauptwohnungen
ermöglicht oder das Grundstück einen ganz besonderen, einmaligen
Charakter hat. In solchen und vergleichbaren Fällen kann die übliche
Miete nicht durch einen Zuschlag auf die höchsten im Mietspiegel
ausgewiesenen Preise geschätzt werden und das Ertragswertverfahrens
wäre
eine
mit
dem
Gleichheitssatz
nicht
vereinbare
Bevorzugung
gegenüber herkömmlichen Ein- und Zweifamilienhäusern.
Praxishinweis:
Bei
Eigentumswohnungen
wird
Ein-,
der
Zweifamilienhäusern
Preis
vorrangig
aus
sowie
Verkäufen
vergleichbarer Immobilien nach § 183 BewG herangezogen, sofern
solche Vergleichswerte in genügender Anzahl vorliegen. Das wird wohl
vorrangig
beim
Verkaufspreisen
ermittelte
Wohneigentum
können
auch
Vergleichsfaktoren
möglich
von
den
herangezogen
sein.
Anstelle
von
Gutachterausschüssen
werden.
Ansonsten
kommen Ertragswerte wie bei Mietwohngrundstücken zum Ansatz.
AStW 2011/049
Sofern
auch
diese
Methode
nicht
anwendbar
ist,
greift
das
Sachwertverfahren nach § 189 BewG.
Das Sachwertverfahren kommt darüber hinaus nach § 182 Abs. 4 BewG
für Geschäfts- und gemischt genutzte Grundstücke ohne übliche Miete in
Betracht. Sonstige besondere wertbeeinflussende Umstände werden im
Rahmen dieser vereinfachten Ermittlung nicht gesondert angesetzt. Die
Berechnung
des
Bodenrichtwerts
gemeinen
und
des
Werts
erfolgt
aus
Gebäudepreises,
einer
Addition
ausgehend
von
des
den
gewöhnlichen Herstellungskosten je Flächeneinheit durch Multiplikation
der jeweiligen Kosten mit den Flächeneinheiten des Gebäudes. Das
Ergebnis wird dann mit der Wertzahl aus Anlage 25 zu § 191 BewG
multipliziert.
Maßgebend sind die Summe der Grundflächen aller Grundrissebenen
eines Bauwerks sowie aller auf dem Grundstück vorhandenen Anlagen.
Bei
einem
neuen
Einfamilienhaus
belaufen
sich
die
Regelherstellungskosten beispielsweise auf 1.010 EUR je m2. Bei älteren
Gebäuden ermäßigt sich dieser Betrag entsprechend und davon wird eine
lineare Alterswertminderung abgezogen. Als Untergrenze sind jedoch
mindestens 40 % des Gebäuderegelherstellungswerts anzusetzen. Durch
das EU-Beitrei-bungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz kommt es ab 2012 zu
einer Anpassung der Regelherstellungskosten an den vom Statistischen
Bundesamt veröffentlichten Baupreisindex.
Fundstellen:
BFH 6.7.11, II R 35/10, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 113789
BFH 30.1.04, II B 105/02, BFH/NV 04, 763
AStW 2011/050
§ 9 AO – Berechnung der
Sechsmonatsfrist beim gewöhnlichen
Aufenthalt
Ein zusammenhängender Aufenthalt von mehr als sechs Monaten als
Voraussetzung für die unbeschränkte deutsche Einkommensteuerpflicht
liegt nach einem Urteil des BFH auch dann vor, wenn innerhalb dieser
sechs Monate kurzfristige
Unterbrechungen vorlagen. Grundsätzlich
kommt es dabei auf die objektive Dauer unabhängig von subjektiven
Vorstellungen und Plänen des Steuerpflichtigen an. Die Frist, die bei einer
Überschreitung
rückwirkend
auf
den
ersten
Aufenthaltstag
als
Anknüpfungspunkt für die unbeschränkte Steuerpflicht dient, muss nicht
innerhalb
eines
Dezember
Kalenderjahres
keine
überschritten
Zeitgrenze
für
werden,
den
da
jeweiligen
der
31.
zeitlich
zusammenhängenden Aufenthalt darstellt.
Im zugrunde liegenden Fall reiste eine in der Schweiz lebende Person
montags ins Inland, wohnte im Hotel und kehrte donnerstags abends
oder freitags in die Schweiz zurück. Zudem hielt er sich rund um die
Feiertage und bei arbeitsfreien Wochen nicht in Deutschland auf. Ist
insgesamt
der
unbeschränkte
Halbjahreszeitraum
Besteuerungsrecht
erreicht,
bejaht
Deutschlands.
Als
der
BFH
das
gewöhnlicher
Aufenthalt ist nach § 9 Satz 2 AO stets von Beginn an ein zeitlich
zusammenhängender Aufenthalt von mehr als sechs Monaten zu sehen,
wenn kein privater Besuch vorliegt. Kurzfristige Unterbrechungen bleiben
unberücksichtigt, wenn der Aufenthalt nach den objektiven Umständen
wie etwa der Fortdauer des Anlasses für den Aufenthalt noch als
zusammenhängend angesehen werden kann.
Häufige kurze Unterbrechungen wie übliche Familienheimfahrten und
urlaubsbedingte Abwesenheitszeiten stehen einem zusammenhängenden
Aufenthalt nicht entgegen. Bei wöchentlichen Reisen handelt es sich um
ein einheitliches Ganzes. Ob lange Pausen ab eineinhalb Monaten zu einer
Unterbrechung der Aufenthaltsfrist führen, konnte der BFH offenlassen.
Fundstelle:
AStW 2011/051
BFH 22.6.11, I R 26/10, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 113790
AStW 2011/052
§ 173 AO – Grobes Verschulden bei
Fehlern in der Steuersoftware
Innerhalb kürzester Zeit haben sich gleich vier FG mit der Frage
auseinandergesetzt,
inwieweit
die
Benutzung
einer
Steuersoftware
Auswirkung auf das Verschulden des Steuerpflichtigen hat und damit zum
Ausschluss der Änderung wegen neuer Tatsachen zugunsten des Nutzers
führt. Die Zunahme der Urteile ist wohl dem Umstand geschuldet, dass
immer mehr Bürger den PC statt den Papierform verwenden.
1. Nach
einem
Urteil
des
FG
Rheinland-Pfalz
muss
sich
der
Steuerpflichtige mögliche Fehler oder unübersichtliche Menü- und
Hilfeführung
seiner
Steuersoftware
wie
ein
Verschulden
seines
steuerlichen Beraters zurechnen lassen, sodass eine Änderung wegen
neuer Tatsachen zu seinen Gunsten ausscheidet. Dabei ging es im
Streitfall um nachgemeldete Kinderbetreuungskosten. Das Programm
hatte nicht gezielt auf die Absetzbarkeit hingewiesen.
Nach
langjähriger
Rechtsprechung
des
BFH
handelt
derjenige
fahrlässig, der es unterlässt, die zur Erklärung gehörige Anleitung im
Einzelnen
durchzulesen
und
die
enthaltenen
Erläuterungen
zu
beachten. Dieser Grundsatz wirkt sich auch auf die Verwendung einer
Steuersoftware aus. Somit kann sich niemand darauf berufen, das von
ihm verwendete Programm habe keine Hinweise angezeigt und
abweichend vom Elster-Formular keine Eingabemöglichkeit hierfür
vorgegeben.
Das
Verschulden
seines
Steuerberaters
bei
der
Anfertigung der Steuererklärung ist auf eine andere als die amtlich
bereitgestellte Steuersoftware zu übertragen. Verfügt dieses nicht
über den gleichen Funktionsumfang, so hat der Steuerpflichtige das
Risiko einer fehlenden Fragestellung zu tragen.
2. Nach Auffassung des FG Hamburg darf das FA keine überzogenen
Anforderungen an die Steuerpflichtigen stellen. Das FA hat zu
berücksichtigten, dass es im Elster-Formular deutlich schwieriger ist
als beim Papiervordruck, die auszufüllenden Felder zu überblicken. Es
liegt
kein
grobes
Verschulden
an
der
Unvollständigkeit
einer
AStW 2011/053
Steuererklärung vor, wenn sich das Elster-Formular nicht hinreichend
deutlich mit der neuen Tatsache befasst und erst bei genauerer
Durchsicht ein Hinweis gefunden werden kann.
3. Das FG Rheinland-Pfalz hat im Falle eines Übertragungsfehlers in die
elektronische Bildmaske vom Elster-Formular entschieden, dass dies
nicht stets als grobes Verschulden des Steuerpflichtigen gewertet werden
kann.
Es
entspricht
nach
Meinung
des
Finanzgerichts
allgemeiner Lebenserfahrung, dass solche Fehler trotz großer Sorgfalt
bei der Übertragung von Daten immer wieder vorkommen. Dies wird
bei dem Elster-Formular durch die technischen Gegebenheiten einer
Vielzahl von Bildmasken und Fenstern begünstigt, die stets nur einen
kleinen
Ausschnitt
des
Gesamtdokuments
zeigen.
Vor
dem
Hintergrund, dass ein Übertragungs- oder ein Eingabefehler bei der
Erfassung von Steuererklärungsdaten das FA zur Korrektur wegen
offenbarer Unrichtigkeit berechtigt, ist dies schon aus Gründen der
Gleichbehandlung auf das grobe Verschulden zu übertragen.
4. Strikter ist das FG Sachsen-Anhalt. Hiernach ist der Grundsatz, dass
ein Steuerpflichtiger grob fahrlässig handelt, wenn er es unterlässt,
die Anleitung zur Einkommensteuererklärung, die sich auch im ElsterProgramm
befindet,
im
Einzelnen
durchzulesen
und
die
darin
enthaltenen Erläuterungen zu beachten, auch auf mithilfe von Elster
erstellte Steuererklärungen zu übertragen.
Praxishinweis: Da zu dieser Streitfrage Revisionen anhängig sind,
kann der BFH die Auswirkungen des groben Verschuldens in Hinblick
auf PC-Programme aktualisieren. Anträge auf Änderung wegen neuer
Tatsachen nach § 173 AO sollten bis zu den Entscheidungen des BFH
offengehalten werden.
Fundstellen:
FG Rheinland-Pfalz 30.8.11, 3 K 2674/10, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 113452
FG Rheinland-Pfalz 13.12.10, 5 K 2099/09, Revision unter X R 8/11
FG Hamburg 27.9.11, 1 K 43/11
FG Sachsen-Anhalt 30.6.10, 2 K 742/09, Revision unter VI R 5/11
AStW 2011/054
BFH 23.1.01, XI R 42/00, BStBl II 01, 379
InvZulG – Zulage für leer stehende
Wohnung
Hinsichtlich einer Investitionszulage können Wohnungen auch fremden
Wohnzwecken dienen, wenn sie mehr als ein Jahr leer stehen. Nach dem
Urteil
des
BFH
ist
insoweit
zwischen
Investitionszulage
und
Sanierungsförderung nach § 7k EStG zu unterscheiden. Die Zulage setzt
nicht voraus, dass der Investor das Gebäude zu Wohnzwecken überlässt,
ausreichend ist, dass leer stehende Räume Wohnzwecken dienen. Dem
steht nicht entgegen, dass der Inhaber auch bereit war, sie als
Anlageobjekte zu verkaufen. So macht etwa § 7 Abs. 4 EStG die AfA
davon abhängig, ob ein Gebäude Wohnzwecken dient, was während eines
Leerstandes erfüllt ist.
Der BFH hatte bislang entschieden, dass das Tatbestandsmerkmal des
„zu Wohnzwecken dienen“ dem Wortsinn nach eine tatsächliche Nutzung
des Wirtschaftsguts zu bestimmten Zwecken erfordert. Daran hält er
nicht mehr fest. Ein Wirtschaftsgut dient dem Betrieb auch dann, wenn es
gegenwärtig nicht genutzt, aber für eine spätere betriebliche Nutzung
vorgehalten wird. Dies steht im Einklang mit der Verwaltungsauffassung
in R 7.2 Abs. 1 EStR, wonach ein Gebäude bereits dann Wohnzwecken
dient, wenn es dazu bestimmt und geeignet ist, Menschen auf Dauer
Aufenthalt und Unterkunft zu ermöglichen.
Das InvZulG strebt die Sanierung des Mietwohnungsbestandes an, was
bereits durch nachträgliche Herstellungs- und Erhaltungsarbeiten erreicht
wird. Die angestrebte Verbesserung des Wohnungsbestandes tritt bereits
mit Abschluss der Arbeiten ein, bevor es zur Vermietung kommt.
Fundstellen:
BFH 7.7.11, III R 91/08, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 113621
BFH 24.2.10, III R 69/07
AStW 2011/055
Steuern kompakt
§ 3 EStG – Steuerfreier Lohn beim Bundesfreiwilligendienst
Nach einem Beschluss auf Bund-Länderebene bleibt Bar- und Sachlohn
an
Leistende
im
neuen
Bundesfreiwilligendienst
bis
auf
Weiteres
vorbehaltlich einer späteren Gesetzesregelung aus Billigkeitsgründen
steuerfrei. Dennoch müssen Arbeitgeber sämtliche Arbeitgeberpflichten
beachten, insbesondere die Vorlage der Lohnsteuerkarte in 2011, den
Abruf der ELStAM ab 2012, die Abgabe einer Lohnsteueranmeldung als
Nullmeldung
und
Lohnsteuerbescheinigung
die
mit
Erteilung
der
steuerpflichtigem
elektronischen
Lohn
von
Null
(Bayerisches LfSt 24.10.11, S 2331.1.1-1/9 St32, unter www.iww.de,
Abruf-Nr. 113621).
§ 5 EStG – RAP bei Darlehen mit fallenden Zinssätzen
Für Darlehen mit fallenden Zinssätzen ist zu Vertragsbeginn eine aktive
Rechnungsabgrenzung zu bilden, wenn der Kreditnehmer bei vorzeitiger
Kündigung eine Erstattung der gezahlten Überverzinsung verlangen kann
oder das Darlehen nur aus wichtigem Grund gekündigt werden kann und
die Parteien dieser Möglichkeit nur theoretische Bedeutung beimessen.
Wird jedoch bei vorzeitiger Vertragsauflösung der anfänglich überhöhte
Zinssatz nicht ausgeglichen, kommt kein RAP in Betracht (BFH 27.7.11, I
R 77/10, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 113558).
§ 36 EStG – Lohnsteuerbescheinigung hat keine Bindungswirkung
Hat ein Arbeitgeber Lohnsteuer in unzutreffender Höhe einbehalten und
angemeldet und stellt er eine unzutreffende Lohnsteuerbescheinigung
aus, ist das FA bei der Veranlagung des Arbeitnehmers nicht verpflichtet,
die ausgewiesene Lohnsteuer als die durch Steuerabzug erhobene
Einkommensteuer nach § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG zu berücksichtigen. Die
Bescheinigung ergibt lediglich einen widerlegbaren Beweis. Es besteht im
Rahmen der Einkommensteuerveranlagung keine Bindung an ihren Inhalt
(BFH 18.8.11, VII B 9/11, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 113791).
§ 4 UStG – Verkehrstherapien sind nicht steuerfrei
AStW 2011/056
Ein
Verkehrspsychologe,
der
Autofahrer
auf
die
medizinisch-
psychologische Untersuchung zur Wiedererlangung der Fahrerlaubnis
vorbereitet, übt keine steuerbefreite Heilbehandlung nach § 4 Nr. 14
UStG aus. Begünstigt sind Behandlungen, die direkt an der Krankheit und
deren Ursachen anknüpfen. Hauptziel der Verkehrstherapie ist in erster
Linie der Wiedererhalt der Fahrerlaubnis. Wenn hierdurch auch die
Verbesserung der Lebensverhältnisse der Patienten bezweckt wird,
handelt es sich um Maßnahmen zur Steigerung des allgemeinen
Wohlbefindens und um nichtmedizinische Maßnahmen im Bereich der
allgemeinen Lebensführung (FG Münster 9.8.11, 15 K 812/10 U, unter
www.iww.de, Abruf-Nr. 113792).
§ 10 UStG – Zulassungssteuer erhöht die Bemessungsgrundlage
Viele EU-Staaten erheben zusätzliche Zulassungssteuern beim Erwerb
von neuen oder auch gebrauchten Kfz. Hierbei handelt es sich um
Steuern, Zölle, Abschöpfungen und Abgaben nach der MehrwertsteuerRichtlinie.
Diese
Zulassungssteuer
ist
bei
der
Bemessung
der
Umsatzsteuer auf die Lieferung des Fahrzeugs mit einzubeziehen (EuGH
28.7.11, C-106/10, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 113793).
§ 12 UStG – Ermäßigte Besteuerung von Stadtrundfahrten
Die Steuerermäßigung des § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG für die Beförderung
von Personen gilt auch für Stadtrundfahrten, die Freizeit oder Tourismus
dienen. Voraussetzung ist nur, dass es sich um einen genehmigten
Linienverkehr handelt und die Beförderungsstrecke innerhalb einer
Gemeinde liegt oder eine bestimmte Strecke nicht überschreitet. Die
Ermäßigung dient nicht nur sozialen Zwecken. Das Entgelt für Führungen
ist aber eine selbstständige Leistung, die nicht ermäßigt besteuert
werden kann (BFH 30.6.11, V R 44/10, unter www.iww.de, Abruf-Nr.
113560).
§ 13b UStG – Ansässigkeit im Ausland
Ein Unternehmer ist für die Beurteilung der Umkehr der Steuerschuldnerschaft nach § 13b Abs. 2 Nr. 1 UStG im Ausland ansässig, wenn er dort
den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit und eine feste Niederlassung
hat. Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthaltsort des Unternehmers sind
AStW 2011/057
nur dann für die Bestimmung des Ortes heranzuziehen, wenn Angaben
zum Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit fehlen, von wo aus die Umsätze
bewirkt worden sind (EuGH 6.10.11, C 421/10, unter www.iww.de,
Abruf-Nr. 113651; Vorlage BFH 30.6.10, XI R 5/08).
§ 14 UStG – Korrektur bei Geschäftsveräußerung wirkt nicht zurück
Für die Berichtigung der unberechtigt in einer Rechnung ausgewiesenen
Umsatzsteuer für eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen
gelten keine Besonderheiten. Nach § 17 UStG ist die Berichtigung für den
Zeitraum vorzunehmen, in dem die Änderung der Bemessungsgrundlage
eingetreten ist. Es kommt nicht zur Rückwirkung auf den Zeitpunkt der
ehemaligen Rechnungserteilung mit Steuer (BFH 28.7.11, V B 115/10,
unter www.iww.de, Abruf-Nr. 113794).
§ 25a UStG – Differenzbesteuerung beim Verkauf von Anlagevermögen
Ein Wiederverkäufer kann die Differenzbesteuerung des § 25a UStG bei
Anlagegütern nur noch dann anwenden, wenn der Wiederverkauf beim
Erwerb zumindest nachrangig beabsichtigt war und dies aufgrund seiner
Häufigkeit
zur
normalen
Tätigkeit
des
Unternehmers
gehört.
Bei
Verkäufen bis Ende 2011 darf der Unternehmer § 25a UStG unabhängig
davon anwenden, ob er mit diesen Anlagegütern gewerbsmäßig handelt
(BMF 11.10.11, IV D 2 - S 7421/07/10002, unter www.iww.de, Abruf-Nr.
113496; BFH 29.6.11, XI R 15/10).
§ 14 BewG – Aktualisierte Sterbetabelle für den Kapitalwert
2009 wurde die Sterbetafel des Statistischen Bundesamts aktualisiert.
Daraus ergeben sich längere Lebenserwartungen und ein ansteigender
Kapitalwert. Die Erhöhung lag 2009 je nach Lebensalter und Geschlecht
zwischen 0,5 und 1,5. Nunmehr hat das BMF die ab dem 1.1.2012
anzuwendende Sterbetabelle 2008/2010 des Statistischen Bundesamtes
herausgegeben. Im Vergleich zu 2011 gibt es bei Männern und Frauen
nur geringfügig längere Lebenserwartungen und somit marginal höhere
Vervielfältiger im Nachkommabereich (BMF 26.9.11, IV C 2 - S
3104/09/10001, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 113795).
§ 240 AO – Säumniszuschlag bleibt bei geändertem Steuerbescheid
AStW 2011/058
Säumniszuschläge
sind
auch
dann
zu
zahlen,
wenn
sich
die
Steuerfestsetzung später als unrechtmäßig herausstellt. Sie sind ein
Druckmittel eigener Art, mit dem der Schuldner zur rechtzeitigen Zahlung
angehalten werden soll und verfolgt den Zweck, eine Gegenleistung für
das Hinausschieben der Zahlung fälliger Steuern zu erhalten. Hiermit
werden auch Verwaltungsaufwendungen abgegolten, die durch die nicht
fristgemäße Zahlung fälliger Steuern entstehen. Ein Erlass aus sachlichen
Billigkeitsgründen kommt nicht allein deshalb in Betracht, weil die Steuer
später zugunsten des Steuerpflichtigen herabgesetzt wird (FG München
5.4.11, 14 K 1409/09, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 113796).
Berufsrecht – Tätigkeit als angestellter Syndikus-Steuerberater
Eine steuerberatende Tätigkeit im Angestelltenverhältnis ist auch bei
Vollzeitbeschäftigung mit dem Beruf des Steuerberaters vereinbar und
steht somit der Bestellung als Steuerberater nicht entgegen. Eine
Tätigkeit als selbstständiger Steuerberater in nennenswertem Umfang
kann
nicht
gefordert
werden.
Der
Syndikus
ist
ebenso
wie
der
hauptberufliche Steuerberater an keine Mindestarbeitszeiten gebunden,
sondern darf den Umfang seiner Tätigkeit frei bestimmen. Damit kann
der Beruf des Steuerberaters sowohl haupt- als auch nebenberuflich
ausgeübt werden (BHF 9.8.11, VII R 2/11, unter www.iww.de, Abruf-Nr.
113562).
Limited – Für internen Streit sind englische Gerichte zuständig
Wo sich der maßgebliche Sitz der Gesellschaft in einem EU-Mitgliedstaat
befindet,
bestimmt
sich
grundsätzlich
nach
dem
Satzungssitz
im
Herkunftsstaat. Bei einer nach englischem Recht gegründeten Private
Limited
Company
sind
daher
für
alle
Streitigkeiten
zwischen
Gesellschaftern sowie zwischen Beteiligten und den Organen der Limited
britische Gerichte zuständig, auch wenn der tatsächliche Verwaltungssitz
der Gesellschaft in Deutschland liegt und allein dort Geschäfte betrieben
werden (BGH 12.7.11, II ZR 28/10, unter www.iww.de, Abruf-Nr.
113140).
AStW 2011/059
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